Davos 1917 (Staffel 1) – Spionagethriller im Kurhotel

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Serienposter mit Schriftzug. Eine Krankenschwester vor verschneiter Bergkulisse. © SRF/Patricia Neligan
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Play Suisse / ARD Mediathek (1 Staffel, 6 Episoden à 45 Min.)

Einen Superlativ hatte «Davos 1917» von Anfang an auf sicher: die teuerste SRF-Serie aller Zeiten. 18 Millionen hat sie gekostet. Allerdings hätte sich SRF das alleine nie leisten können. Deshalb holte man die ARD mit ins Boot.

Darum geht es in «Davos 1917»

Die Krankenschwester Johanna Gabathuler (Dominique Devenport) kehrt von einem Rotkreuz-Einsatz zurück. Sie ist von einem deutschen Soldaten schwanger, der zurück an die Front musste und nicht zurückkam.

Ihr Vater (Hanspeter Müller-Drossaart) nimmt ihr das Kind nach der Geburt weg. Er hat andere Pläne. Johanna soll einen reichen Politiker heiraten, mit dessen Geld das familieneigene Curhaus Cronwald saniert werden soll.

Eine maskierte Frau im roten Kleid neben einem bärtigen Mann in Anzug mit Fliege.
Verlobt, aber sicher nicht verliebt. Johanna (Dominique Devenport)) und Grossrat Thanner (Sven Schelker). Copyright: SRF/Pascal Mora

Spione aus aller Welt

Johanna arbeitet im Curhaus, in dem sich nicht nur reiche Tuberkulosekranke behandeln lassen. Spione aller Kriegsnationen haben sich unter die Gäste gemischt.

Darunter auch die Gräfin Ilse Von Hausner (Jeanette Hain). Sie rekrutiert Johanna als Spionin für die Deutschen, indem sie ihr verspricht, dass sie Johanna verrät, wo ihr Vater ihre Tochter hingebracht hat.

Ziel von Johannas Spionagetätigkeit ist der englische General Taylor (Cornelius Obonya), der einen Waffendeal plant, der den Kriegsverlauf radikal verändern würde.

Eine Krankenschwester in weiss und eine Frau in einem schwarzen Mantel und Hut auf der Terrasse eines Sanatoriums.
Johanna (Dominique Devenport) arbeitet nicht nur als Krankenschwester für die Gräfin (Jeanette Hain). © SRF/Pascal Mora

Der nette Doktor steht auf der Gegenseite

Das ist allerdings erst der Anfang der internationalen Intrigen, die sich im Lungensanatorium abspielen. Da taucht Lenin auf, dessen Revolution die Deutschen unterstützen wollen, und auch belgische Kolonialverbrechen im Kongo spielen eine Rolle.

Vor allem ist der nette Dr. Mangold (David Kross), den Johanna viel mehr mag als ihren unsäglichen Verlobten, nicht nur Arzt, sondern auch als Spion unterwegs – auf der Gegenseite.

Wenn so viel Geld im Spiel ist, schauen die Schweizer Medien umso genauer hin, ob die «Zwangsgebühren» der SRG gut investiert wurden. Denn Unterhaltung, so das ewige Credo der Schweizer Verlagshäuser, könnten die Privaten ja genauso gut machen.

Nun ja, bevor Wanner-TV (d.h. CH-Media), der mit seinen X+-Sendern als einziger Schweizer Privatanbieter im Fernsehsektor aktiv ist, auch nur annähernd was in dieser Liga auf die Reihe bekommt, werden wir noch Dutzende Staffeln «Bachelor» und «Bauer, ledig, sucht» über uns ergehen lassen müssen.

Für den internationalen Markt konzipiert

Denn «Davos 1917» überzeugt und wird seinen eigenen Ansprüchen gerecht. Diese hört und liest man aus allen Interviews (bspw. hier auf SRF mit Autor Adrien Illien) mit den Macher:innen heraus: Eine Serie zu produzieren, die auf einer internationalen Streamingplattform funktionieren könnte.

Gleichzeitig muss sie aber viel Swissness ausstrahlen. Schliesslich soll sie dem einheimischen Publikum gefallen und den SRG-Gegner:innen keine Angriffsflächen bieten.

Eine Krankenschwester in weisser, blutverschmierter Kleidung und einer Arzttasche in einem Gang.
Spionage ist ein blutiges Geschäft, wie Johanna (Dominique Devenport) schnell merkt. © SRF/Pascal Mora

Alleine dafür, dass das alles gelungen ist, verdient «Davos 1917» viel Lob. Was ist Schweizerischer als Schnee und Berge und ein Kurhotel mit einem jammernden Direktor? Zudem spielt alles an einem Ort, den Thomas Mann mit seinem «Zauberberg» weltweit bekannt gemacht hat.

Der Erste Weltkrieg in der neutralen Schweiz

Das zeitliche Setting während des Ersten Weltkriegs und die Verknüpfung mit der Schweiz als Drehscheibe für Spione, die mit Informationen und Kriegsgütern handeln, sorgt für den nötigen Thrill. Zudem lässt sich die Geschichte auch als Auseinandersetzung mit der Schweizer Neutralität lesen, die gerade wieder verhandelt wird, und so als aktueller Zeitbezug gelten kann.

Ein Mann grüsst eine Frau, die einen kleinen Hund auf den Armen hält. Sie tragen beide Wintermäntel.
Im Curhaus zu Gast: der englische General (Cornelius Obonya) und die russische Adlige (Sunnyi Melles). © SRF/Pascal Mora

Liebes- und Lebensdramen bietet die Serie logischerweise auch, wie sie ebenso dem Zeitgeist entsprechend nicht etwa einen traumatisierten Soldaten in den Vordergrund stellt (den gibt’s zwar auch), sondern zwei überzeugende Frauenfiguren.

Das mag jetzt ein wenig so tönen, als sei das Drehbuch anhand einer Checkliste geschrieben worden und aus dem Baukasten konstruiert. So kommt das aber auf dem Bildschirm überhaupt nicht rüber (auch wenn ich überzeugt bin, dass jemand die Checkliste geführt hat 😉).

Überzeugende Figuren, opulente Inszenierung

Im Gegenteil: Die Figuren überzeugen und wirken nie klischiert. Das ist sicherlich auch dem erstklassigen Cast zu verdanken. Die Handlung ist stringent und ohne Durchhänger.

Und in der Inszenierung sieht man, wohin ein beachtlicher Teil des Geldes geflossen ist. Von den Kulissen bis zu den Kostümen erfüllt «Davos 1917» die Erwartungen an eine hochwertige Produktion.

Ein Mann zielt mit einer Waffe auf eine Frau in Krankenschwesteruniform. Sie stehen im Tiefschnee.
In Kriegszeiten hat die Liebe keinen Platz, wie Dr. Mangold (David Kross) feststellen muss. © SRF/Pascal Mora

Da verzeiht man auch, dass die durch den Schnee galoppierenden Pferde ein paar Mal zu oft zu sehen sind. Das ist die lässliche Schwäche der Serie. Stärker fällt ins Gewicht, dass «Davos 1917» etwas zu stromlinienförmig daherkommt und jegliches Wagnis scheut.

Ein bisschen mehr «Babylon Berlin» täte gut

Es hätte nicht geschadet, man hätte sich an der deutschsprachigen Serie orientiert, die nur ein paar Jahre später spielt: «Babylon Berlin». Da geht es zwischendurch rauer und brutaler zu. Die Serie mutet den Zuschauer:innen optisch wie inhaltlich mehr zu.

Aber vielleicht kommt das noch. «Davos 1917» ist auf mehrere Staffeln angelegt. Nicht nur, dass ein Teil einer allfälligen zweiten Staffel teilweise in Berlin spielen könnte, böte dann den Macher:innen die Möglichkeit, einen Zacken zuzulegen. Dass sie ihr Handwerk beherrschen, haben sie bewiesen. Jetzt dürfen sie kreativer werden.

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Besetzung: Dominique Devenport | Jeanette Hain | David Kross | Anna Schinz | Hanspeter Müller-Drossaart | Casper Kaeser | Sunnyi Melles | Sven Schelker | Cornelius Obonya
Autor: Adrian Illien
Genre: Historie | Drama | Thriller
CH, 2023

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