Extrapolations (Staffel 1) – Starparade gegen den Klimawandel

Serienposter mit Schriftzug. In mehreren schwarzen Rechtecken sind Gesichter und Landschaften zu sehen.
2 von 5 Sternen

Läuft bei: Apple TV+ (1 Staffel, 8 Episoden à 50 Min.)

Eines kann man «Extrapolations» nicht vorwerfen: dass die Serie keine ehrenwerte Absicht hegt. Es ist verdienstvoll, wenn die Show mehr als ein gutes Dutzend grosse Namen vor der Kamera versammelt, um aufzuzeigen, wie eine Welt aussehen könnte, sollten wir die Erderwärmung nicht in den Griff bekommen.

Aber damit ist schon das meiste gesagt, was man an der Serie loben kann. Zu inkonsistent sind die acht lose zusammenhängenden Episoden, um dem Anliegen Dringlichkeit zu verleihen. Zu sehr verliert sich die Serie in netten Geschichten, bei denen die Welt am Abgrund nur noch Kulisse ist für menschliche Dramen.

Waldbrände und Wasserknappheit

Dabei ist der Auftakt durchaus vielversprechend. 2037 sind wir bei der mittlerweile 42. Klimakonferenz angekommen, ohne dass die Welt erkennbare Fortschritte gemacht hätte im Kampf gegen den Klimawandel.

Eine schwangere Frau mit verrusstem Gesicht lehnt sich an einen Baum.
Die schwangere Wissenschaftlerin Becca (Sienna Miller) wird beim Sammeln von Genmaterial von Vögeln von einem Waldbrand überrascht. © Apple TV+

Im Gegenteil: Überall wüten gewaltige Waldbrände, die den Himmel bedrohlich rot färben. Wasser ist in vielen Ländern knapp. Und Tausende von Tierarten stehen kurz davor, endgültig zu verschwinden.

Vor diesem Hintergrund wird an der COP42 in Tel Aviv immer noch verhandelt, wie stark die Erderwärmung steigen darf. Aktivist:innen skandieren wütende Parolen auf der Strasse. Konferenzteilnehmer:innen taktieren am Verhandlungstisch. Aber sie alle haben eigentlich nichts zu sagen.

Big Business verdient an den Katastrophen

Das Schicksal der Welt liegt in den Händen von Big Business, verkörpert durch den CEO Nick Bolton (Kit Harington), dessen Konzern Alpha (ein Konglomerat von Alphabet, Amazon und Apple) das Monopol in so ziemlich allen Technologien zu besitzen scheint. Bolton könnte die Wasserknappheit beseitigen, in dem er die Patente für seine Entsalzungsanlagen freigibt. Die Frage ist, was will er als Gegenleistung? Die Antwort: 2,3 Grad.

Ein Mann und eine Frau stehen auf einer Terrasse vor einer Steinmauer mit Champagnergläsern in der Hand.
Nick Bolton (Kit Harington) verdient am Klimadesaster und stösst darauf mit seiner Topmanagerin Martha Russell (Diane Lane) an. © Apple TV+

Dieser Richtwert für die Erderwärmung wird zwar absehbar die Welt unbewohnbar machen, aber Bolton bis dahin Milliardengewinne bringen. Oder wie es ein anderer gieriger Geldscheffler (Matthew Rhys) sagt: «Nicht mehr mein Problem, dann liege ich in meinem goldenen Sarg.»

Auf der anderen Seite, der Seite der Guten, steht Becca (Siena Miller), eine Wissenschaftlerin, die versucht, das Genmaterial bedrohter Tierarten zu sammeln. Sie ist schwanger, muss vor den Waldbränden fliehen. Sie bringt einen Sohn zur Welt, der unter einem genetischen Defekt leiden wird, den der Klimawandel verursacht hat.

Kaum kämpferisch, dafür rührselig und leicht abstrus

In Tel Aviv lebt auch Marshall (Daveed Diggs), ein angehender Rabbi, dessen Vater aber gar nicht begeistert ist, dass sein Sohn in Israel praktizieren will. Aber Marshall besteht darauf, dass er hier gebraucht werde, weil die Menschen unter dem Klimawandel leiden. Nicht in Florida, wo sein Vater ihm eine Stelle verschafft hat.

Ein Mann in Gummistiefeln kniet neben einem Saugroboter. Der Boden ist nass.
Rabbi Marshall Zucker (Daveed Diggs) sieht sich mit der Frage konfrontiert, weshalb Gott nichts gegen die Klimakatastrophe tut. © Apple TV+

Gut und Böse wäre also etabliert. Aber es entwickelt sich kein Kampf um die Rettung der Welt. Das scheint von Beginn an aussichtslos.

Stattdessen verliert sich die Serie in einer nächsten Episode mit Becca als Hauptfigur in einer rührseligen Geschichte über den letzten Buckelwal. Dass die Wissenschaft inzwischen den Walgesang entschlüsselt hat, und sich Becca mit dem letzten Buckelwal pseudotiefsinnig unterhalten kann, geht ja noch. Dass der Wal mit der Stimme von Meryl Streep spricht, die auch als Grossmutter Beccas Sohn Märchen erzählt, ist ziemlich unerträglich.

Klimakrise als Kulisse für Liebeskummer und Ehekrach

Es ist nicht die einzige Episode, die wenig überzeugt. Beccas Sohn taucht später nochmal auf. Seine genetische Krankheit führt dazu, dass er seine Erinnerung verliert. Er kämpft dagegen an, in dem er seine Erinnerungen in einen kostenpflichtigen Cloudspeicher lädt, aber zu wenig Geld dafür hat. Diese Geschichte wäre eine gute «Black Mirror»-Episode. Mit Klimawandel hat sie nur noch am Rande zu tun.

Wie auch die Folgeepisode mit Marion Cotillard und Forest Whitaker, die an einem Silvesterabend spielt. Er verkündet seiner Frau, dass er sein Bewusstsein digitalisieren will und sie somit verlassen wird. Was folgt, sind Szenen einer Ehe, die halt zufällig in einer Zeit spielen, in der man Sauerstoff im Rucksack mitträgt, wenn man nach draussen geht.

Zwei Paare sitzen um ein Tischchen mit Apérohäppchen.
Die Silvesterfeier wird zur grossen Ehekrise (v.l.n.r. Forest Whitaker, Eiza Gonzàlez, Tobey Maguire, Marion Cotillard).

Andere Episoden sind stärker. Ein Kleinkrimineller, der unter widrigsten klimatischen Bedingungen Samen transportiert, die aus dem «Svalbard Global Seed Vault» gestohlen wurden. Eine Wissenschaftlerin (Indira Varma), die ein gefährliches Klimaengineering-Projekt durchführen will, was ihr Ex-Mann (Edward Norton) zu verhindern sucht.

Kein nennenswerter Beitrag zur Klimadiskussion

Der Gesamteindruck von «Extrapolations» bleibt aber unbefriedigend. Am Ende ist es Technologie, die die Welt – wahrscheinlich – rettet. Die Menschen sind offensichtlich nicht fähig, dem Klimawandel mit Verhaltensänderungen Einhalt zu gebieten.

Darauf weist auch der böse Bolton hin, dem am Ende immerhin der Prozess gemacht wird. Er verteidigt sich damit, dass er den Menschen nur gegeben habe, wonach sie verlangt hätten. Dass sie sich dabei nie um den Preis ihrer Konsumgier gekümmert hätten, sei nicht sein Problem.

Ein bärtiger Mann mit Krawatte steht in einem Raum mit Betonwänden. Zwei blaue Flaggen umrahmen ihn.
Der Anwalt Turner (Murray Bartlett) verteidigt Nick Bolton, der vor dem Internationalen Gerichtshof des Ökozids angeklagt ist. © Apple TV+

Es bleibt etwas hängen von diesen dystopischen Bildern, wie die Welt in 10, 30 oder 50 Jahren aussehen könnte, wenn wir so weitermachen wie heute. Aber nicht so viel, dass man das Gefühl hat, «Extrapolations» würde einen nennenswerten Beitrag zur Thematik leisten. Vielmehr nutzt die Serie die Klimadiskussion als Kulisse für ein paar gelungene und ein paar misslungene Geschichten über Menschen, die in der Zukunft leben.

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Besetzung: Kit Harington | Sienna Miller | Diane Lane | Edward Norton | Marion Cotillard | Meryl Streep | David Schwimmer | Keri Russell | Indira Varma | Tobey Maguire | Judd Hirsch | Forest Whitaker | Matthew Rhys | Murray Bartlett | Heather Graham | Cherry Jones | Ato Essandoh
Serie entwickelt von: Scott Z. Burns
Genre: Drama | Science-Fiction
USA, 2023

Transatlantic (Mini-Serie) – Nazi-Flüchtlinge und Romanzen an der sonnigen Côte d’Azur

Serienposter mit Schriftzug. Zwei Männer und eine Frau posieren für ein Gruppenfoto vor einem Haus.
2 von 5 Sternen

Läuft bei: Netflix (Mini-Serie, 7 Episoden à 45 Min.)

Seit Spielbergs Film kennen fast alle Oskar Schindler, der im Zweiten Weltkrieg hunderten von Juden und Jüdinnen das Leben rettete. Aber wer hat schon mal von Varian Fry gehört, nach dem in Berlin eine Strasse benannt ist?

Historisch verbürgte Figuren

Dabei hat auch Fry etwa 2000 Menschen zur Flucht vor den Nazis geholfen. Die Drehbuchautorin und Produzentin Anna Winger («Deutschland 83», «Unorthodox») hörte von ihrem Vater zum ersten Mal von Varian Fry. Über diesen Mann sollte man eine Fernsehsendung machen, habe er gesagt, wie sie erzählt.

Ein Mann mit grauem Mantel und Brille steht vor einer Gruppe von Männern, Frauen und Kindern, neben denen Koffer am Boden stehen.
Aus dem Journalisten Varian Fry (Cory Michael Smith, vorne) wird ein Aktivist, der Verfolgten des Nazi-Regimes zur Flucht verhilft. © Anika Molnar / Netflix

Das hat sie jetzt. «Transatlantic» erzählt die Geschichte von Varian Fry (Cory Michael Smith) und dem «Emergency Rescue Committee» (ERC), das in den Jahren 1940 und 1941 in Marseille tätig war. Neben Fry helfen weitere historisch verbürgte Figuren Flüchtlingen, aus dem damals noch unbesetzten Teil Frankreichs nach Übersee auszureisen.

Illustre Namen unter den Flüchtlingen

Mary Jane Gold (Gillian Jacobs) stammt aus einer reichen Chicagoer Familie. Sie unterstützt das ERC nicht nur mit Geld, sondern holt auch noch britische Kriegsgefangene aus dem Gefängnis. Albert Hirschmann (Lucas Englander) ist ein deutscher Jude, der zuletzt mit seiner Schwester aus Paris vor den Nazis geflohen ist. Während sie nach Lissabon weiterreist, bleibt er in Marseille und hilft dem ERC. Lisa Fittko (Deleila Piasko) ist eine österreichische Widerstandskämpferin. Sie schleust die Flüchtlinge über die Pyrenäen nach Spanien.

Eine Frau und Mann in eleganten Kleidern stehen mit Gläsern in der Hand auf einer Terrasse, im Hintergrund das Meer.
Mary Jane Gold (Gillian Jacobs) bearbeitet den US-amerikanischen Konsul (Corey Stoll). Er vertritt strikt die damalige Neutralitätspolitik der USA. © Anika Molnar / Netflix

Zu Beginn konzentrierte sich das ERC auf Intellektuelle und Künstler:innen, denen es zur Flucht verhalf. Einige davon tauchen in der Serie auf: Walter Benjamin, Max Ernst, Hannah Arendt, Marc Chagall oder André Breton.

Hurra, wir leben noch

Eine eindrückliche Geschichte, die die Serie zu erzählen hätte, wie man sieht. Aber genau daran mangelt es «Transatlantic» – an Eindrücklichkeit. Dass die Bedrohung durch die Nazis in Vichy-Frankreich nicht so unmittelbar ist wie in den besetzten Gebieten, kann man gelten lassen.

Deshalb wirkt auch ein ausgelassenes Geburtstagsfest für Max Ernst keineswegs deplatziert. Es sind sehr stimmige und visuell amüsante Szene. Sie habe damit zeigen wollen, wie ein solches Fest «uns in der schlimmsten Krise daran [erinnert], dass wir noch am Leben sind», sagt Anna Winger. Das ist gelungen.

Ein Mann und eine Frau sitzen an einem Tisch. Beide mit ungewöhnlichen Kopfbedeckungen.
Ein ausgelassenes Fest zu Ehren von Max Ernst (Alexander Fehling). © Anika Molnar / Netflix)
Romanzen übertünchen den Kern der Geschichte

Fehl am Platz ist allerdings die Dominanz all der Romanzen, die sich in «Transatlantic» abspielen. Die heimliche Liebschaft des verheirateten Varian mit seinem Freund Thomas (Amit Rahav). Mary Jane tändelt mit Albert und Lisa mit Paul (Ralph Amoussou).

Nichts dagegen, die Gefühlswelt der Figuren noch etwas auszuschmücken. Aber diese Liebesdramen nehmen so viel Raum ein, dass die eigentliche Geschichte der Flüchtlingsrettung zur Nebensache gerät.

Zwei Männer vor einem Brunnen in einem Garten.
Varian und sein Liebhaber Thomas (Amit Rahav). Frys Homosexualität wurde erstmals 2019 in einem Buch thematisiert und heftig diskutiert. Frys Sohn bestätigte damals, sein Vater sei homosexuell gewesen. © Anika Molnar / Netflix
Ein Polizeichef à la Louis de Funès

Eigentümlich auch die Rolle der Polizei von Marseille. Im Verlauf der Serie greift sie zwar immer härter durch, verhaftet Flüchtlinge und beginnt mit Deportationen ins besetzte Frankreich. Aber wenn der Polizeichef mit seiner Truppe auftritt, fühlt man sich unweigerlich an Louis de Funès und seine Gendarmen von St. Tropez erinnert.

«Transatlantic» setzt der Arbeit des «Emergency Rescue Committee» und den vielen Menschen, die mithalfen, kein Denkmal. Stattdessen ist die Serie ein romantisches Drama, das im Zweiten Weltkrieg vor der wunderschönen Kulisse der sonnigen Côte d’Azur angesiedelt ist. Das ist dem Thema nicht wirklich angemessen.

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Besetzung: Gillian Jacobs | Lucas Englander | Cory Michael Smith | Ralph Amoussou | Deleila Piasko | Amit Rahav | Grégory Montel | Corey Stoll | Moritz Bleibtreu
Serie entwickelt von: Daniel Hendler | Anna Winger
Genre: Historie | Drama
D / F, 2023

Hello Tomorrow! (Staffel 1) – Eine hübsche Idee versandet in einer drögen Geschichte

Serienposter mit Schriftzug. Ein Mann sitzt auf dem Fahrersitz eine Oldtimers bei geöffneter Tür. Das Auto ist aber futuristisch ohne Räder. Am Nachthimmel leuchtet der Mond.
2 von 5 Sternen

Läuft bei: Apple TV+ (1 Staffel, 10 Episoden à 30 Min.)

Was für eine reizvolle Idee, die 50er-Jahre mit futuristischer Technologie im Design der Nachkriegszeit auszustatten: blecherne Roboter, die Hunde Gassi führen und an der Bar Drinks mixen, Videotelefonie mit Röhrenbildschirmen und Limousinen, die ohne Räder über die Strassen gleiten.

Ein schwebender Roboter bedient in einem Restaurant eine Kundin.
In Restaurants und Bars bedienen schwebende Roboter. © Apple TV
Reizvolles Produktionsdesign

Das Produktionsdesign von «Hello Tomorrow!» verdient auf jeden Fall sehr gute Noten und macht viel des Reizes der Serie aus. Aber dann ist da die Geschichte, die eine geringere Anziehungskraft ausübt.

Zwar spielt auch die Story mit der unzeitgemäss hochtechnologisierten 50er-Ära, aber die Ausstattung bleibt nebensächlich. Jack Billings (Billy Crudup) ist ein Handelsreisender, der von Tür zu Tür geht. Er verkauft aber keine Staubsauger, sondern Appartements auf dem Mond.

Zwei Männer und eine Frau stehen an einem Tisch im Freien. Ein Mann deutet nach oben gegen den Himmel, die anderen schauen nach oben.
Da oben werden die Träume der Menschen erfüllt. Jack (Billy Crudup, l.) erklärt seinem Sohn Joey (Nicholas Podany) und seiner Buchhalterin Shirley (Haneefah Wood), was sie ihren Kund:innen verkaufen. © Apple TV
Handelsreisender für Träume

Jack arbeitet mit einem Team von zwei Verkäufern (Hank Azaria und Dewshane Williams) und der Buchhalterin Shirley (Haneefah Wood). Die Verkaufsstrategie, die Jack seinem Team einbläut, lautet: Wir verkaufen nicht Immobilien, sondern Träume.

Das trifft die Wahrheit genauer, als sein Team ahnt. Wir merken schnell, dass Jack etwas verheimlicht. Unter falschem Vorwand lotst er sein Team nach Vistaville. Dort lebt seine Mutter (Jacki Weaver), aber auch seine Frau und sein Sohn Joey (Nicholas Podany), die er beide seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hat.

Zwei Männer und eine Frau stehen in einem Raum mit einem Plakat im Hintergrund.
Herb (Dewshane Williams), Eddie (Hank Azaria) und Shirley wissen lange nicht, dass sie tatsächlich nur Träume verkaufen. © Apple TV
Langatmige Vater-Sohn-Geschichte

Jacks Frau hatte einen Unfall und liegt im Koma. Jack besucht seinen Sohn, ohne sich als Vater zu erkennen zu geben, und heuert ihn als Verkäufer an. Er führt ihn ins Geschäft ein, versucht gleichzeitig eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Aber immer mehr wird deutlich: Jacks Geschäft ist ein Fantasiegebilde, auch nur ein Traum, der mit einer unglücklichen Vaterbeziehung zu tun hat.

Irgendwie ist das ja alles ganz nett, wie die Serie mit dem Traum von einem besseren Leben spielt, der letztlich auf den «American Dream» zurückgeht und klassisch zu den 50er-Jahren passt. In der Nachkriegszeit entstand die breite Mittelschicht der US-Gesellschaft, für die sich das Versprechen von mehr Wohlstand durch harte Arbeit erfüllte.

Eine Frau und ein Mann sitzen in einem kleinen Auto mit Fronttüre.
Myrtle (Allison Pill) kommt Jack auf die Schliche und erhält von Lester (Matthew Maher) Unterstützung. © Apple TV
Die besten Szenen im Trailer

Die Serie plätschert aber meistens dröge dahin. Einige Figuren bringen zwar durchaus Witz in die Geschichte: etwa Hank Azaria als Verkäufer, der wegen seiner Wettschulden von einem Geldeintreiber gejagt wird, oder Alison Pill als enttäuschte Kundin, die Jack ruinieren will.

Alles in allem bleibt die Geschichte dürftig. Das machen auch die technologischen Gimmicks nicht vergessen, von denen man die meisten schon im Trailer sieht. Wenn eine Serie fast alle starken Momente im Trailer ausspielt, ist das immer ein schlechtes Zeichen.

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Besetzung: Billy Crudup | Haneefah Wood | Hank Azaria | Nicholas Podany | Dewshane Williams | Alison Pill | Matthew Maher | Jacki Weaver | Susan Heyward
Serie entwickelt von: Holden Miller
Genre: Drama | Science-Fiction
USA, 2023

Fleishman Is in Trouble (Mini-Serie) – Langfädiges Lamento über die verlorene Jugend

Serienposter mit Schriftzug. Zwei gezeichnete Frauenköpfe, ein Reissverschluss, dessen Zipper ein Mann in weissem Arztkittel ist.
2 von 5 Sternen

Läuft bei: Disney+ (8 Episoden à 50 Min.)

New York, jüdische Oberschicht, Akademiker, alle ein bisschen neurotisch und in der Midlife-Crisis. Kommt das bekannt vor? Genau: Es ist Woody Allens Milieu, das er in Filmen wie «Annie Hall» oder «Manhattan» Ende der 1970er-Jahre zelebriert hat.

Neurotische New Yorker

Gut 40 Jahre später kommt «Fleishman Is in Trouble». An allen Ecken und Enden erinnert die Serie an den mittlerweile in Verruf geratenen Regisseur. Sogar der erste Satz der Serie wirkt stark von Allen inspiriert: «Toby Fleishman awoke one morning inside the city he’d lived in all his adult live.» «Manhattan» begann so: «New York was his town, and it always would be.»

Dieser Toby Fleishman (Jesse Eisenberg) verströmt aus jeder Pore den neurotischen, jüdischen New Yorker, wie ihn Allen immer wieder zeichnete. Toby sieht ziemlich nerdig aus und sollte mal den Friseur wechseln. Er spricht im Takt eines Schnellfeuergewehrs und nur über sich.

Ein Mann blickt aus dem Fenster. Es ist Nacht und es regnet.
Toby Fleishman (Jesse Eisenberg) entdeckt die düsteren Seiten, die das Leben bereit hält, wenn man endgültig erwachsen geworden ist. © FX / Disney+
Wie ein Film von Woody Allen – ohne Humor und Selbstironie

Dass einem «Fleishman Is in Trouble» ein Déjà-vu beschert, ist an und für sich kein Problem. Eher etwas erstaunlich, dass eine heutige Serie sich ausschliesslich diesem Milieu widmet und sich anfühlt wie eine Sitzung beim Psychotherapeuten, ganz wie damals bei Woody Allen. Aber dieses Setting wird mit der Zeit zum Problem, weil im Gegensatz zu Allens Filmen der Serie jeglicher Humor und Selbstironie abgeht.

Toby leidet nur. Er ist seit einiger Zeit von seiner Frau Rachel (Claire Danes) geschieden. Jetzt wälzt er in seinen Gehirnwindungen nur immer diesen einen Gedanken: Wie konnte es so weit kommen?

Eine Frau sitzt an einem Bürotisch.
Tobys Frau Rachel (Claire Danes) verschwindet spurlos. Das Geheimnis dahinter wird irgendwann aufgelöst und dann denkt man sich achselzuckend: Shit happens. © FX / Disney+
Fleishman hat die Kinder am Hals

Die Lage eskaliert, als Rachel eines Nachts die beiden Kinder bei ihm ablädt und danach von der Bildfläche verschwindet. Jetzt muss sich Toby zusätzlich mit seinem Sohn und seiner schon sehr klassenbewussten Tochter rumschlagen. Sein Apartment genügt ihren Ansprüchen überhaupt nicht und Busfahren empfindet sie als Zumutung.

Seinen ganzen Frust und Ärger lädt Toby bei Libby (Lizzy Caplan) und Seth (Adam Brody) ab, seinen besten Freunden aus der Collegezeit. Die haben zwar auch ihre Krisen, doch kommen sie kaum zu Wort, da Toby sie dauernd zudröhnt.

Ein Mann und zwei Kinder auf der Strasse.
Natürlich liebt der Vater seine Kinder. Aber irgendwie sind sie auch lästig, wenn man sich selbst gerade sehr leidtut. © FX / Disney+
Nicht die Welt, nur noch der Hund liegt einem zu Füssen

Allerdings ist Libby viel zu hören. Sie ist nämlich die Off-Stimme, die von Beginn an kommentiert, was Toby gerade widerfährt. Das ist zuerst etwas verwirrend, bis man merkt, wer sie ist. Spätestens gegen Schluss begreift man auch, dass Libby das Alter Ego von Taffy Brodesser-Akner ist, die die Buchvorlage und das Drehbuch für die Serie geschrieben hat.

Und ebenfalls am Schluss wird für all jene, die es bis dahin noch nicht geschnallt haben, ausgebreitet, worum es geht: Um die etwas banale Erkenntnis, dass man mit 40 nicht mehr jung ist. Die Welt liegt einem nicht mehr zu Füssen, höchstens der Hund, den man den Kindern zuliebe gekauft hat. Midlife-Crisis halt.

Privilegiert, aber ach so gebeutelt vom Leben

Das beklagen die drei Collegefreund:innen extensiv in ihren Upper-Eastside-Apartments oder dem adretten Häuschen in New Jersey. Sie fühlen sich wahnsinnig gebeutelt vom Leben. Das Lamento dieser privilegierten Egozentriker in ihrer Oberschicht-Bubble geht einem mit der Zeit ziemlich auf die Nerven.

Eine Frau und ein Mann auf einer Party. Sie halten einen Drink in den Händen.
Ging es eigentlich wirklich um Toby. Oder war es nicht schon immer die Geschichte von Libby (Lizzy Caplan), das Alter Ego der Autorin der Serie? © FX / Disney+

Hier werden individuelle Probleme als Katastrophen von apokalyptischem Ausmass geschildert. Dabei hatet schon Woody Allen eine einfache Lösung: Leg dich auf die Couch beim Shrink. Stattdessen drehen Toby, Libby und Seth ihren Runden im Hamsterrad und beklagen sich dabei lauthals, dass sie nicht vorwärtskommen.

Gut besetzte, aber völlig unnötige Serie

Dieses Schmoren im eigenen Saft muss man über viel zu viele Episoden ertragen, bis endlich ein paar wenige Szenen den Hauch einer Entwicklung andeuten. Da hat man aber schon alle Figuren abgeschrieben und fragt sich, wie sie es überhaupt im Leben bis zur Midlife-Crisis geschafft haben. An ihrer Fähigkeit, Probleme zu lösen, kann es nicht liegen.

Das Einzige, was man «Fleishman Is in Trouble» zugutehalten kann, ist die Besetzung. Eisenberg, Danes und Caplan passen perfekt in ihre Rollen. Hilft aber auch nicht für eine Geschichte, die bestenfalls langweilig ist, aber eigentlich nicht mehr ins Heute passt.

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Besetzung: Jesse Eisenberg | Claire Danes | Lizzy Caplan | Adam Brody | Meara Mahoney Gross | Maxim Swinton | Josh Stamberg | Jenny Powers
Serie entwickelt von: Taffy Brodesser-Akner
Genre: Drama
USA, 2022

Neumatt (Staffel 1&2) – Kein Klischee zu abgedroschen für dieses Bauernhofdrama

Das gezeichnete Porträt eines jungen Mannes vor dem Hintergrund eines Kartenausschnitts.

Läuft bei: Play Suisse (2 Staffeln, 16 Episoden à 45 Min.; Netflix, nur Staffel 1)

Die erste Staffel vor gut einem Jahr ging an mir vorbei. Ich hatte keine Lust auf Schweizer Kuhstallkonflikte. Für die zweite Staffel bin ich aber von Anfang an eingetaucht in die Welt von Michi, Sarah und Lorenz, genannt Lolo.

Es begann vielversprechend und machte Hoffnung auf eine Art «Succession» auf dem Bauernhof. Die Konstellation war ziemlich ähnlich. Drei Geschwister (plus Mutter und griesgrämiges Grosi) und ein Betrieb, der eine:n Nachfolger:in braucht. Nur kehrt hier der Familienpatriarch nicht zurück an die Macht, weil er sich in der Scheune erhängt hat.

Drei Geschwister auf Konfliktkurs

Schnell beziehen die Geschwister Position. Lolo (Jérõme Humm), der Jüngste, will den Bauernhof, die titelgebende Neumatt, unbedingt behalten. Sarah (Sophie Hutter), die Tochter mit Bauerndiplom, betreibt jetzt ein Fitnessstudio und ist dauernd blank. Sie wittert Geld und will die Neumatt verkaufen.

Eine schwangere Frau mit Helm auf einem Moped. Auf dem Gepäckträger sitzt auch noch ein Mann.
Jessie und Lolo – ihnen würde man ein bisschen Glück gönnen, doch auch für sie wird es hart auf der Neumatt. © SRF

Zuletzt ist da Michi (Julian Koechlin), der Älteste, der es in die Stadt geschafft hat und dort den grossen Macker gibt. Er wirft als Consultant mit viel Denglisch um sich und zieht noch mehr Koks rein. Er hat andere Pläne für sein Leben, als in Kuhfladen zu waten.

Auf ihn hat der verstorbene Vater allerdings all seine Hoffnungen gesetzt, weil Michi der einzige in der Familie ist, der rechnen kann und damit den Konkurs des Hofs verhindern könnte. Diese Challenge aus dem Grab bekommt Michi im Abschiedsbrief seines Vaters.

Mehr Rosamunde Pilcher als «Succession»

Da wäre also das Spielfeld abgesteckt, um mit Intrigen und Machtkämpfen die eigenen Interessen durchzuboxen und die anderen Familienmitglieder kaltblütig zu hintergehen und abzuservieren.

Ein wenig passiert das auch am Anfang. Aber dann sackt die Serie ab auf Rosamunde-Pilcher-Niveau. Statt sich zu umarmen, um hinterrücks den Dolch in die Schulter zu rammen, ist plötzlich wieder Familienharmonie angesagt.

Je länger die Serie dauert, desto mehr zeigt sich: Es ist kein Klischee abgedroschen genug, um nicht bedient zu werden. Ganz zuvorderst dabei, wie die Welt des Business gezeichnet wird. Cooler Slang und Drogen – check, siehe oben.

Zwei Männer in Anzügen ohne Krawatte und eine Frau von hinten stehen auf einem Balkon mit Sicht auf eine Stadt und brüllen lauthals.
Masters of the Universe à la Neumatt: Über den Dächern der Weltmetropole Zürich wird der Erfolg gefeiert. © SRF / Sava Hlavacek

Dann kommen Chefinnen dazu, je eine für jede Staffel, deren Führungsqualität einzig darin besteht, rum zu kommandieren. Mitarbeiter:innenmotivation tönt dann so: «Die Lösung liegt morgen Mittag auf dem Tisch, sonst bist du gefeuert.» Aber hey, eine Chefin ist ja so wahnsinnig modern, dass sie ihr Baby im Büro stillt.

Nervige Nebenfiguren

Michi stellt seine herausragende Qualität als Consultant unter Beweis, indem er möglichst dreckige bis illegale Methoden anwendet. Das soll wohl den gnadenlosen Winnertypen aufzeigen. Selbst Kleinkinder haben aber wohl weniger absurde Vorstellungen von der Arbeitswelt, als das, was uns «Neumatt» vorsetzt.

Nervig sind auch einige Nebenfiguren. Die ewig mürrische und verstockte Grossmutter etwa, die am Ende der ersten Staffel sang- und klanglos rausgeschrieben wird. Oder Sarahs Tochter, ein Teenager mit Dauerschnutte.

Kurze Lichtblicke werden sofort zerstört

Es gibt wenige Lichtblicke. Lolo ist einer davon. Auch wenn seine Charakterisierung als nicht gerade helle, aber dafür mit dem Herz auf dem rechten Fleck nicht besonders originell ist, funktioniert seine Figur am besten.

Ihm gönnt man, dass er die Liebe findet und versteht, wenn er und seine Freundin gefrustet sind, dass ihnen Michi ihre Biopläne kaltschnäuzig abwürgt. Bei den beiden kann man wenigstens emotional einklinken.

Das macht «Neumatt» aber gleich wieder kaputt, in dem die Serie irgendein trendiges Thema als nächsten Konflikt verwurstet: Coming-Out, Vergewaltigung, Tiermisshandlung, Foodwaste – was einem halt gerade so einfällt beim Brainstorming im Writers Room.

Zwei Männer stehen auf einer Brücke über einem Fluss. Der eine macht eine zurückweisende Geste.
Noch einer, der nervt: Döme (Nicola Perot), der nicht darüber hinwegkommt, dass Michi (Julian Koechlin) ihn abserviert hat. © SRF / Sava Hlavacek

Manchmal, wenn ich mich wieder richtig aufregte, fragte ich mich, ob ich nicht ein bisschen zu streng bin mit «Neumatt». Bei anderen Serien drücke ich auch ein Auge zu, wenn sie mal ins Banale abgleiten oder einen Holzschnitt als Charakter hinstellen.

Nur Klischees und absehbare Konflikte

Das Problem bei «Neumatt» ist aber die Häufung an Unzulänglichkeiten. Man schlittert von einem Klischee zum nächsten einfallslosen Konflikt. Keine Zeit, um sich mal bei einem wenigstens etwas überraschenden Moment zu erholen.

Die gerade angekündigte dritte Staffel von «Neumatt» schaue ich mir höchstens an, wenn ich Lust zum Grölen und Lästern verspüre. Lieber widme ich mich den ebenfalls angekündigten neuen Staffeln von «Beschatter» – muss noch ein bisschen zulegen – und «Tschugger» – hält hoffentlich das Niveau.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Neumatt» (Staffel 1&2)?
4 Stimmen

Besetzung: Julian Koechlin | Sophie Hutter | Rachel Braunschweig | Jérõme Humm | Anouk Petri | Nicola Perot | Roeland Wiesnekker | Benito Bause | Rumo Wehrli
Serie entwickelt von: Marianne Wendt
Genre: Drama
CH, 2021/2023

Machos Alfa (Staffel 1) – Rückständige Geschlechterkonflikte

Serienposter mit Schriftzug. Vier Männer posieren mit unterschiedlichen Gesten - Bartkratzen, Hand über den Augen, Hand an den Backen.

Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 10 Episoden à 30 Min.)

Es gibt Serien, die sind nicht wirklich gut, aber auch nicht wirklich mies, sondern einfach Zeitverschwendung. Wie beispielsweise «Machos Alfa».

Vom Thema her eigentlich nicht. Sexismus, Machismus würde immer noch sehr gut zum Zeitgeist passen, auch wenn die Genderdebatte heute längst nicht mehr nur Mann und Frau umfasst. Aber als spritzige Komödie wäre das dennoch perfekte, im besten Fall sogar intelligente Unterhaltung für ein breites Publikum.

Geschlechterdebatte wie vor Jahrzehnten

Aber hier beginnt es zu hapern, bei den Stichworten unterhaltsam und Komödie. Dafür bräuchte es Geschichten und Figuren, die geistreich und witzig die Beziehung zwischen Männern und Frauen in der heutigen Welt auf den Punkt bringen.

Das leistet «Machos Alfa» nicht. Was die vier spanischen Freunde und ihre Partnerinnen uns als Komödie über bröckelnde Männlichkeit und weibliches Empowerment auftischen, wirkt nicht zeitgemäss und klischiert.

Vier Männer sitzen in einem Vortragsraum.
Konsterniert lauschen die vier Freunde den Ausführungen des Coachs im Anti-Machismus-Seminar. © Netflix

«Machos Alfa» basiert auf einem Stand der Geschlechterdebatte, der vor mindestens einem Jahrzehnt, wenn nicht früher, aktuell war. Vielleicht hat diese Diskussion Spanien wirklich erst heute erreicht und ist deshalb noch nicht viel weiter. Oder ist das jetzt wiederum rassistisch?

Mann redet nur urologische Probleme

Auf jeden Fall ist einfach nicht mehr besonders witzig oder aussergewöhnlich, wenn beispielsweise ein bislang erfolgreicher Medienmanager seinen Platz räumen muss, weil er Shows produziert, in denen Männer reden und Frauen als Verzierung dienen. Dass er seinen Job an eine Frau verliert, ist da nur folgerichtig.

Schon fast aus der Steinzeit der sexuellen Befreiung scheint eine andere Konstellation zu stammen. Der Macho, der selbstverständlich seine Freundin hintergeht, aber völlig aus der Bahn geworfen wird, als sie ihm vorschlägt, ihre Beziehung zu öffnen für Abenteuer mit anderen Partner:innen.

Ein Mann und eine jüngere Frau stehen in der Wohnung vor einem Glaskasten.
Der geschiedene Santi (Gorka Otxoa) wird dauernd von seiner Tochter zu Tinder-Dates geschickt. © Netflix

Natürlich reden die vier untereinander kaum über ihre Beziehungsprobleme. Selbst wenn Mann unter sich ist, muss der Schein gegenüber den Freunden gewahrt bleiben. Einzig über urologische Probleme tauscht man sich aus, weil die das lebenswichtigste Organ des Mannes betreffen, mit dem Männer bekanntlich denken.

Auch die Frauenbilder sind klischiert

Doch nicht nur das Männerbild ist zu rückständig, als dass es wirklich zum Lachen reizen würde. Auch die Frauen kommen ziemlich klischiert daher. Wenn die sexuell frustrierte Ehefrau ausgerechnet mit ihrem Fitnesstrainer bumst, ist das nicht wirklich der originellste Dreh. Und die Ex, die nur als wütende Furie auftaucht, ist in sich schon wieder ziemlich sexistisch.

Ein Mann im Küchenschurz und eine Frau vor einem festlich gedeckten Tisch.
Romantisches Diner zur Unzeit. Esther (Raquel Guerrero) kommt gerade vom Seitensprung mit ihrem Fitnesstrainer. © Netflix

Ein bisschen Moderne versprüht wenigstens die Freundin des Medienmanagers. Sie war bisher offensichtlich reine Dekoration für Privat- und Geschäftsanlässe. Nach seinem Rauswurf startet sie eine Karriere als Influencerin, ein Berufsbild, das tatsächlich in die Jetztzeit passt.

Eine Einschränkung der Kritik an «Machos Alfa» muss ich allerdings machen. Wo die vier Machos am Schluss landen, weiss ich nicht. Nach fünf Episoden fiel der Entscheid, die Zeit in andere Serien zu investieren. Könnte also sein, dass es im zweiten Teil doch noch etwas zu Schmunzeln gibt und die Serie im Geist der Neuzeit ankommt.

Die Umfrage ist beendet

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Besetzung: Gorka Otxoa | Fele Martinez | Fernando Gil | Raúl Tejón | Paula Gallego | Raquel Guerrero | Maria Hervás | Kira Miró
Serie entwickelt von: Alberto Caballero | Laura Caballero | Daniel Deorador
Genre: Komödie
ESP, 2022

Candy (Mini-Serie) – Ein Axt-Mord als Schrei nach Freiheit?

Serienposter mit Schriftzug. Porträt einer Frau. Sie trägt eine grosse Brille, auf dem rechten Brillenglas und ihrer Wange sind Blutspritzer.

Läuft bei: Disney+ (Mini-Serie, 5 Episoden à 50 Min.)

Irgendwo in Texas, am 13. Juni 1980: Die Hausfrau Candy Montgomery (Jessica Biel) bringt ihre Kinder und die Tochter eines befreundeten Paares zum Bibelunterricht. Sie lädt die Kinder ab und fährt weiter, um die Schwimmsachen für die Tochter abzuholen bei deren Mutter Betty Gore (Melanie Lynskey).

Ein brutaler Mord. Warum?

Kurz danach sitzt Candy im Auto mit nassen Haaren und einer blutenden Wunde am Kopf. Was in der Zwischenzeit geschehen ist, haben wir nicht gesehen. Aber wir beginnen es zu ahnen, als Allan Gore (Pablo Schreiber) vergeblich versucht, seine Frau telefonisch zu erreichen.

Eine Frau mit nassen Haaren sitzt am Steuer eines Autos.
Weshalb hat Candy (Jessica Biel) nasse Haare nach ihrem Besuch bei Betty? Die Frage bleibt nicht lange unbeantwortet. © Hulu / Disney+

Allen ist auf Geschäftsreise. Er bittet Nachbarn im Haus nachzuschauen. Diese finden Bettys Leiche, mit 41 Axthieben getötet. Man muss nicht lange rätseln, um zu wissen, wer Betty umgebracht hat. Die grosse Frage ist: warum?

Freundin und Geliebte des Ehemanns

Jetzt würde man eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Psyche der Mörderin dieses Verbrechens, das auf wahren Begebenheiten (Link beinhaltet Spoiler zum Gerichtsurteil) beruht, erwarten. Denn die Konstellation ist durchaus verzwickt.

Candy war gut befreundet mit Betty. Die beiden hatten sich in der Methodistischen Kirche kennengelernt. Gleichzeitig unterhielt Candy eine Affäre mit Bettys Mann Allen.

Zwei Frauen sitzen auf zwei Stühlen und lächeln sich freundlich an.
Betty Gore (Melanie Lynskey) und Candy Montgomery waren eigentlich gut befreundet. Denn Betty wusste nichts von Candys Affäre mit ihrem Mann. © Hulu / Disney+
Axthiebe als Befreiungsschläge?

Die Serie blendet nach dem Mord ein paar Jahre zurück und schildert, wie die Freundschaft mit Betty, aber vor allem wie die Affäre mit Allen zustande kam. Es sei ein «Schrei nach Freiheit» von Candy, die unter dem Zwang zur Konformität in dieser Kleinstadtatmosphäre gelitten habe, heisst es in der Ankündigung der Serie.

Nur: In der Serie ist dieser Druck nicht wirklich zu spüren. Ihre Affäre beginnt sie, nachdem eine gute Freundin sich von ihrem Mann getrennt hat und mit einem neuen Freund auftaucht. Das bringt Candy auf die Idee, ihr Sexleben auch etwas anzukurbeln.

Wie wärs mit einer Affäre?

Beinahe witzig ist, wie sie das Unterfangen angeht. Beim wöchentlichen Volleyballtraining inspiziert sie die Mitspieler. Sie entscheidet sich für Allen und setzt sich nach dem Training zu ihm ins Auto. Ohne grosse Umschweife fragt sie: Wie wärs mit einer Affäre? Candy gibt auch gleich die Regeln durch, damit die Affäre nicht auffliegt.

Als sie ihrer Freundin erzählt, dass sie sich einen Liebhaber genommen hat, klingt das nicht anders, als wenn sie ihr erzählen würde, dass sie sich ein neues Kleid gekauft hat. Ausbrechen aus Konventionen stellt man sich irgendwie anders vor.

Eine Frau in Sportkleidern dehnt ihr linkes Bein auf einer Zuschauertribüne. Sie blickt in Richtung eines Mannes, der auf der Tribüne sitzt.
Beim wöchentlichen Volleyballtraining fasst Candy den Entschluss, mit Allen eine Affäre einzugehen. © Hulu / Disney+
Seltsam spannungsarm bis zum Schluss

Spannung kommt auch nicht auf, wenn die Polizei ihr auf die Schliche kommt. Da Candy zugegebenermassen um die Tatzeit herum bei Betty war, wird sie schnell zur Hauptverdächtigen für Sheriff Deffibaugh (Justin Timberlake).

Selbst die Gerichtsverhandlung, bei der Candy Notwehr geltend macht, ist seltsam spannungsarm inszeniert. Am Schluss bietet «Candy» einen sehr distanzierten Blick auf einen durchaus verstörenden Mord mit viel 80er-Jahre Ambiente. Eine Aufarbeitung in irgendeiner Form findet nicht wirklich statt.

In einer der letzten Einstellungen steht das Mordopfer Betty im Gerichtssaal und fragt nach der Urteilsverkündung: «Das wars?» Eine berechtigte Frage.

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Besetzung: Jessica Biel | Melanie Lynskey | Pablo Schreiber | Timothy Simmons | Raúl Esparza | Justin Timberlake | Jessie Mueller | Coley Campany | Sharon Conley
Serie entwickelt von: Nick Antosca | Robin Veith
Genre: True-Crime | Drama
USA, 2022

The Watcher (Mini-Serie) – Gruselig sind nur die Ungereimtheiten im Drehbuch

Serienposter. Ein Haus in der Dämmerung mit beleuchteten Fenstern. Im Vordergrund die Silhouette eines Menschen. Schriftzug der Serie.

Läuft bei: Netflix (Mini-Serie, 7 Episoden à 50 Min.)

Diese Besprechung enthält Spoiler

Es ist der Traum von vielen: Ein schönes Eigenheim, gemütlich eingerichtet. Viel Platz für die Kinder. Eine schöne Umgebung und eine nette Nachbarschaft. Nora (Naomi Watts) und Dean Brannock (Bobby Cannavale) mit ihren beiden Kindern finden ihr Traumhaus in Westfield, ein paar Kilometer von New York entfernt.

Unerfreuliche Nachbarschaft

Es dauert nicht lange und der Traum wird zum Albtraum. Es beginnt mit den Nachbarn. Mo (Jennifer Coolidge) und Mitch (Richard Kind) liegen gerne im Garten und beobachten mit dem Feldstecher, was die Neuankömmlinge so treiben.

Ältere Frau mit Brille und Zöpfen, glatzköpfiger Mann in Latzhose.
Die beiden Nachbarn Pearl (Mia Farrow) und Jasper (Terry Kinney) ähneln wohl nicht zufällig dem Paar im Gemälde «American Gothic». © Netflix

Pearl (Mia Farrow) gibt den Brannocks den Tarif durch, was an Veränderungen am und im Haus geht und was nicht. Ihr seltsamer Bruder (Terry Kinney) ist noch aufdringlicher. Er schleicht sich ins Haus, weil er gerne im Speiseaufzug fährt.

«Junges Blut» fürs alte Haus

Dann kommen die Briefe. Eine geheimnisvolle Figur, die sich «The Watcher» nennt, begrüsst die Familie im neuen Haus. Sie gibt zu erkennen, was sie alles über die Familie weiss.

Dass sie beispielsweise «junges Blut» mitgebracht habe, was gut für das Haus sei, aber ungut tönt für die beiden Kinder. Und «The Watcher» verspricht, ziemlich passiv-aggressiv, weiterhin ein scharfes Auge auf die Brannocks zu werfen.

Mann im Morgenmantel vor einer Steintreppe im Garten. Im Hintergrund ein Haus.
Dean (Bobby Cannavale) stürmt zu den Nachbarn, die er als Urheber der bedrohlichen Briefe verdächtigt. © Netflix
Trautes Heim – Unglück allein

Die Brannocks schalten die Polizei ein, engagieren eine Privatdetektivin, ermitteln auf eigene Faust. Sie beschuldigen reihum Nachbarn, Freunde, am Ende misstrauen sie sich sogar gegenseitig.

Das traute Heim bringt den Brannocks kein Glück, sondern stürzt sie in einen tiefen Abgrund, der ihr Familienleben zu zerstören droht.

Einschätzung

«The Watcher» hat ein grosses Problem. Man kann zwar nachvollziehen, was die Brannocks komplett aus der Bahn wirft. Irgendein:e Unbekannte:r, der:die zu verstehen gibt, dass er:sie einen überwacht und Spuren im Haus hinterlässt, das ist furchterregend.

Das Problem ist aber, wie in jeder Episode wirre Fäden gesponnen werden, die zu neuen, manchmal auch wieder zu alten Verdächtigen führen, ohne dass man der Lösung des Geheimnisses einen Schritt näher kommt. Alles dreht sich immer nur im Kreis.

Haarsträubende Ungereimtheiten

Dazu kommen Ungereimtheiten in der Geschichte, die einem mehr die Haare zu Berge stehen lassen als die wenigen Schreckensmomente. Ein Beispiel ist die Kamera im Schlafzimmer. Sie filmt, wie sich eine junge Frau zum schlafenden Dean ins Bett legt. Das führt zur Ehekrise. Es wird aber offensichtlich, dass die junge Frau vom Watcher engagiert worden sein muss.

Eine Frau mit einer Tasse in der Hand steht an einem Fenster und blickt hinaus.
Nora (Naomi Watts) schmeisst ihren Mann aus dem Haus, nachdem sie das Video gesehen hat von ihm mit einer jungen Frau im Bett. © Netflix

Nur: Der einzige, der von der Kamera wusste, ist der junge Typ der Sicherheitsfirma. Er hat sie heimlich installiert. Er wird aber vom Verdacht befreit, der Watcher zu sein.

Wie also soll das gehen? Die Diskreditierung des Ehemanns funktioniert nur, wenn der Watcher wusste, dass seine aufwendige Inszenierung auf Video festgehalten wird.

Der Mord, der keiner war

Andere Twists sind zwar weniger unlogisch, aber nicht minder abstrus. Die beiden Nachbarn Mo und Mitch werden ermordet. Die Leichen werden abtransportiert. Sie fallen also weg als Watcher. Denkste, he he.

Zwei Episoden später stehen sie wieder da. Sie waren nur im Urlaub, was aber niemand wusste, ausser ihr Sohn. Der hat zwei Obdachlose ins Haus bestellt und sie umgebracht, um ans Geld der Eltern zu kommen. Bitte, was?

Ein Mann und eine Frau auf Liegestühlen im Garten. Er hält einen Feldstecher in der Hand.
Die angeblichen Mordopfer Mitch (Richard Kind) und Mo (Margo Martindale) bei ihrer Lieblingsbeschäftigung: Die Nachbarn ausspionieren. © Netflix
Die Kamera lügt

Zu guter Letzt outet sich eine der Figuren als Watcher. In Rückblenden wird gezeigt, wie sie vorgegangen ist. Ein paar Einstellungen später stellt sich heraus: Nee, nee, sie war es nicht. Die Rückblenden sind gelogen – ein Stilmittel, für das schon Hitchcock bei «Stage Fright» Haue bezogen hat.

Ob der horrenden Unzulänglichkeiten des Drehbuchs geht eigentlich verloren, was «The Watcher» wohl zeigen wollte: Wie zerstörerisch die Kraft einer unheimlichen Bedrohung sein kann. Selbst wenn sie in der harmlos scheinenden Form von Briefen daherkommt.

Die wahre Geschichte wäre die bessere

Das macht es aus, was an der wahren Begebenheit faszinierte, auf der «The Watcher» beruht. Diese Geschichte ist aber viel weniger dramatisch und vor allem: Der Fall wurde nie gelöst. Deshalb erfanden die Autoren wohl noch Unmengen an Twists dazu. Sehr zum Schaden der Serie.

Die Umfrage ist beendet

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Besetzung: Naomi Watts | Bobby Cannavale | Jennifer Coolidge | Margo Martindale | Mia Farrow | Noma Dumezweni | Luke David Blumm | Isabel Gravitt
Serie entwickelt von: Ian Brennan | Ryan Murphy
Genre: Drama | Horror | Mystery
USA, 2022

You Don’t Know Me (Mini-Serie) – Dieses Gerichtsdrama enttäuscht die Erwartungen

Läuft bei: Netflix (Mini-Serie, 4 Episoden à 60 Min.)

Hero (Samuel Adewunmi) steht wegen Mordes vor Gericht. Er soll den Drogenhändler Jamil (Roger Jean Nsengiyumva) erschossen haben.

Erdrückende Beweislast

In ihrem Schlussplädoyer fasst die Staatsanwältin die erdrückende Beweislast zusammen: Schiesspulver an Heros Händen, die Mordwaffe in seiner Wohnung, Bilder einer Überwachungskamera zeigen Heros Auto auf dem Weg zum Tatort, seine Handydaten belegen, dass er am Tatort war.

Dann steht Hero auf. Er hat bisher kein Wort vor Gericht gesagt. Jetzt will er das Schlussplädoyer der Verteidigung selber halten und die Geschworenen von seiner Unschuld überzeugen. Er will seine Geschichte, die wahre Geschichte erzählen.

Alles beginnt mit seiner neuen Freundin

Die beginnt damit, wie er seine Freundin Kyra (Sophie Wilde) kennenlernt. Bald zieht sie bei ihm ein. Eines Tages klopft ein grimmiger Typ an die Tür und redet mit Kyra. Am nächsten Tag ist sie verschwunden.

Ein Mann mit braunem Mantel und roter Krawatte sitzt im Bus. Hinter ihm eine Frau, die ein Buch liest.
Hero trifft Kyra zum ersten Mal im Bus auf der Fahrt zur Arbeit. © Netflix

Hero sucht sie wochenlang vergeblich, bis er einen Hinweis erhält. Er findet Kyra, die als Prostituierte für eine Gang arbeitet – arbeiten muss, um ihren Bruder zu schützen.

In Gangrivalitäten verwickelt

Hero beschafft sich bei Jamil eine Waffe und befreit Kyra. Doch die Gang kommt sie suchen. Eine andere Gang in seinem Gebiet stört die Geschäfte von Jamil.

Er setzt Hero unter Druck, dass er Kyra an die Gang ausliefert. Die Situation eskaliert, bis Jamil mit einer Kugel im Kopf in einer Gasse endet.

Einschätzung

Gerichtsdramen können äusserst spannend und unterhaltsam sein. «You Don’t Know Me» ist weder das eine noch das andere. Zu langsam wird die Geschichte erzählt, zu repetitiv ist Heros Plädoyer vor Gericht, und viel zu unbefriedigend ist der Schluss.

Schöne Liebesgeschichte, aber langfädig erzählt

Natürlich ist es eine schöne Liebesgeschichte, die Hero vor den Geschworenen ausbreitet. Er trifft Kyra im Bus, blitzt ein paar Mal ab, lädt sie zu Spaghetti Carbonara ein, deren Zubereitung er x-mal übt, bis sie ihm perfekt gelingen.

Man hat es schnell begriffen, dass er sie liebt und sie ihn schliesslich auch. Schneller, als es Hero vor Gericht erzählt.

Fesselnde Milieubeschreibung? Eher nicht

«I loved her» ist eine der Aussagen, die er dauernd wiederholt. «I sold cars. I loved my job» eine andere. Und natürlich ist er ein «family man» – Mutter und Schwester über alles. Das alles soll belegen, wie normal er war, bevor das Schicksal grausam zuschlug und ihn in die Abgründe des Bandenmilieus verschlug.

Die Schilderungen dieses Milieus seien in der Buchvorlage von Imran Mahmood «fesselnd und lebendig» schreibt der Guardian. Das kann man der Serie nicht attestieren.

Der Schluss ärgert richtig

Das Problem mag die Ich-Erzählung sein. Alles wird nur aus der Sicht von Hero geschildert. Da erhält ein Charakter wie Jamil keine Tiefe, keinen Hintergrund. Wir erleben ihn immer nur von aussen.

Ein Mann in weisser Kleidung redet aufgeregt auf einen anderen Mann in einem beigen Mantel ein.
Wer hat Jamil (links) getötet? Hero sagt, er war es nicht. © Netflix

Richtig ärgerlich ist der Schluss. Wie lautet das Urteil der Geschworenen? Die Serie präsentiert beide Verdikte: schuldig wie auch nicht schuldig. Es lässt sich nicht entschlüsseln, welches Urteil gilt.

Die Überraschungen reimt man sich schnell zusammen

Das soll wohl die Zuschauenden in die Rolle der Geschworenen versetzen und sie ihr Urteil fällen lassen. Nur: Wir kennen ja die Wahrheit. Die wird zwar auch noch ein bisschen verdreht erzählt.

Schon in der Mitte der Serie kann man sich aber ausdenken, worauf Hero vor Gericht hinaus will, sprich: wen er als Täter:in beschuldigen wird. Anfangs der letzten Episode deutet eine Szene klar daraufhin, dass das aber gar nicht stimmt. Als enthüllt wird, wer Jamil wirklich getötet hat, ist man bestenfalls bestätigt, aber kaum überrascht.

Viel vorgenommen, zu wenig geliefert

Man merkt, was «You Don’t Know Me» sich alles vorgenommen hat. Ein Gerichtsdrama, das einem die tragischen Geschichten seiner Figuren ans Herz legen will, und am Schluss mit mehreren Plottwists überraschen soll. Aber alles ist zu durchsichtig konstruiert und zu geschwätzig erzählt, um zu funktionieren.

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Besetzung: Samuel Adewunmi | Sophie Wilde | Bukky Bakray | Roger Jean Nsengiyumva | Badria Timimi | Michael Gould
Genre: Krimi | Drama
GB, 2021

Obi-Wan Kenobi (Mini-Serie) – Flucht und Kampf in Endlosschlaufe

Läuft bei: Disney+ (Mini-Serie, 6 Episoden à 45 Min.)

Zehn Jahre sind vergangen, seit Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) vermeintlich seinen Jedi-Schüler Anakin Skywalker (Hayden Christensen) getötet hat. Obi-Wan nennt sich jetzt Ben, arbeitet in einer Fleischfabrik auf Tatooine und wacht aus der Ferne über Luke Skywalker, der bei Onkel und Tante aufwächst.

Inquisitoren locken ihn aus dem Versteck

Inquisitoren des Imperiums jagen die letzten Jedis. Inquisitorin Reva (Moses Ingram) will unbedingt Obi-Wan finden, den viele schon für tot halten. Sie will sich so die Gunst von Darth Vader sichern.

Reva beauftragt einen Kopfgeldjäger, Prinzessin Leia Organa (Vivien Lyra Blair) zu entführen. Die Zehnjährige lebt bei ihren Pflegeeltern auf Alderaan. Leia soll als Köder dienen, um Obi-Wan aus seinem Versteck zu locken.

Der unvermeidliche Kampf gegen Darth Vader

Das gelingt. Obi-Wan befreit Leia und flüchtet mit ihr vor den Inquisitor:innen. Erst jetzt erfährt er, dass Anakin nicht tot ist, sondern als Darth Vader nach ihm Ausschau hält.

Auf der Flucht gelingt es Obi-Wan und Leia ein paar Mal nur in letzter Sekunde, den Häschern zu entfliehen. Hilfe erhalten sie dabei von einem Netzwerk namens «The Path». Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis sich Obi-Wan und Darth Vader gegenüberstehen werden.

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Einschätzung

Ich mag Star Wars. Ich habe alle neun Filme der drei Trilogien gesehen, teilweise mehrfach. Auch «Rogue One», «Solo» und die Serie «The Mandalorian». Und doch qualifiziere ich mich wohl nicht als Fan dieses Universums.

Für eingefleischte Fans unterhaltsam

Denn dann müsste ich mich jetzt mit grossem Enthusiasmus darüber auslassen, wer da jetzt wann und auf welchem Planeten in «Obi-Wan Kenobi» auftaucht, was er oder sie allenfalls zuvor oder danach noch für eine Rolle spielen wird oder könnte. Und dass Bens Kamel auf Tatooine ein Eopie ist.

Mit diesem Fan-Blick, der vor allem darauf abzielt, sich und anderen zu beweisen, dass man Personen, Orte und Handlungen im Star-Wars-Universum einordnen kann, bietet die Serie vielleicht gute Unterhaltung. Dem Rest – eher weniger, leider.

Die junge Leia zeigt ihr Potenzial

Ich war durchaus gespannt darauf, was Obi-Wan in all den Jahren zwischen Episode III und IV widerfahren ist. Zehn Jahre unterzutauchen, die Verbindung zur «Force» zu verlieren und hilflos dem Aufstieg des Imperiums zuschauen zu müssen – alles nicht ganz einfach für den ehemals grossen Jedi-Master.

Dann die Herausforderung, wieder aktiv zu werden, zu kämpfen, die Macht wiederzufinden. Das ist anfänglich interessant, vor allem dank Leia. Sie ist zwar noch Kind, aber schon klug, raffiniert, einfühlsam, besonnen und mutig. Ganz klar, dass sie eines Tages die Rebellion anführen wird, und dass Obi-Wan sie retten muss.

Überlebt er das Duell mit Vader? (Rhetorische Frage)

Auch die erste Flucht ist noch ziemlich spannend, als Obi-Wan mit Leia vor Reva flieht. Danach wiederholt sich das aber als einfallsloses Muster, inklusive Laserschwertduelle. Besonders die Kämpfe – ja, Mehrzahl – gegen Darth Vader lassen jede Spannung vermissen. Wir wissen, dass beide überleben werden.

Neben Leia ist die Inquisitorin Reva als Gegenspielerin von Obi-Wan einigermassen interessant, weil sie eine eigene Agenda verfolgt, die sich erst langsam erschliesst. Der Rest der Figuren ist eintönig bis lieblos gezeichnet, dafür überraschend namhaft besetzt.

Geschichten erzählen, statt Fankultur zu bedienen

Das grosse Problem dieser Serie fasst ein Artikel von digitaltrends («How Generation X ruined Star Wars») treffend zusammen: Die heutigen Star-Wars-Geschichten werden gemacht von «possessive devotees who are often more interested in fan service than storytelling.»

Diesen «Besessenen» reicht es eben, hier ein Handlungshäppchen hinzuwerfen, da eine Anspielung und dort ein Gag. Das ergibt keine Erzählung. Die Figuren bleiben blass und konturlos. Die Handlung besteht aus aneinandergereihten Szenen, die sich mehrfach wiederholen. Kein Spannungsbogen, keine Entwicklung.

Wissen wir mehr über Obi-Wan? Nein

Der Erkenntnisgewinn über das Leben von Obi-Wan zwischen den Filmen III und IV ist minimal. Er macht ein paar Jahre Pause, duelliert sich ein paar Mal mit Darth Vader und verschwindet für den Rest der Zeit in den Hügeln von Tatooine (das Fan-Häppchen: in Begleitung eines alten Bekannten). Das reicht nicht als gute Geschichte.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Obi-Wan Kenobi»?

Besetzung: Ewan McGregor | Moses Ingram | Vivien Lyra Blair | Hayden Christensen | Sung Kang | Rupert Friend | James Earl Jones | Indira Varma | Kumail Nanjiani | Jimmy Smits
Genre: Science-Fiction | Abenteuer
USA, 2022

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