American Primeval (Mini-Serie) – Im Western wenig Neues

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Serienposter mit Schriftzug. Vier Personen auf Pferden vor einer düsteren Kulisse mit einem Tor auf dem die US-Flagge weht und einem einfachen Holzzaun.
3 von 5 Sternen

Läuft bei: Netflix (Mini-Serie, 6 Episoden à 50 Min.)

Wenn wir in Europa von Urzeit – englisch «primeval» – reden, dann meinen die meisten etwa so die Zeit, als unsere Vorfahren noch gemeinsam mit den Neandertalern den Kontinent durchstreiften. Der historische Horizont der US-Amerikaner:innen ist – wie so oft – einiges beschränkter.

Die Urzeit in «American Primeval» spielt im vorletzten Jahrhundert. 1857 begann der Utah-Krieg. US-Präsident James Buchanan setzte den Mormonenführer Brigham Young als Gouverneur von Utah ab und entsandte das Militär in die Region.

Mormonen-Massaker an über 120 Siedler:innen

Young rief das Kriegsrecht aus und seine Anhänger:innen zum Widerstand auf. Das nahm in einem Fall, mit dem die Serie beginnt, ein brutales Ausmass an. Am 11. September 1857 töteten Mormonen-Milizionäre und Krieger der Paiute beim sogenannten Mountain-Meadows-Massaker über 120 Siedler:innen, die auf dem Weg nach Westen waren.

Ein Mann liegt schreiend am Boden. Ein anderer, dessen Gesicht unter einem Jutesack versteckt ist, beugt sich über ihn und will ihn skalpieren.
Der halbe Skalp ist schon ab, aber Jacob (Dane DeHaan) überlebt das Massaker. © Netflix

Historisch überlebten nur gut ein Dutzend Kinder das Massaker. In «American Primeval» entkommen auch eine Frau, ihr Sohn und eine junge Indigene. Mehrere Mormonen-Frauen werden von den Paiute verschleppt, ein weiterer Mormone überlebt.

Die Frau heisst Sara (Betty Gilpin) und ist mit ihrem Sohn Devin (Preston Mota) auf dem Weg zu Devins Vater. Obwohl sie dem Tod nur knapp entronnen ist, gibt Sara nicht auf. Sie engagiert den erfahrenen Führer Isaac (Taylor Kitsch), um sie über die Berge zu bringen.

Go West – eine mörderische Reise

Was Sara dabei verschweigt: Sie zieht gen Westen, weil sie wegen Mordes gesucht wird. Das wird ihren weiteren Weg noch erheblich erschweren, denn Kopfgeldjäger heften sich an ihre Fersen.

Es bleibt nicht bei dieser einen Bedrohung. Der Westen ist zu dieser «Urzeit» bevölkert von den verschiedensten Gruppierungen, die im Kampf um Land, Freiheit oder schlicht für eine Handvoll Dollar töten, was ihnen in die Quere kommt.

Ein Mann auf einem Pferd hat den Revolver gezückt. Mit ihm reitet ein Knabe. Daneben eine Frau, ebenfalls zu Pferd.
Hinter jedem Baum lauert die nächste tödliche Gefahr. Nur dank Isaac (Taylor Kitsch) überleben Sara (Betty Gilpin) und ihr Sohn Devin (Preston Mota). © Netflix

«American Primeval» schildert diese Konflikte zwischen Mormonen, Indigenen, dem Militär und den zahlreichen Gesetzlosen drastisch und brutal. Die Botschaft ist klar: Die Besiedelung des Westens war mörderisch.

Eindrücklich inszeniert, aber mit stereotypen Figuren

Die Serie inszeniert diese Brutalität eindrücklich. Doch die Erkenntnis, dass die USA «aus Dreck und Gewalt geboren wurden» (Der Spiegel), ist nicht neu. Fast jede moderne Westernserie thematisiert das.

Um nicht nur ein durchschnittlicher Western zu sein, müsste die Serie noch mehr bieten. Packende Figuren wären ein geeignetes Mittel. Doch die alleinreisende Frau, der wortkarge einsame Reiter oder die Weisse, die von Indigenen entführt wird, sich am Schluss aber auf ihre Seite stellt, sind bekannte Klischees. «The English» (2022) bot hier ausgefallenere und fesselndere Charaktere.

Eine Weisse Frau gekleidet als Indigene.
Abish (Saura Lightfoot-Leon) entdeckt die Verlogenheit der Mormonen und die Friedfertigkeit der Indigenen. © Netflix

Neu ist einzig die Geschichte der Mormonen, die in «American Primeval» einfliesst. Wie sie, respektive ihr Anführer Brigham Young, mit rücksichtsloser Brutalität versuchen, im Utah-Territory eine Theokratie zu gründen.

Geharnischter Protest der Mormonen

Nur greift die Serie hier zu kurz und stellt die komplexe Geschichte der Mormonen in Utah nicht angemessen dar. Kein Wunder veröffentlichte die «Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage» einen geharnischten Protest gegen die Serie.

Vor allem die Darstellung des «verehrten Propheten und mutigen Pioniers» Brigham Young sei «gefährlich irreführend». Er wird in der Serie dargestellt als skrupelloser Machtmensch, der Unschuldige töten lässt,

Zwei Männer in schwarzer Kleidung. Beide halten ein Buch in den Händen.
An Brigham Youngs (Kim Coates li.) Händen klebt nicht direkt Blut. Für diese Aufgaben hat er Helfer wie Hickman (Alex Breaux), der den Übernamen Wild Bill trägt. © Netflix

Tatsächlich misst die Serie Brigham Young beim Mountain-Meadows-Massaker einen viel entscheidenderen Einfluss zu, als historisch belegt ist. Die Verfolgung und Ermordung von Mormonen zu dieser Zeit wird nur erwähnt, ihr Ausmass bleibt unklar.

Auch wenn «American Primeval» nur mässig überzeugt, hat es die Serie zumindest geschafft, mich für diesen Teil der Geschichte der Mormonen zu interessieren.

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Besetzung: Betty Gilpin | Taylor Kitsch | Dane DeHaan | Saura Lightfoot-Leon | Derek Hinkey | Joe Tippett | Jai Courtney | Preston Mota | Shawnee Pourier | Kim Coates
Serie entwickelt von: Mark L. Smith
Genre: Drama | Western | Action | Historie
USA, 2025

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