Cunk on Earth (Staffel 1) – So witzig war Geschichte noch selten

Serienposter mit Schriftzug. Eine Frau steht vor einer Burgruine in einem Feld mit Pflanzen vor sich.

Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 5 Episoden à 30 Min.)

Philomena Cunk ist phänomenal. Sie setzt neue Massstäbe für das Genre der TV-Mockumentaries. Sie stapft durch Sehenswürdigkeiten der Weltgeschichte und erzählt mit bierernster Mine und beinahe richtigen Fachbegriffen wirre Geschichten über Ereignisse, die oft nicht ganz so geschahen, wie sie es schildert.

Wer ist Philomena Cunk?
Die Figur der Philomena Cunk, die von Diane Morgan gespielt wird, ist eine Erfindung des britischen TV-Produzenten Charlie Brooker, der die Serie «Black Mirror» kreiiert hat. Erstmals tauchte die intellektuell überforderte Journalistin 2013 in der BBC-Show «Charlie Brooker’s Weekly Wipe» auf. 2018 erhielt Cunk ihre eigene Serie «Cunk on Britain», ein Fünfteiler wie jetzt «Cunk on Earth», der ebenfalls von der BBC ausgestrahlt wurde.

In Florenz, das die Italiener:innen laut Cunk zu Firenze umtauften, um die Tourist:innen in die Irre zu führen, geschah eine der grossen kulturellen Revolutionen: Die Renaisauce, wie sie es nennt. Was möglicherweise auf die Erfindung des Ketchups hindeute.

Was Fitnessstudios mit Michelangelos David verbindet

Eines der grossen Denkmäler der Epoche stellt sie uns näher vor: Michelangelos David. Es sei eine Statue von erstaunliche detaillierter Genauigkeit, wie beispielsweise der makellos geformten Bauchmuskulatur. Messerscharf schliesst sie daraus, dass das beweist, was für ein «bullshit» Fitnessstudios sind. Denn damals gab es keine, aber dennoch «perfect abs».

Ein Mann in altertümlicher Kleidung arbeitet auf einer Werkbank. Eine modern gekleidete Frau streckt von rechts ihren Kopf ins Bild.
Auch nachgestellte historische Szenen fehlen nicht: Ein Besuch in der Werkstatt von Jesus, über den Cunk sagt: «Er war Jude, bevor er zum Zimmermann konvertierte.» © Netflix / BBC

Eine Frage aber bleibe unbeantwortet, erklärt sie mit grösster Ernsthaftigkeit: Weshalb besitzt David keinen Anus? Übersah Michelangelo dieses Detail oder besass das Modell tatsächlich keinen. «We will never know.»

Noch besser sind ihre Interviews, in denen sie Expert:innen regelmässig mit bizarren Fragen konfrontiert und sich oft nicht irritieren lässt, wenn sie korrigiert wird. Die Fachleute versuchen manchmal, die Fragen sinnvoll umzuformulieren, meist schweigen sie nur konsterniert.

Wie konnten die Expert:innen die Fassung bewahren?

Man fragt sich bei diesen Interviews unweigerlich, ob die Expert:innen vorgewarnt wurden. Klar ist, dass sie für Interviews angefragt wurden für eine BBC-Dokumentation. Was sie genau gefragt werden, wussten sie nicht vorab. Aber sie müssen zumindest einen Hinweis bekommen haben auf die Art der Befragung. Anders lässt es sich nicht erklären, dass alle Fachleute ihre Fassung bewahren konnten.

Eine Frau liest ein Comicbuch mit dem Titel «Great Big Crazy History of Rome». Im Hintergrund ein Bücherregal.
Cunk bereit sich gewissenhaft auf die Interviews mit den Expert:innen vor. © Netflix / BBC

Wie beispielsweise der Experte, der zur Raumfahrt befragt wird. Selbstverständlich bezeichnet Cunk den Mondflug als Humbug. Videos auf YouTube, die ihr Freund Sean ihr gezeigt habe, bewiesen das klar. Aber auch die Nacht sei nicht real, sondern künstlich erzeugt. Der Beweis? Neugeborene schlafen nicht in der Nacht, weil sie noch nicht konditioniert sind.

Die Gags und Punchlines folgen Schlag auf Schlag in den 30-minütigen Episoden. Nicht immer stellt Philomena Cunk dabei nur ihr Unwissen unter Beweis. Oft versteckt sie in ihren Fragen spitze Kommentare. Etwa wenn sie den US-amerikanischen Historiker fragt, weshalb es in den USA eigentlich das Recht gebe, andere Menschen mit Schusswaffen zu ermorden.

Eine Frau sitzt in einem Ledersessel im Oval Office und streckt die Beine auf den Schreibtisch. Im Hintergrund die US-amerikanische Flagge und ein Ölgemälde von George Washington.
Bissige Kommentare gibt es auch: Beim «Land of the Free» verweist Cunk gerne auf Indigene und Schwarze, die sich kaum angesprochen fühlen dürften. © Netflix / BBC
Kultur vs. Popkultur – nur eine macht wirklich Spass

Nicht ungern pinkelt Cunk dem Bildungsbürgertum ans Bein. Griechische Philosophie sei zwar unendlich langweilig, hält sie fest, aber die Leute hätten damals halt mangels besserer Alternativen damit beschäftigen müssen. Den Begriff Populärkultur erklärt sie als Kultur, wie beispielsweise Malerei oder Beethoven, aber im Gegensatz dazu mache Populärkultur wirklich Spass.

«Cunk on Earth» beginnt bei den Höhlenmalereien und endet im Computerzeitalter. Auch wenn man keine neuen Einblicke erhält, ist es wohl eine der amüsantesten Reisen durch die Menschheitsgeschichte bis anhin. Die Serie imitiert perfekt den Habitus von TV-Dokus und zaubert einem zweieinhalb Stunden lang ein Grinsen ins Gesicht.

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Wie viele Sterne gibst du «Cunk on Earth» (Staffel 1)?
7 Stimmen

Besetzung: Diane Morgan
Serie entwickelt von: Charlie Brooker
Genre: Komödie | Doku | Historie
GB, 2022

Limitless (Staffel 1) – Gesünder leben (und sterben) mit Chris Hemsworth

Serienposter mit Schriftzug. Ein Mann in voller Laufbewegung rennt auf die Kamera zu.

Läuft bei: Disney+ (1 Staffel, 6 Episoden à 60 Min.)

Chris Hemsworth, bekannt als der nordische Gott Thor aus dem Marvel Cinematic Universe, begibt sich auf die Suche nicht nach dem ewigen, aber immerhin langen und gesunden Leben. Das allein tönt noch nicht wirklich reizvoll.

Mehr als Ernährungstipps und Fitnessübungen

Dann schaut man sich den Trailer von «Limitless» an und ist nicht nur von den tiefblauen Augen des australischen Schauspielers fasziniert (und seinem Oberkörper 😉). Hemsworth taucht in arktische Gewässer, klettert in atemberaubenden Höhen, stürmt in ein brennendes Gebäude. Das verspricht Action, nicht nur gesundbeterische Ernährungstipps und ein paar Fitnessübungen.

Zwei Menschen in Schutzanzügen und Atemmasken. Im Hintergrund lodern Flammen.
Stresstest im Feuerinferno. © National Geographic for Disney+ / Craig Parry

Hemsworth lässt sich auf ein paar ziemlich wahnwitzige Herausforderungen ein, die genüsslich inszeniert werden, teilweise ein bisschen überdramatisiert. Dahinter steckt Darren Aronofsky, der die Serie produziert hat und bekannt ist für seinen opulenten, etwas melodramatischen Stil in Filmen wie «Pi» oder «Black Swan».

Humor, Entschlossenheit und Zweifel

Man steigt vielleicht vor allem wegen des zu erwartenden Gaudis in die Serie ein. Aber man bleibt dabei, weil einem Hemsworth mit (australischem) Humor und seiner Entschlossenheit, mit der er die Aufgaben angeht, bei der Stange hält. Manchmal lässt er sogar eine verletzliche Seite durchscheinen. Wobei man nicht vergessen darf, dass der Mann von Beruf Schauspieler ist.

Was ebenso zum Sehvergnügen beiträgt, sind die Drehorte. Sie werden mit eindrucksvollen Aufnahmen in Szene gesetzt, wie man es von National Geographic gewohnt ist. Den Stresstest absolviert Hemsworth auf dem Dach von «Crown Sydney», dem höchsten Gebäude der Stadt. Auf einem schmalen Kransteg balanciert er 270 Meter über dem Hafen.

Ein schmaler Balken in grosser Höhe auf dem die Beine und Füsse eines balancierenden Menschen zu sehen sind.
Obwohl Hemsworth gesichert ist und Stressübungen hinter sich hat, ist sein Puls ziemlich hoch bei diesem Balanceakt. © National Geographic for Disney+
Expert:innen mit Hang zum Pathos

Mutmasslich auf den Lofoten schwimmt er im knapp 2° kalten arktischen Meer. Idyllische rote Häuser säumen den Hafen, es schneit, wenn Hemsworth ins eiskalte Nass taucht. Für eine zweitägige Wanderung ohne Hilfsmittel kehrt er nach Australien zurück ins Northern Territory. Das Nachtlager schlägt er in der Nähe eines wunderschönen Wasserfalls auf.

In jeder Episode erklären Expert:innen ausführlich, welche positiven Auswirkungen die Herausforderungen auf den Körper haben. Das ist oft mit etwas zu viel Pathos inszeniert. Ob die Wissenschaftlichkeit ihrer Aussagen bis ins Letzte standhält, müsste man verifizieren.

Eine Gondel schwebt hoch über Baumwipfeln. An einem langen Seil klettert ein Mann empor zur Gondel.
In den Blue Mountains hoch über den Baumwipfeln absolviert Hemsworth eine mörderische Kletterübung. © National Geographic for Disney+
Gesund leben? Gesund sterben!

Mit der Zeit bekommt man aber genug von der Predigt der Selbstoptimierung. Die Botschaft ist ein bisschen zu penetrant, dass jede:r alle Krankheiten besiegen kann, egal ob Krebs, Alzheimer oder Herzkreislauf, wenn er:sie sich nur anstrengt.

Umso versöhnlicher ist die letzte Episode, in der Hemsworth mit Altern, Sterben und Tod konfrontiert wird. Das Eingeständnis, dass auch das gesündeste Leben im Tod endet, holt den Optimierungswahn auf den Boden der Tatsachen zurück.

Hemsworth Begegnung mit dem Tod

In dieser Episode zeigt sich wohl am besten, was «Limitless» auszeichnet. Die Serie ist massentauglich und oft konventionell, wenn auch immer optisch herausragend inszeniert. Hin und wieder geht sie aber an die Grenzen dessen und ein bisschen darüber hinaus, was man üblicherweise in solchen Dokus vorgesetzt bekommt.

Ältere Menschen machen Turnübungen. Mitten drin ein Mann mit einem Anzug und Helm, Seile an Händen und Füssen.
Hemsworth probiert Aerobic in einem Anzug, der ihn die Anstrengungen spüren lässt, die ihn im Alter erwarten. © National Geographic for Disney+/Craig Parry

Zum Thema Tod spricht Hemsworth mit einer jungen Frau, bei der Krebs im Endstadium diagnostiziert wurde. Das ist tatsächlich berührend und man glaubt ihm, dass ihn diese Begegnung tief bewegt hat.

Noch überzeugender wäre es gewesen, wenn er in einem Sterbehospiz mit Menschen gesprochen hätte, die nur noch Tage zu leben haben. Aber das hätte die Grenze des Zumutbaren für ein Durchschnittspublikum wohl überschritten.

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Wie viele Sterne gibst du «Limitless» Staffel 1?
1 Stimme

Besetzung: Chris Hemsworth | Elsa Pataky | Peter Attia | Ross Edgley | Aaron Grist | Luke Zocchi | Liam Hemsworth | Luke Hemsworth | India Rose Hemsworth
Serie entwickelt von: Darren Aronofsky | Ari Handel
Genre: Doku
USA / AUS / GB, 2022

Our Great National Parks (Staffel 1) – Wie Obama jetzt sein Geld verdient

Ohne Bewertung

Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 5 Episoden à 50 Minuten)

Aus Neugier habe ich mir eine Episode dieser Tierdoku angeschaut, um zu sehen, wie der ehemalige US-Präsident Barack Obama jetzt sein Geld verdient.

Es beginnt an einem Strand auf Hawaii. Obama erzählt, wie er hier dank seiner Grossmutter seine Verbundenheit mit der Natur entdeckte. Dann folgt die Reise in die verschiedensten Nationalparks dieser Welt mit schönen Tier- und Landschaftsaufnahmen. Dazu die sanfte Stimme Obamas aus dem Off, die mit leichtem Pathos erklärt, wie aussergewöhnlich die Fauna und Flora auf dieser Welt ist.

Ich hab irgendwo gelesen, dass die Doku unter den Top 3 bei Netflix für Kinder steht. Finde ich passend. Kinder haben sicher viel Freude an putzigen Äffchen oder beeindruckenden Nilpferden und stören sich weniger am einschläfernden Off-Kommentar.

Wenn ich an den Urvater der deutschen Tierdoku zurückdenke, an den oft lehrmeisterlichen Bernhard Grzimek, macht es Obama auch nicht schlechter.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Our Great National Parks» Staffel 1?

Erzähler: Barack Obama
Genre: Doku
USA, 2022