Läuft bei: Prime Video (1 Staffel, 8 Episoden à 60 Min.)
Jahrelang garantierten Verfilmungen von Computergames schlechte bis bestenfalls mittelmässige Unterhaltung. Das hat sich geändert. Nicht erst seit «The Last of Us», die Serie, die letztes Jahr für Furore sorgte. Für mich begann die Wende schon 2019 mit «The Witcher» und dem unwiderstehlichen Henry Cavill als Geralt von Riva.
«Fallout» setzt die Serie der gelungenen Gameumsetzungen fort. Etwas überraschend, denn im Gegensatz zu «The Last of Us», das sich durch einen fast schon poetischen Roadmovie-Unterton auszeichnet, ist «Fallout» ein eher konventionelles Postapokalypse-Game.
Anklänge an «Westworld»
Diese Welt nach der nuklearen Katastrophe – und auch jene davor – inszeniert die Serie aber ungemein stimmungsvoll. Dass man sich dabei manchmal an «Westworld» erinnert fühlt, kommt nicht von ungefähr. Jonathan Nolan und Lisa Joy, die «Westworld» entwickelt haben, fungieren auch hier als Produzenten. Zudem hat Nolan bei den drei ersten Episoden Regie geführt.
«Fallout» beginnt 2077. Obwohl wir einige Jahrzehnte in der Zukunft sind, fühlt man sich in die 1950er-Jahre zurückversetzt. Frauen tragen adrette Röcke, Männer Flanellhosen und Poloshirts. Im Wohnzimmer steht ein Schwarzweiss-Röhrenfernseher und auf dem Parkplatz ein Oldtimer-Cabrio.
Kinderüberraschung der nuklearen Sorte
Diese Einbettung in die Ära des Kalten Kriegs ist nicht zufällig. An einem Kindergeburtstag schauen ein paar Erwachsene die Nachrichten, in denen von der drohenden Gefahr eines atomaren Kriegs die Rede ist.
Als Attraktion für die Kinder tritt der einstmals berühmte Cowboydarsteller Cooper Howard (Walton Goggins) auf. Als der Geburtstagskuchen serviert wird, steigen am Horizont über Los Angeles Atompilze in den Himmel.
219 Jahre später lebt ein Teil der Bevölkerung in unterirdischen Bunkern. Die sogenannten Vaults wurden vor dem Atomkrieg gebaut und boten jenen Zuflucht vor dem Strahlentod, die sich einen der Plätze teuer erkauft hatten.
Das Massaker im Bunker
Lucy (Ella Purnell) ist im Vault 33 zur Welt gekommen und hat wie alle Vault-Bewohner:innen den Bunker nie verlassen. Es steht der grosse Tag bevor, an dem sie heiratet. Um Inzucht zu vermeiden, kommt der Zukünftige aus dem Nachbarbunker, zu dem man üblicherweise nur per Funk Kontakt hat.
Das Fest wird aber zum Gemetzel. Die Besucher sind nicht die erwarteten netten Nachbarn, sondern Plünderer von der Oberfläche. Die Anführerin (Sarita Choudhury) verschwindet zwar wieder mit ihrer Bande, entführt aber Lucys Vater Hank (Kyle MacLachlan).
Vom Naivling zur Überlebenskämpferin
Lucy beschliesst gegen den ausdrücklichen Befehl der Vault-Aufseher:innen, an die Oberfläche zu gehen, um ihren Vater zu befreien. Das Vorhaben erweist als schwieriger als gedacht. Denn die wohlerzogene und sittsame Lucy ist schlecht vorbereitet auf die Welt da draussen, wo das Gesetz des Stärkeren herrscht und an jeder Ecke mutierte Viecher lauern.
Doch Lucy geht ihren Weg und wandelt sich von der naiven Vault-Bewohnerin zur Überlebenskämpferin. Sie freundet sich mit Maximus (Aaron Moten) an, einem Knappen der «Brotherhood of Steel», die als eine Art moderner Ritterorden für Ordnung im atomaren Ödland sorgt.
Sie macht Bekanntschaft mit einem Wissenschaftler, hinter dessen Erfindung alle her sind. Auch Cooper, der Cowboy von der Kinderparty, taucht wieder auf. Er wurde bei der Atomkatastrophe zu einem Ghoul und lebt deshalb 200 Jahre später immer noch. Er schlägt sich in bester Westernmanier als Pistolenheld und Kopfgeldjäger durch.
Viel Blut aber noch mehr Witz und Humor
«Fallout» gefällt vor allem deshalb, weil die Serie ihre Geschichte nicht eintönig als düstere Gewaltorgie erzählt. Es fliesst zwar viel Blut und es fehlt nicht an weggeschossenen oder abgetrennten Körperteilen.
Sie bedient sich aber auch an Stilmitteln des Westerns und parodiert den Ritterfilm. Sie arbeitet mit der Ästhetik der Fernsehwerbung aus den 50ern und auch der Soundtrack stammt aus dieser Zeit.
Der grösste Pluspunkt der Serie ist allerdings der Humor. «Fallout» ist höchst amüsant mit einer Unmenge an skurrilen Figuren und grotesken Abenteuern, die die Protagonist:innen bestehen müssen.
Zweite Staffel schon bestätigt
Da noch lange nicht alle Rätsel gelöst sind, wie die Welt im Bunkeruntergrund und an der Oberfläche zu der wurde, die sie jetzt ist, gibt es genug Stoff für eine Fortsetzung.
Doch dürften vor allem die positive Resonanz beim (Gamer)-Publikum und der Kritik dafür gesorgt haben, dass Amazon Studios die zweite Staffel bereits bestätigt hat.
Besetzung: Ella Purnell | Aaron Moten | Walton Goggins | Moises Arias | Leslie Uggams | Zach Cherry | Sarita Choudhury | Kyle MacLachlan | Frances Turner
Serie entwickelt von: Geneva Robertson-Dworet | Graham Wagner
Genre: Action | Abenteuer | Science-Fiction
USA, 2024
Schreibe einen Kommentar