Läuft bei: Disney+ (Mini-Serie, 5 Episoden à 50 Min.)
Irgendwo in Texas, am 13. Juni 1980: Die Hausfrau Candy Montgomery (Jessica Biel) bringt ihre Kinder und die Tochter eines befreundeten Paares zum Bibelunterricht. Sie lädt die Kinder ab und fährt weiter, um die Schwimmsachen für die Tochter abzuholen bei deren Mutter Betty Gore (Melanie Lynskey).
Ein brutaler Mord. Warum?
Kurz danach sitzt Candy im Auto mit nassen Haaren und einer blutenden Wunde am Kopf. Was in der Zwischenzeit geschehen ist, haben wir nicht gesehen. Aber wir beginnen es zu ahnen, als Allan Gore (Pablo Schreiber) vergeblich versucht, seine Frau telefonisch zu erreichen.
Allen ist auf Geschäftsreise. Er bittet Nachbarn im Haus nachzuschauen. Diese finden Bettys Leiche, mit 41 Axthieben getötet. Man muss nicht lange rätseln, um zu wissen, wer Betty umgebracht hat. Die grosse Frage ist: warum?
Freundin und Geliebte des Ehemanns
Jetzt würde man eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Psyche der Mörderin dieses Verbrechens, das auf wahren Begebenheiten (Link beinhaltet Spoiler zum Gerichtsurteil) beruht, erwarten. Denn die Konstellation ist durchaus verzwickt.
Candy war gut befreundet mit Betty. Die beiden hatten sich in der Methodistischen Kirche kennengelernt. Gleichzeitig unterhielt Candy eine Affäre mit Bettys Mann Allen.
Axthiebe als Befreiungsschläge?
Die Serie blendet nach dem Mord ein paar Jahre zurück und schildert, wie die Freundschaft mit Betty, aber vor allem wie die Affäre mit Allen zustande kam. Es sei ein «Schrei nach Freiheit» von Candy, die unter dem Zwang zur Konformität in dieser Kleinstadtatmosphäre gelitten habe, heisst es in der Ankündigung der Serie.
Nur: In der Serie ist dieser Druck nicht wirklich zu spüren. Ihre Affäre beginnt sie, nachdem eine gute Freundin sich von ihrem Mann getrennt hat und mit einem neuen Freund auftaucht. Das bringt Candy auf die Idee, ihr Sexleben auch etwas anzukurbeln.
Wie wärs mit einer Affäre?
Beinahe witzig ist, wie sie das Unterfangen angeht. Beim wöchentlichen Volleyballtraining inspiziert sie die Mitspieler. Sie entscheidet sich für Allen und setzt sich nach dem Training zu ihm ins Auto. Ohne grosse Umschweife fragt sie: Wie wärs mit einer Affäre? Candy gibt auch gleich die Regeln durch, damit die Affäre nicht auffliegt.
Als sie ihrer Freundin erzählt, dass sie sich einen Liebhaber genommen hat, klingt das nicht anders, als wenn sie ihr erzählen würde, dass sie sich ein neues Kleid gekauft hat. Ausbrechen aus Konventionen stellt man sich irgendwie anders vor.
Seltsam spannungsarm bis zum Schluss
Spannung kommt auch nicht auf, wenn die Polizei ihr auf die Schliche kommt. Da Candy zugegebenermassen um die Tatzeit herum bei Betty war, wird sie schnell zur Hauptverdächtigen für Sheriff Deffibaugh (Justin Timberlake).
Selbst die Gerichtsverhandlung, bei der Candy Notwehr geltend macht, ist seltsam spannungsarm inszeniert. Am Schluss bietet «Candy» einen sehr distanzierten Blick auf einen durchaus verstörenden Mord mit viel 80er-Jahre Ambiente. Eine Aufarbeitung in irgendeiner Form findet nicht wirklich statt.
In einer der letzten Einstellungen steht das Mordopfer Betty im Gerichtssaal und fragt nach der Urteilsverkündung: «Das wars?» Eine berechtigte Frage.
Besetzung: Jessica Biel | Melanie Lynskey | Pablo Schreiber | Timothy Simmons | Raúl Esparza | Justin Timberlake | Jessie Mueller | Coley Campany | Sharon Conley
Serie entwickelt von: Nick Antosca | Robin Veith
Genre: True-Crime | Drama
USA, 2022
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