Ich bin mit der ersten Staffel dieser britischen Spionageserie nicht so richtig warm geworden. Aber die zweite hat sich einen Stern mehr verdient.
Das liegt vor allem daran, dass die Serie diesmal auch den Nebenfiguren mehr Platz einräumt und die Erzählstränge aufsplittet. Das macht es interessanter und stellt nicht nur den zerlumpten Chef Jackson Lamb (Gary Oldman) in den Mittelpunkt.
Der trottet wie gewohnt im schäbigen Trenchcoat durch die Serie und trägt ein Hemd und eine Hose, die seit Wochen keine Waschmaschine mehr gesehen haben. Lamb ist aber der Einzige, der merkt, dass der Tod eines pensionierten Agenten nicht auf natürliche Ursachen zurückzuführen ist.
Auf dem Mobiltelefon dieses ehemaligen Kollegen findet er den entscheidenden Hinweis: Cicada. Damit sind nicht die Insekten gemeint, sondern ein Netz von russischen Schläferagent:innen, das offenbar aktiviert wurde.
Mission in der ländlichen Idylle
Eine erste Spur führt aufs Land. Lamb schickt River Cartwright (Jack Lowden) in ein Dorf in den Cotswolds, wo er mehr über einen kleinen Privatflugplatz herausfinden soll. Von hier aus operierte offenbar einer der russischen Schläfer.
Louisa Guy und Min Harper erhalten eine ganz andere Aufgabe, die zuerst keinen Zusammenhang mit den russischen Schläfern zu haben scheint. Sie werden etwas überraschend vom Hauptquartier angefordert, um ein geheimes Treffen des MI5 mit einem russischen Dissidenten abzusichern.
Einsätze im Feld für die Büromannschaft
Dahinter steckt der schleimige MI5-Karrierist James Webb (Freddie Fox). Er holt die Slow Horses nur an Bord, damit er einen Sündenbock hat, falsch etwas schiefläuft mit dem Treffen.
Auch der Rest des Teams im Slough House kommt zu seinen Einsätzen. Lambs Assistentin (Saskia Reeves) entpuppt sich als Schachmeisterin und kommt so zu wichtigen Informationen, während Shirley (Aimee-Ffion Edwards) und Computernerd Roddy (Christopher Chung) zuerst elektronisch einen der Schläfer aufspüren und ihn dann im Feld verfolgen.
Die Story etwas komplexer, mehr Action als zuvor und eben mehr Scheinwerferlicht auf dem Rest der Slow Horses. Dazu noch ein Mord, dem ein Mitglied von Lambs Team zum Opfer fällt.
Die zweite Staffel hat einen Gang höher geschaltet. Das macht sie unterhaltsamer. So langsam wachsen einem die Versager aus dem Slough House ans Herz und man fiebert immer mehr mit ihnen mit.
Läuft bei: Amazon (3 Staffeln, 24 Episoden à 50 Min.)
Wenn’s spukt, holt man die Ghostbusters. Und wen holt man bei einer internationalen Krise, die zu einem Atomkrieg ausufern könnte? Jack Ryan! Der CIA-Mann, der alle Probleme im Alleingang löst. Wobei man ihn selten rufen muss. Er ist meist vor allen anderen da, weil er den Riecher hat für brenzlige Situationen.
Russische Hardliner planen den Krieg
Diesmal ist Jack (John Krasinski) auf der Spur eines russischen Geheimprojekts namens Sokol. Ursprünglich war das ein Projekt zur Entwicklung einer kleinen Atombombe aus den 60er-Jahren. Sokol wurde aber terminiert, wie auch die Wissenschaftler, die daran arbeiteten.
Jetzt holt eine abtrünnige Fraktion innerhalb der russischen Regierung das Projekt wieder aus der Schublade. Ihr Ziel: Auf Nato-Gebiet eine kleine Atombombe zu zünden, das der Nato in die Schuhe zu schieben, um so einen Krieg anzuzetteln, bei dem die Russen in sieben Tagen an den Rhein vorstossen wollen (eine historisch belegte Strategieüberlegung des Warschauer Pakts). Am Ende soll das alte Sowjetreich aus der Asche auferstehen.
Gejagt von allen Seiten
Aber eben: Jack Ryan ist ihnen auf den Fersen. Allerdings unter erschwerten Bedingungen. Der CIA-Chef in Langley ist ein typischer Bürokraten-Hasenfuss, der keine Ahnung hat, und Jack deshalb zurückpfeift. Was dieser geflissentlich ignoriert und deshalb von den eigenen Leuten gejagt wird.
Ganz alleine muss es Jack aber doch nicht mit den bösen Russen aufnehmen. James Greer (Wendell Pierce) und Mike November (Michael Kelly), zwei alte CIA-Kumpels, halten zu ihm. Auch seine neue Vorgesetzte Elizabeth Wright (Betty Gabriel) schlägt sich nach einigem Zögern auf seine Seite.
Wie es ausgeht, kann man sich denken. Aber man muss der Serie zugestehen, dass der Weg dahin spannend ist: reichlich Action und einige Rettungsaktionen in letzter Sekunde.
Ohne Amerika wäre die Welt verloren
Warnen muss man allerdings vor dem Weltbild, das der Serie zugrunde liegt, falls jemand Tom Clancy nicht kennt, auf dessen Büchern die Jack Ryan-Serie basiert. Die ist simpel und kennt keine Schattierungen: Die Vereinigten Staaten sind das beste Land der Welt und sie wissen, was für den Rest der Welt gut ist.
Deshalb macht auch die tschechische Präsidentin Kovac (Nina Hoss) keine besonders gute Figur. Nur dank der Hilfe der Amis kann sie ihre Verwicklungen in den ganzen Plot einigermassen unbeschadet überstehen.
Wer sich also am völlig selbstverständlichen imperialistischen Gehabe der US-Amerikaner stört, den wird die Serie von A bis Z nerven. Wenn man das ausblenden kann, gibt’s gute Unterhaltung.
Ob das Muster dieser Serie noch lange funktioniert, scheint aber zweifelhaft. Nur den Schauplatz zu wechseln, wie das in den drei vorliegenden Staffeln passierte, reicht irgendwann nicht mehr, wenn am Ende doch immer dieselbe Geschichte erzählt wird. Aber die Figur des Jack Ryan weiterzuentwickeln, ist wohl auch keine Option. Er ist so simpel gestrickt wie das Weltbild, das er vertritt …
Läuft bei: Netflix (Mini-Serie, 5 Episoden à 45 Min.)
Die erste Irritation ist, dass Charlie Cox als stellvertretender MI6-Chef Adam Lawrence den Leuten beim Gespräch in die Augen schaut. Aber darüber kommt man schnell hinweg. Er trägt schliesslich kein Superheldenkostüm. Deshalb ist er klar erkennbar nicht als blinder «Daredevil» unterwegs, der der beste Marvel-Serienheld aus der Netflix-Ära war.
Drehbuch mit grossen Löchern
Schwieriger wird es, mit all den Ungereimtheiten im Drehbuch von «Treason», die noch folgen werden. Da gibt es Personenschützer, die das Haus von Adam und seiner Familie bewachen. Die merken aber nichts, wenn Adam und seine Frau Maddy (Oona Chaplin, die den Namen ihrer Grossmutter und unverkennbar die Gesichtszüge ihrer Mutter Geraldine trägt) nachts für ein paar Stunden rausschleichen.
Als Adams Tochter entführt wird, sucht zwar das MI6 und die ganze Metropolitan Police nach ihr. Er schafft es allerdings im Alleingang sie durch ein dubioses Tauschgeschäft wieder freizubekommen. Es fragt im Nachhinein aber keine Sau, wie ihm das gelungen ist.
Die Vergangenheit holt Adam ein
Es gäbe noch mehr Beispiele, die zeigen, wie holprig diese Spionagegeschichte vor allem in den ersten drei Episoden konstruiert ist. Aber mal zurück zum Anfang: Worum geht’s überhaupt?
Nach einem Anschlag auf den MI6-Chef Sir Martin Angelis (Ciarán Hinds) wird Adam interimistisch Chef der britischen Auslandsspionage. Das war genau die Absicht der Attentäterin. Kara Yerzova (Olga Kurylenko) ist nicht nur eine ehemalige russische Agentin, sondern war auch vor Jahren Adams Geliebte.
Sie will von Adam Informationen über einen Vorfall, bei dem vor 15 Jahren in Baku ihr ganzes Team getötet wurde. Nach langem Zögern sucht Adam nach Unterlagen, findet aber nichts heraus.
Kurz darauf wird Adams Tochter entführt. Er wird erneut erpresst. Diesmal geht es um ein inoffizielles Dossier über eine Politikerin, die Premierministerin werden will. Sein Chef hortete ganze Aktenschränke mit solchen Dossiers, um sie bei Gelegenheit zu seinem Vorteil einzusetzen.
Parallel dazu wird Maddie von einer Freundin aus alten Militärtagen angegangen, die jetzt für die CIA arbeitet. Die Amerikaner verdächtigen Adam schon länger, dass er ein russischer Maulwurf sei. Maddie beginnt an Adam zu zweifeln und hilft Dede (Tracy Ifeachor), ihn zu überwachen.
Und jetzt, ab der vierten Episode, wird es spannend. Adam wird zum Gejagten, der niemandem mehr trauen kann. Man musste aber einiges über sich ergehen lassen, um so weit zu kommen. Der Schluss entschädigt mit ein paar netten Twists, wenn die Frauen übernehmen, um das ganze Schlamassel zu beenden.
Dennoch ist «Treason» nur Dutzendware aus dem Genre der britischen Spionageserien. Da gibt es Besseres zu sehen wie beispielsweise die Retro-Serie «The Ipcress File». Im Vergleich überzeugt auch «Slow Horses» mit Gary Oldman und Kristin Scott Thomas mehr. Aktuell läuft hier die zweite Staffel auf Apple TV+.
Läuft bei: Amazon (1 Staffel, 8 Episoden à 60 Min.)
Wenn «Von den Macher:innen von ‹Westworld›» draufsteht, dann klingt das vielversprechend. Es tönt an, worauf wir uns einstellen dürfen. «The Peripheral» erfüllt diese Erwartungen: etwas Science-Fiction, humanoide Hightech-Roboter, Action und dann noch so was wie Zeitreisen.
Neuanfang nach «Westworld»-Absetzung
Damit bewegen sich Produzent:in Jonathan Nolan und Lisa Joy in ähnlichen Gefilden wie bei «Westworld», wo sie dieses Jahr einen herben Rückschlag hinnehmen mussten. HBO hat die Serie nach der eher schwachen vierten Staffel abgesetzt. Dabei hatten Nolan/Joy noch eine fünfte und letzte geplant.
William Gibson – Erfinder des Cyberspace Die Vorlage zu «The Peripheral» stammt aus der Feder von William Gibson. Er ist vor allem bekannt als Autor von «Neuromancer», sein Debütroman von 1984, der das Sci-Fi-Subgenre des Cyberpunks begründete. Zudem wird ihm die Erfindung des Begriffs «Cyberspace» zugeschrieben. «The Peripheral» erschien 2014 und ist der erste Teil einer Trilogie. 2020 erschien der zweite Band «Agency». Ein Termin für Band 3 ist noch nicht bekannt.
Von daher bedeutet «The Peripheral» für die beiden wohl eine Art Neuanfang. Was – richtigerweise – vermuten lässt, dass die Serie nicht nur auf eine Staffel angelegt ist. Nach den ersten acht Episoden ist die Geschichte an einem Wendepunkt angekommen, aber noch lange nicht zu Ende erzählt.
Science-Fiction in den Blue Ridge Mountains
Ich bin allerdings noch unschlüssig, ob ich mir eine allfällige zweite Staffel anschauen würde. Das ganze Setting von «The Peripheral» ist zwar recht ansprechend, aber nicht wirklich berauschend.
Interessant ist die Ausgangslage der Geschichte. Lynne Fisher (Chloë Grace Moretz) lebt im Jahr 2032 in einem Kaff in den Blue Ridge Mountains, wo sich schon die Waltons eine gute Nacht wünschten. Lynne arbeitet in einem 3D-Druckershop, ist aber vor allem eine herausragende VR-Gamerin.
Per Headset ins Zukunftsabenteuer
Sie springt öfters für ihren Bruder Burton (Jack Reynor) ein, der mit Games Geld zu verdienen versucht. Burton bekommt ein äusserst lukratives Angebot, eine neuartige Simulation zu testen. Das Geld könnten die beiden sehr gut brauchen für die Medikamente, die ihre kranke Mutter braucht.
Lynne setzt sich das neuartige Headset auf und landet in London im Jahr 2099. Ihr Auftrag: Bei einer Firma einbrechen und Technologie klauen. Das läuft einigermassen erfolgreich. Der Diebstahl gelingt, aber ihre Spielfigur stirbt am Schluss.
Die Simulation fühlt sich völlig realistisch an, berichtet Lynne begeistert ihrem Bruder. Sie spürt sogar die Schmerzen ihrer Spielfigur. Ist es wirklich eine Simulation?
Keine Simulation, sondern eine Zeitreise
Nein. Lynne ist tatsächlich virtuell in die Zukunft gereist in einen hoch entwickelten Humanoiden, «Peripheral» genannt. Weil diese Zukunft mit Lynnes Gegenwart kommunizieren kann, verursacht das für Lynne und ihren Bruder Probleme. Die beklaute Firmenchefin (T’Nia Miller) reagiert ziemlich brachial. Sie schickt Söldner, die die beiden umbringen sollen.
Gleichzeitig meldet sich Wilf Netherton (Gary Carr) aus der Zukunft bei Lynne, weil die Auftraggeberin des Diebstahls verschwunden ist und Wilf sie finden will. Dafür braucht er Lynne wieder in ihrem «Peripheral».
Zeitreisen sind immer heikel für die Logik einer Story. Das ist bei «Peripheral» aber nur mässig verwirrend. Der Kontakt aus der Zukunft durch irgendwelche Quantentunnels tönt logisch. Komplizierter wird es, wenn durch diese Kontakte immer neue Zeitachsen abzweigen. Wenn man dem aber nicht allzu fest nachhängt, stört das auch nicht gross.
Wildwest-Mentalität feiert Urstände
Die grosse Schwäche der Serie liegt in der Gegenwart. Hier schlägt das reaktionäre amerikanische Wertesystem mal wieder völlig unreflektiert zu. Burton umgibt sich mit Freunden, mit denen er im Krieg gekämpft hat.
Unter diesen heroischen Veteranen, einer davon schwer behindert, herrscht strikte Marines-Mentalität und die alte Wildwest-Losung zuerst schiessen, dann fragen. Dieses martialische Gehabe nervt, auch wenn es im Plot sehr gelegen kommt, um die Killerkommandos zu beseitigen.
Die Welt geht unter, aber Hauptsache Mama wird gesund
Einigermassen absurd und ziemlich klischiert kommt der Bösewicht der Kleinstadt daher. Corbell Pickett (Louis Herthum) hat das Kaff im Sack und ist unantastbar. Er verdient sein Geld mit Drogen und ist der grösste Arbeitgeber. Quasi ein Walter White («Breaking Bad»), der es geschafft hat.
Es reicht dann allerdings, dass einer der Polizisten einen moralischen Anfall bekommt. Plötzlich sind die Machtverhältnisse, die jahrelang unverrückbar waren, in Frage gestellt. Ziemlich lächerlich.
Auch dass die Familie über alles geht, treibt die Serie auf die Spitze. In der Londoner Zukunft bekommt Lynne eine Mission, die die ganze Welt retten soll. Ob sie dafür Bedingungen stelle, wird sie gefragt. Ja, sagt Lynne: «Macht meine Mama gesund». Weil ein Familienmitglied ja mindestens die ganze Weltbevölkerung aufwiegt, oder so.
Zum Glück gibt’s die Londoner Zukunft
Von dieser hinterwäldnerischen Welt hebt sich die Londoner Zukunft wohltuend ab. Nicht nur, dass sie Englisch sprechen ohne diese hässlichen zerquetschten Vokale.
Brutale Bösewichtin mit exquisitem Modegeschmack: T’Nia Miller als Cherise Nuland.
Der Machtkampf, den es hier auch gibt, wird zwar nicht weniger gewalttätig, aber viel gepflegter ausgetragen. Das überspitzt die Serie zwar auch mit exaltierten Figuren in extravaganter Kleidung. Aber irgendwie ist das erträglicher, ja sogar ziemlich amüsant.
Wenn man die reaktionäre Ideologie ausblendet, kann «The Peripheral» aber zugutehalten, dass sie einen unterhaltsamen Plot mit reichlich Action bietet. Das ist zumindest vergnüglich. Vielleicht erhält die zweite Staffel dann doch eine Chance bei mir – falls sie kommt.
Läuft bei: Sky Show(1 Staffel, 8 Episoden à 35 Min.)
Emma (Cristin Milioti) und Noah (William Jackson Harper) gönnen sich zu ihrem zehnten Hochzeitstag Ferien in einem All-Inclusive-Resort in Mexiko. Zum Feiern scheint es den beiden aber wenig zumute zu sein.
Spurlos verschwunden
Die Ferien dienen offensichtlich dazu, herauszufinden, ob ihre Ehe noch zu retten ist. Da kommt ihnen ein Abenteuer sehr gelegen, das sie vielleicht wieder zusammenbringt.
Emma entdeckt bei einem Ausflug mitten im Urwald ein altes Mobiltelefon. Es gehörte Sam (Skyler Gisondo), der vor 15 Jahren zusammen mit seiner Ferienbekanntschaft Violet (Nina Bloomgarden) spurlos verschwunden ist.
Emma und Noah finden auf dem Mobiltelefon Textnachrichten und Bilder. Sie folgen den Spuren und finden ein verfallenes Hotel, in dem Sam Ferien machte. Ihre Ermittlungen führen die beiden Hobbydetektive weiter zu einer einflussreichen Familie, einem Schriftsteller und einer magischen Höhle.
Einschätzung
«The Resort» beginnt ziemlich schwerfällig. Die beiden ersten Episoden ziehen sich in die Länge, ohne dass die Handlung entscheidend vorangetrieben wird.
Danach wird es unterhaltsamer. In Rückblenden erfahren wir, wie Sam und Violet zueinandergefunden haben. Zwei neue Figuren tauchen auf.
Das schwarze Schaf und der Exzentriker
Da ist einerseits Baltasar (Luis Gerardo Méndez), der zu der einflussreichen Familie Frias gehört, aber seinen eigenen Weg gegangen ist. Baltasar arbeitete in dem Hotel, in dem Sam und Violet wohnten, bevor sie verschwanden.
Das Hotel gehörte dem exzentrischen Alex (Ben Sinclair). Er leidet an einer eigentümlichen Krankheit namens «Tempus Exhaurire». Als Folge verliert er seine Erinnerungen.
Die mystische Reise zu sich selbst
Beide haben ihre eigene Geschichte, die sie mit Sam und Violet verbindet, und gleichzeitig um das Thema kreisen, das sich langsam als Grundzug der Serie herauskristallisiert: Die Vergangenheit, die Erinnerung, unser Umgang damit, und wie das unser Leben formt.
In den letzten Episoden wird die Suche nach den Verschwundenen für Emma, Noah und auch Baltasar immer mehr zu einer mystisch angehauchten Reise zu sich selbst. Am Schluss finden sie Antworten auf Fragen, die sich ihnen stellten.
Doch eine Frage bleibt offen: Was genau haben wir da gerade gesehen? Eine Geschichte, die zu Beginn an «The White Lotus» erinnert, sich am Ende aber etwas anfühlt wie eine Fantasiewelt à la Narnia.
Immerhin: «The Resort» findet ein Ende, das diesen Namen verdient. Der Weg dahin ist leidlich interessant. Wirklich originell und überzeugend ist die Geschichte aber nicht.
Ebenso etwas enttäuschend: «The Resort» wird auch als Komödie angepriesen. Das finde ich nicht zutreffend. Schade vor allem, weil William Jackson Harper sein komödiantisches Talent als Chidi Anagonye in «The Good Place» bewiesen hat.
Läuft bei: Netflix (Mini-Serie, 7 Episoden à 50 Min.)
Diese Besprechung enthält Spoiler
Es ist der Traum von vielen: Ein schönes Eigenheim, gemütlich eingerichtet. Viel Platz für die Kinder. Eine schöne Umgebung und eine nette Nachbarschaft. Nora (Naomi Watts) und Dean Brannock (Bobby Cannavale) mit ihren beiden Kindern finden ihr Traumhaus in Westfield, ein paar Kilometer von New York entfernt.
Unerfreuliche Nachbarschaft
Es dauert nicht lange und der Traum wird zum Albtraum. Es beginnt mit den Nachbarn. Mo (Jennifer Coolidge) und Mitch (Richard Kind) liegen gerne im Garten und beobachten mit dem Feldstecher, was die Neuankömmlinge so treiben.
Pearl (Mia Farrow) gibt den Brannocks den Tarif durch, was an Veränderungen am und im Haus geht und was nicht. Ihr seltsamer Bruder (Terry Kinney) ist noch aufdringlicher. Er schleicht sich ins Haus, weil er gerne im Speiseaufzug fährt.
«Junges Blut» fürs alte Haus
Dann kommen die Briefe. Eine geheimnisvolle Figur, die sich «The Watcher» nennt, begrüsst die Familie im neuen Haus. Sie gibt zu erkennen, was sie alles über die Familie weiss.
Dass sie beispielsweise «junges Blut» mitgebracht habe, was gut für das Haus sei, aber ungut tönt für die beiden Kinder. Und «The Watcher» verspricht, ziemlich passiv-aggressiv, weiterhin ein scharfes Auge auf die Brannocks zu werfen.
Die Brannocks schalten die Polizei ein, engagieren eine Privatdetektivin, ermitteln auf eigene Faust. Sie beschuldigen reihum Nachbarn, Freunde, am Ende misstrauen sie sich sogar gegenseitig.
Das traute Heim bringt den Brannocks kein Glück, sondern stürzt sie in einen tiefen Abgrund, der ihr Familienleben zu zerstören droht.
Einschätzung
«The Watcher» hat ein grosses Problem. Man kann zwar nachvollziehen, was die Brannocks komplett aus der Bahn wirft. Irgendein:e Unbekannte:r, der:die zu verstehen gibt, dass er:sie einen überwacht und Spuren im Haus hinterlässt, das ist furchterregend.
Das Problem ist aber, wie in jeder Episode wirre Fäden gesponnen werden, die zu neuen, manchmal auch wieder zu alten Verdächtigen führen, ohne dass man der Lösung des Geheimnisses einen Schritt näher kommt. Alles dreht sich immer nur im Kreis.
Haarsträubende Ungereimtheiten
Dazu kommen Ungereimtheiten in der Geschichte, die einem mehr die Haare zu Berge stehen lassen als die wenigen Schreckensmomente. Ein Beispiel ist die Kamera im Schlafzimmer. Sie filmt, wie sich eine junge Frau zum schlafenden Dean ins Bett legt. Das führt zur Ehekrise. Es wird aber offensichtlich, dass die junge Frau vom Watcher engagiert worden sein muss.
Nur: Der einzige, der von der Kamera wusste, ist der junge Typ der Sicherheitsfirma. Er hat sie heimlich installiert. Er wird aber vom Verdacht befreit, der Watcher zu sein.
Wie also soll das gehen? Die Diskreditierung des Ehemanns funktioniert nur, wenn der Watcher wusste, dass seine aufwendige Inszenierung auf Video festgehalten wird.
Der Mord, der keiner war
Andere Twists sind zwar weniger unlogisch, aber nicht minder abstrus. Die beiden Nachbarn Mo und Mitch werden ermordet. Die Leichen werden abtransportiert. Sie fallen also weg als Watcher. Denkste, he he.
Zwei Episoden später stehen sie wieder da. Sie waren nur im Urlaub, was aber niemand wusste, ausser ihr Sohn. Der hat zwei Obdachlose ins Haus bestellt und sie umgebracht, um ans Geld der Eltern zu kommen. Bitte, was?
Zu guter Letzt outet sich eine der Figuren als Watcher. In Rückblenden wird gezeigt, wie sie vorgegangen ist. Ein paar Einstellungen später stellt sich heraus: Nee, nee, sie war es nicht. Die Rückblenden sind gelogen – ein Stilmittel, für das schon Hitchcock bei «Stage Fright» Haue bezogen hat.
Ob der horrenden Unzulänglichkeiten des Drehbuchs geht eigentlich verloren, was «The Watcher» wohl zeigen wollte: Wie zerstörerisch die Kraft einer unheimlichen Bedrohung sein kann. Selbst wenn sie in der harmlos scheinenden Form von Briefen daherkommt.
Die wahre Geschichte wäre die bessere
Das macht es aus, was an der wahren Begebenheit faszinierte, auf der «The Watcher» beruht. Diese Geschichte ist aber viel weniger dramatisch und vor allem: Der Fall wurde nie gelöst. Deshalb erfanden die Autoren wohl noch Unmengen an Twists dazu. Sehr zum Schaden der Serie.
Läuft bei: Disney+ (1 Staffel, 7 Episoden à 55 Min.)
Dan Chase (Jeff Bridges) lebt zurückgezogen in einem Haus. Nur zwei Rottweiler leisten ihm Gesellschaft. Dan sorgt sich um seinen Geisteszustand. Er befürchtet, dement zu werden, wie seine Frau, die vor ein paar Jahren starb.
Der kaltblütige Rentner
Zudem scheint er auch paranoid zu sein. Seiner Tochter Emily (Alia Shawkat) erzählt er am Telefon, dass irgendwas nicht stimme. Dan bastelt aus Büchsen eine Art Alarmanlage und installiert sie im Haus.
Tatsächlich scheppert es eines Nachts. Dan entdeckt einen Einbrecher. Er hetzt die Hunde auf ihn. Als der Eindringling am Boden liegt, fragt Dan nach seinem Namen. Er erhält keine Antwort und erschiesst ihn kaltblütig.
Es war kein gewöhnlicher Einbrecher. Darauf deutet der Schalldämpfer, den er auf seiner Waffe aufgesetzt hatte. Und Dan ist kein gewöhnlicher alter Mann, sondern ein ehemaliger CIA-Agent, der seit über drei Jahrzehnten untergetaucht ist.
Doch jetzt holt in seine Vergangenheit ein. Eine Spezialeinheit der CIA hat ihn aufgespürt. In die Operation involviert ist auch der stellvertretende FBI-Direktor Harald Harper (John Lithgow).
Zwei alte Freunde werden zu Todfeinden
Harper und Chase haben eine gemeinsame Vergangenheit. Sie waren beide in Afghanistan, als die CIA in verdeckten Operationen afghanische Warlords im Krieg gegen die Sowjetunion unterstützte. Diese alte Geschichte bringt sie erneut zusammen. Allerdings auf unterschiedlichen Seiten.
Während Chase auf der Flucht ist und Harper die Jagd organisiert, enthüllt sich langsam, was damals in Afghanistan passiert ist und weshalb das für beide 30 Jahre später lebensgefährlich wird.
Gleich am Anfang gibt es diese eine Szene. Chase kämpft gegen einen CIA-Agenten. Minutenlang versetzen sich die beiden Fausthiebe, würgen sich gegenseitig, wälzen sich am Boden. Ein schier endloser Kampf, den Chase verliert. Aber am Schluss eben doch nicht. Seine Hunde zerfleischen den Widersacher.
Action ist eher untypisch für die Serie
Dieser Kampf zeigt: Chase hat zwar noch einiges drauf, ist aber schlicht zu alt für solche Zweikämpfe. Aber er erledigt auf seine Weise gnadenlos, wer sich ihm in den Weg stellt. Chase will dabei nicht nur sich selber schützen, sondern vor allem seine Tochter.
Andererseits ist diese Actionszene untypisch für «The Old Man». Viel öfter grübeln die Figuren der Frage nach, was war, was ist und weshalb es nach 30 Jahren wohl unvermeidlich so weit kommen musste.
Viele alte Männer, aber nicht nur zum Glück
Das wäre wahrscheinlich langweilig, wenn das einerseits nur die alten Männer täten, von denen es noch mehr als nur Chase und Harper gibt. Und andererseits nicht so hervorragende Schauspieler wie Bridges und Lithgow die Mono- und Dialoge führten.
Da sind zum Glück aber ein paar andere Figuren, die auch etwas zu sagen haben. Emily, die Tochter von Chase, hören wir lange nur am Telefon. Als sie dann auftaucht, sind die Umstände ziemlich überraschend. Emily rückt immer mehr ins Zentrum des Geschehens.
Zoes überraschende Wandlung
Eher unfreiwillig wird Zoe (Amy Brennaman) in die Geschichte verwickelt. Chase mietet sich auf der Flucht bei ihr ein. Als er erneut aufgespürt wird, nimmt er sie mit, weil seine Verfolger mit ihr wohl kurzen Prozess machen würden.
Zoe ist aber alles andere als dankbar dafür und sie lässt sich nicht einfach rumkommandieren. Chase muss zur Kenntnis nehmen, dass er sie ziemlich falsch eingeschätzt hat.
Für einen Thriller ist «The Old Man» beinahe etwas zu behäbig inszeniert. Lange Dialoge beim Autofahren, viele Rückblenden und eben wenig Action. Das kann man als altersgerecht ansehen angesichts der schon fast betagten Protagonisten.
Es dient aber vor allem dazu, den Figuren Raum und Zeit für ihre Geschichten zu geben. Der Thrill passiert mehr auf der psychologischen Ebene und mit der einen oder anderen überraschenden Wendung. Eher unüblich für das Genre, aber überzeugend im Resultat. Einzig wieder einmal der übliche Dämpfer: Kein befriedigendes Ende nach der ersten Staffel. Man muss wieder warten, bis die zweite kommt.
Saara Parvin (Hannah Khalique-Brown) hat ihren ersten Arbeitstag als Praktikantin in den «Government Communications Headquarters» (GCHQ). Die britische Regierungsbehörde ist für die Cybersicherheit des Landes zuständig.
Die Praktikantin stellt die Nerds in den Schatten
Saara hat ein gutes Timing. Es wird gleich spannend, weil eine russische Cyberattacke Teile des britischen Internets lahmlegt. Die blitzgescheite IT-Studentin beweist, was sie drauf hat. Sie findet in der russischen Malware den Code für eine zweite Angriffsstufe.
In den GCHQ klopft man sich gegenseitig auf die Schultern: well done, let’s go for a pint! Dabei war das erst der Anfang des russischen Angriffs.
Was die Russen im Schilde führen, erfahren wir durch Vadim (German Segal). Er war auf derselben Uni wie Saara, wurde aber nach Russland zurückbeordert. Er landet beim Geheimdienst (FSB) als Coder in der Abteilung, die den Angriff auf Grossbritannien orchestriert.
Vadim ist entsetzt, als er die Ziele des Angriffs erfährt. Der FSB nimmt einen heissen Krieg mit den Briten in Kauf. Deshalb versteckt Vadim in der Malware eine Botschaft für ein Treffen.
Die Gefahr nicht erkannt
Saara entschlüsselt die Botschaft und trifft Vadim, der sie vor einer dritten Angriffswelle warnt. Allerdings kann er keine genauen Angaben machen, wie und wo die Russen zuschlagen werden. Für Saaras Vorgesetzten Danny (Simon Pegg) ist die Warnung zu vage. Saara muss auf eigene Faust weitersuchen.
Einschätzung
In den letzten beiden Episoden wird «The Undeclared War» richtig spannend. Die Russen sabotieren die britischen Parlamentswahlen, auf der Strasse protestieren Hunderttausende, die Regierung steht unter Druck und beschliesst massive Vergeltungsschläge gegen Russland.
Was will die Serie bloss?
Um so weit zu kommen, braucht es aber Durchhaltewillen. Die Serie hat zu viele Mängel und erweckt durchgehend den Anschein, dass sie nicht so genau weiss, was sie eigentlich will.
Natürlich: Der Cyberwar ist ein zentrales Thema. Das ist sogar witzig inszeniert. Wenn Saara sich an die Tastatur setzt und auf dem Bildschirm die Codezeilen vorbeiflimmern, wechselt die Szenerie. In einer Art Virtual Reality wandert Saara bewaffnet mit einem Werkzeuggürtel durch Gebäude und versucht Schlösser zu knacken und Hinweise zu finden.
Aber dann ist da auch Rassismus. Saara ist Muslima, ihr Bruder entsetzt, als er erfährt, dass sie für den repressiven Staatsapparat arbeitet, unter dem ihre Gemeinschaft zu leiden hat. Familiär kommen unbewältigte Probleme mit ihrem Vater dazu.
Rechtsnationale Hooligans tauchen auch auf, aufgewiegelt durch Medien, die Fake News verbreiten. Die Schlägertruppe überfällt ein linkes Aktivistencamp, in dem Saaras Freund verkehrt. Die Polizei schaut dabei zu und grinst hämisch.
Klar, altbacken geht heute nicht mehr
Und was mit non-heteronormativ gibt es auch: Saara verliebt sich am neuen Arbeitsort. Sie geht nicht mit einem Kollegen fremd, sondern mit der NSA-Verbindungsfrau.
Es leuchtet mir völlig ein, dass der Autor Peter Kosminsky versucht, eine altbackene Inszenierung zu vermeiden, in der sich das Geschehen auf der Chefetage mit alten weissen Männern abspielen würde. Aber auch das funktioniert nur, wenn der Plot fokussiert und die alternativen Hauptfiguren überzeugend und konsistent sind.
Das ist hier nicht der Fall. Die Geschichte mäandert vom Politthriller zum Familiendrama, von der Liebesgeschichte (übrigens mit Vadim alles auch in russischer Version erhältlich) bis zur Gesellschafts- und Medienkritik.
Logischerweise wirken die Hauptfiguren deshalb überladen und unbeständig. Man fragt sich dauernd, worauf es bei ihren Figuren jetzt eigentlich ankommt.
Hätte spannend sein können, wenn …
Schwierig wird es auch, wenn man Schauspieler wie Simon Pegg und allen voran Mark Rylance in die zweite Reihe stellen will. Sobald Rylance im Bild ist, verblasst alles rundum. Da hat Saara als Figur und Hannah Khalique-Brown als Schauspielerin keine Chance.
Wenn «The Undeclared War» tatsächlich nur die titelgebende Geschichte erzählen würde, wäre die Serie womöglich spannend. So irritiert sie mit durcheinander gewürfelten Erzählsträngen, die der Serie weder Tiefe noch Vielfalt verleihen.
Deshalb gibt es nur 2 Sterne, plus einen Stern für Mark Rylance, der auch in seiner winzigen Nebenrolle wieder mal glänzt. (Wahrscheinlich spielte er nur mit, weil er mit Kosminsky befreundet ist. Die beiden haben bei «Wolf Hall» zusammengearbeitet. Diese Serie, basierend auf dem Buch der kürzlich verstorbenen Hilary Mantel, war sehr gut).
Läuft bei: Disney+ (1 Staffel, 8 Episoden à 30 Min.)
Stefan (Gavin Drea) legt gleich zu Beginn einen oberpeinlichen Auftritt hin. Er stürmt mitten in eine Hochzeitsfeier und fleht die Braut (Rose Salazar) an, nicht diesen reichen Schnösel an ihrer Seite zu heiraten. Aber Katie lässt Stefan knallhart abblitzen.
Hoffnungsloser Romantiker
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Stefan vor versammelter Mannschaft lächerlich macht. Vor kurzem hat er seiner damaligen Freundin an einer anderen Hochzeit einen Heiratsantrag gemacht. Sie liess ihn einfach stehen.
Alle seine Freund:innen hatten ihn gewarnt. Aber Stefan scheint ein hoffnungsloser Romantiker zu sein. Sein Drang, in den Hafen der Ehe zu segeln, entpuppt sich allerdings nicht als sein grösstes Problem. Das ist die Braut vom Anfang, Katie.
Acht Leichen am Hochzeitsessen
Kurz nachdem Stefan in Katies Hochzeit gestürmt ist, stürmt die Polizei seine Wohnung. Stefan wird verdächtigt, etwas damit zu tun zu haben, was an Katies Hochzeitsessen passiert ist.
Da gab es nämlich acht Leichen, Katies neue Verwandtschaft inklusive Ehemann. Alle vergiftet, alle Mitglieder des Delaney-Clans, stinkreich, aber kriminell.
Die Braut – eine Giftmörderin?
Nur Katie hat überlebt und ist getürmt. Damit ist sie natürlich die Hauptverdächtige. Stefan soll ihr geholfen haben, wie die Polizei glaubt. Hat er zwar nicht, aber jetzt passiert das Unvermeidliche.
Katie holt Stefan aus dem Polizeigewahrsam, die beiden fliehen und wir erfahren nach und nach, was für eine komplizierte Beziehung die beiden schon vor dieser ominösen Hochzeit geführt haben.
Einschätzung
Die Referenz ist unübersehbar, die «Wedding Season» dem britischen Hochzeitsklassiker «Four Weddings and a Funeral» erweist. Stefans Freundeskreis lässt sich fast eins zu eins übertragen auf die Hochzeitsgang um Hugh Grant. Und natürlich ist da dieselbe Tournee von einer Hochzeit zur nächsten, wo immer etwas beinahe katastrophal schiefläuft.
Die andere Referenz gilt dem britischen Altmeister Alfred Hitchcock. Wie Roger Thornhill in «North by Northwest» wird Stefan in einen Strudel von Ereignissen gerissen, ohne genau zu wissen, was eigentlich los ist.
Das ergibt auch eine ganz nette Mischung von vergnüglichem Hochzeitsslapstick bis zu mörderischen Verfolgungsjagden. Aber so ganz erreicht «Wedding Season» die Höhe seiner Vorbilder nicht.
Es fehlt an Romantik
Zu rätselhaft bleibt, weshalb Stefan sich so wahnsinnig zu Katie hingezogen fühlt. Da gibts zwar Sex in der Abstellkammer und ein paar kleine gemeinsame Abenteuer. Aber es fehlt gewaltig an romantischen Momenten, die erklären würden, weshalb Stefan für diese Frau Kopf und Kragen riskiert, obwohl sie ihn immer wieder fallen lässt und brüskiert.
Die schottischen Highlands sind ein Pluspunkt
Der Thriller-Teil, in dem die beiden von der Polizei, aber auch von noch viel gefährlicheren Mobstern gejagt werden, ist dagegen besser gelungen: Verfolgungsjagden, ausweglose Situationen, mysteriöse Bösewichte.
Zudem spielt ein Teil der Handlung in den schottischen Highlands und es ist viel nordenglischer bis schottischer Dialekt zu hören. Damit verdient sich die Serie mindestens einen Zusatzstern 😉.
Angelegt scheint «Wedding Season» auf mehr als eine Staffel, wie der Cliffhanger am Schluss zeigt. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob die Serie so gut ankommt bei Publikum und Kritiker:innen, dass es dafür reicht.
Läuft bei: Amazon (2 Staffeln, 8 Episoden à 45 Min.)
Ein Jahr ist vergangen seit der Geschichte in Bangkok. Damals war Cassie (Kaley Cuoco) mit einem höllischen Kater neben einer Leiche im Hotelzimmer aufgewacht. Dieser Tote brachte sie ins Visier von FBI, CIA und einem Mann, der sie ermorden wollte (Episodenliste Staffel 1).
Ein neues Leben ohne Alkohol, dafür mit Spionagethrill
Cassie ist nach Los Angeles gezogen, um ihr Leben neu aufzugleisen. Sie arbeitet immer noch als Flugbegleiterin und ist seit einem Jahr trocken. Sie hat Hilfe und Halt gefunden bei den Anonymen Alkoholiker:innen und ihrer Sponsorin Brenda (Shohreh Aghdashloo). Zudem gibt es da einen Freund. Die Beziehung zu Marco (Santiago Cabrera) scheint ziemlich ernst zu sein.
Einen Kick in ihrem Leben braucht Cassie aber immer noch. Den bietet ihr die CIA, die sie als «human asset» für kleine Aufgaben angeheuert hat.
Mysteriöse Doppelgängerin
Ihr jüngster Auftrag führt sie nach Berlin. Sie soll dort eine Zielperson beobachten, aber keinesfalls verfolgen oder sogar Kontakt aufnehmen. Was Cassie selbstverständlich beides ignoriert.
Der Job wird schnell mysteriös und gefährlich. Da taucht eine Frau im Hotelzimmer ihres Zielobjekts auf, die wie Cassie aussieht. Die Frau hat sogar dasselbe Tattoo auf dem Rücken. Bei der weiteren Verfolgung wird Cassie beinahe getötet, als ihre Zielperson durch eine Autobombe in die Luft fliegt.
Ani und Max wollen helfen
Offensichtlich versucht da wieder jemand, Cassie einen Mord anzuhängen. Es bleibt nicht bei diesem einen Mord. Weitere Leichen tauchen auf und immer ist Cassies Doppelgängerin in der Nähe.
Zusammen mit ihrer Freundin Ani (Zosia Mamet) und deren Freund Max (Deniz Akdeniz), die Cassie in LA besuchen, will sie der Geschichte auf den Grund gehen.
Einschätzung
Schwindelerregend und atemlos. Das sind die Markenzeichen von «The Flight Attendant». Weniger, was die Action und den Thrill angeht, mehr, was Cassies Persönlichkeit ausmacht.
Höllisches Tempo
Ruhig Blut bewahren und überlegt eine Lösung suchen, ist nicht ihr Ding. Hyperventilieren und kopflos der erstbesten, meist schlechten Idee nachrennen dagegen schon.
Das ist anstrengend. Nicht zuletzt, weil sich die Dialoge streckenweise in einem höllischen Tempo abspielen und Splitscreens regelmässig den Bildschirm bedecken. Trotzdem kann man die Inszenierung als reizvoll bezeichnen und vor allem Kaley Cuocos schauspielerische Leistung als überzeugend. Sie kann das.
Es fliessen literweise Tränen
Letztlich bleibt für mich die Frage aber offen, ob die Mixtur der Serie stimmt. Denn über all dem Thrill und der überdrehten Action steht das Drama: Cassies Alkoholsucht, die all ihre Beziehungen strapaziert oder sogar ruiniert.
Diesem Aspekt bietet «The Flight Attendant» auch in der zweiten Staffel reichlich Raum. Cassie führt innere Dialoge mit ihrem depressiven Ich, dem Ich, das nach Alkohol und Party lechzt, ihrem jüngeren Alter Ego. Eine Wiederbegegnung mit ihrer Mutter endet katastrophal. Und es fliessen literweise Tränen, weil Cassie ihre eigenen und die Erwartungen ihrer Freunde und Familie enttäuscht.
Ist die Serie also ein wagemutiger Versuch, die Problematik einer zerstörerischen Alkoholsucht in einen komödiantischen Spionagethriller zu verpacken? Sieht danach aus. Gelingt es auch? Meiner Meinung nach nicht ganz. Das Drama wird nicht intensiv inszeniert, sondern ähnlich überdreht wie die unterhaltsamen Seiten des Plots.
Am Schluss fragt man sich, was man da gerade gesehen hat. Sicher eine gloriose Selbstinszenierung von Kaley Cuoco, die die Serie mitproduziert hat. Das lässt leider anderen, durchaus namhaften Darsteller:innen kaum Platz, um ernsthaft mitzuspielen.