Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 6 Episoden à 45 Min.)
Felix Armand (Thomas Schubert) hat’s ganz nach oben geschafft. Er ist vom Softwareentwickler aufgestiegen in die Chefetage des gehypten Fintech-Start-ups CableCash.
Der CEO als Bühnenzampano
Ebenfalls ganz nach oben gespült wurde Magnus Cramer (Matthias Brandt). Vormals ein blasser Wirtschaftsprüfer ist er jetzt der CEO von CableCash mit gebleachtem Gebiss. Er versteht zwar nichts vom Geschäft seiner Firma, weiss aber Angestellte, Aktionäre und Medien mit überkandidelten Bühnenshows zu begeistern.
Zwischen Felix und Magnus entwickeln sich Spannungen. Einerseits will Felix Co-CEO werden, aber Magnus speist ihn mit der Funktion des COO ab. Andererseits muss Felix all die Katastrophen abwenden, die Magnus zu verursacht droht, weil er wilde Versprechungen macht, wie toll sich CableCash entwickle.
Liebe, Betrug und die grosse Abrechnung
Felix und Magnus bringen CableCash an die Börse und reiten das Unternehmen gleichzeitig immer tiefer in den Abgrund. Sie fälschen Kundenzahlen und Bilanzen. Dass hier was nicht stimmt, vermutet die Shortsellerin Sheila Williams, die den Betrug der CableCash-Manager aufdecken und damit viel Kohle verdienen will.
Sie gibt sich bei Felix als Investorin aus und versucht, sein Vertrauen zu gewinnen. Nicht geplant war, dass sie zu Felix eine Zuneigung entwickelt, die in einer Liebesnacht mündet. Doch es kommt der Tag der Wahrheit und der grossen Abrechnung zwischen Sheila und Felix.
Einschätzung
Wem der Erzählstil von «King of Stonks» mit Off-Stimme und temporeichen Erklärstücken bekannt vorkommt, der hat wahrscheinlich «How to Sell Drugs Online (Fast)» gesehen. Kein Wunder, die beiden Serien wurden vom gleichen Autorenduo geschrieben.
Gnadenlos überdreht
In «King of Stonks» legen Philipp Kässbohrer und Matthias Murmann aber noch einen Zacken zu. Die Satire über Start-up-Wahn und Geldgier an der Börse ist gnadenlos überdreht.
Magnus fletscht sein strahlend weisses Gebiss bei jeder Gelegenheit und trommelt sich in grenzenloser Selbstüberschätzung auf die Brust. Das wichtigste Utensil für die Angestellten von CableCash ist die Flute, da Komasaufen mit Champagner zur Firmenkultur gehört.
Felix behält die Bodenhaftung
Auch die Politik bekommt ihr fett weg. Der Digitalministerin ist egal, was die Firma wirklich bietet. Hauptsache, der Hype um CableCash stellt auch sie in ein gutes Licht. Und Sheila, die den grossen Betrug aufdecken will, tut das nicht aus ethischer Überzeugung, sondern schlicht, um Millionen zu scheffeln.
Das ist alles so schrill inszeniert, dass einem anfänglich schwindlig wird. Zum Glück ist da Felix. Er ist der einzige, der etwas Bodenhaftung bewahrt und noch zwischen Grössenwahn und Realität unterscheiden kann. Das hält ihn aber nicht davon ab, mit betrügerischen Tricks Betrug die Bilanzen der Firma aufzublähen.
Der wahre Skandal verschwindet im Absurden
Letztlich alles ziemlich unausstehliche Figuren, die da ihr Unwesen treiben. Das ist aber nicht das Problem der Serie. Bei allem Vergnügen, das einem das irre Treiben in der Welt des grossen Geldes durchaus bereitet, ist der Plot so absurd inszeniert, dass man den grossen Skandal, der eigentlich in dieser Geschichte steckt, nicht mehr ernst nimmt.
Dabei gab es ihn ja: «King of Stonks» bedient sich verschiedentlich an tatsächlichen Ereignissen aus dem Wirecard-Skandal, der in Deutschland die Finanzwelt und die Politik erschütterte.
Amüsant, aber kein Vergleich zu den Vorbildern
Jetzt soll Satire ja übertreiben und lächerlich machen und so Missstände anprangern. Manchmal sollte einem aber auch das Lachen im Hals stecken bleiben. Das passiert hier nie, weil die Kritik in der überdrehten Inszenierung völlig untergeht.
Deshalb: amüsant? Ja. Aber «King of Stonks» kommt nicht an Vorbilder wie «The Wolf of Wall Street» oder «Schtonk» heran. Vielleicht wäre die dokumentarische Herangehensweise, wie sie bei «The Dropout» zu sehen ist, die bessere Form gewesen.
Besetzung: Thomas Schubert | Matthias Brandt | Larissa Sirah Herden | Andreas Döhler | Altine Emini
Genre: Komödie
D, 2022
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