Läuft bei: Disney+ (Mini-Serie, 7 Episoden à 50 Min.)
Brit Marling und Zal Batmanglij, die für «A Murder at the End of the World» verantwortlich zeichnen, sind keine Unbekannten. Sie schrieben und produzierten die Mysteryserie «The OA», die 2016 bis 2019 über zwei Staffeln lief. Brit Marling spielte darin die Hauptrolle.
«The OA» war eine ziemlich verrückte Geschichte mit Nahtoderfahrungen, okkulten Tänzen, Dimensionssprüngen und einem verrückten Wissenschaftler. Netflix setzte die Serie nach der zweiten Staffel ab, obwohl die Geschichte noch nicht zu Ende erzählt war.
Deshalb wurde leider nie klar, ob all das übernatürliche Brimborium, das «The OA» veranstaltete, eine stringente Auflösung erfährt oder mehr Humbug bleibt.
Vielversprechender Anfang
Nachdem ich «A Murder at the End of the World» gesehen habe, bin ich nicht so sicher, ob «The OA» interessant geendet hätte. Die neue Mini-Serie von Marling/Batmanglij beginnt ebenfalls sehr vielversprechend. Sie zeigt aber schon früh Längen in der Erzählung und findet erst nach einigen Schlenkern zu einem mässig überzeugenden Schluss.
Dabei macht «A Murder at the End of the World» vieles richtig. Die Serie hat zwei starke, jugendliche Hauptfiguren, die in zwei sehr unterschiedliche Krimis auf zwei Zeitebenen verwickelt sind. Darby (Emma Corrin, die in «The Crown» die junge Diana gespielt hat) lernen wir als Erste kennen.
Serienmörder-Jagd als Liebesgeschichte
Sie präsentiert an einer Lesung ihr erstes Buch, eine True-Crime-Geschichte. Gemeinsam mit Bill (Harris Dickson), den sie in einem Internetforum kennengelernt hat, spürte sie einen Serienmörder auf. Sie liest völlig unüblich das letzte Kapitel vor.
Darby und Bill graben im ehemaligen Haus des Hauptverdächtigen nach seinem ersten Opfer. Sie finden im Keller das Skelett seiner Frau, der Fall ist geklärt. Plötzlich taucht der Täter oben an der Treppe auf. Es fällt ein Schuss. Hier bricht Darby die Lesung aber ab.
Die Suche von Darby und Bill nach dem Serienmörder ist allerdings weniger ein Krimi. Wir wissen schon von Beginn an, dass sie ihn finden werden. Im Vordergrund steht die Liebesgeschichte zwischen den beiden. Für Darby die erste grosse Liebe, die unglücklich endet.
Exklusives Treffen in absoluter Abgeschiedenheit
Allerdings nicht mit Bills Tod, wie man meinen könnte. Er taucht Jahre später völlig unerwartet wieder auf. Darby wurde vom Tech-Guru Andy Ronson (Clive Owen) und dessen Frau Lee Andersen (Brit Marling), eine Hacker-Ikone, die Darby tief verehrt, zu einem exklusiven Treffen in einem abgelegenen Luxushotel auf Island eingeladen.
Die Gästeliste ist mit hochkarätigen Künstlern, Wissenschaftlerinnen, Wirtschaftsgrössen und Aktivistinnen besetzt. Sie alle wurden von Andy eingeladen, um über die drängenden Probleme der Menschheit nachzudenken und Lösungen zu finden in dieser einwöchigen Klausur.
Darby rätselt noch bei der Ankunft im Hotel, weshalb sie eingeladen wurde. Noch grösser ist ihre Überraschung, als mit Verspätung Bill zu den Gästen stösst.
Die Hobbydetektivin bekommt Arbeit
Er ist mittlerweile zu einem renommierten Künstler avanciert, der sich mit technologiekritischen Werken einen Namen gemacht hat. Das Wiedersehen mit Bill findet aber ein jähes Ende. Bill wird ermordet, weitere Leichen werden folgen.
Darbys Fähigkeiten als Hobbydetektivin sind also durchaus nicht fehl am Platz. Es würde sich jetzt eine klassische Ermittlungsgeschichte à la Hercule Poirot anbieten. Denn die Runde der Tatverdächtigen beschränkt sich auf die Teilnehmer:innen der Klausur, die zudem durch Schneestürme von der Aussenwelt abgeschnitten sind.
Das passiert aber nicht. Andy will die Todesfälle zuerst als Unfälle abtun, weil ein resp. mehrere Morde seinem Image abträglich wären. Darby muss heimlich, zwischendurch mit Unterstützung von Lee, den oder die Täter:in suchen. Dazwischen wird in Rückblenden ihre Liebesgeschichte mit Bill erzählt, die zwar emotional ist, aber auch in die Länge gezogen wird.
Verzettelte Geschichte, deren Schluss nicht ganz so überrascht
«A Murder at the End of the World» gefällt sich ein bisschen zu sehr darin, mit verschiedensten Elementen zu spielen: jugendliche Liebe, Technologiekritik, True-Crime, Agatha Christie-Krimi und noch ein paar Dinge mehr. Dadurch verliert die Geschichte an Stringenz und vergisst einen Grundsatz des Storytellings: Kill your darlings.
Auch wenn vor allem Corrin und Dickinson in ihren Rollen überzeugen, bei den anderen Figuren herrscht ein zu starkes Ungleichgewicht. Clive Owen und Brit Marling stehen zu oft im Vordergrund. Der Rest der Figuren wird deshalb nur skizzenhaft entwickelt. Das stand sich die Autorin vielleicht selber etwas im Weg.
Und dann ist da noch dieser Schluss, der eine aktuelle Diskussion aufgreift und eine grosse Überraschung sein soll. Na ja, mir dämmerte es etwa in der Mitte der Serie, wer hinter den Morden steckt.
Besetzung: Emma Corrin | Harris Dickinson | Brit Marling | Clive Owen | Raúl Esparza | Ryan J. Haddad | Louis Cancelmi | Joan Chen | Jermaine Fowler | Pegah Ferydoni | Edoardo Ballerini | Alice Braga
Serie entwickelt von: Zal Batmanglij | Brit Marling
Genre: Mystery | Drama | Thriller
USA, 2023
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