Alaska Daily (Staffel 1) – Das hohe Lied auf den Lokaljournalismus

Serienposter mit Schriftzug. Das Porträt einer Frau mit dunklen Haaren über einem Panorama von schneebedeckten Bergen.
3 von 5 Sternen

Läuft bei: Disney+ (1 Staffel, 11 Episoden à 45 Min.)

Eigentlich erstaunlich, dass Journalist:innen immer noch als Held:innen für Filme oder wie in «Alaska Daily» für Serien taugen. Grosses Ansehen geniesst diese Berufsgattung im Zeitalter von Social Media und dem Vorwurf der «Lügenpresse» ja kaum mehr.

Aber es funktioniert wahrscheinlich deshalb, weil die Reporter:innen oft mehr als Kriminalist:innen agieren. Sie jagen einem Verbrechen hinterher und decken es gegen den Widerstand der Mächtigen auf.

Eine Frau und ein Mann mit Umhängetasche in einem Grossraumbüro. Zwei weitere Personen arbeiten an ihren Tischen.
Eileen Fitzgerald (Hilary Swank) kommt als Starjournalistin nach Alaska, wo sie sich an die etwas schäbigeren Verhältnisse im Newsroom gewöhnen muss. © Hulu / Disney+

Das war bei «All the President’s Men» (1976) so, wo Carl Bernstein und Bob Woodward den Watergate-Skandal enthüllten. Oder beim Oscar-gekrönten Film «Spotlight» (2015), in dem Journalist:innen des «Boston Globe» sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche aufdeckten.

Die wahre Geschichte hinter der Serie

Zu «Spotlight» hat «Alaska Daily» eine personelle Verbindung. Tom McCarthy, der die Serie entwickelt hat, war Regisseur und Drehbuchautor von «Spotlight». Eine weitere Analogie: Der Film wie auch die Serie beruhen auf wahren Recherchen.

Die Enthüllungen des «Boston Globe» sorgten weltweit für Schlagzeilen. Die andere Recherche, die jetzt als Grundlage für «Alaska Daily» dient, erhielt weniger Aufmerksamkeit.

«Pro Publica» und die «Alaska Daily News» veröffentlichten 2019 mehrere Artikel über die hohe Zahl von Gewaltverbrechen gegen Frauen in Alaska. Die Zahl der Delikte liegt dreimal so hoch wie im landesweiten Durchschnitt.

Eine Frau steht vor einer Wand, an der die Steckbriefe von vermissten Frauen hängen.
Die wahre Geschichte hinter «Alaska Daily»: Alaska hat die höchste Rate von Gewaltverbrechen gegen Frauen. © Hulu / Disney+
Ein Hotshot in der Tundra

In «Alaska Daily» ist diese Geschichte der Anlass für Eileen Fitzgerald (Hilary Swank) in den hohen Norden zu ziehen. Die New Yorker Topjournalistin hat gerade harte Zeiten hinter sich. Ihre letzte grosse Story zerstörte ihre Karriere, weil Zweifel an ihrer Quelle auftauchten und ihr herablassender Umgang mit Kolleg:innen publik gemacht wird.

Dennoch ist Eileen zuerst wenig begeistert, als Stanley Cornik (Jeff Perry), Chefredakteur des «Alaska Daily», bei ihr auftaucht und ihr einen Job anbietet. Lokaljournalismus bei einem serbelnden Blatt in der Tundra ist doch ein paar Nummern zu klein für sie. Aber die Story beginnt sie zu faszinieren.

Frisch angekommen in Anchorage gibt sie ihren neuen Kolleg:innen gleich den Tarif durch. Sie ist die versierte Journalistin, die weiss, wie der Hase läuft, und sie arbeitet alleine. Doch mit ihrer New Yorker Hotshot-Attitüde kommt sie nicht weit.

Zwei Frauen vor einer Wand voll geklebt mit Fotos und Notizzetteln. Im Vordergrund ein Mann mit grauen Haaren.
Roz und Eileen verstehen sich zu Beginn nicht besonders gut. Aber ihr Ehrgeiz, den Mord an einer jungen Frau aufzuklären, verbindet sie. © Hulu / Disney+

Die Mutter einer jungen Frau, die ermordet wurde, will nicht mit der Fremden reden. Eileen muss widerwillig die Hilfe ihrer indigenen Kollegin Roz Friendly (Grace Dove) in Anspruch nehmen. Von nun an arbeiten die beiden gemeinsam an der Geschichte, auch wenn sie sich (noch) nicht leiden mögen.

Kleine Geschichten aus dem Alltag

Sie decken auf, wie rassistische Polizist:innen, schlampige Behörden und korrupte Politiker:innen dafür verantwortlich sind, dass sexuelle Gewalt gegen Frauen nicht nur an der Tagesordnung ist, sondern meist auch nicht aufgeklärt, geschweige denn bestraft wird.

Neben dieser spannenden Story werden in «Alaska Daily» auch kleine Geschichten erzählt aus dem Alltag der Reporter:innen. Das soll die Bedeutung des Lokaljournalismus für eine funktionierende Gemeinschaft untermauern. Dieses hohe Lied singt die Serie zwar etwas aufdringlich. Aber was soll man dagegen sagen? Die Aussage stimmt.

Ein Haus in Flammen. Davor ein Löschkran der Feuerwehr.
Weshalb wurde ein beliebtes Restaurant ein Opfer der Flammen? Eine Recherche, für die es keinen Preis geben wird, aber die Leser:innen des «Daily Alaskan» sehr interessiert. © Hulu / Disney+
Die nervige Journalistin überschattet den Kern der Geschichte

Am faszinierendsten an der Serie ist der Ort. Nicht nur wegen der atemberaubenden Landschaftsaufnahmen. Alaska, so zeigt die Serie, ist eine gespaltene Gesellschaft, in der Indigene massiv diskriminiert werden. Eine Tatsache, die nicht weitherum bekannt sein dürfte.

Nervig, vor allem zu Beginn, ist dagegen die Hauptfigur. Da hilft es auch nichts, wenn Hilary Swank die Journalistin mit dem gewaltigen Ego spielt. Aber natürlich lernt sie mit der Zeit nicht nur die Gegend zu schätzen, sondern auch ihre Kolleg:innen. Das macht Eileen etwas erträglicher und lenkt weniger vom Kern der Geschichte ab.

Wäre «Alaska Daily» mit etwas weniger Schema-F-Elementen inszeniert, wäre es eine sehr gelungene Serie. So gehört sie zum guten Durchschnitt.

Wie viele Sterne gibst du «Alaska Daily» (Staffel 1)?
0 Stimmen

Besetzung: Hilary Swank | Jeff Perry | Grace Dove | Meredith Holzman | Matt Malloy | Pablo Castelblanco | Ami Park | Craig Frank | Shane McRae | Joe Tippett | Irene Bedard
Serie entwickelt von: Tom McCarthy
Genre: Krimi | Drama
USA, 2023

The Mandalorian (Staffel 3) – Der Weg führt zurück auf den Heimatplaneten

Serienposter mit Schriftzug: Der Mandalorian steht in voller Rüstung und gezücktem Schwert auf seinem Raumschiff, in dessen Kuppel sein kleiner Begleiter Grogu zu sehen ist.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Disney+ (3 Staffeln, 24 Episoden à 30-45 Min.)

Der Einstieg in die dritte Staffel kann etwas verwirrend sein, wenn man die Ereignisse im Star Wars-Universum nicht eng verfolgt. Am Ende der zweiten Staffel gingen Din Djarin (Pedro Pascal) aka Mando, the Mandalorian, und sein Schützling Grogu aka Baby Yoda getrennte Wege. Jetzt sind sie wieder gemeinsam unterwegs.

Wie das geschah, erfuhr man in einer anderen Serie: «The Book of Boba Fett». Entscheidendes hat man aber nicht verpasst, wenn man – wie ich – diese Serie geskippt hat.

Ein Mann mit Helm sitzt im Cockpit. Unter einer Kugelkuppe dahinter eine kleine Figur mit langen Ohren.
Grogu hat sich entschieden, zu Din Djarin (Pedro Pascal) zurückzukehren. © Lucasfilm / Disney+
Die Mission des Abtrünnigen

Denn den anderen Erzählstrang, der zu Beginn aufgenommen wird, kennt man aus der zweiten Staffel. Din Djarin hatte seinen Helm abgenommen. Das verbietet der Codex der Mandalorians und schliesst ihn automatisch aus der Gemeinschaft aus.

Um wieder aufgenommen zu werden, muss Djarin auf Mandalore in die «Living Waters» eintauchen. Das scheint unmöglich. Die Atmosphäre auf dem Planeten ist giftig und der Zugang zu den unterirdischen Gewässern versperrt, seit das Imperium die Städte der Mandalorians zerstört hat.

Djarin lässt sich davon nicht abhalten. Tatsächlich ist Mandalore nicht vergiftet und er findet den Zugang zu den Höhlen. Allerdings wird er von einem Cyborg gefangen genommen. Grogu kann aber Hilfe holen bei Bo-Katan Kryze (Katee Sackhoff), der letzten Herrscherin von Mandalore. Sie befreit Djarin und er kann seine Mission abschliessen.

Eine Frau und ein Mann in Rüstung. Sie trägt keinen Helm. In der Mitte eine schwebende Halbkugel, in der eine kleine Kreatur sitzt mit grossen dunklen Augen und langen Ohren.
Bo-Katan Kryze (Katee Sackhoff), Grogu und Din Djarin (Pedro Pascal) sind als Trio unterwegs. © Lucasfilm / Disney+
Das Imperium ist nicht besiegt

Damit sind die Grundlagen gelegt für die Hauptgeschichte der dritten Staffel. Die Mandalorians wollen ihren Heimatplaneten wieder in Besitz nehmen. Dafür müssen sich vorab die verschiedenen Fraktionen zusammenraufen, in die die Gemeinschaft zersplittert wurde.

Und dann taucht da ein besiegt geglaubter Todfeind wieder auf. Moff Gideon (Giancarlo Esposito) konnte offenbar entkommen. Er arbeitet im Geheimen daran, die verstreuten Anhänger des Imperiums zu sammeln und die Macht wiederzuerlangen.

Ein Mann in einer schwarz glänzenden Rüstung.
Der imperiale Bösewicht Moff Gideon (Giancarlo Esposito) schien am Schluss der zweiten Staffel besiegt. Weit gefehlt. © Lucasfilm / Disney+
Als Gäste: Jack Black, Lizzo und Christopher Lloyd

Das alles wird garniert mit unterhaltsamer Action auch in den Nebengeschichten. Djarin muss Nevarro gegen Piraten verteidigen. Gemeinsam mit Bo-Katan jagt er einen Flugraptor. Und auf dem Planeten Plazir-15 gehen die beiden der Fehlprogrammierung von Droiden auf den Grund. Besonders amüsieren in dieser Episode Jack Black, Lizzo und Christopher Lloyd, die in Gastrollen auftreten.

Die dritte Staffel des Mandalorian braucht ein wenig Zeit, bis sie auf Kurs ist. Sobald aber Djarin, Grogu und Bo-Katan, die sich zum Co-Star entwickelt hat, gemeinsam in Aktion treten, wird man gut unterhalten.

Eine Frau mit einer Art Krone im langen schwarzen Haar. Ein bärtiger Mann mit einem Umhang. Die Frau hält Grogu in den Armen.
Weil sie so grosse Fans der Serie sind, bekamen Lizzo und Jack Black Gastauftritte in «The Mandalorian». © Lucasfilm / Disney+
Neben «Andor» die beste Star Wars-Serie

Was aber immer noch offen bleibt, ist die Frage, wohin die Geschichte des Mandalorian und seines Lehrlings führen soll. Zu Beginn hatte man das Gefühl, dass alles auf Grogu hinausläuft, der in die Fussstapfen des grossen Jedi-Meisters Yoda treten werde. Mit der dritten Staffel bekommt die Geschichte der Mandalorians mehr Gewicht.

Eine Gruppe von behelmten Kämpfer:innen. Ein weiss leuchtendes Schwert.
Die Mandalorians geeint und Bo-Katan schwingt wieder ihren Darksaber. © Lucasfilm / Disney+

Neben «Andor», der erfrischend untypischen Star Wars-Serie, die letztes Jahr startete, ist «The Mandalorian» die zweite Serie aus diesem Universum, bei der es sich lohnt, dranzubleiben.

Die vierte Staffel ist zwar noch nicht bestätigt. Aber, so sagt Autor Jon Favreau, die Story habe er schon geschrieben. Die Geschichte wird wohl weitergehen. This is the way.

Wie viele Sterne gibst du «The Mandalorian» (Staffel 3)?
3 Stimmen

Besetzung: Pedro Pascal | Katee Sackhoff | Carl Weathers | Giancarlo Esposito | Emily Swallow | Katy M. O’Brian | Simon Kassianides | Omid Abtahi
Serie entwickelt von: Jon Favreau
Genre: Abenteuer | Science-Fiction | Fantasy
USA, 2023

Fleishman Is in Trouble (Mini-Serie) – Langfädiges Lamento über die verlorene Jugend

Serienposter mit Schriftzug. Zwei gezeichnete Frauenköpfe, ein Reissverschluss, dessen Zipper ein Mann in weissem Arztkittel ist.
2 von 5 Sternen

Läuft bei: Disney+ (8 Episoden à 50 Min.)

New York, jüdische Oberschicht, Akademiker, alle ein bisschen neurotisch und in der Midlife-Crisis. Kommt das bekannt vor? Genau: Es ist Woody Allens Milieu, das er in Filmen wie «Annie Hall» oder «Manhattan» Ende der 1970er-Jahre zelebriert hat.

Neurotische New Yorker

Gut 40 Jahre später kommt «Fleishman Is in Trouble». An allen Ecken und Enden erinnert die Serie an den mittlerweile in Verruf geratenen Regisseur. Sogar der erste Satz der Serie wirkt stark von Allen inspiriert: «Toby Fleishman awoke one morning inside the city he’d lived in all his adult live.» «Manhattan» begann so: «New York was his town, and it always would be.»

Dieser Toby Fleishman (Jesse Eisenberg) verströmt aus jeder Pore den neurotischen, jüdischen New Yorker, wie ihn Allen immer wieder zeichnete. Toby sieht ziemlich nerdig aus und sollte mal den Friseur wechseln. Er spricht im Takt eines Schnellfeuergewehrs und nur über sich.

Ein Mann blickt aus dem Fenster. Es ist Nacht und es regnet.
Toby Fleishman (Jesse Eisenberg) entdeckt die düsteren Seiten, die das Leben bereit hält, wenn man endgültig erwachsen geworden ist. © FX / Disney+
Wie ein Film von Woody Allen – ohne Humor und Selbstironie

Dass einem «Fleishman Is in Trouble» ein Déjà-vu beschert, ist an und für sich kein Problem. Eher etwas erstaunlich, dass eine heutige Serie sich ausschliesslich diesem Milieu widmet und sich anfühlt wie eine Sitzung beim Psychotherapeuten, ganz wie damals bei Woody Allen. Aber dieses Setting wird mit der Zeit zum Problem, weil im Gegensatz zu Allens Filmen der Serie jeglicher Humor und Selbstironie abgeht.

Toby leidet nur. Er ist seit einiger Zeit von seiner Frau Rachel (Claire Danes) geschieden. Jetzt wälzt er in seinen Gehirnwindungen nur immer diesen einen Gedanken: Wie konnte es so weit kommen?

Eine Frau sitzt an einem Bürotisch.
Tobys Frau Rachel (Claire Danes) verschwindet spurlos. Das Geheimnis dahinter wird irgendwann aufgelöst und dann denkt man sich achselzuckend: Shit happens. © FX / Disney+
Fleishman hat die Kinder am Hals

Die Lage eskaliert, als Rachel eines Nachts die beiden Kinder bei ihm ablädt und danach von der Bildfläche verschwindet. Jetzt muss sich Toby zusätzlich mit seinem Sohn und seiner schon sehr klassenbewussten Tochter rumschlagen. Sein Apartment genügt ihren Ansprüchen überhaupt nicht und Busfahren empfindet sie als Zumutung.

Seinen ganzen Frust und Ärger lädt Toby bei Libby (Lizzy Caplan) und Seth (Adam Brody) ab, seinen besten Freunden aus der Collegezeit. Die haben zwar auch ihre Krisen, doch kommen sie kaum zu Wort, da Toby sie dauernd zudröhnt.

Ein Mann und zwei Kinder auf der Strasse.
Natürlich liebt der Vater seine Kinder. Aber irgendwie sind sie auch lästig, wenn man sich selbst gerade sehr leidtut. © FX / Disney+
Nicht die Welt, nur noch der Hund liegt einem zu Füssen

Allerdings ist Libby viel zu hören. Sie ist nämlich die Off-Stimme, die von Beginn an kommentiert, was Toby gerade widerfährt. Das ist zuerst etwas verwirrend, bis man merkt, wer sie ist. Spätestens gegen Schluss begreift man auch, dass Libby das Alter Ego von Taffy Brodesser-Akner ist, die die Buchvorlage und das Drehbuch für die Serie geschrieben hat.

Und ebenfalls am Schluss wird für all jene, die es bis dahin noch nicht geschnallt haben, ausgebreitet, worum es geht: Um die etwas banale Erkenntnis, dass man mit 40 nicht mehr jung ist. Die Welt liegt einem nicht mehr zu Füssen, höchstens der Hund, den man den Kindern zuliebe gekauft hat. Midlife-Crisis halt.

Privilegiert, aber ach so gebeutelt vom Leben

Das beklagen die drei Collegefreund:innen extensiv in ihren Upper-Eastside-Apartments oder dem adretten Häuschen in New Jersey. Sie fühlen sich wahnsinnig gebeutelt vom Leben. Das Lamento dieser privilegierten Egozentriker in ihrer Oberschicht-Bubble geht einem mit der Zeit ziemlich auf die Nerven.

Eine Frau und ein Mann auf einer Party. Sie halten einen Drink in den Händen.
Ging es eigentlich wirklich um Toby. Oder war es nicht schon immer die Geschichte von Libby (Lizzy Caplan), das Alter Ego der Autorin der Serie? © FX / Disney+

Hier werden individuelle Probleme als Katastrophen von apokalyptischem Ausmass geschildert. Dabei hatet schon Woody Allen eine einfache Lösung: Leg dich auf die Couch beim Shrink. Stattdessen drehen Toby, Libby und Seth ihren Runden im Hamsterrad und beklagen sich dabei lauthals, dass sie nicht vorwärtskommen.

Gut besetzte, aber völlig unnötige Serie

Dieses Schmoren im eigenen Saft muss man über viel zu viele Episoden ertragen, bis endlich ein paar wenige Szenen den Hauch einer Entwicklung andeuten. Da hat man aber schon alle Figuren abgeschrieben und fragt sich, wie sie es überhaupt im Leben bis zur Midlife-Crisis geschafft haben. An ihrer Fähigkeit, Probleme zu lösen, kann es nicht liegen.

Das Einzige, was man «Fleishman Is in Trouble» zugutehalten kann, ist die Besetzung. Eisenberg, Danes und Caplan passen perfekt in ihre Rollen. Hilft aber auch nicht für eine Geschichte, die bestenfalls langweilig ist, aber eigentlich nicht mehr ins Heute passt.

Wie viele Sterne gibst du «Fleishman Is in Trouble»?
0 Stimmen

Besetzung: Jesse Eisenberg | Claire Danes | Lizzy Caplan | Adam Brody | Meara Mahoney Gross | Maxim Swinton | Josh Stamberg | Jenny Powers
Serie entwickelt von: Taffy Brodesser-Akner
Genre: Drama
USA, 2022

Under the Banner of Heaven (Mini-Serie) – Ein Doppelmord im Namen Gottes

Serienposter mit Schriftzug. Ein Mann legt nachdenklich seine Hand an die Stirn. Im Hintergrund bedrohliche Stimmunge am Himmel mit düsteren Wolken.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Disney+ (Mini-Serie, 7 Episoden à 60 Min.)

Wem sich bei den Themen Glauben und Religion die Nackenhaare sträuben, kann hier aufhören zu lesen. Denn es geht bei der True-Crime-Serie «Under the Banner of Heaven» zwar auch um die Aufklärung eines Doppelmordes, der 1984 im US-Bundesstaat Utah geschah.

Aber im Vordergrund steht das Thema religiöser Fanatismus. Und es ist die Geschichte eines gläubigen Polizisten, der das Verbrechen untersucht und immer mehr an seiner Kirche und an seinem Glauben zu zweifeln beginnt.

Der Ehemann bestreitet den Mord

Ausgangspunkt ist der brutale Mord an Brenda Wright Lafferty (Daisy Edgar-Jones) und ihrer 15 Monate alten Tochter in einer Mormonengemeinde. Als die Polizisten Jeb Pyre und Bill Taba den Tatort untersuchen, taucht Brendas Mann Allen auf in blutverschmierten Kleidern.

Mehrere Menschen sitzen an einem gedeckten Tisch und haben die Hände zum Gebet gefaltet.
Brenda (Daisy Edgar-Jones, Mitte) ist eine gläubige Mormonin, allerdings weniger streng als die Familie Lafferty, in die sie einheiratet. © Disney+ / FX

Allen wird verhaftet, aber er bestreitet den Mord. Die Täter seien bärtige Männer gewesen. Was in dieser Gegend ungewöhnlich ist, denn Mormonen tragen keine Bärte. Und hier leben sehr viele Anhänger der «Church of Jesus Christ of Latter-day Saints», kurz LDS.

Eine strenggläubige Familie, die keine Abweichler toleriert

Die Familie Lafferty, in die Brenda eingeheiratet hat, ist eine sehr einflussreiche LDS-Familie, quasi die Kennedys der Gegend. In Rückblenden sehen wir, wie die grosse Familie feiert, der autoritäre Vater einen seiner erwachsenen Söhne mit dem Gürtel prügelt und wie Brenda in die Familie kommt.

Die Laffertys sind strenggläubig. Der «Heavenly Father» bestimmt das ganze Leben und die Worte von Joseph Smith, dem Gründer, sind Gesetz. Brenda dagegen stammt aus einer weniger orthodoxen Familie aus Idaho. Sie ist zwar gläubig, vertritt aber auch andere Ansichten, vor allem was die Unterwürfigkeit der Frau in der Ehe angeht.

Ein Mann steht und hält ein Blatt Papier vor sich. Sitzend um ihn herum hören drei andere Männer zu.
Ron Lafferty (Sam Worthington, stehend) erhält göttliche Eingebungen, die er seinen Mitbrüdern verkündet. © Disney+ / FX

Allens Brüdern missfällt das. Denn Brenda freundet sich mit ihren Frauen an und sie befürchten, dass diese sich von Brenda beeinflussen lassen. Gefährlich wird es für Brenda aber erst, als sich die Brüder, allen voran Dan (Wyatt Russell) und Ron (Sam Worthington), radikalisieren.

Der Polizist beginnt zu zweifeln

Sie knüpfen Verbindungen zu Fundamentalisten und verfallen immer mehr dem Wahn, sie seien ausersehen, den wahren Glauben wiederherzustellen. Dazu gehört, dass Abtrünnige ihre Schuld mit Blut bezahlen müssen.

Jeb Pyre kommt dieser Geschichte Schritt für Schritt auf die Spur. Je weiter er vordringt in diese Welt des religiösen Fanatismus, desto mehr bröckelt sein eigenes Glaubensfundament.

Ein Mann steht in der Küche und lacht. Er schaut auf drei Mädchen, die vor ihm spielen.
FürJeb Pyre (Andrew Garfield) wird der Fall zum Prüfstein für seinen Glauben und erschüttert auch sein Familienleben. © Disney+ / FX

Dazu trägt zudem bei, dass seine Kirchenoberen es lieber sähen, wenn die Hintergründe des Mordes vertuscht würden. Mehr als einmal geben sie ihm zu verstehen, dass es besser wäre, die Radikalisierung von Glaubensbrüdern zu verschweigen.

Andrew Garfield spielt diesen bedächtigen, ruhigen Cop absolut fesselnd. Man ahnt zwar schon früh, dass ihn dieser Fall aus der Bahn werfen wird. Aber wie diese Zweifel immer tiefer in seine Seele dringen, ist packend inszeniert.

Bill Taba, Jebs Partner, spielt dabei eine wichtige Rolle. Er ist kein Mormone, sondern hat als Paiute einen ganz anderen kulturellen Hintergrund. Ihre Beziehung ist geprägt von Respekt, aber auch dem Wissen, dass es Grenzen gibt für das gegenseitige Verständnis. Je deutlicher aber wird, dass religiöser Fanatismus der Antrieb für den Mord war, desto mehr zwingt Taba seinen Kollegen, sich diesem Auswuchs seines Glaubens zu stellen.

Eine Religion, die aus der Zeit gefallen ist

Es ist faszinierend, wie die Serie es schafft, die Mormonen-Kirche sehr kritisch zu beleuchten. Dazu gehören auch verschiedene Rückblenden in die Geschichte ihrer Entstehung. Aber andererseits begegnet sie den «normalen» Gläubigen wie Jeb und seine Familie sehr respektvoll.

Zwei Männer in Anzügen. Sie stehen in der Wüste, im Hintergrund ein dürrer Baum.
Bill Taba (Gil Birmingham) nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Rolle der Kirche in diesem Doppelmord geht. © Disney+ / FX

Am Schluss überwiegt aber dennoch das Negative. Denn zu starr verharrt diese Kirche in einem Verständnis von Leben und Gemeinschaft, das schon zur Gründungszeit konservativ war, aber heute völlig aus der Zeit gefallen ist.

Dass die fundamentalistische Auslegung des Glaubens nur noch unmenschlich und zutiefst verwerflich ist, damit sind die Mormonen allerdings nicht allein. Wobei auch deutlich wird, dass Fanatiker wie die Gebrüder Lafferty ihre Religion mehr zu ihrem eigenen Vorteil missbrauchen, als wirklich die Lehren ihrer Kirche zu vertreten. Auch das kennen wir von beinahe allen anderen Glaubensrichtungen.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Under the Banner of Heaven»?
0 Stimmen

Besetzung: Andrew Garfield | Sam Worthington | Daisy Edgar-Jones | Denise Gough | Wyatt Russel | Billy Howle | Chloe Pirrie | Gil Birmingham | Rory Culkin
Serie entwickelt von: Dustin Lance Black
Genre: True-Crime | Historie
USA, 2022

Limitless (Staffel 1) – Gesünder leben (und sterben) mit Chris Hemsworth

Serienposter mit Schriftzug. Ein Mann in voller Laufbewegung rennt auf die Kamera zu.

Läuft bei: Disney+ (1 Staffel, 6 Episoden à 60 Min.)

Chris Hemsworth, bekannt als der nordische Gott Thor aus dem Marvel Cinematic Universe, begibt sich auf die Suche nicht nach dem ewigen, aber immerhin langen und gesunden Leben. Das allein tönt noch nicht wirklich reizvoll.

Mehr als Ernährungstipps und Fitnessübungen

Dann schaut man sich den Trailer von «Limitless» an und ist nicht nur von den tiefblauen Augen des australischen Schauspielers fasziniert (und seinem Oberkörper 😉). Hemsworth taucht in arktische Gewässer, klettert in atemberaubenden Höhen, stürmt in ein brennendes Gebäude. Das verspricht Action, nicht nur gesundbeterische Ernährungstipps und ein paar Fitnessübungen.

Zwei Menschen in Schutzanzügen und Atemmasken. Im Hintergrund lodern Flammen.
Stresstest im Feuerinferno. © National Geographic for Disney+ / Craig Parry

Hemsworth lässt sich auf ein paar ziemlich wahnwitzige Herausforderungen ein, die genüsslich inszeniert werden, teilweise ein bisschen überdramatisiert. Dahinter steckt Darren Aronofsky, der die Serie produziert hat und bekannt ist für seinen opulenten, etwas melodramatischen Stil in Filmen wie «Pi» oder «Black Swan».

Humor, Entschlossenheit und Zweifel

Man steigt vielleicht vor allem wegen des zu erwartenden Gaudis in die Serie ein. Aber man bleibt dabei, weil einem Hemsworth mit (australischem) Humor und seiner Entschlossenheit, mit der er die Aufgaben angeht, bei der Stange hält. Manchmal lässt er sogar eine verletzliche Seite durchscheinen. Wobei man nicht vergessen darf, dass der Mann von Beruf Schauspieler ist.

Was ebenso zum Sehvergnügen beiträgt, sind die Drehorte. Sie werden mit eindrucksvollen Aufnahmen in Szene gesetzt, wie man es von National Geographic gewohnt ist. Den Stresstest absolviert Hemsworth auf dem Dach von «Crown Sydney», dem höchsten Gebäude der Stadt. Auf einem schmalen Kransteg balanciert er 270 Meter über dem Hafen.

Ein schmaler Balken in grosser Höhe auf dem die Beine und Füsse eines balancierenden Menschen zu sehen sind.
Obwohl Hemsworth gesichert ist und Stressübungen hinter sich hat, ist sein Puls ziemlich hoch bei diesem Balanceakt. © National Geographic for Disney+
Expert:innen mit Hang zum Pathos

Mutmasslich auf den Lofoten schwimmt er im knapp 2° kalten arktischen Meer. Idyllische rote Häuser säumen den Hafen, es schneit, wenn Hemsworth ins eiskalte Nass taucht. Für eine zweitägige Wanderung ohne Hilfsmittel kehrt er nach Australien zurück ins Northern Territory. Das Nachtlager schlägt er in der Nähe eines wunderschönen Wasserfalls auf.

In jeder Episode erklären Expert:innen ausführlich, welche positiven Auswirkungen die Herausforderungen auf den Körper haben. Das ist oft mit etwas zu viel Pathos inszeniert. Ob die Wissenschaftlichkeit ihrer Aussagen bis ins Letzte standhält, müsste man verifizieren.

Eine Gondel schwebt hoch über Baumwipfeln. An einem langen Seil klettert ein Mann empor zur Gondel.
In den Blue Mountains hoch über den Baumwipfeln absolviert Hemsworth eine mörderische Kletterübung. © National Geographic for Disney+
Gesund leben? Gesund sterben!

Mit der Zeit bekommt man aber genug von der Predigt der Selbstoptimierung. Die Botschaft ist ein bisschen zu penetrant, dass jede:r alle Krankheiten besiegen kann, egal ob Krebs, Alzheimer oder Herzkreislauf, wenn er:sie sich nur anstrengt.

Umso versöhnlicher ist die letzte Episode, in der Hemsworth mit Altern, Sterben und Tod konfrontiert wird. Das Eingeständnis, dass auch das gesündeste Leben im Tod endet, holt den Optimierungswahn auf den Boden der Tatsachen zurück.

Hemsworth Begegnung mit dem Tod

In dieser Episode zeigt sich wohl am besten, was «Limitless» auszeichnet. Die Serie ist massentauglich und oft konventionell, wenn auch immer optisch herausragend inszeniert. Hin und wieder geht sie aber an die Grenzen dessen und ein bisschen darüber hinaus, was man üblicherweise in solchen Dokus vorgesetzt bekommt.

Ältere Menschen machen Turnübungen. Mitten drin ein Mann mit einem Anzug und Helm, Seile an Händen und Füssen.
Hemsworth probiert Aerobic in einem Anzug, der ihn die Anstrengungen spüren lässt, die ihn im Alter erwarten. © National Geographic for Disney+/Craig Parry

Zum Thema Tod spricht Hemsworth mit einer jungen Frau, bei der Krebs im Endstadium diagnostiziert wurde. Das ist tatsächlich berührend und man glaubt ihm, dass ihn diese Begegnung tief bewegt hat.

Noch überzeugender wäre es gewesen, wenn er in einem Sterbehospiz mit Menschen gesprochen hätte, die nur noch Tage zu leben haben. Aber das hätte die Grenze des Zumutbaren für ein Durchschnittspublikum wohl überschritten.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Limitless» Staffel 1?
1 Stimme

Besetzung: Chris Hemsworth | Elsa Pataky | Peter Attia | Ross Edgley | Aaron Grist | Luke Zocchi | Liam Hemsworth | Luke Hemsworth | India Rose Hemsworth
Serie entwickelt von: Darren Aronofsky | Ari Handel
Genre: Doku
USA / AUS / GB, 2022

Candy (Mini-Serie) – Ein Axt-Mord als Schrei nach Freiheit?

Serienposter mit Schriftzug. Porträt einer Frau. Sie trägt eine grosse Brille, auf dem rechten Brillenglas und ihrer Wange sind Blutspritzer.

Läuft bei: Disney+ (Mini-Serie, 5 Episoden à 50 Min.)

Irgendwo in Texas, am 13. Juni 1980: Die Hausfrau Candy Montgomery (Jessica Biel) bringt ihre Kinder und die Tochter eines befreundeten Paares zum Bibelunterricht. Sie lädt die Kinder ab und fährt weiter, um die Schwimmsachen für die Tochter abzuholen bei deren Mutter Betty Gore (Melanie Lynskey).

Ein brutaler Mord. Warum?

Kurz danach sitzt Candy im Auto mit nassen Haaren und einer blutenden Wunde am Kopf. Was in der Zwischenzeit geschehen ist, haben wir nicht gesehen. Aber wir beginnen es zu ahnen, als Allan Gore (Pablo Schreiber) vergeblich versucht, seine Frau telefonisch zu erreichen.

Eine Frau mit nassen Haaren sitzt am Steuer eines Autos.
Weshalb hat Candy (Jessica Biel) nasse Haare nach ihrem Besuch bei Betty? Die Frage bleibt nicht lange unbeantwortet. © Hulu / Disney+

Allen ist auf Geschäftsreise. Er bittet Nachbarn im Haus nachzuschauen. Diese finden Bettys Leiche, mit 41 Axthieben getötet. Man muss nicht lange rätseln, um zu wissen, wer Betty umgebracht hat. Die grosse Frage ist: warum?

Freundin und Geliebte des Ehemanns

Jetzt würde man eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Psyche der Mörderin dieses Verbrechens, das auf wahren Begebenheiten (Link beinhaltet Spoiler zum Gerichtsurteil) beruht, erwarten. Denn die Konstellation ist durchaus verzwickt.

Candy war gut befreundet mit Betty. Die beiden hatten sich in der Methodistischen Kirche kennengelernt. Gleichzeitig unterhielt Candy eine Affäre mit Bettys Mann Allen.

Zwei Frauen sitzen auf zwei Stühlen und lächeln sich freundlich an.
Betty Gore (Melanie Lynskey) und Candy Montgomery waren eigentlich gut befreundet. Denn Betty wusste nichts von Candys Affäre mit ihrem Mann. © Hulu / Disney+
Axthiebe als Befreiungsschläge?

Die Serie blendet nach dem Mord ein paar Jahre zurück und schildert, wie die Freundschaft mit Betty, aber vor allem wie die Affäre mit Allen zustande kam. Es sei ein «Schrei nach Freiheit» von Candy, die unter dem Zwang zur Konformität in dieser Kleinstadtatmosphäre gelitten habe, heisst es in der Ankündigung der Serie.

Nur: In der Serie ist dieser Druck nicht wirklich zu spüren. Ihre Affäre beginnt sie, nachdem eine gute Freundin sich von ihrem Mann getrennt hat und mit einem neuen Freund auftaucht. Das bringt Candy auf die Idee, ihr Sexleben auch etwas anzukurbeln.

Wie wärs mit einer Affäre?

Beinahe witzig ist, wie sie das Unterfangen angeht. Beim wöchentlichen Volleyballtraining inspiziert sie die Mitspieler. Sie entscheidet sich für Allen und setzt sich nach dem Training zu ihm ins Auto. Ohne grosse Umschweife fragt sie: Wie wärs mit einer Affäre? Candy gibt auch gleich die Regeln durch, damit die Affäre nicht auffliegt.

Als sie ihrer Freundin erzählt, dass sie sich einen Liebhaber genommen hat, klingt das nicht anders, als wenn sie ihr erzählen würde, dass sie sich ein neues Kleid gekauft hat. Ausbrechen aus Konventionen stellt man sich irgendwie anders vor.

Eine Frau in Sportkleidern dehnt ihr linkes Bein auf einer Zuschauertribüne. Sie blickt in Richtung eines Mannes, der auf der Tribüne sitzt.
Beim wöchentlichen Volleyballtraining fasst Candy den Entschluss, mit Allen eine Affäre einzugehen. © Hulu / Disney+
Seltsam spannungsarm bis zum Schluss

Spannung kommt auch nicht auf, wenn die Polizei ihr auf die Schliche kommt. Da Candy zugegebenermassen um die Tatzeit herum bei Betty war, wird sie schnell zur Hauptverdächtigen für Sheriff Deffibaugh (Justin Timberlake).

Selbst die Gerichtsverhandlung, bei der Candy Notwehr geltend macht, ist seltsam spannungsarm inszeniert. Am Schluss bietet «Candy» einen sehr distanzierten Blick auf einen durchaus verstörenden Mord mit viel 80er-Jahre Ambiente. Eine Aufarbeitung in irgendeiner Form findet nicht wirklich statt.

In einer der letzten Einstellungen steht das Mordopfer Betty im Gerichtssaal und fragt nach der Urteilsverkündung: «Das wars?» Eine berechtigte Frage.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Candy»?
0 Stimmen

Besetzung: Jessica Biel | Melanie Lynskey | Pablo Schreiber | Timothy Simmons | Raúl Esparza | Justin Timberlake | Jessie Mueller | Coley Campany | Sharon Conley
Serie entwickelt von: Nick Antosca | Robin Veith
Genre: True-Crime | Drama
USA, 2022

Andor (Staffel 1) – Wacht auf, Verdammte des Imperiums

Serienposter mit Schriftzug. Mehrere Menschen in Halbkörperporträts.

Läuft bei: Disney+ (1 Staffel, 12 Episoden à 45 Min.)

«Star Wars»-Fans können sich ja nicht beklagen, dass sie zu wenig Stoff bekommen. Vier neue Serien gab es auf Disney+ dieses Jahr zu sehen. «The Book of Boba Fett» und «Tales of the Jedi» (eine Animation, die lasse ich grundsätzlich aus) habe ich nicht gesehen. «Obi-Wan Kenobi» war enttäuschend.

Dreckig, grau und ohne Laserschwerter

Deshalb hatte ich keine besonders hohen Erwartungen an «Andor» – und wurde freudig überrascht. «Andor» ist untypisch für «Star Wars». Die Serie zeigt den Sternenkrieg zur Abwechslung ganz anders: dreckig, grau und fast ohne Glamour.

Keine Laserschwerter, keine Jedis, keine Weltraumschlachten. Dafür erleben wir den brutalen Apparat des Imperiums, der den kleinsten aufmüpfigen Mucks gnadenlos abstraft. Dazu die ersten, noch etwas zaghaften Versuche, den Schergen des Bösen Widerstand zu leisten.

Ein Mann läuft über einen Schrottplatz. Im Hintergrund ist ein Schweisser am Arbeiten.
In der Welt von Cassian Andor (Diego Luna) bekommt man Schwielen an den Händen von der harten Arbeit. © Lucasfilm / Disney+
Cassian Andors Weg zum Widerstand

Mitten drin ist Cassian Andor (Diego Luna). Ihn kennen wir bereits. Er wird fünf Jahre später die Pläne für den «Death Star» stehlen (in «Rogue One», 2016) und damit die Voraussetzungen schaffen für die Zerstörung des Todessterns durch Luke Skywalker (in «Star Wars – A New Hope», 1977).

Noch ist Cassian kein Rebell. «Andor» ist die Geschichte, wie er ein führendes Mitglied des Widerstands wird. Dazu gehört, wie er als Junge von seiner Schwester getrennt wurde und sein Heimatplanet Kenari durch das Imperium zerstört wurde. Es gab keine Überlebenden. Ein Ereignis, das seine Haltung zum System prägte.

Cassian hat die Hoffnung aber nicht aufgegeben, dass seine Schwester lebt. Die Suche nach ihr ist seine Mission zu Beginn von «Andor». Bei seinen Nachforschungen auf dem Industrieplaneten Morlana One gerät er an zwei Sicherheitsbeamte, die ihn ausnehmen wollen. Im Streit tötet er die beiden.

Ein Mann beugt sich herunter zu einem verbeulten, roten Droiden.
Verbeult und verlottert. Selbst die Droiden sind nicht so hochglanzpoliert wie sonst im «Star Wars»-Universum. © Lucasfilm / Disney+
Im Visier des imperialen Sicherheitsapparats

Cassian muss untertauchen. Dafür braucht er Geld, das er sich durch einen Schwarzmarkt-Deal beschaffen will. Seine Ex-Freundin Bix (Adria Arjona) vermittelt ihm einen Käufer.

Doch der Käufer, Luthen Real (Stellan Skarsgård), hat weniger Interesse am Geschäft als an Andor selber. Er will ihn anheuern für eine Mission. Andor soll mit einer Truppe von Luthens Leuten eine imperiale Basis überfallen. Denn Luthen braucht Geld für seine Pläne. Er will eine Widerstandsbewegung aufbauen.

Dieser erfolgreiche Überfall setzt den Sicherheitsapparat des Imperiums in Gang. Cassian und Luthen geraten ins Visier der knallharten Offizierin Dedra Meero (Denise Gough). Obwohl die beiden einen gemeinsamen Feind haben, sind sie deshalb noch lange nicht beste Freunde. Im Gegenteil.

Eine Frau in Uniform, weisser Mantel und schwarze Stiefel. Hinter ihr zwei Stormtrooper in schwarz.
ISB-Offizierin Dedra Meero (Denise Gough) lässt Cassians Freund:innen foltern, um zu erfahren, wo er ist. © Lucasfilm / Disney+
Keine «Macht» für die Bevölkerung

Das alles spielt sich in einer Welt ab, die wir selten zu sehen bekamen in «Star Wars». In einer grauen Industriestadt auf Ferrix, in der Cassian jetzt lebt, im Schrottlager, in dem Bix arbeitet, in einer riesigen Gefängnisanlage, in der die Inhaftierten Waffenteile produzieren (wofür, sieht man in einer Postcredit-Szene in der letzten Episode 😜). Es ist der Blick von unten, der «Andor» prägt, und das Imperium als brutal unterjochende Kolonialmacht zeigt.

Der Kampf ist völlig ungleich. Keine «Macht» hilft hier gegen die Blaster der Stormtrooper. Das zeigt sich in der ziemlich genialen Schlussepisode. Aus einer Beerdigungszeremonie wird eine Strassenschlacht der Bevölkerung gegen die imperialen Besetzer auf Ferrix. Es wird ein Gemetzel.

Eine Frau auf einem Empfang in einem Kleid mit einer goldenen Brosche.
Ein bisschen Glamour gibt es schon in «Andor». Im mondänen Coruscant versucht die Senatorin Mon Mothma (Genevieve O’Reilly) den Widerstand gegen Palpatine zu organisieren. © Lucasfilm / Disney+
Die Welt der Ausgebeuteten

«Andor»-Showrunner Tony Gilroy, der schon für «Rogue One» das Drehbuch schrieb, blickt anders auf das «Star Wars»-Universum. Er stellt nicht die Geschichte der Mächtigen und Auserkorenen in den Vordergrund, sondern die Welt der Unterdrückten und Ausgebeuteten.

Auch die Brutalität des Imperiums beschränkt sich nicht wie üblich auf einen ausgewählten Bösewicht. «Andor» beschreibt das als ein ausgeklügeltes System, in dem viele willig und mit Enthusiasmus daran arbeiten, ganze Planeten zu unterjochen. Die Parallele zum Faschismus, die offensichtlich ist nicht nur in den Uniformen, mag etwas stereotyp sein, aber sie passt.

Gilroys Ansatz gefällt mir deutlich mehr und funktioniert besser als die aufgewärmte Geschichte mit den üblichen Ingredienzen, wie sie Obi-Wan Kenobi zeigte. «Andor» bekommt noch eine zweite und letzte Staffel, die Cassians Weg bis zu den Ereignissen von «Rogue One» fertig erzählen wird. Darauf kann man sich freuen.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Andor» Staffel 1?
37 Stimmen

Besetzung: Diego Luna | Kyle Soller | Stellan Skarsgård | Genevieve O’Reilly | Denise Gough | Adria Arjona | Varada Sethu | Faye Marsay | Fiona Shaw | Ebon Moss-Bachrach | Alex Ferns
Serie entwickelt von: Tony Gilroy
Genre: Abenteuer | Action | Science-Fiction
USA, 2022

The Bear (Staffel 1) – Diese Küche ist die Hölle

Serienposter mit Schriftzug. Mehrere Menschen mit Küchenschürzen und -utensilien.

Läuft bei: Disney+ (1 Staffel, 8 Episoden à 30 Min.)

Habt ihr euch je überlegt, was in der Küche eines Restaurants abgeht, wenn ihr eure Bestellung aufgegeben habt? Nein? Dann solltet ihr «The Bear» schauen.

Schon beim Zuschauen bekommt man einen halben Herzinfarkt, wie die Köch:innen im «Original Beef»rumwuseln. Gemüse rüsten, Zwiebeln schneiden, Fleisch anbraten, Saucen anrühren, Teig kneten, alles in einem horrenden Tempo, auf engsten Raum, ohne Pause. Stress pur.

Das schwierige Erbe

Mitten drin steht Carmen «Carmy» Berzatto (Jeremy Allen White) und schreit die Kommandos. Er ist der Küchenchef, ihm gehört das «Original Beef» seit kurzem. Sein Bruder Mike (Jon Bernthal) hat ihm das Sandwich-Restaurant in Chicago vermacht.

Ein Mann steht am Herd, rührt in einem Topf und schreit.
Unter Dauerstress: Carmy (Jeremy Allen White) verliert darob schon mal die Nerven und schreit lauter als nötig durch die Küche. © FX / Disney+

Carmy tritt ein schwieriges Erbe an. Auf dem Restaurant lasten Schulden, die Geräte sind verlottert und die Küchencrew misstraut ihrem neuen Chef. Nicht nur deshalb verflucht Carmy seinen Bruder zwischendurch. Er kommt vor allem nicht darüber hinweg, dass sich Mike das Leben genommen hat.

Verrat an der Tradition oder Konkurs

Kommt noch hinzu, dass Carmy vielleicht nicht der geeignetste Küchenchef für den Laden ist, weil völlig überqualifiziert. Er war Küchenchef im besten Restaurant in New York (oder wie das in der Ami-Weltsicht heisst: im besten Restaurant der Welt 😒) und ist mehrfach ausgezeichnet.

Nun will er das «Original Beef» zwar nicht zum Gourmettempel umbauen, aber effizienter organisieren, so dass nicht täglich der Konkurs droht. Richie (Ebon Moss-Bachrach), der beste Freund von Carmys Bruder und so was wie dessen rechte Hand, stellt sich völlig quer. Jede Neuerung empfindet er als Verrat an Mike und der Tradition des Restaurants.

Ein Mann steht vor der Fritteuse mit einem Gitter Pommes Frites in der Hand.
Richie (Ebon Moss-Bachrach) will nichts wissen von Veränderungen im «Original Beef» und entwickelt sich zum ausgewachsenen Unsympathling. © FX / Disney+
Intensiv und hochgetaktet bis an die Grenzen

Unterstützung bekommt Carmy dafür von Sidney (Ayo Edebiri). Er hat sie neu als Sous-Chefin eingestellt. Sie ist die einzige, die versteht, was Carmy will, als er sie damit beauftragt, die Küche als «French Brigade» zu organisieren.

Doch Carmy und das «Original Beef» kommen nur langsam vom Fleck, sowohl in der Küche wie bei der Aufarbeitung seiner Familiengeschichte. Das schildert «The Bear» in einer unglaublichen Intensität. Die Serie ist extrem hochgetaktet und geht fast an die Grenze des Zumutbaren. Nur selten gewährt «The Bear» ein paar ruhigere Momente bei einer Zigarettenpause im Hinterhof.

Ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann

Glaubt man, die Hektik am Herd sei schon maximal überhitzt, folgt die nächste Katastrophe. Da brennt der Herd, Torten fliegen durch die Luft oder Carmy explodiert unter Überdruck wie ein Dampfkochtopf und legt den Küchenbetrieb beinahe lahm, weil er alle nur noch anschreit. Die Serie erzeugt mit solchen Szenen einen überraschenden Sog, dem man sich schwer entziehen kann.

Eine Frau steht am Herd vor einer Pfanne.
Ohne Sydney (Ayo Edebiri) wäre Carmy völlig aufgeschmissen. Aber er schafft es dennoch, sich mit ihr zu überwerfen. © FX / Disney+

Gebannt schaut man zu, wie alle im «Original Beef» herumrennen und sich dabei doch nur wie im Hamsterrad drehen und kaum vom Fleck kommen. Dabei würde man es ihnen gönnen, wenn ihrem Engagement für den Laden endlich ein wenig Erfolg beschieden wäre.

Es braucht ein Wunder

Der Erfolg stellt sich ganz langsam ein. Die Köch:innen passen sich Schritt für Schritt an Carmys System an. Die Zerwürfnisse untereinander werden –einigermassen – geklärt. Carmy findet einen Weg, mit dem Suizid seines Bruders umzugehen.

Aber es braucht ein grosses Wunder, damit die Welt im «Original Beef» nicht doch noch zusammenbricht. Und Wunder geschehen ja immer wieder.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «The Bear» Staffel 1?
0 Stimmen

Besetzung: Jeremy Allen White | Ebon Moss-Bachrach | Ayo Edebiri | Lionel Boyce | Liza Colón-Zayas | Edwin Lee Gibson | Corey Hendrix | Abby Elliott | Jon Bernthal
Serie entwickelt von: Christopher Storer
Genre: Drama | Komödie
USA, 2022

The Good Fight (Staffel 6) – Die ultimative Serie der Trump-Ära sagt Goodbye

Serienposter mit Schriftzug. Zwei Frauen. Eine Frau im roten Mantel und Sonnenbrille hält eine Sonnenblume in der Hand.

Läuft bei: Paramount+ / Disney+ (Staffel 1-5, 50 Episoden à 45 Min.) / Amazon (Staffel 1-3)

The Good Fight (Staffel 5) – Covid, Cancel Culture und der Sturm aufs Kapitol

Diese Besprechung enthält Spoiler

So wie sie begann, endet die Serie: mit Donald Trump. In der ersten Episode von «The Good Fight» verfolgte Diane Lockhart (Christine Baranski) ungläubig, wie der Popanz mit orangen Haaren als US-Präsident vereidigt wird.

Die Serie, die den Niedergang der USA begleitete

Fünf Jahre später blicken Diane und Liz Reddick (Audra McDonald) entsetzt auf einen Fernsehschirm. Trump steht am Rednerpult. Er verkündet seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen 2024 und feiert das mit lächerlichen Tanzbewegungen. Im Abspann fliegt der Fernsehbildschirm, der das Ereignis zeigt, in die Luft.

Zwei Frauen mit entsetzem Blick und offenem Mund.
«The End of Everything» heisst die letzte Episode, in der Trump zum Entsetzen von Diane (Christine Baranski) und Liz (Audra McDonald) verkündet, dass er wieder Präsident werden will. © Paramount+

Kein Happy End. Optimismus ist in den USA fehl am Platz. Das Land hat einen Niedergang erlebt, den das Showrunner-Paar Michelle und Robert King kontinuierlich in ihre Serie eingewoben hat.

Chaos und Gewalt auf den Strassen

Polizeigewalt gegen Schwarze, Putins Einflussnahme auf die Wahlen, Fake News, das Versagen in der Covid-Krise, der Sturm aufs Kapitol – all diese Themen und viele mehr tauchten in der Serie auf. «The Good Fight» ist eine der wenigen, wenn nicht die einzige Serie, die festhielt, wie die USA unter Trump zerfielen.

Die letzten beiden Staffel spielten zwar in der Ära Biden. Das war für die Serie aber kein Anlass, die Tonalität zu wechseln. Im Gegenteil. In der sechsten und finalen Staffel herrscht Gewalt auf der Strasse. «White Supremacy»-Aktivist:innen marschieren auf und skandieren «You will not replace us».

Eine Frau kniet am Boden. Im Hintergrund aufgebrachte Protestierende und Polizisten.
Der neue Alltag: Auf dem Weg ins Büro muss sich Diane durch den Protestzug von Rassisten durchkämpfen. © Paramount+
Selbstjustiz, weil das System versagt

Die Protagonist:innen der Serie nehmen das seltsam gelassen zur Kenntnis. Es scheint, als gehöre dieses Bild für sie schon zum Alltag in den USA. Erst als die Anwaltskanzlei durch Scharfschützen beschossen wird, wird ihnen langsam mulmig.

Die Gewalt der Rassisten sorgt auch auf der Gegenseite für eine härtere Gangart. Jay (Nyambi Nyambi), der Ermittler der Anwaltskanzlei, kommt in Kontakt mit einer Gruppierung von Schwarzen, die sich «The Collective» nennt.

Ein Mann und eine Frau sitzen auf zwei Stühlen und unterhalten sich.
Jay (Nyambi Nyambi) will für Renetta (Phylicia Rashad) arbeiten, die «The Collective» anführt. © Paramount+

Die Untergrundtruppe verfolgt Rassisten, sperrt sie ein und deportiert sie in die Antarktis – ohne rechtskräftige Urteile. Als Legitimation für diese Selbstjustiz führen sie das Versagen des Rechtsstaates an. Jay wird sich ihnen anschliessen. Er wolle etwas verändern, sagt er. Die Arbeit der Anwaltskanzlei bewirke nichts.

Ein Fünkchen Hoffnung

Auch Diane zweifelt an ihrem Job. Sie fühle sich wie in einem Hamsterrad, sagt sie. Alles, was in den letzten 50 Jahren an Fortschritt erreicht wurde, müsse man wieder neu erkämpfen. Als Beispiel führt sie den Entscheid des Obersten Gerichts zur Abtreibungsfrage an.

So ganz defätistisch mag die Serie dann doch nicht enden. Ein bisschen Hoffnung lässt sie aufkeimen. Marissa (Sarah Steele) heiratet. Carmen Moyo (Charmaine Bingwa) will Jay nicht in den Untergrund folgen, sondern legal weiterkämpfen.

Zwei junge Frauen sitzen auf einer Treppe in einem Büro.
Carmen (Charmaine Bingwa) und Marissa (Sarah Steele) werden getrennte Wege gehen. © Paramount+
Eine Anwaltsserie als Zeitdokument

Auch Diane schmeisst vielleicht nicht alles hin. Es tut sich ein Türchen auf für einen neuen Job in Washington. Sie könnte die Führung einer reinen Frauenanwaltsfirma übernehmen. Ob sie die Kraft findet, weiterzumachen, bleibt allerdings offen.

Aber eben: All das ist überschattet von Trumps Ankündigung, dass er wieder Präsident werden will. Als Mahnung steht im Abspann «This all happened». Was unterstreicht, dass die Serie sich selber bei aller Fiktion auch als Zeitdokument versteht. Das kann man gelten lassen.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «The Good Fight» Staffel 6?
4 Stimmen

Besetzung: Christine Baranski | Audra McDonald | Sarah Steele | Nyambi Nyambi | Michael Boatman | Charmaine Bingwa | Andre Braugher | John Slattery | Alan Cumming | Gary Cole
Serie entwickelt von: Robert King | Michelle King | Phil Alden Robinson
Genre: Krimi | Drama
USA, 2022

She-Hulk: Attorney at Law (Staffel 1) – Mehr als nur eine weitere Marvel-Serie in Grün

Serienposter. Eine Frau sitzt auf einer Parkbank. Die Banklehne ist ein Werbeplakat für She-Hulk. Schriftzug der Serie.

Läuft bei: Disney+ (1 Staffeln, 9 Episoden à 30 Min.)

«She-Hulk» bezieht kräftig Prügel. Nicht die Superheldin, das wäre bei ihrer übermenschlichen Stärke ein Witz. Nein, die Serie. Auf «Rotten Tomatoes» finden sich zuhauf vernichtende Kommentare wie «Worst Marvel series ever» oder «What a waste of time».

Marvel mal etwas anders

Könnte sein, dass es sich dabei vor allem um eingefleischte Marvel-Fans handelt. Wie jener User, der der Serie einen halben Stern gibt, weil seine Frau nichts mit Marvel am Hut hat, aber «She-Hulk» mochte: «My wife liked it and never watched or liked any of the other Marvel movies.»

Eine Frau im blauen Kleid mit weissen Punkten, lange schwarze Haare und grünliche Haut steht auf einem Weg umrahmt von kleinen Bäumen.
She-Hulk (Tatiana Maslany) scheint unter den eingefleischten Marvel-Fans wenig Freude zu verbreiten. © Marvel

Wer von der jüngsten Marvel-Heldin erwartet, dass sie ähnlich daherkommt wie «Hawkeye» oder «Loki», wird wohl tatsächlich enttäuscht. «She-Hulk» ist anders, aber sicher nicht schlechter.

Selbstbestimmt trotz Chauvi-Umfeld

«She-Hulk» ist eine Komödie, eine Anwaltsserie und die Geschichte einer Frau, die sowohl in ihrer normalen Gestalt als auch als Superheldin selbstbestimmt ihren Weg gehen will. Das in einem Umfeld, in dem Chauvis den Ton angeben und sogar ein paar Typen gegen sie konspirieren.

Jennifer Walters (Tatiana Maslany) macht auch ihrem Cousin Bruce Banner (Mark Ruffalo) klar, dass sie keine Lust auf Mansplaining hat. Nachdem sie bei einem Unfall mit dem Blut ihres Cousins in Kontakt gekommen ist, erhält sie ebenfalls Hulk-Fähigkeiten.

Frauen – Expertinnen in Wutkontrolle

Banner / Smart Hulk will sie danach in Wutkontrolle unterweisen. Worauf Jen ihn unterweist, dass sie wie alle Frauen unendlich erfahrener darin sei als er, ihre Wut zu kontrollieren: «When I’m catcalled in the street. When incompetent men explain my own area of expertise to me.» Denn sonst werde sie als emotional oder schwierig abgekanzelt oder vielleicht auch umgebracht.

Muskulöser Mann und Frau mit grünlicher Haut. Sie wirft einen riesigen Felsblock.
Mit seinem Kurs über Wutkontrolle gerät Smart Hulk (Mark Ruffalo) bei She-Hulk an die Falsche. © Marvel

Jen / She-Hulk ist definitiv nicht die herkömmliche Marvel-Superheldin. Diese Rolle lehnt sie unmissverständlich ab. Sie will zurück in ihr normales Leben als Staatsanwältin. Das klappt natürlich nicht wie gewünscht.

Besucher aus der Marvel-Welt

Sie muss sich in She-Hulk verwandeln, als eine Influencerin mit Superkräften in den Gerichtssaal stürmt. Das katapultiert sie umgehend ins Scheinwerferlicht, was ihr Chef gar nicht toll findet und sie feuert.

Schon bald erhält Jen aber ein neues Jobangebot. Selbstverständlich nicht, weil sie eine gute Anwältin ist. Eine Kanzlei will She-Hulk als Leiterin der Abteilung für Supermenschen. Das bedeutet, dass Jen als Hulk im Büro erscheinen muss.

Ab jetzt schlägt sie sich bei der Arbeit mit Figuren rum, die wir zum Teil aus der Marvel-Welt kennen. Emil Blonsky aka Abomination (Tim Roth), Wong (Benedict Wong) oder gegen Ende – zu meiner grossen Freude – Matt Murdock aka Daredevil (Charlie Cox) tauchen auf. Das seien jetzt aber nicht nur die üblichen Marvel-Helden-Pop-Ups, verspricht Jen direkt in die Kamera. Es sei ja ihre Show.

Ein Mann in einen roten Kostüm. Kleine Teufelhörner auf dem Kopf. Die Maske bedeckt Augen und Nase. Neben ihm eine Frau in leichter Unschärfe.
Endlich wieder da: Matt Murdock als Daredevil (Charlie Cox). Er kämpft zuerst gegen und dann mit Jen Walters. © Marvel
Kevin Feiges beinahe Cameo

Das unterstreicht sie, als sie in der letzten Episode völlig unzufrieden ist mit dem Staffelende. Wütend stürmt sie in die Marvel Studios und verlangt ein Gespräch mit Kevin. Wer jetzt auf einen Auftritt von Kevin Feige, dem Herrscher über das Marvel-Universum hofft, wird enttäuscht. Dafür gibt’s eine selbstironische Auseinandersetzung mit den Mechanismen von Marvel-Geschichten.

Diese Metaebene, noch häufiger im regelmässigen Bruch der vierten Wand eingesetzt, macht einen Teil des Humors von «She-Hulk» aus. Vor allem aber lebt die Serie von amüsanten Situationen, in denen sich die Superheldin wiederfindet.

Tatiana Maslany hat offensichtlich Spass an der Rolle

Sei das beim Dating, wo sie den muskulösen Mann auf den Arm nimmt und aufs Bett wirft. Oder bei der Arbeit, wo ein abstruser Möchtegern-Superheld namens Leap-Frog den Hersteller seines Superheldenkostüms verklagt. Oder wenn ihre Gegenspielerin Titania (Jameela Jamil) ihr das Markenrecht am Namen She-Hulk wegschnappt.

Im Innern eines Holzgebäudes. Fünf Personen sitzen im Kreis. Eine trägt eine Art Stachelschweinkostüm.
Auch eine Gruppentherapie mit ausgefallenen Teilnehmern steht für She-Hulk auf dem Programm. © Marvel

Nicht zuletzt verdankt «She-Hulk» einen grossen Teil seines Unterhaltungswertes Tatiana Maslany, die ihr Können schon in «Orphan Black» unter Beweis stellte, wo sie 17 verschiedene Figuren spielte. Ihr scheint die Rolle unbändigen Spass zu bereiten und das schwappt auf die Zuschauer:innen über.

Perfekt? Nein. Aber besser als andere Marvel-Serien

«She-Hulk» haut einen nicht komplett vom Hocker. Die CGI könnte noch einiges besser sein und nicht jeder Dialogwitz sitzt. Aber hundertmal lieber dieser emanzipatorisch eingefärbte, selbstironische Genremix als die x-te Auflage einer Weltretter:innen-Figur aus irgendeiner Mythologie (wie etwa «Moon Knight»).

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «She-Hulk: Attorney at Law» Staffel 1?
64 Stimmen

Besetzung: Tatiana Maslany | Ginger Gonzaga | Malia Arrayah | Steve Coulter | Jameela Jamil | Tim Roth | Mark Ruffalo | Benedict Wong | Renée Elise Goldsberry | Charlie Cox
Serie entwickelt von: Jessica Gao
Genre: Superhelden | Komödie
USA, 2022

1 2 3