

Läuft bei: Netflix (Mini-Serie, 14 Episoden à 30 Min.)
Diese Besprechung enthält Spoiler
Es ist vielleicht ein Generationenproblem, dass ich bei «One Day» nicht so ins Schwärmen verfalle wie andere Rezensent:innen. Denn einige zentrale Elemente der Liebesgeschichte zwischen dem ungleichen Paar Emma (Ambika Mod) und Dexter (Leo Woodall) scheinen mir sehr vertraut.
Harry, Sally und die «Love Story» lassen grüssen
Ein Mann und eine Frau, die über Jahre nur beste Freunde sind, bevor sie sich endlich eingestehen, wer ihre wahre Liebe ist. Das war in «When Harry Met Sally» zu sehen, der ultimativen Romcom der 90er-Jahre.
Und dann ist da die Tragödie am Schluss. Erinnert an einen noch viel älteren Film, den IMDb so zusammenfasst: «A boy and a girl from different backgrounds fall in love regardless of their upbringing – and then tragedy strikes.» Was verblüffend ähnlich auf «One Day» zutrifft. Der Film ist von 1970 und heisst «Love Story».

Aber eben: Wer mit dem Buch von David Nicholls 2009 einsteigt und der ersten Verfilmung des Romans 2011, macht diese Vergleiche nicht zwingend. Zugegeben, die Geschichte hat auch einige Twists, die sich nicht in den beiden Filmen finden.
Die Unscheinbare und der Schönling
Da ist vor allem der titelgebende Tag, der 15. Juli. Sämtliche Ereignisse, die wir sehen, spielen immer nur an diesem einen Tag. Das beginnt 1988, als sich Emma und Dexter zum ersten Mal begegnen.
Sie feiern ihren Abschluss an der Universität von Edinburgh. Emma ist eine eher unscheinbare junge Frau. Dexter dagegen ist der Schönling, dem alle Frauen zu Füssen liegen. Dass er überhaupt ein Auge auf Emma wirft, erklärt sie damit, dass er mit allen anderen Studentinnen schon rumgemacht habe und jetzt auf der Liste bei ihr angekommen sei.

Die beiden landen zwar in Emmas Zimmer, aber Sex gibt es keinen. Emma will lieber reden. Über Lebensträume. Sie will die Welt verbessern. Er will reich und berühmt werden. Das zeigt, wie verschieden sie sind und nicht zueinander passen.
Emma kann man nicht widerstehen, Dexter schon
Aber es kommt anders. Über die nächsten fast 20 Jahre kreuzen sich ihre Wege nicht nur immer wieder. Sie werden zu engen Freunden, zerstreiten sich, bis sie sich endlich finden und am Schluss tragisch auf ewig getrennt werden.
Das erzählt «One Day» wirklich hübsch. Vor allem Emma wächst einem ans Herz, Dexter etwas weniger. Das liegt daran, dass sie die viel reflektiertere Figur ist. Er bleibt lange der oberflächliche Partyboy, der sich im schnell vergehenden Ruhm seiner Fernsehkarriere sonnt.

Zu viele Klischees
Da verzeiht man der Geschichte auch, dass sie letztlich die klassische Liebesgeschichte erzählt von einem Mauerblümchen, das den Frauenschwarm bekommt. Aber es hat noch einige andere Klischees, die in der Summe dann halt doch zu abgegriffen wirken.
Dexters Mutter erkennt vom ersten Moment an, dass Emma nicht nur anders ist als Dexters übliche Freundinnen, sondern auch die richtige für ihn. Nur kann sie nicht lange auf ihn einwirken, da sie an Krebs stirbt.
Dexter selber wirft selbstverständlich Drogen ein und säuft sich seine Probleme weg. Und ein Vaterproblem hat er auch. Als er in eine vornehme, aber unmögliche Familie einheiratet, geht das natürlich schief und seine Frau betrügt ihn mit dem besten Freund. Und die Frage, in welcher Stadt es dann zwischen den beiden endlich funkt, ist eher rhetorisch – ja, es ist Paris.

Keine Dutzendware, aber auch nicht Romeo und Julia
Immerhin kauft man den beiden ab, dass sie sich über die Jahre verändern, reifer werden. Was sich – wiederum etwas klischiert – am Kinderwunsch manifestiert, der sich aber nicht so einfach erfüllt.
«One Day» unterscheidet sich wohltuend von den üblichen TV-Romanzen, die vor allem aus US-amerikanischer Dutzendware bestehen. Ebenfalls bemerkenswert, dass sie dem Publikum ein tragisches Ende zumutet. Doch auch da trägt sie etwas zu dick auf und drückt eine Spur zu heftig auf die Tränendrüse.
Die Geschichte von Emma und Dexter hat zwar viele gute Momente, erfüllt meine Erwartungen an eine wirklich gelungene Romanze aber doch nicht. Es muss ja nicht gleich Romeo und Julia sein, ein bisschen origineller sollte sie aber schon sein.
Besetzung: Leo Woodall | Ambika Mod | Amber Grappy | Brendan Quinn | Jonny Weldon | Tim McInnerny | Eleanor Tomlinson | Essie Davis
Serie entwickelt von: Nicole Taylor
Genre: Romanze | Drama
GB, 2024
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