Wednesday (Staffel 1) – Ein Händchen für komischen Grusel

Serienposter mit Schriftzug. Eine junge Frau steht im Regen. Sie hält einen geöffneten Regenschirm in der Hand. Im Hintergrund Türme und schwarzgrauer Himmel.

Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 8 Episoden à 50 Min.)

Eigentlich hatte ich nicht vor, mir «Wednesday» anzuschauen. Zu viel kommt da zusammen, was mich wenig interessiert. Ich bin bei allem Respekt kein grosser Fan von Tim Burton, der in vier Folgen Regie führte und quasi der geistige Vater der Serie ist. Seine Ästhetik ist mir zu gekünstelt und zugleich wenig originell.

Abstruse Dating-Rituale? Nein, danke

Mit der Addams Family konnte ich auch noch nie viel anfangen. Die bleichen Gesichter und das eiskalte Händchen sind zwar ganz amüsant. Aber wenn schon Grusel, dann lieber richtig Gänsehaut.

Zu guter Letzt halte ich US-amerikanische Teenie- und Highschoolserien für absolute Zeitverschwendung. Weniger oder zumindest nicht nur, weil ich zu alt dafür bin. Diese abstrusen Rituale, die da in der Schule und beim Daten zelebriert werden, entspringen einer Geisteshaltung, die ich höchst irritierend finde (wie erfrischend anders ist da «Sex Education»).

Zwei Frauen in einem Kaffee. Eine Frau hält ihre Kaffeetasse in der Hand und spricht mit der anderen, die ihr Gesicht von der Kamera weggewendet hat.
Eine hübsche Referenz an die «Addams Family»-Filme aus den 90ern: Christina Ricci (rechts) spielte dort Wednesday Addams. In der Serie ist sie eine Lehrerin an der Nevermore Academy, die von Larissa Weems (Gwendoline Christie, links) geleitet wird. © Netflix
Ein Schulstreich, bei dem Blut fliesst. Glorios!

Viel sprach also gegen «Wednesday». Aber immer wieder waren begeisterte Wortmeldungen zu lesen, so dass ich mich fast genötigt sah, mindestens mal den Trailer anzuschauen. Und da ist’s passiert.

Wednesday Addams (Jenna Ortega) spaziert ins Schulschwimmbad und setzt Piranhas im Becken aus, in dem die Wasserballer trainieren, die ihren Bruder piesackten. Was für eine gloriose Perfidie. Das Sahnehäubchen dann ihr Kommentar, dass gewisse Menschen – konkret einer dieser All-American-Boys – sich besser nicht fortpflanzten. Diesen Humor mag ich 😜.

Es gibt zwar nicht mehr allzu viele Szenen, bei denen man mit so einem breiten Grinsen vor dem Schirm sitzt. Aber die misanthropische Wednesday lässt einen immer wieder Schmunzeln mit ihrem triefenden Sarkasmus.

Eine junge Frau hält zwei grosse Plastiksäcke in den Händen, in denen Fische sind.
Wednesday (Jenna Ortega) nimmt blutige Rache für ihren Bruder. Denn: «Niemand quält meinen Bruder – ausser mir.» © Netflix
Sonderschule der Extraklasse

Nach dem Piranha-Vorfall fliegt sie logischerweise von der Schule. Ihre Eltern (Catherine Zeta-Jones und Luis Guzmán) schicken sie deshalb auf die Nevermore Academy, die schon ihre Mutter besuchte. Auch Edgar Allen Poe firmiert unter den prominenten Absolvent:innen, wie die Website stolz verkündet.

Nevermore ist spezialisiert auf Schüler:innen mit aussergewöhnlichen Eigenschaften. Werwölfe, Sirenen und Vampire sind die neuen Klassenkamerad:innen von Wednesday. Obwohl sie jetzt mehr unter Ihresgleichen ist, legt sie ihre asoziale Grundhaltung nicht ab. Sie gibt allen zu verstehen, dass sie besser ohne zwischenmonstrigen Kontakt zurechtkommt.

Wednesdays Eltern schicken «Thing» – bei uns besser bekannt als das eiskalte Händchen – als Aufpasser mit in die neue Schule. © Netlix
Ein Monster namens Hyde

Wednesday gedenkt auch nicht zu bleiben. Sie will gleich wieder abhauen. Das stellt sie aber erst mal hinten an, als ein Monster auftaucht, das einen ihrer Mitschüler tötet. Auf der Spur dieses Monsters, das sich als Hyde entpuppt, taucht Wednesday tief ein in ihre eigene Familiengeschichte.

Die sarkastische, tief pessimistische Grundhaltung der Hauptfigur macht Highschool-Elemente wie Prom oder Sportanlässe nicht nur erträglich, sondern sogar amüsant. Wenn Blut auf die Tanzfläche regnet oder Fairness beim Wettbewerb per Reglement ausgeschlossen ist, konterkariert das die gewohnten Schulgeschichten vorzüglich.

Eine junge Frau spielt Cello. Im Hintergrund lodern gewaltige Flammen um eine Statue.
Wednesday versäumt keine Gelegenheit, einen Schulanlass zur Katastrophe ausarten zu lassen. © Netflix
Wednesday beweist: Highschool kann lustig sein

Selbst die BFF-Geschichte mit ihrer Zimmergenossin, die auch nicht fehlen darf, ist unterhaltsam und passend inszeniert. Die beiden trennen ihr Zimmer strikt in einen knallbunten und einen grauschwarzen, düsteren Teil.

«Wednesday» widerlegt meine Skepsis gegenüber Burton und den Addams als unbegründet. Die Serie beweist sogar, dass man den Highschool-Topos intelligent oder zumindest unterhaltsam gestalten kann.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Wednesday» Staffel 1?
35 Stimmen

Besetzung: Jenna Ortega | Gwendoline Christie | Christina Ricci | Riki Lindhome | Jamie McShane | Hunter Doohan | Percy Hynes White | Emma Myers | Joy Sunday | Catherine Zeta-Jones | Luis Guzmán
Serie entwickelt von: Alfred Gough | Miles Millar
Genre: Komödie | Krimi | Horror
USA, 2022

Resident Evil (Staffel 1) – Nur toll, wenn das Blut spritzt

Resident Evil Poster

1 von 5 Sternen

Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 8 Episoden à 45 Min.)

2036 ist die Welt mal wieder in der Hand von Monstern, so genannten «Zeroes». Die Zeroes wurden mit dem T-Virus infiziert, töten und fressen alles, was sich bewegt.

Jade wird gejagt

Jade (Ella Balinska) studiert in London das Verhalten der relativ tumben Monster. Eines Tages geht das schief und sie wird von Zeroes gejagt. Ein paar Plünderer retten sie, finden aber heraus, dass auf Jade ein Kopfgeld ausgesetzt ist.

Jade kann bei der Übergabe entkommen und versucht sich nach Calais durchzuschlagen.

Geldgier bringt das Unheil

Vor 14 Jahren war die Welt für Jade noch in Ordnung. Sie zog mit ihrer Schwester Billie (Adeline Rudolph) und ihrem Vater Albert Wesker (Lance Reddick) nach New Racoon City. Hier hat die Firma Umbrella ihren Hauptsitz.

Albert entwickelt für die Firma ein Medikament, das eine gefährliche Komponente beinhaltet: das T-Virus. Obwohl er davor warnt, will die gierige Chefin der Firma möglichst schnell auf den Markt mit dem Wundermittel.

Jade und Billie kommen den Machenschaften von Umbrella auf die Spur. Billie wird mit dem Virus infiziert.

Einschätzung

«Resident Evil» hat eine lange Geschichte. Es ist eines der erfolgreichsten Horror-Computergames, das erstmals 1993 erschien. von 2002 bis 2016 wurden auch sechs Filme mit Milla Jovovich in der Hauptrolle produziert. Netflix wagt sich jetzt daran, die Franchise als Serie zu verwerten – und scheitert kolossal.

Full disclosure: Ich habe nur drei Episoden vollständig gesehen, beim Rest ein bisschen reingezappt, aber es blieb unerträglich. Ich habe keinen Kinofilm gesehen und nur in den Anfängen mal ein bisschen das Computergame gespielt.

Zäh, vorhersehbar, stereotyp

Aber ich bin einer guten Virus-Horrorserie durchaus nicht abgeneigt. Von Guillermo del Toros‘ «The Strain» habe ich doch zwei von vier Staffeln angeschaut, bevor ich’s nicht mehr so spannend fand.

Aber bei «Resident Evil» stimmt von Anfang an gar nichts. Die Geschichte entwickelt sich äussert zäh, vorhersehbar und ist gespickt mit stereotypen Figuren.

Wohin flieht Jade?

Im Jahr 2036 wird Jade über mehrere Episoden von Umbrella gejagt und dauernd von Zeroes und anderen Monstern bedroht. Immer entkommt sie fast als einzige den diversen Gemetzeln. Wohin das führen soll, bleibt lange schleierhaft.

In der Vergangenheit, also im Jahr 2022, entfaltet sich langsam das Unheil, sehr langsam. Was halt nicht so spannend ist, weil man ja weiss, was herauskommt. Einzelne Plotelemente, wie die Enthüllungen über Albert Weskel und seine Vergangenheit, sollen einen bei der Stange halten, sind aber ebenfalls nicht so prickelnd.

Bei den Fans gefloppt

Dass diese beiden Zeitebenen teilweise im Minutentakt gewechselt werden, teilweise mit Mini-Cliffhangern, nervt ebenfalls unsäglich.

Falls «Resident Evil» vor allem auf die Fangemeinde der Franchise zielte, hat das auch nicht ganz geklappt. Die Resonanz ist gemischt bis vernichtend.

Gut nur, wenn das Blut spritzt

Das einzig Gelungene an der Serie sind die Monster. Wenn die zubeissen und das Blut spritzt, dann ist das in guter Horrortradition gemacht.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Resident Evil» Staffel 1?

Besetzung: Ella Balinska | Tamara Smart | Siena Agudong | Adeline Rudolph | Paola Nuñez | Lance Reddick |
Serie entwickelt von: Andrew Dabb
Genre: Horror | Action
USA, 2022

Stranger Things (Staffel 4/1&2) – Vergnügt zurück in die Dämonenwelt

Läuft bei: Netflix (4 Staffeln, 34 Episoden. Episoden Staffel 4 à 75+ Min.)

Update zum Season-Finale
Inhaltlich kann man natürlich nichts verraten, ausser – es kommt zum bombastischen Showdown, den man erwarten durfte. Das inszenieren die Duffer-Brüder über fast vier Stunden, in denen man zwischendurch die Fingernägel in die Couch krallt.

Dass am Ende nicht alles zu Ende ist, kommt wenig überraschend. Die Duffer-Brüder hatten schon vor dem Start der aktuellen Staffel eine fünfte und letzte angekündigt. Jetzt gibt es nur noch zwei offene Fragen: Wann kommt die fünfte Staffel? Und wird sie mehr sein, als eine Neuauflage dessen, was wir schon mal gesehen haben?

Denn ehrlich gesagt: Staffel 4 war zwar sehr unterhaltsam, aber auch ein wenig nach dem bekannten Muster der Vorläufer gestrickt. Da müsste das Grande Finale schon noch etwas mehr zu bieten haben.

Neun Monate sind vergangen, seit Russen und der Mind Flayer die kleine Stadt Hawkins ins übernatürliche Chaos stürzten. Joyce, Will und Eleven sind nach Kalifornien gezogen. Der Rest der Freunde ist in Hawkins geblieben und ist zum normalen Schulleben zurückgekehrt.

Vecna – der neue Dämon

Normal bleibt die Welt natürlich nur kurz. Ein neuer Dämon aus der Gegenwelt «Upside Down» taucht auf und tötet eine Cheerleaderin auf bestialische Weise. Weitere Teenager-Opfer folgen.

Dustin, Steve, Max und der Rest der Gruppe verfolgen die Spur des Dämons namens Vecna in Hawkins.

Eleven bei Papa – Hopper bei den Russen

Eleven erhält in Kalifornien derweil Besuch von Sam Owens. Er bringt sie zurück zu ihrem «Papa», der ihr helfen soll, ihre verlorenen Superkräfte wiederzufinden. El soll für einen Kampf gegen die neue Bedrohung aus dem «Upside Down» bereit sein.

Der dritte Erzählstrang führt uns nach Russland. Joyce hat eine Nachricht erhalten, dass Jim Hopper noch lebt und in Russland gefangen gehalten wird. Gegen ein Lösegeld soll er freikommen. Gemeinsam mit Murray bricht sie nach Alaska auf, um das Lösegeld zu übergeben.

previous arrow
next arrow
 

Ich finde

Wer noch nie «Stranger Things» gesehen hat, wird mit obiger Zusammenfassung nichts anfangen können. Der:die sollte auch nicht jetzt einsteigen, sondern von vorne anfangen.

Drei Jahre älter, aber die Zahnspange ist geblieben

Doch selbst diejenigen, die die Vorgeschichten kennen, sind vielleicht froh, dass am Anfang der neuen Staffel die dritte Staffel rekapituliert wird. Denn in der realen Welt sind drei Jahre vergangen, seit die letzte Staffel erschienen ist, und nicht nur neun Monate wie in der Serie.

Das sieht man zwar dem Cast etwas an, aber lange hält man sich an dieser leichten Irritation nicht auf. Immerhin trägt Dustin noch seine Zahnspange.

Liebeskummer und Schulbullies

Schnell ist man wieder drin in der Teenager-Welt der 80er in der Kleinstadt Hawkins und neu auch in Lenora Hills in Kalifornien. Da sind wieder diese zwischenmenschlichen Geschichten von Loyalität mit den Freunden, Liebeskummer und -sehnsucht und Schikane in der Schule.

Bald kommt auch das fantastische Element, das nicht nur Spannung bringt, sondern auch die visuelle Bereicherung durch die Gegenwelt des «Upside Down».

Ein weiteres Markenzeichen der Serie ziehen die Duffer-Brüder ebenfalls durch: die Referenzen an die Popkultur der 80er-Jahre.

Hier kommt Freddy – und Hannibal

Besonders hübsch ist der Auftritt von Robert Englund. Er spielte Freddy Krueger in den «Nightmare on Elm Street»-Filmen. Hier tritt er in einer Nebenrolle auf als Victor Creel, der vermeintlich seine Familie ermordet hat. In Tat und Wahrheit ist er diesmal ein Opfer.

Die Begegnung mit Englunds Figur in einer Klinik ist eine weitere Verneigung vor dieser Ära. Sie ist inszeniert wie der erste Besuch von Clarice Starling bei Hannibal Lecter in «The Silence of the Lambs». Das fällt zwar ganz leicht aus dem Zeitrahmen, weil der Film 1991 in die Kinos kam. Aber die Buchvorlage stammt von 1988.

Kate Bush – grossartig

Kommt noch der Soundtrack dazu. Dass Kate Bushs «Running Up That Hill» (1985) dank «Stranger Things» (die ganze Szene hier, aber Achtung Spoiler) die Spotify-Charts stürmte, hat mich als alter Fan der grossartigen Musikerin natürlich besonders gefreut. (Der SPIEGEL macht dazu ein paar berechtigte kritische Anmerkungen, auch wenn ich nicht alles unterschreiben würde.)

Einzig frustrierend ist natürlich, dass wir auf das Finale noch ein paar Wochen warten müssen. Wer sich wundert: Der Grund liegt in den Schnupperabos, die die Streamer anbieten.

Sendepause bis zum Finale

Das nutzen offenbar einige, um sich eine Serie reinzuziehen und dann wieder auszuklinken. Dem schieben die Anbieter jetzt einen Riegel mit wöchentlichen Episodenveröffentlichungen oder wie hier Netflix mit einer Sendepause. Nervig für die zahlenden Abonnent:innen, aber ist jetzt halt so.

Auf jeden Fall bin ich gespannt aufs Finale. Der Weg dahin war bislang sehr vielversprechend. Zwei Erzählstränge haben schon überraschend zusammengefunden. Mal schauen, was mit dem dritten geschieht.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Stranger Things» Staffel 4/1?

Besetzung: Winona Ryder | David Harbour | Finn Wolfhard | Millie Bobby Brown | Gaten Matarzzo | Caleb McLaughlin | Natalia Dyer | Charlie Heaton | Joe Keery | Noah Schnapp | Sadie Sink | Matthew Modine | Paul Reiser | Joseph Quinn | Tom Wlaschiha
Created by: Ross Duffer | Matt Duffer
Genre: Abenteuer | Fantasy | Horror
USA, 2022

Lovecraft Country (Staffel 1)

Läuft bei: Sky (1 Staffel, 10 Episoden à 60 Min.)

Atticus Freeman begibt sich mit seiner Freundin und seinem Onkel im Amerika der 50er-Jahre auf einen Roadtrip auf die Suche nach seinem Vater. Monster, ein menschenopfernder Kult und der alltägliche Rassismus, der auch vor Lynchmord nicht haltmacht, sind dabei die weiteren Weggefährten.

Ich finde

Eine Serie, die überraschend Sozialkritik mit deftigem Horror verbindet. Das geht manchmal bis an die Grenze des Abstrusen. Aber letztlich ist es stimmig, den fantastischen Horror zu mischen mit der Realität des rassistischen Amerikas in den 50ern. Die Referenz an H.P. Lovecraft im Titel sagt einem ja schon, was zu erwarten ist.

Besetzung: Jurnee Smollett | Jonathan Majors | Aunjanue Ellis | Wunmi Mosaku | Abbey Lee | Michael Kenneth Williams | Jamie Chung
Created by: Misha Green
Genre: Fantasy | Horror
USA, 2020