

Prime Video (1 Staffel, 6 Episoden à 50 Min.)
Wenn ein rachsüchtiger Psychopath einem selbstsüchtigen Unsympath nachstellt, fragt man sich: Mit wem soll ich mitfiebern? Oder eben nicht. Denn es ist letztlich egal, wer am Schluss auf der Strecke bleibt. Die Welt wird keinen der beiden vermissen.
Überlange Exposition
Das ist aber nur eines der Probleme, unter denen «Malice» leidet. Vorab die Länge. Man muss sich durch drei Episoden kämpfen, bis die Geschichte Fahrt aufnimmt. Eine hätte gereicht, um zu zeigen, wie sich Adam Healy (Jack Whitehall) mit finsteren Absichten bei der Familie Tanner als Manny (eine männliche Nanny) einschmeichelt.

Genug Zeit auch, um die Tanners vorzustellen: Jamie (David Duchovny), ein reicher, skrupelloser Geschäftsmann mit erheblichem Empathiedefizit auch gegenüber seiner Familie, der sich für ein Geschenk Gottes an die Menschheit hält.
Kichernde Powerfrau, Kinder als Beigemüse
Seine Frau Nat (Carice van Houten) lässt sich durch Jamies Gehabe nicht gross beeindrucken. Sie ist erfolgreich mit ihrem Modeunternehmen und sieht sich als Powerfrau. Das hindert sie nicht daran, mit ihrer Freundin wie ein Teenie zu kichern und zu tuscheln, als sie Adam zum ersten Mal oben ohne sieht.
Die Kinder der Tanners sind das übliche Beigemüse: zwei missgelaunte Teenager und ein fröhlich unbedarfter Primarschüler. Die ganze Familie liegt auf der Sympathieskala nahe null. Sie gehören zur Kaste der Superreichen, in deren Luxusleben wir gerne einen Blick werfen, aber es noch mehr geniessen, wenn alles den Bach runtergeht.

Unfähige IT-Spezialisten
Ein weiteres Problem sind die Löcher und Ungereimtheiten in der Handlung. Drei Beispiele: Von Jamies Account werden anzügliche Mails verschickt. Ihm droht der Rauswurf aus der Firma, die er gegründet hat.
Wir wissen, dass Adam sich über Malware Zugang verschafft hat. Eine Sache von Minuten, das herauszufinden. Aber offensichtlich arbeiten in Jamies Firma völlig unfähige IT-Spezialisten, die nichts finden.

Blinde und taube Nachbarn
Umso gewiefter sind ein paar Einbrecher, die eines Nachts die riesige Villa der Tanners komplett leerräumen. Jedes Möbelstück, jedes Buch, jede Vase nehmen sie mit. Die Nachbarn bemerken nichts, wohl weil sie ihre Hörgeräte nachts weglegen oder vollgepumpt mit Schlafmitteln im Bett liegen.
Dass in einem anderen Wohnquartier die Nachbarn nicht mitbekommen, wie jemand am helllichten Tag eine Leiche auf der Schulter aus einem Haus trägt und ins Auto bugsiert, ist ähnlich haarsträubend.
Immerhin gewinnen die Ereignisse zu diesem Zeitpunkt langsam an Spannung. Jamie findet heraus, dass und weshalb Adam ihm und seiner Familie zuleid lebt. Es kommt zum Showdown, endlich!

Blasse Figuren, unglaubwürdige Handlung
«Malice» reiht sich ein in die vielen Serien, die aus dem Leben der Superreichen erzählen. «The White Lotus» etwa tut das mit Witz und Sarkasmus und «Succession» erzeugt ein Gefühl von absoluter Abscheu beim Zuschauen.
«Malice» gelingt nichts davon. Die Figuren sind blass und uninteressant, die Handlung überdehnt und unglaubwürdig. Da kann der Psychopath noch zigmal hinterhältig in die Kamera grinsen, während er seine nächste Schandtat ausheckt.
Wer bis zum Schluss durchhält, erlebt ein Ende, das wohl überraschen soll. Tatsächlich ist es nur ein Kniff, um eine zweite Staffel zu ermöglichen. Hoffentlich fällt niemand darauf rein.
Besetzung: Jack Whitehall | Carice van Houten | David Duchovny | Phoenix Laroche | Teddie Allen | Harry Gilby | Christine Adams | Raza Jaffrey | Anna Siow
Serie entwickelt von: James Wood
Genre: Thriller
GB, 2025











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