Fleishman Is in Trouble (Mini-Serie) – Langfädiges Lamento über die verlorene Jugend

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Serienposter mit Schriftzug. Zwei gezeichnete Frauenköpfe, ein Reissverschluss, dessen Zipper ein Mann in weissem Arztkittel ist.
2 von 5 Sternen

Läuft bei: Disney+ (8 Episoden à 50 Min.)

New York, jüdische Oberschicht, Akademiker, alle ein bisschen neurotisch und in der Midlife-Crisis. Kommt das bekannt vor? Genau: Es ist Woody Allens Milieu, das er in Filmen wie «Annie Hall» oder «Manhattan» Ende der 1970er-Jahre zelebriert hat.

Neurotische New Yorker

Gut 40 Jahre später kommt «Fleishman Is in Trouble». An allen Ecken und Enden erinnert die Serie an den mittlerweile in Verruf geratenen Regisseur. Sogar der erste Satz der Serie wirkt stark von Allen inspiriert: «Toby Fleishman awoke one morning inside the city he’d lived in all his adult live.» «Manhattan» begann so: «New York was his town, and it always would be.»

Dieser Toby Fleishman (Jesse Eisenberg) verströmt aus jeder Pore den neurotischen, jüdischen New Yorker, wie ihn Allen immer wieder zeichnete. Toby sieht ziemlich nerdig aus und sollte mal den Friseur wechseln. Er spricht im Takt eines Schnellfeuergewehrs und nur über sich.

Ein Mann blickt aus dem Fenster. Es ist Nacht und es regnet.
Toby Fleishman (Jesse Eisenberg) entdeckt die düsteren Seiten, die das Leben bereit hält, wenn man endgültig erwachsen geworden ist. © FX / Disney+
Wie ein Film von Woody Allen – ohne Humor und Selbstironie

Dass einem «Fleishman Is in Trouble» ein Déjà-vu beschert, ist an und für sich kein Problem. Eher etwas erstaunlich, dass eine heutige Serie sich ausschliesslich diesem Milieu widmet und sich anfühlt wie eine Sitzung beim Psychotherapeuten, ganz wie damals bei Woody Allen. Aber dieses Setting wird mit der Zeit zum Problem, weil im Gegensatz zu Allens Filmen der Serie jeglicher Humor und Selbstironie abgeht.

Toby leidet nur. Er ist seit einiger Zeit von seiner Frau Rachel (Claire Danes) geschieden. Jetzt wälzt er in seinen Gehirnwindungen nur immer diesen einen Gedanken: Wie konnte es so weit kommen?

Eine Frau sitzt an einem Bürotisch.
Tobys Frau Rachel (Claire Danes) verschwindet spurlos. Das Geheimnis dahinter wird irgendwann aufgelöst und dann denkt man sich achselzuckend: Shit happens. © FX / Disney+
Fleishman hat die Kinder am Hals

Die Lage eskaliert, als Rachel eines Nachts die beiden Kinder bei ihm ablädt und danach von der Bildfläche verschwindet. Jetzt muss sich Toby zusätzlich mit seinem Sohn und seiner schon sehr klassenbewussten Tochter rumschlagen. Sein Apartment genügt ihren Ansprüchen überhaupt nicht und Busfahren empfindet sie als Zumutung.

Seinen ganzen Frust und Ärger lädt Toby bei Libby (Lizzy Caplan) und Seth (Adam Brody) ab, seinen besten Freunden aus der Collegezeit. Die haben zwar auch ihre Krisen, doch kommen sie kaum zu Wort, da Toby sie dauernd zudröhnt.

Ein Mann und zwei Kinder auf der Strasse.
Natürlich liebt der Vater seine Kinder. Aber irgendwie sind sie auch lästig, wenn man sich selbst gerade sehr leidtut. © FX / Disney+
Nicht die Welt, nur noch der Hund liegt einem zu Füssen

Allerdings ist Libby viel zu hören. Sie ist nämlich die Off-Stimme, die von Beginn an kommentiert, was Toby gerade widerfährt. Das ist zuerst etwas verwirrend, bis man merkt, wer sie ist. Spätestens gegen Schluss begreift man auch, dass Libby das Alter Ego von Taffy Brodesser-Akner ist, die die Buchvorlage und das Drehbuch für die Serie geschrieben hat.

Und ebenfalls am Schluss wird für all jene, die es bis dahin noch nicht geschnallt haben, ausgebreitet, worum es geht: Um die etwas banale Erkenntnis, dass man mit 40 nicht mehr jung ist. Die Welt liegt einem nicht mehr zu Füssen, höchstens der Hund, den man den Kindern zuliebe gekauft hat. Midlife-Crisis halt.

Privilegiert, aber ach so gebeutelt vom Leben

Das beklagen die drei Collegefreund:innen extensiv in ihren Upper-Eastside-Apartments oder dem adretten Häuschen in New Jersey. Sie fühlen sich wahnsinnig gebeutelt vom Leben. Das Lamento dieser privilegierten Egozentriker in ihrer Oberschicht-Bubble geht einem mit der Zeit ziemlich auf die Nerven.

Eine Frau und ein Mann auf einer Party. Sie halten einen Drink in den Händen.
Ging es eigentlich wirklich um Toby. Oder war es nicht schon immer die Geschichte von Libby (Lizzy Caplan), das Alter Ego der Autorin der Serie? © FX / Disney+

Hier werden individuelle Probleme als Katastrophen von apokalyptischem Ausmass geschildert. Dabei hatte schon Woody Allen eine einfache Lösung: Leg dich auf die Couch beim Shrink. Stattdessen drehen Toby, Libby und Seth ihren Runden im Hamsterrad und beklagen sich dabei lauthals, dass sie nicht vorwärtskommen.

Gut besetzte, aber völlig unnötige Serie

Dieses Schmoren im eigenen Saft muss man über viel zu viele Episoden ertragen, bis endlich ein paar wenige Szenen den Hauch einer Entwicklung andeuten. Da hat man aber schon alle Figuren abgeschrieben und fragt sich, wie sie es überhaupt im Leben bis zur Midlife-Crisis geschafft haben. An ihrer Fähigkeit, Probleme zu lösen, kann es nicht liegen.

Das Einzige, was man «Fleishman Is in Trouble» zugutehalten kann, ist die Besetzung. Eisenberg, Danes und Caplan passen perfekt in ihre Rollen. Hilft aber auch nicht für eine Geschichte, die bestenfalls langweilig ist, aber eigentlich nicht mehr ins Heute passt.

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Besetzung: Jesse Eisenberg | Claire Danes | Lizzy Caplan | Adam Brody | Meara Mahoney Gross | Maxim Swinton | Josh Stamberg | Jenny Powers
Serie entwickelt von: Taffy Brodesser-Akner
Genre: Drama
USA, 2022

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