Fallout
Staffel 1, Prime Video
Jahrelang garantierten Verfilmungen von Computergames schlechte bis bestenfalls mittelmässige Unterhaltung. Das hat sich geändert. Herausragende Beispiele sind «The Last of Us» oder «The Witcher».
«Fallout» setzt die Serie der gelungenen Gameumsetzungen fort. Etwas überraschend, denn im Gegensatz zu «The Last of Us», das sich durch einen fast schon poetischen Roadmovie-Unterton auszeichnet, ist «Fallout» ein eher konventionelles Postapokalypse-Game. Diese Welt nach der nuklearen Katastrophe – und auch jene davor – inszeniert die Serie aber ungemein stimmungsvoll.
Die Apokalypse ereignet sich 2077 in einer Welt, die mehr daherkommt wie die USA in den 1950er-Jahren. Über 200 Jahre danach bricht die junge Lucy aus der behüteten Welt einer Bunkergemeinschaft auf ins atomare Ödland, um ihren Vater zu suchen.
Lucy wandelt sich schnell zu Überlebenskämpfern, denn in der Welt draussen herrscht das Gesetz des Stärkeren und an jeder Ecke lauern mutierte Monster.
«Fallout» gefällt, weil die Serie nicht als eintönige Gewaltorgie daherkommt. Sie bedient sich der Stilmittel des Westerns und arbeitet mit der Ästhetik der 50er. «Fallout» ist aber vor allem höchst amüsant wegen der Unmenge an skurrilen Figuren und grotesken Abenteuern, die die Protagonist:innen bestehen müssen.
Ripley
Mini-Serie, Netflix
«Ripley» ist eigentlich eine Zumutung. Über siebeneinhalb Stunden erstreckt sich die Geschichte über einen Hochstapler und Mörder. Dabei liesse sich das gut in zwei Stunden erzählen, wie der Film «The Talented Mr. Ripley» (1999) beweist. Dazu ist die Serie erst noch in hartem Schwarzweiss gedreht, was die Netzhaut strapaziert.
Aber genau, weil sich «Ripley» so viel Zeit nimmt für seine Geschichte und sie in einer fantastischen Optik erzählt, ist die Serie eine Wucht. Man muss zwar die Aufmerksamkeitsspanne neu kalibrieren, wird dafür aber reichlich belohnt.
Das beginnt bei Andrew Scott, der diesen Ripley mit einer maximaler Gefühlslosigkeit und minimaler Mimik spielt. Ihm schaut man gebannt jede Minute zu, wie er vom kleinen Gauner zum Mörder wird, der in die Identität eines reichen Amerikaners schlüpft und über Monate ein Versteckspiel treibt mit Freund:innen seines Opfers und der Polizei.
Autor und Regisseur Steven Zaillian erzählt diese Geschichte gemächlich und mit deiner Detailversessenheit, die manchmal fast masslos wirkt. Dazu kommen die gewaltigen Aufnahmen, die Kameramann Robert Elswit in der Tradition des Film noir mit Licht- und Schattenspielen auf den Bildschirm zaubert. Deshalb ist «Ripley» keine Zumutung, sondern purer Genuss.
Charité
Staffel 4, ARD
«Charité» hatte über drei Staffeln eine Erfolgsformel: ein weltbekanntes Krankenhaus, ein bisschen Medizingeschichte, fiktive Figuren für die Emotionen und ein packendes historisches Umfeld. Das hat sehr gut funktioniert.
Mit der vierten Staffel wagt die Serie den Sprung in die Science-Fiction, denn sie spielt in der Zukunft, im Jahr 2049. Damit entfällt ein Teil der Erfolgsformel, weshalb die Staffel nicht an die Vorläufer heranreicht.
Es ist zwar durchaus spannend, in welche Welt uns die vierte Staffel führt. Der Klimawandel setzt ein gefährliches Bakterium aus dem ewigen Eis frei. Die Spitzenforscherin Maral Safadi versucht, dem tödlichen Erreger Herrin zu werden und greift dazu zu radikalen Methoden. Dabei vernachlässigt sie aber ihre Familie, was zur Ehekrise mit ihrer Frau führt.
Auch mit ihrer Mutter, die als Chirurgin in der Charité arbeitet, liegt sie im Zwist, weil Maral bei einer umstrittenen Gesundheitsreform als Beraterin mitgewirkt hat. Die Reform führt zu einer Zweiklassenmedizin, die die Mutter nicht hinnehmen will.
Es gibt noch weitere Figuren und Geschichten, die ein Bild entstehen lassen, wie Medizin und Gesundheitspolitik in der Zukunft aussehen könnten. Das ist nicht schlecht gelungen. Aber weil es reine Fiktion ist, vermag die Staffel einen nicht so reinzuziehen, wie es die Vorgängerinnen getan haben.
Auf der Watchlist
Anthracite (Mini-Serie, Netflix)
Shōgun (Mini-Serie, Disney+)
Sugar (Staffel 1, Apple TV+)
Serien-Top-Ten
1 | Ripley (Thriller, Netflix) | |
2 | Kafka (Biografie, Drama, ARD/Play SRF) | |
3 | Fallout (Sci-Fi-Abenteuer, Prime Video) | |
4 | Renegade Nell (Staffel 1, Abenteuerkomödie, Disney+) | |
5 | Constellation (Staffel 1, Sci-Fi-Mystery, Apple TV+) |
6 | Masters of the Air (Historiendrama, Apple TV+) | |
7 | The Gentlemen (Staffel 1, Actionkomödie, Netflix) | |
8 | Criminal Record (Staffel 1, Krimi, Apple TV+) | |
9 | True Detective: Night Country (Staffel 4, Mysterykrimi, Sky Show) | |
10 | Charité 4 (Staffel 4, Sci-Fi-Drama, ARD) |
Stand: 23.04.2024
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Ich fand „Liaison“ mega und kann die Serie sehr empfehlen. Viel Emotionen, starke Gefühle und viel Spannung.