Star Trek: Picard (Staffel 3) – Das letzte Abenteuer der «Next Generation»

Serienposter mit Schriftzug. Die Hauptfiguren der Serie in Porträts. Picard darüber grösser. Im Hintergrund ein Raumschiff.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Prime Video / Paramount+ (3 Staffeln, 30 Episoden à 50 Min.)

Star Trek: Picard (Staffel 2) – Jean-Luc auf Zeitreise (ins Ich)

In der dritten und finalen Staffel findet «Star Trek: Picard» endlich seine Bestimmung. Sie wird zur gelungenen Nostalgieveranstaltung für die Fans von «Star Trek: Next Generation» (TNG).

Die beiden ersten Staffeln von Picard waren zwar unterhaltsam. Aber wirklich überzeugend darzulegen vermochten sie nicht, weshalb man Admiral Picard 20 Jahre nach seinem Austritt aus der Sternenflotte aus dem Ruhestand holt.

Auf zum letzten Familientreffen

Vielleicht war das auch die Erkenntnis des Studios. Mit dem mittlerweile über 90-jährigen Picard (in der Storytimeline, Darsteller Patrick Stewart ist aber auch schon 82) liess sich keine langfristige Serie aufbauen. «Star Trek: Picard» kam bei den alten TNG-Fans gut an. Aber gleichzeitig eine neue, jüngere Fangemeinde aufzubauen, funktionierte wohl weniger.

Die alte TNG-Crew ergänzt um drei Neulinge auf der Kommandobrücke eines Raumschiffs.
Die ganze TNG-Crew versammelt sich für die letzte Staffel. Ergänzt um Seven of Nine (Jeri Ryan) und Raffi Musiker (Michelle Hurd), die schon in den ersten beiden Picard-Staffeln zu sehen waren. Neu dabei Jack Crusher (Ed Speelers), der sich als Picards Sohn entpuppt. © Paramount+

Weshalb es Sinn macht, die Serie abzuschliessen mit einem Finale, in dem das gesamte Brückenpersonal der Enterprise D sich zu einem letzten grossen Abenteuer zusammenfindet. Das beschert den TNG-Fans einen emotionalen und befriedigenden Abschied.

Picard und Riker auf Rettungsmission

Es geht dieses Mal um nichts Geringeres, als die gesamte Sternenflotte und die Föderation der Planeten vor dem Untergang zu retten. Jean-Luc Picard erhält einen Notruf von Beverly Crusher (Gates McFadden), der ehemaligen Schiffsärztin der Enterprise.

Eine Frau und ein junger Mann vor einer Türe auf einem Raumschiff.
Beverly Crusher (Gates McFadden) verschwieg Picard jahrzehntelang, dass er einen Sohn hat. © Paramount+

Gemeinsam mit William Riker (Jonathan Frakes, der auch wieder bei ein paar Episoden Regie führte) macht sich Picard auf. Sie retten Crusher und deren Sohn Jack, nachdem sie die USS Titan unter falschem Vorwand zu einer Kursänderung veranlasst haben.

Die Titan wird von einem anderen Schiff angegriffen. Die Shrike unter dem Kommando von Captain Vadic verlangt die Auslieferung von Jack Crusher. Da sich mittlerweile herausgestellt hat, dass Jack Picards Sohn ist, weigert sich der Admiral.

Changelings wollen Rache

Mit Mühe und Not entkommt die Titan. Damit ist das Abenteuer aber noch nicht vorbei. Picard hat entdeckt, dass Changelings die ganze Starfleet unterwandert haben und anlässlich einer grossen Feier, bei der die ganze Flotte zusammentrifft, die Starfleet und damit auch die Föderation zerstören wollen.

Eine Frau in schwarzer Kleidung umgeben von düsteren schwarzen Figuren mit ausserirdischen Gesichtszügen.
Fiese Bösewichtin: Die Changeling Vadic mit ihrer unfreundlichen Besatzung will Jack Crusher entführen. © Paramount+

Um das zu verhindern, braucht Picard die Hilfe seiner ehemaligen TNG-Crew. Neben Riker und Crusher stossen der Klingone Worf (Michael Dorn), Rikers Ehefrau Deanna Troi (Marina Sirtis), Geordi La Forge (LeVar Burton) und Data (Brent Spiner) dazu.

Man kann sich ausmalen, wie das ausgehen wird. Es dürfte aber wenig überraschen, dass das Ende der Starfleet und der Föderation noch nicht gekommen ist. Natürlich sind viele Hindernisse zu überwinden mit der Rettung in letzter Sekunde.

Ein würdiges Ende – und ein Neuanfang?

Aber weil die Staffel auch so was ist wie ein Familientreffen, wird oft und gerne über die Familie sinniert. Über die richtige Familie, die Picard so unerwartet gefunden hat. Und über die Sternenflotte, die immer wieder als Familie angeführt wird. Egal, feiern können am Ende alle.

Eine junge Frau und ein junger Mann vor einer Anzeigetafel. Sie tragen das Abzeichen der Sternenflotte.
Family-Business: An Bord der USS Titan ist nicht nur Picards Sohn Jack, sondern auch die Pilotin Sidney La Forge, Tochter von Gordi La Forge. © Paramount+

Die Geschichte der TNG-Crew findet damit einen gelungenen und würdigen Abschluss. Allerdings lässt eine der allerletzten Szenen eine Hintertür offen für weitere Star Trek Abenteuer mit anderen Hauptfiguren. Ich bin aber skeptisch, ob das angetönte Spin-Off wirklich auf grosses Interesse stossen würde.

Wie viele Sterne gibst du «Star Trek: Picard» (Staffel 3)?
0 Stimmen

Besetzung: Patrick Stewart | Michelle Hurd | Jeri Ryan | Brent Spiner | Jonathan Frakes | Ed Speleers | Gates McFadden | Todd Stashwick | Ashlei Sharpe Chestnut | Joseph Lee | Michael Dorn | Marina Sirtis | Amanda Plummer | LeVar Burton | Orla Brady
Serie entwickelt von: Kirsten Beyer | Michael Chabon | Akiva Goldsman
Genre: Science-Fiction | Abenteuer
USA, 2023

The Diplomat (Staffel 1) – Brillanter Mix aus «Homeland» und «The West Wing»

Serienposter mit Schriftzug. Eine Frau sitzt in einem Sessel. Neben ihr die britische und US-amerikanische Flagge.

Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 8 Episoden à 50 Min.)

Allein das Wiedersehen mit Keri Russell ist es wert, sich den neuen Politthriller «The Diplomat» auf Netflix anzuschauen. Sie war in der Serie «The Americans» (alle Staffeln auf Disney+) grossartig als KGB-Spionin Elizabeth Jennings.

Gemeinsam mit ihrem Ehemann Philip (Matthew Rhys, momentan bei HBO / Sky Show als Perry Mason unterwegs) spionierte und mordete sie über sechs Staffeln in Washington in den frühen 80er-Jahren. Die beiden gaben sich als stinknormale Familie aus, hatten zwei Kinder und pflegten gut nachbarschaftliche Beziehungen zu einem FBI-Agenten, der nebenan wohnte.

Eine Frau und ein Mann in eleganten Kleidern in er offenen Kutsche. Sie winkt.
Keri Russell hat die Seiten gewechselt. Anstatt gegen die USA zu spionieren, repräsentiert sie das Land in England als Botschafterin Kate Wyler (neben ihr Rufus Sewell als Ehemann Hal). © Netflix
London statt Kabul, aber nicht weniger herausfordernd

Vielversprechend ist auch Debora Cahn als Autorin der Serie. Sie ist bekannt für den CIA-Thriller «Homeland» und die Politserie «The West Wing». Beide Serien waren sehr erfolgreich und wurden vielfach ausgezeichnet.

Für «The Diplomat» hat sich Cahn bei den beiden Vorgängern bedient, mischt US-Politik, internationale Diplomatie und nachrichtendienstliche Aufklärungen zu einer sehr gelungenen Serie.

Keri Russell ist die Diplomatin Kate Wyler, die kurz vor ihrer Entsendung nach Afghanistan steht. Doch dann wird ein britischer Flugzeugträger vor der iranischen Küste angegriffen. US-Präsident Rayburn (Michael McKean) und seine Stabschefin Billie Appiah (Nana Mensah) eröffnen der verdatterten Kate, dass sie den Botschaftsposten in London übernehmen wird.

Ein Mann und eine Frau blicken sich an. Im Hintergrund weitere Personen.
Die Stabschefin (Nana Mensah) und der Präsident (Michael McKean) haben Pläne mit Kate Wyler, von denen sie nichts weiss. © Netflix
Nicol statt Boris, aber ähnlich unberechenbar

Üblicherweise landen auf solchen Posten nicht erfahrene Diplomatinnen wie Kate, sondern Parteifreund:innen des Präsidenten, die sich durch Wahlkampfspenden verdient gemacht haben.

Aber der Anschlag auf den Flugzeugträger löst eine internationale Krise aus, in der der impulsive britische Premier Nicol Trowbridge (Rory Kinnear) zum gefährlichen Hasardeur wird. Dass sein Vorname ähnlich osteuropäisch klingt wie der von Boris Johnson, dürfte kein Zufall sein. Trowbridge liebäugelt mit Krieg, in den die Amerikaner hineingezogen werden könnten.

Ein Mann an einem Rednerpult. Britische Flaggen im Hintergrund.
Der britische Premier Trowbridge (Rory Kinnear) ist vor allem an seinem Image in der Öffentlichkeit interessiert und weniger an Politik. © Netflix

Kates Aufgabe ist also klar: Die Briten im Zaum zu halten. Gleichzeitig will sie wissen, wer wirklich hinter dem Anschlag steckt. Iran war es wohl nicht, wie Kates Ehemann Hal (Rufus Sewell) herausfindet.

Der Ehemann als Dame des Hauses

Hal ist auch ein verdienter Diplomat, in dessen Schatten Kate bisher stand. Jetzt sind die Rollen vertauscht. Hal ist «the wife» und sollte sich eigentlich nur um die Menukarte und die Blumengebinde für die Diners kümmern. Das fällt ihm schwer, was zu diversen Friktionen mit seiner Frau führt.

Ein Mann und eine Frau bei einem Spaziergang auf einer Wiese. Er hat ein Post-It auf der Stirn.
Während Politik gemacht wird, vergnügen sich die Damen des Hauses bei einem Spaziergang mit einem Spiel (T’Nia Miller und Rufus Sewell). © Netflix

Die Konflikte zwischen den beiden sind aber nicht neu. Die Ehe der beiden ist schon zuvor gescheitert, die Trennung geplant. Wenn da nicht eine andere Komplikation wäre. Kate wurde auch noch London geschickt, um herauszufinden, ob sie sich als Vizepräsidentin eignen würde. Davon weiss sie aber nichts. Ihr Mann dagegen und auch Stuart Heyford (Ato Essandoh), ihr engster Mitarbeiter in der Botschaft, sind in den Plan eingeweiht.

Spannung, Humor und ein bisschen Seifenoper

«The Diplomat» ist mit weniger Action inszeniert als etwa «Homeland», aber nicht weniger spannend. Kate muss eine Katastrophe nach der anderen abwenden und dabei vermeiden, in eine der zahlreichen Fallen zu treten, die ihr die politischen und persönlichen Animositäten der Akteure stellen.

Ein Mann in Anzug und eine Frau gehen nebeneinander.
Der britische Aussenminister (David Gyasi) ist ein wichtiger Verbündeter für Kate Wyler – und ein bisschen mehr. © Netflix

Ähnlich wie «West Wing» dagegen bietet die Serie immer wieder witzige und amüsante Episoden. Einzig beim Liebesleben der Botschafterin gleitet die Serie etwas zu sehr in eine Seifenoper ab. Hier scheint durch, dass Autorin Debora Cahn auch mit diesem Genre vertraut ist. Sie war Autorin der endlosen Arztserie «Grey’s Anatomy».

Darüber kann man aber grosszügig hinwegsehen. Denn der Hauptplot bietet genug fesselnde Irrungen und Wirrungen und endet mit einem dramatischen Cliffhanger.

Wie viele Sterne gibst du «The Diplomat» (Staffel 1)?
1 Stimme

Besetzung: Keri Russell | Rufus Sewell | David Gyasi | Ali Ahn | Rory Kinnear | Ato Essandoh | Jess Chanliau | Pearl Mackie | Celia Imrie | T’Nia Miller | Michael McKean | Miguel Sandoval | Penny Downie
Serie entwickelt von: Debora Cahn
Genre: Thriller | Drama
USA, 2023

The Mandalorian (Staffel 3) – Der Weg führt zurück auf den Heimatplaneten

Serienposter mit Schriftzug: Der Mandalorian steht in voller Rüstung und gezücktem Schwert auf seinem Raumschiff, in dessen Kuppel sein kleiner Begleiter Grogu zu sehen ist.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Disney+ (3 Staffeln, 24 Episoden à 30-45 Min.)

Der Einstieg in die dritte Staffel kann etwas verwirrend sein, wenn man die Ereignisse im Star Wars-Universum nicht eng verfolgt. Am Ende der zweiten Staffel gingen Din Djarin (Pedro Pascal) aka Mando, the Mandalorian, und sein Schützling Grogu aka Baby Yoda getrennte Wege. Jetzt sind sie wieder gemeinsam unterwegs.

Wie das geschah, erfuhr man in einer anderen Serie: «The Book of Boba Fett». Entscheidendes hat man aber nicht verpasst, wenn man – wie ich – diese Serie geskippt hat.

Ein Mann mit Helm sitzt im Cockpit. Unter einer Kugelkuppe dahinter eine kleine Figur mit langen Ohren.
Grogu hat sich entschieden, zu Din Djarin (Pedro Pascal) zurückzukehren. © Lucasfilm / Disney+
Die Mission des Abtrünnigen

Denn den anderen Erzählstrang, der zu Beginn aufgenommen wird, kennt man aus der zweiten Staffel. Din Djarin hatte seinen Helm abgenommen. Das verbietet der Codex der Mandalorians und schliesst ihn automatisch aus der Gemeinschaft aus.

Um wieder aufgenommen zu werden, muss Djarin auf Mandalore in die «Living Waters» eintauchen. Das scheint unmöglich. Die Atmosphäre auf dem Planeten ist giftig und der Zugang zu den unterirdischen Gewässern versperrt, seit das Imperium die Städte der Mandalorians zerstört hat.

Djarin lässt sich davon nicht abhalten. Tatsächlich ist Mandalore nicht vergiftet und er findet den Zugang zu den Höhlen. Allerdings wird er von einem Cyborg gefangen genommen. Grogu kann aber Hilfe holen bei Bo-Katan Kryze (Katee Sackhoff), der letzten Herrscherin von Mandalore. Sie befreit Djarin und er kann seine Mission abschliessen.

Eine Frau und ein Mann in Rüstung. Sie trägt keinen Helm. In der Mitte eine schwebende Halbkugel, in der eine kleine Kreatur sitzt mit grossen dunklen Augen und langen Ohren.
Bo-Katan Kryze (Katee Sackhoff), Grogu und Din Djarin (Pedro Pascal) sind als Trio unterwegs. © Lucasfilm / Disney+
Das Imperium ist nicht besiegt

Damit sind die Grundlagen gelegt für die Hauptgeschichte der dritten Staffel. Die Mandalorians wollen ihren Heimatplaneten wieder in Besitz nehmen. Dafür müssen sich vorab die verschiedenen Fraktionen zusammenraufen, in die die Gemeinschaft zersplittert wurde.

Und dann taucht da ein besiegt geglaubter Todfeind wieder auf. Moff Gideon (Giancarlo Esposito) konnte offenbar entkommen. Er arbeitet im Geheimen daran, die verstreuten Anhänger des Imperiums zu sammeln und die Macht wiederzuerlangen.

Ein Mann in einer schwarz glänzenden Rüstung.
Der imperiale Bösewicht Moff Gideon (Giancarlo Esposito) schien am Schluss der zweiten Staffel besiegt. Weit gefehlt. © Lucasfilm / Disney+
Als Gäste: Jack Black, Lizzo und Christopher Lloyd

Das alles wird garniert mit unterhaltsamer Action auch in den Nebengeschichten. Djarin muss Nevarro gegen Piraten verteidigen. Gemeinsam mit Bo-Katan jagt er einen Flugraptor. Und auf dem Planeten Plazir-15 gehen die beiden der Fehlprogrammierung von Droiden auf den Grund. Besonders amüsieren in dieser Episode Jack Black, Lizzo und Christopher Lloyd, die in Gastrollen auftreten.

Die dritte Staffel des Mandalorian braucht ein wenig Zeit, bis sie auf Kurs ist. Sobald aber Djarin, Grogu und Bo-Katan, die sich zum Co-Star entwickelt hat, gemeinsam in Aktion treten, wird man gut unterhalten.

Eine Frau mit einer Art Krone im langen schwarzen Haar. Ein bärtiger Mann mit einem Umhang. Die Frau hält Grogu in den Armen.
Weil sie so grosse Fans der Serie sind, bekamen Lizzo und Jack Black Gastauftritte in «The Mandalorian». © Lucasfilm / Disney+
Neben «Andor» die beste Star Wars-Serie

Was aber immer noch offen bleibt, ist die Frage, wohin die Geschichte des Mandalorian und seines Lehrlings führen soll. Zu Beginn hatte man das Gefühl, dass alles auf Grogu hinausläuft, der in die Fussstapfen des grossen Jedi-Meisters Yoda treten werde. Mit der dritten Staffel bekommt die Geschichte der Mandalorians mehr Gewicht.

Eine Gruppe von behelmten Kämpfer:innen. Ein weiss leuchtendes Schwert.
Die Mandalorians geeint und Bo-Katan schwingt wieder ihren Darksaber. © Lucasfilm / Disney+

Neben «Andor», der erfrischend untypischen Star Wars-Serie, die letztes Jahr startete, ist «The Mandalorian» die zweite Serie aus diesem Universum, bei der es sich lohnt, dranzubleiben.

Die vierte Staffel ist zwar noch nicht bestätigt. Aber, so sagt Autor Jon Favreau, die Story habe er schon geschrieben. Die Geschichte wird wohl weitergehen. This is the way.

Wie viele Sterne gibst du «The Mandalorian» (Staffel 3)?
3 Stimmen

Besetzung: Pedro Pascal | Katee Sackhoff | Carl Weathers | Giancarlo Esposito | Emily Swallow | Katy M. O’Brian | Simon Kassianides | Omid Abtahi
Serie entwickelt von: Jon Favreau
Genre: Abenteuer | Science-Fiction | Fantasy
USA, 2023

Beef (Staffel 1) – Wutbürger:innen und was dahinter steckt

Serienposter mit Schriftzug. Zwei Hände mit gestrecktem Mittelfinger. Der obere Teil der Mittelfinger sind zwei menschliche Figuren, die sich anschauen.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 10 Episoden à 30 Min.)

Danny (Steven Yeun) hat einen schlechten Tag. Er wollte in einem Laden ein paar Geräte zurückgeben, hatte den Kassenzettel aber nicht dabei. Amy (Ali Wong) ist gefrustet, weil sie überarbeitet ist und endlich ihr Geschäft verkaufen möchte. Aber der Deal kommt einfach nicht zustande.

Ein Alltagsärgernis eskaliert

Dann begegnen sich die beiden. Danny rammt beinahe Amys SUV, als er ausparken will. Sie hupt ein bisschen mehr als nötig und zeigt ihm den Mittelfinger. Danny rastet aus. Es kommt zu einer wilden Verfolgungsjagd, bei der aber nur ein paar Blumenrabatten verwüstet werden.

Ein Mann steht in einer Schlange in einem Hobbymarkt. Er hat seinen Kopf in die Hand gestützt und schaut müde aus.
Weshalb Danny (Steven Yeun) gleich mehrere Grills zurückgeben will im Supermarkt, wird erst später erklärt. © Netflix

Nach dieser Episode des kleinen alltäglichen Wahnsinns könnten Danny und Amy wieder ihre getrennten Wege gehen. Tun sie aber nicht. Die beiden verwickeln sich in einen Kleinkrieg, der immer mehr eskaliert.

Der Frust über das eigene Leben

Das könnte zu einer zynischen Komödie über Wutbürger:innen werden, bei der man kopfschüttelnd zuschauen kann, wie sich zwei Menschen gegenseitig das Leben zur Hölle machen. Doch so einfach ist «Beef» nicht gestrickt, wie sich in den Episodentiteln zeigt, in denen Kafka, Sylvia Plath und viele andere zitiert werden.

Die Serie stellt eigentlich die Frage, weshalb es so oft nicht gelingt, ein erfülltes Leben zu führen. Dass Danny und Amy so heftig aneinandergeraten, hat nur am Rand mit dem jeweils anderen zu tun. Bei beiden liegt der wahre Grund für die Aggression im Frust über das eigene Leben.

Eine Frau zielt mit einer Pistole auf ein Handy, das sie in der Hand hält.
Noch ziemlich harmlos, wenn Amy (Ali Wong) ihren Widersacher nur per Handy mit der Waffe bedroht. © Netflix
Zwei Menschen am Anschlag

Danny hat ein Ein-Mann-Baugeschäft, das eher schlecht als recht läuft. Zuhause sitzt sein jüngerer Bruder Paul (Young Mazino), der nur Videogames spielt. Dann sind da die Eltern, die nach Korea zurückgekehrt sind, weil sie ihr Motel in den USA verloren haben. Um sie alle muss sich Danny kümmern. Zudem hat er noch einen kriminellen Cousin am Hals.

Amy hat es besser, könnte man meinen. Sie hat erfolgreich ein Geschäft aufgebaut. Ihr Mann George (Joseph Lee) kümmert sich zuhause um die gemeinsame Tochter. Und es winkt viel Geld für den Verkauf des Geschäfts.

Aber auch Amy kann nicht mehr. George, der als Künstler dilettiert, hilft zwar mit der Betreuung der Tochter, ist sonst aber zu wenig zu gebrauchen. Als mentale Unterstützung schon gar nicht. Die Schwiegermutter ist eine Nervensäge. Der Verkauf des Geschäfts zieht sich endlos hin und die Käuferin ist eine anstrengende Egomanin.

Ein Mann sitzt in einer Werkstatt an einer Töpferscheibe. Im Hintergrund ein Regal mit vielen ähnlichen Skulpturen.
Im Gegensatz zu seinem Vater, der ein berühmter Designer war, ist George (Joseph Lee) künstlerisch äusserst mässig begabt. © Netflix
Grosse Fragen in dunklem Humor verpackt

Diese Hintergründe erschliessen sich über die Zeit, lassen aber kaum Mitgefühl aufkommen. Dafür treffen Danny und Amy zu oft die falschen Entscheidungen. Letztlich sind aber alle Figuren ziemlich gestört und unfähig, sich aus ihren verfahrenen Situationen herauszuholen.

Auch wenn ein:e Sympathieträger:in fehlt, packt einen die Show trotzdem, weil es ihr gelingt, Fragen von Moral, Identität und Individualität zu stellen, unterhaltsam verpackt in düsterem Humor. Sie ist eine gelungene Beschreibung der heutigen Zeit, in der es so einfach ist wie selten zuvor, den eigenen Frust an anderen auszulassen und sich selber um die Lösung von Problemen zu drücken.

Wie viele Sterne gibst du «Beef» (Staffel 1)?
1 Stimme

Besetzung: Ali Wong | Steven Yeun | Joseph Lee | Young Mazino | David Choe | Maria Bello | Ashley Park | Patti Yasutake
Serie entwickelt von: Lee Sung Jin
Genre: Komödie | Drama
USA, 2023

Transatlantic (Mini-Serie) – Nazi-Flüchtlinge und Romanzen an der sonnigen Côte d’Azur

Serienposter mit Schriftzug. Zwei Männer und eine Frau posieren für ein Gruppenfoto vor einem Haus.
2 von 5 Sternen

Läuft bei: Netflix (Mini-Serie, 7 Episoden à 45 Min.)

Seit Spielbergs Film kennen fast alle Oskar Schindler, der im Zweiten Weltkrieg hunderten von Juden und Jüdinnen das Leben rettete. Aber wer hat schon mal von Varian Fry gehört, nach dem in Berlin eine Strasse benannt ist?

Historisch verbürgte Figuren

Dabei hat auch Fry etwa 2000 Menschen zur Flucht vor den Nazis geholfen. Die Drehbuchautorin und Produzentin Anna Winger («Deutschland 83», «Unorthodox») hörte von ihrem Vater zum ersten Mal von Varian Fry. Über diesen Mann sollte man eine Fernsehsendung machen, habe er gesagt, wie sie erzählt.

Ein Mann mit grauem Mantel und Brille steht vor einer Gruppe von Männern, Frauen und Kindern, neben denen Koffer am Boden stehen.
Aus dem Journalisten Varian Fry (Cory Michael Smith, vorne) wird ein Aktivist, der Verfolgten des Nazi-Regimes zur Flucht verhilft. © Anika Molnar / Netflix

Das hat sie jetzt. «Transatlantic» erzählt die Geschichte von Varian Fry (Cory Michael Smith) und dem «Emergency Rescue Committee» (ERC), das in den Jahren 1940 und 1941 in Marseille tätig war. Neben Fry helfen weitere historisch verbürgte Figuren Flüchtlingen, aus dem damals noch unbesetzten Teil Frankreichs nach Übersee auszureisen.

Illustre Namen unter den Flüchtlingen

Mary Jane Gold (Gillian Jacobs) stammt aus einer reichen Chicagoer Familie. Sie unterstützt das ERC nicht nur mit Geld, sondern holt auch noch britische Kriegsgefangene aus dem Gefängnis. Albert Hirschmann (Lucas Englander) ist ein deutscher Jude, der zuletzt mit seiner Schwester aus Paris vor den Nazis geflohen ist. Während sie nach Lissabon weiterreist, bleibt er in Marseille und hilft dem ERC. Lisa Fittko (Deleila Piasko) ist eine österreichische Widerstandskämpferin. Sie schleust die Flüchtlinge über die Pyrenäen nach Spanien.

Eine Frau und Mann in eleganten Kleidern stehen mit Gläsern in der Hand auf einer Terrasse, im Hintergrund das Meer.
Mary Jane Gold (Gillian Jacobs) bearbeitet den US-amerikanischen Konsul (Corey Stoll). Er vertritt strikt die damalige Neutralitätspolitik der USA. © Anika Molnar / Netflix

Zu Beginn konzentrierte sich das ERC auf Intellektuelle und Künstler:innen, denen es zur Flucht verhalf. Einige davon tauchen in der Serie auf: Walter Benjamin, Max Ernst, Hannah Arendt, Marc Chagall oder André Breton.

Hurra, wir leben noch

Eine eindrückliche Geschichte, die die Serie zu erzählen hätte, wie man sieht. Aber genau daran mangelt es «Transatlantic» – an Eindrücklichkeit. Dass die Bedrohung durch die Nazis in Vichy-Frankreich nicht so unmittelbar ist wie in den besetzten Gebieten, kann man gelten lassen.

Deshalb wirkt auch ein ausgelassenes Geburtstagsfest für Max Ernst keineswegs deplatziert. Es sind sehr stimmige und visuell amüsante Szene. Sie habe damit zeigen wollen, wie ein solches Fest «uns in der schlimmsten Krise daran [erinnert], dass wir noch am Leben sind», sagt Anna Winger. Das ist gelungen.

Ein Mann und eine Frau sitzen an einem Tisch. Beide mit ungewöhnlichen Kopfbedeckungen.
Ein ausgelassenes Fest zu Ehren von Max Ernst (Alexander Fehling). © Anika Molnar / Netflix)
Romanzen übertünchen den Kern der Geschichte

Fehl am Platz ist allerdings die Dominanz all der Romanzen, die sich in «Transatlantic» abspielen. Die heimliche Liebschaft des verheirateten Varian mit seinem Freund Thomas (Amit Rahav). Mary Jane tändelt mit Albert und Lisa mit Paul (Ralph Amoussou).

Nichts dagegen, die Gefühlswelt der Figuren noch etwas auszuschmücken. Aber diese Liebesdramen nehmen so viel Raum ein, dass die eigentliche Geschichte der Flüchtlingsrettung zur Nebensache gerät.

Zwei Männer vor einem Brunnen in einem Garten.
Varian und sein Liebhaber Thomas (Amit Rahav). Frys Homosexualität wurde erstmals 2019 in einem Buch thematisiert und heftig diskutiert. Frys Sohn bestätigte damals, sein Vater sei homosexuell gewesen. © Anika Molnar / Netflix
Ein Polizeichef à la Louis de Funès

Eigentümlich auch die Rolle der Polizei von Marseille. Im Verlauf der Serie greift sie zwar immer härter durch, verhaftet Flüchtlinge und beginnt mit Deportationen ins besetzte Frankreich. Aber wenn der Polizeichef mit seiner Truppe auftritt, fühlt man sich unweigerlich an Louis de Funès und seine Gendarmen von St. Tropez erinnert.

«Transatlantic» setzt der Arbeit des «Emergency Rescue Committee» und den vielen Menschen, die mithalfen, kein Denkmal. Stattdessen ist die Serie ein romantisches Drama, das im Zweiten Weltkrieg vor der wunderschönen Kulisse der sonnigen Côte d’Azur angesiedelt ist. Das ist dem Thema nicht wirklich angemessen.

Wie viele Sterne gibst du «Transatlantic»?
0 Stimmen

Besetzung: Gillian Jacobs | Lucas Englander | Cory Michael Smith | Ralph Amoussou | Deleila Piasko | Amit Rahav | Grégory Montel | Corey Stoll | Moritz Bleibtreu
Serie entwickelt von: Daniel Hendler | Anna Winger
Genre: Historie | Drama
D / F, 2023

The Last Kingdom: Seven Kings Must Die – Uhtreds letzte Schlacht

Filmposter mit Schriftzug. Ein Mann mit langen Haaren und einem pelzigen Mann blickt düster in die Kamera.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Netflix (111 Min.)

Diese Besprechung enthält Spoiler

Die Serie «The Last Kingdom» ging letztes Jahr mit der fünften Staffel zu Ende. Aber die Geschichte war noch nicht zu Ende erzählt. Es fehlte der Schluss, die Geburtsstunde des vereinten englischen Königreichs.

Diese Geschichte erzählte die Serie. Wie die angelsächsischen Herrscher von Wessex, dem letzten Königreich, das der Invasion der dänischen Wikinger widerstanden hatte, die Dänen vertrieben und die Königreiche der Insel unter einer Krone vereinten.

So bedeutend wie Hastings – Die Schlacht von Brunanburh

Entscheidend dafür war die Schlacht von Brunanburh, in der 937 König Æthelstan von Wessex ein Bündnis besiegte, das vom Wikingerkönig Olaf Guthfrithsson angeführt wurde. Sie gilt neben der Schlacht von Hastings als bedeutendste Schlacht auf der Insel in der Frühzeit des englischen Königreichs.

Ein Mann mit fellüberzogenem Wams sitzt auf einem Pferd vor Kriegern mit Helmen.
Zum letzten Mal schwingt Uhtred (Alexander Dreymon) sein Schwert in einer Schlacht. © Netflix

Brunanburh bildet das grosse Finale des Films «Seven Kings Must Die», der die Uhtred-Saga jetzt abschliesst. Es ist ein würdiges Ende für den grossen Kämpfer, der über Jahrzehnte für die Herrscher von Wessex sein Schwert schwang. Oft unter Zwang und lange, ohne dass ihm dafür die ihm gebührende Anerkennung zuteilwurde.

Der Verräter an der Seite des Königs

Auch diesmal hört der König zuerst nicht auf seinen loyalen Freund. König Æthelstan (Harry Gilby), der nach dem Tod seines Vaters Edward seinen Bruder tötet und den Thron besteigt, steht unter dem Einfluss seines Beraters und Geliebten Ingilmunder (Laurie Davidson).

Ingilmunder hat aber andere Absichten, als Æthelstan zu unterstützen. Er ist ein Spion im Dienst von Anlaf (Pekka Strang), wie Olaf Guthfrithsson im Film genannt wird.

Ein junger Mann hält sein Schwert an die Kehle eines Mannes, der vor ihm kniet.
König Æthelstan (Harry Gilby) sieht nicht, wer sein Freund ist und wer der Verräter. © Netflix

Uhtred erfährt von Ingilmunders Verrat, aber Æthelstan weigert sich, Uhtred zu glauben. Er wird aber bald mit eindeutigen Beweisen konfrontiert, die keinen Zweifel daran lassen, dass ihn sein Geliebter hintergangen hat.

Uhtreds Tatik führt zum Sieg

Reumütig entschuldigt er sich bei Uhtred. Als Strafe für seinen Unglauben und sein sündiges Leben will Æthelstan allein in die Schlacht gegen Anlaf und seine Verbündeten ziehen. Er schickt Uhtred zurück nach Bebbanburg. Ohne Unterstützung wird aber er verlieren.

Uhtred entschliesst sich, an Æthelstans Seite zu kämpfen. Es ist Uhtreds letzte Schlacht, in der er noch einmal beweist, was für ein grosser Krieger er ist. Nur dank seiner Taktik gelingt es den Angelsachsen, die Angreifer zu besiegen.

Wer ist der siebte König?

Die Söhne von fünf Königen liegen am Schluss tot auf dem Schlachtfeld und werden nie einen Thron besteigen. König Edward kommt als sechster König dazu, der schon vorher gestorben ist. Damit ist die titelgebende Prophezeiung fast erfüllt, die zu Beginn des Films erwähnt wird. Sieben Könige müssen sterben, bevor England unter einem König vereint ist.

Drei Krieger stehen gebeugt hinter Schilden mit Speeren in der Hand.
Die entscheidende Schlacht: Uhtred führt das angelsächsische Heer zum Sieg gegen die Invasoren aus dem Norden. © Netflix

Ist Uhtred der siebte König? Er wird in der Schlacht schwer verwundet. Allerdings erhebt er sich noch einmal von seinem Krankenbett. Als Herrscher von Northumbria schwört er König Æthelstan Treue. Damit sind alle Gebiete Englands unter einem Herrscher vereint, wie es Æthelstans Grossvater Alfred erträumt hat.

Uhtred geht danach zurück in sein Zimmer. Als er die Tür aufmacht, sieht er allerdings den grossen Festsaal von Valhalla, wo all seine Gefährt:innen, die er über die Jahre verloren hat, ausgelassen feiern.

Gerne ein bisschen länger in Erinnerungen geschwelgt

Ob Uhtred sich zu ihnen gesellt? Die «Saxon Chronicles» erwähnten nicht, ob er überlebt habe, erzählt Uhtreds Freund Finan (Mark Rowley) im Abspann. Aber sie preisen Uhtred als grössten Krieger jener Zeit, der ein Königreich erschuf.

Wenn man «Seven Kings Must Die» etwas vorhalten kann, dann ist es die Eile, in der das Schlusskapitel von Uhtreds Geschichte erzählt wird. In der letzten Szene zeigt sich das exemplarisch.

Ein bärtiger Mann auf einem weissen Pferd, der grimmig dreinblickt.
Finan (Mark Rowley) steht bis zum Schluss treu an Uhtreds Seite und erzählt, wie die Geschichte ihn erinnert. © Netflix

Seine Geliebte und spätere Todfeindin Brida, sein Bruder Ragnar und alle anderen, die über die Jahrzehnte Uhtred begleiteten, sind nur für Sekunden zu sehen. Gerne hätte man noch ein paar Minuten mehr in Erinnerungen geschwelgt, welch epische Geschichte uns «The Last Kingdom» über die letzten acht Jahre erzählt hat.

Wie viele Sterne gibst du «The Last Kingdom: Seven Kings Must Die»?
49 Stimmen

Besetzung: Alexander Dreymon | Harry Gilby | Mark Rowley | Arnas Fedaravicius | Cavan Clerkin | Elaine Cassidy | Jacob Dudman | Pekka Strang | Laurie Davidson
Regie: Edward Bazalgette
Drehbuch: Martha Hillier | Bernard Cornwell
Genre: Historie | Abenteuer
GB, 2023

1923 (Staffel 1) – Ein amerikanisches Blut- und Bodendrama

Serienposter mit Schriftzug. Ein Mann mit Cowboyhut und eine Frau stehen an einem Holzzaun. Er hat die Hand auf ihre Schulter gelegt.
3 von 5 Sternen

Läuft bei: Paramount+ (1 Staffel, 8 Episoden à 60 Min.)

Mein erster Anlauf, mich mit der Rancherdynastie der Duttons auseinanderzusetzen, verlief im Sand. Die Bemühungen von Kevin Costner als Familienoberhaupt um den Erhalt der «Yellowstone»-Ranch, die seit über 100 Jahren in Familienbesitz ist, waren zu wenig interessant. Nach ein paar Episoden klinkte ich mich aus.

Warum nicht einfach «Bonanza» wiederholen?

Die Serie wirkte aus der Zeit gefallen. Weshalb braucht es heute noch eine Geschichte über Viehzüchter? Man hätte ja einfach «Bonanza» wieder ins Programm setzen können. Da gab’s alles schon mal: Rinder, Pferde, Cowhands, die damals noch Cowboys hiessen, Revolver und Gewehre.

Aber ich gehöre offenbar zu einer Minderheit. «Yellowstone» ist äusserst erfolgreich mit bislang fünf Staffeln und diversen Spin-offs wie jetzt «1923». Wohl weil es eben nicht nur um Viehzucht geht, sondern um Familiengeschichte. Die Dynastie als Topos hat auch ausserhalb des Western eine reiche Geschichte.

Ein älteres Paar steht in der Natur. Er hält einen Stock.
Noch eine Nummer grösser als die vorherigen «Yellowstone»-Darsteller:innen: Harrison Ford und Helen Mirren als Dutton-Patriarch und -Matriarchin. © Paramount+

Dass ich mich doch nochmal an die Duttons heranwagte, liegt nur an Helen Mirren und Harrison Ford. Wenn zwei Stars wie sie auftreten, kann man nicht widerstehen.

Pseudophilosophieren am Lagerfeuer

Allerdings ist es auch ihnen nicht gelungen, mich mit dem Neo-Western zu versöhnen. Mir sträuben sich einfach zu sehr die Nackenhaare, wenn der Patriarch Jacob Dutton (Harrison Ford) am Lagerfeuer pseudophilosophischen Stuss erzählt, um zu rechtfertigen, weshalb er gerade ein paar Männer gelyncht hat.

Jacob faselt von gierigen Menschen, die anderen etwas wegnehmen wollen, was sie erschaffen haben. Das sei in jeder Zivilisation so gewesen, von Rom bis nach Jerusalem und dagegen müsse man sich mit allen Mitteln wehren. Was er wohlweislich vergisst zu erwähnen: Seine Ranch steht auf dem Land, das einst Indigenen gehörte, und gierige Weisse, seine Familie, an sich gerissen haben.

Zwei Männer stehen sich auf der Strasse gegenüber und blicken sich hasserfüllt an.
Banner (Jerome Flynn) legt sich mit Jacob Dutton an und büsst das mit einem Strick um den Hals. © Paramount+

Diese Blut- und Bodenideologie geht mir einfach zu sehr gegen den Strich. Es kostet mich viel Überwindung, darüber hinwegzusehen und andere Aspekte wohlwollend zu betrachten, die die Serie durchaus auch auszeichnen.

Immerhin: Starke Frauenfiguren

Etwa starke Frauenfiguren: Da ist nicht nur Helen Mirren als Jacobs Frau Cara, die sich weder von ihrem Mann noch sonst von einem Cowboy etwas sagen lässt, sondern ihre Meinung durchsetzt. Noch interessanter ist Alexandra (Julia Schlaepfer).

Sie ist eine quirlige englische Lady, die mit einem Jäger durchbrennt, statt einen langweiligen Earl zu heiraten. Der Jäger ist Spencer Dutton, der Neffe von Jacob und Cara, der nach dem Ersten Weltkrieg nach Afrika ging. Alexandra nimmt in keiner Situation ein Blatt vor den Mund, ist witzig und macht Spencer verständnisvoll, aber bestimmt klar, dass sie keine Lust hat, sich mit seinem Kriegstrauma rumzuschlagen.

Ein Mann mit nacktem Oberkörper paddelt in einem Holzboot. Eine nur mit Unterwäsche bekleidete Frau sitzt darin.
Die ganz andere und eigentlich bessere Geschichte: die abenteuerliche Liebe zwischen Spencer Dutton (Brandon Sklenar) und Alexandra (Julia Schlaepfer). © Paramount+

Der ganze Erzählstrang, der sich in Afrika abspielt, bietet nicht nur eine willkommene Abwechslung zur Cowboywelt von Montana. Es ist auch die unterhaltsamere und abenteuerlichere Geschichte, in der ein paar hübsche Boshaftigkeiten sowohl gegen Brit:innen als auch gegen Amerikaner:innen platziert werden.

Die indigene Geschichte – nur ein Feigenblatt?

Was auch nicht fehlen darf in einem Neo-Western, ist der Aspekt der Indigenen. Hier ist es eine junge Frau, Teonna (Aminah Nieves), die in eine Regierungsschule zwangseingewiesen wurde. Die Schule wird von gewalttätigen, sadistischen Nonnen und Priestern geführt, die ihre Schützlinge grausam quälen.

Das macht wütend, schildert wohl historisch akkurat, was jungen indigenen Frauen damals widerfahren ist. Aber bis zum Schluss der ersten Staffel wird nicht klar, ob und wie Teonnas Geschichte zu den Duttons gehört. Deshalb wirkt sie ein wenig wie ein Feigenblatt, weil eben modernes Storytelling über diese Ära nach diversen Figuren verlangt. Abschliessend kann man das erst nach der zweiten Staffel beurteilen.

Ein indigener Mann mit Hut und eine junge Indigene stehen vor einem Hütteneingang.
Teonna (Amina Nieves) flieht aus der Schule und findet bei Hank (Michael Greyeyes) Unterschlupf. © Paramount+
Warten auf die zweite Staffel – und Jacob Duttons Abgang

Wie überhaupt kein einziger Plot der Geschichte über die Duttons in der ersten Staffel abgeschlossen wird. Das frustriert, auch wenn Taylor Sheridan, der Autor der «Yellowstone»-Reihe, schon zu Beginn angekündigt hat, dass «1923» auf 20 Episoden ausgelegt ist.

Ob ich mir die zweite Staffel zumuten werde? Wahrscheinlich schon. Was mit Teonna, Spencer und Alexandra passiert, das möchte ich noch erfahren. Jacob dagegen wird es wohl eh nicht mehr lange machen. Er hat jetzt schon oft darüber sinniert, wie alt er sei. Also kann er hoffentlich nicht mehr allzu viel ideologischen Bullshit absondern.

PS: Wer einen wirklich gelungenen Neo-Western sehen will – den gibt es auch: «The English». Inszeniert von einem Briten und von A bis Z überzeugend.

Wie viele Sterne gibst du «1923» (Staffel 1)?
12 Stimmen

Besetzung: Helen Mirren | Harrison Ford | Brandon Sklenar | Julia Schlaepfer | Jerome Flynn | Darren Mann | Isabel May | Aminah Nieves | Brian Geraghty | Michelle Randolph | Caleb Martin | Robert Patrick | Timothy Dalton
Serie entwickelt von: Taylor Sheridan
Genre: Western | Drama
USA, 2022

Hello Tomorrow! (Staffel 1) – Eine hübsche Idee versandet in einer drögen Geschichte

Serienposter mit Schriftzug. Ein Mann sitzt auf dem Fahrersitz eine Oldtimers bei geöffneter Tür. Das Auto ist aber futuristisch ohne Räder. Am Nachthimmel leuchtet der Mond.
2 von 5 Sternen

Läuft bei: Apple TV+ (1 Staffel, 10 Episoden à 30 Min.)

Was für eine reizvolle Idee, die 50er-Jahre mit futuristischer Technologie im Design der Nachkriegszeit auszustatten: blecherne Roboter, die Hunde Gassi führen und an der Bar Drinks mixen, Videotelefonie mit Röhrenbildschirmen und Limousinen, die ohne Räder über die Strassen gleiten.

Ein schwebender Roboter bedient in einem Restaurant eine Kundin.
In Restaurants und Bars bedienen schwebende Roboter. © Apple TV
Reizvolles Produktionsdesign

Das Produktionsdesign von «Hello Tomorrow!» verdient auf jeden Fall sehr gute Noten und macht viel des Reizes der Serie aus. Aber dann ist da die Geschichte, die eine geringere Anziehungskraft ausübt.

Zwar spielt auch die Story mit der unzeitgemäss hochtechnologisierten 50er-Ära, aber die Ausstattung bleibt nebensächlich. Jack Billings (Billy Crudup) ist ein Handelsreisender, der von Tür zu Tür geht. Er verkauft aber keine Staubsauger, sondern Appartements auf dem Mond.

Zwei Männer und eine Frau stehen an einem Tisch im Freien. Ein Mann deutet nach oben gegen den Himmel, die anderen schauen nach oben.
Da oben werden die Träume der Menschen erfüllt. Jack (Billy Crudup, l.) erklärt seinem Sohn Joey (Nicholas Podany) und seiner Buchhalterin Shirley (Haneefah Wood), was sie ihren Kund:innen verkaufen. © Apple TV
Handelsreisender für Träume

Jack arbeitet mit einem Team von zwei Verkäufern (Hank Azaria und Dewshane Williams) und der Buchhalterin Shirley (Haneefah Wood). Die Verkaufsstrategie, die Jack seinem Team einbläut, lautet: Wir verkaufen nicht Immobilien, sondern Träume.

Das trifft die Wahrheit genauer, als sein Team ahnt. Wir merken schnell, dass Jack etwas verheimlicht. Unter falschem Vorwand lotst er sein Team nach Vistaville. Dort lebt seine Mutter (Jacki Weaver), aber auch seine Frau und sein Sohn Joey (Nicholas Podany), die er beide seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hat.

Zwei Männer und eine Frau stehen in einem Raum mit einem Plakat im Hintergrund.
Herb (Dewshane Williams), Eddie (Hank Azaria) und Shirley wissen lange nicht, dass sie tatsächlich nur Träume verkaufen. © Apple TV
Langatmige Vater-Sohn-Geschichte

Jacks Frau hatte einen Unfall und liegt im Koma. Jack besucht seinen Sohn, ohne sich als Vater zu erkennen zu geben, und heuert ihn als Verkäufer an. Er führt ihn ins Geschäft ein, versucht gleichzeitig eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Aber immer mehr wird deutlich: Jacks Geschäft ist ein Fantasiegebilde, auch nur ein Traum, der mit einer unglücklichen Vaterbeziehung zu tun hat.

Irgendwie ist das ja alles ganz nett, wie die Serie mit dem Traum von einem besseren Leben spielt, der letztlich auf den «American Dream» zurückgeht und klassisch zu den 50er-Jahren passt. In der Nachkriegszeit entstand die breite Mittelschicht der US-Gesellschaft, für die sich das Versprechen von mehr Wohlstand durch harte Arbeit erfüllte.

Eine Frau und ein Mann sitzen in einem kleinen Auto mit Fronttüre.
Myrtle (Allison Pill) kommt Jack auf die Schliche und erhält von Lester (Matthew Maher) Unterstützung. © Apple TV
Die besten Szenen im Trailer

Die Serie plätschert aber meistens dröge dahin. Einige Figuren bringen zwar durchaus Witz in die Geschichte: etwa Hank Azaria als Verkäufer, der wegen seiner Wettschulden von einem Geldeintreiber gejagt wird, oder Alison Pill als enttäuschte Kundin, die Jack ruinieren will.

Alles in allem bleibt die Geschichte dürftig. Das machen auch die technologischen Gimmicks nicht vergessen, von denen man die meisten schon im Trailer sieht. Wenn eine Serie fast alle starken Momente im Trailer ausspielt, ist das immer ein schlechtes Zeichen.

Wie viele Sterne gibst du «Hello Tomorrow!» (Staffel 1)?
0 Stimmen

Besetzung: Billy Crudup | Haneefah Wood | Hank Azaria | Nicholas Podany | Dewshane Williams | Alison Pill | Matthew Maher | Jacki Weaver | Susan Heyward
Serie entwickelt von: Holden Miller
Genre: Drama | Science-Fiction
USA, 2023

Daisy Jones & The Six (Mini-Serie) – Glamouröse Rockgeschichte, aber die Musik enttäuscht

Serienposter mit Schriftzug. Ein Mann und eine Frau umringt von Fans, die Platten und Poster hochhalten. Im Hintergrund ein Privatjet und Palmen.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Amazon (Mini-Serie, 10 Episoden à 45 Min.)

Die Welt der Rockmusik in den 1970er-Jahren mit viel Glamour und noch mehr Drogen, als harte Riffs von Gitarren in der Musik den Ton angaben. Die Bands schwitzten auf der Bühne wie Schwerstarbeiter:innen und die Charts waren ein Gradmesser für Können und Erfolg. Nostalgie pur (für meine Generation).

Songs, die es kaum in die Top Ten geschafft hätten

Vieles davon ist in «Daisy Jones & The Six» zu sehen und bringt das Lebensgefühl – den Groove 😉– der Musikwelt in den 70ern gut rüber. Aber es ist eine Geschichte, wie sie schon oft zu sehen war: der kometenhafte Aufstieg von Musiker:innen und ihr tiefer Fall.

Bedauerlich vor allem, dass der Soundtrack nicht wirklich mitreisst. Ich behaupte, damit hätte es eine Band damals nicht in die Top Ten geschafft.

Die sechs Musiker:innen lachend auf der Bühne vor dem Bandlogo. Jubelnde Fans strecken ihre Hände entgegen.
Eine Band, die nur kurz den grossen Erfolg geniessen konnte. © Amazon Studios

Auch die Originalsongs aus der Zeit, die die Serie verwendet, werden lieblos in 15-Sekunden-Schnipseln ziemlich beliebig eingestreut. Das alles schmälert das musikalische Vergnügen, das ebenso zentral sein müsste wie die Story.

Das grosse Drama beginnt im Kleinen

Was «Daisy Jones & The Six» dafür bietet, ist grosses Drama. Es beginnt zwar alles im Kleinen. Zwei Brüder, Billy (Sam Claflin) und Graham Dunne (Will Harrison) gründen in Pittsburgh eine Band, um den Stahlhütten der Stadt zu entgehen. Sie spielen auf Hochzeiten, Schulfesten und in Bars, bis sie den Sprung nach Kalifornien wagen.

In Los Angeles lebt Daisy Jones (Riley Keough), die von einer Karriere als Singer/Songwriter träumt. Sie heisst eigentlich Margaret. Weil sie aber ihre Eltern, insbesondere ihre Mutter, hasst, legt sie sich einen neuen Namen zu.

Rückblick in dokumentarischen Interviews

Die Wege von Daisy und der Band aus Pittsburgh werden sich kreuzen. Als «Daisy Jones & The Six» werden sie mit ihrem Album «Aurora»zu Superstars, die 1977 auf dem Höhepunkt des Erfolgs in Chicago vor 50’000 Fans spielen. Es wird ihr letztes Konzert.

Zwei Frauen und ein Mann sitzen am Boden vor Lautsprechern und einem Schlagzeug. Er in der Mitte, die eine Frau liegt auf seinem Schoss, die andere hat ihren Arm auf seine Schultern gelegt.
Ein Grund für den Absturz: die komplizierte Dreiecksbeziehung zwischen Camila (Camila Morrone), Billy (Sam Claflin) und Daisy (Riley Keough). © Amazon Studios

Vom Ende erfahren wir gleich am Anfang. Die Geschichte ist als dokumentarischer Rückblick aufgebaut. 20 Jahre später erzählen Daisy und die Mitglieder der Band «The Six» in separaten Interviews, wie die Band aufstieg und über Nacht auseinanderbrach.

Für den Erfolg sind zwei Faktoren verantwortlich. Zum einen der Produzent Teddy Price (Tom Wright), der Daisy mit der Band zusammenbringt. Zum andern die Chemie zwischen Daisy und Billy, die sich gegenseitig zu musikalischen Höchstleistungen antreiben.

Zwei Männer stehen vor Bühnenausrüstung.
Tourmanager Rod (Timothy Olyphant) und Produzent Teddy (Tom Wright) tragen erheblich zum Erfolg der Band bei. © Amazon Studios
Die Funken sprühen zwischen Daisy und Billy

Das verläuft zu Beginn alles andere als harmonisch. Billy hat einen Song geschrieben, den die Plattenfirma nicht will. Teddy gibt ihn Daisy, um ihn zu einem Duett umzuschreiben. Als Daisy mit ihrer Version im Studio auftaucht, wird Billy fuchsteufelswild. Aber der Song «Look at Us Now (Honeycomb)» wird zum Hit (und ist auch der beste Song, den wir von der Band zu hören bekommen).

Der Song wird zum Erfolg, weil zwischen Daisy und Billy nicht nur musikalisch die Funken sprühen. Aber diese Beziehung, die durch die beiden Fleetwood Mac-Stars Stevie Nicks und Lindsey Buckingham inspiriert sein soll, ist nicht nur kompliziert, sondern zerstörerisch.

Ein Mann mit Gitarre auf der Bühne, eine Frau neben ihm. Sie singen, die Köpfe nah zueinander gesteckt.
Wenn Daisy und Billy auf der Bühne stehen, spürt man das Knistern in ihrer Beziehung. © Amazon Studios

Da begegnen sich zwei, die zusammen viel mehr sind, als nur zwei Hälften. Es sind aber auch zwei kaputte Figuren aus einem gestörten Elternhaus, selbstsüchtig und mit massiven Drogenproblemen.

Die Band spielt nicht nur zweite Geige

Wobei Billy seine Sucht bekämpft. Er hat einen Entzug hinter sich, als Daisy zur Band stösst. Dann ist da noch das Problem, dass Billy mit Camila (Camila Morrone) verheiratet ist und eine kleine Tochter hat.

Ein Mann und eine Frau stehen in einem Wohnzimmer, das weihnachtlich dekoriert ist.
Graham (Will Harrison) und Karen (Suki Waterhouse) verheimlichen ihre Beziehung lange vor der Band. © Amazon Studios

Nicht nur diese Dreiecksbeziehung von Daisy, Billy und Camila liefert intensives Drama. Graham und Keyboarderin Karen (Suki Waterhouse) sind heimlich ein Paar, das sich einer schwierigen Entscheidung stellen muss. Bassist Eddie (Josh Whitehouse) ist in Camila verliebt und fühlt sich nicht nur deshalb dauernd in die zweite Reihe verbannt.

Einzig Schlagzeuger Warren (Sebstian Chacon) scheint die ganze Zeit zufrieden. Er erinnert an Ringo Starr, der selbst im grössten Beatles-Trubel unbekümmert seine Beats trommelte, wie vor kurzem im Dokumentarfilm «The Beatles: Get Back» zu sehen war. Dass Warren am Schluss eine Schauspielerin heiratet, ist ein weiterer Wink in diese Richtung.

Ein Mann mit krausem Haar, der lacht. Daneben ein zweiter Mann mit einem Getränk in der Hand und dunkler Sonnenbrille.
Schlagzeuger Warren (Sebastian Chacon) und Bassist Eddie (Josh Whitehouse) stehen weniger im Zentrum, aber geben der Story einen weiteren Farbtupfer. © Amazon Studios
Der Kniff am Schluss, den man lieben oder hassen wird

Obwohl wie gesagt der Handlungsbogen vertraut ist und etwas zu breit ausgewalzt wird, schafft es «Daisy Jones & The Six», dass man für die Figuren Empathie entwickelt.

Dann ist da noch dieser Kniff in der letzten Episode, der wahrscheinlich nicht bei jedem:r gleich wirkt. Entweder wischt man ihn als billiges Pathos beiseite oder man wird zu Tränen gerührt sein. Emotionen weckt dieser Storytwist auf jeden Fall.

Wie viele Sterne gibst du «Daisy Jones & The Six»?
9 Stimmen

Besetzung: Riley Keough | Sam Claflin | Camila Morrone | Suki Waterhouse | Will Harrison | Josh Whitehouse | Sebastian Chagon | Nabiyah Be | Tom Wright | Timothy Olyphant | Gavin Drea
Serie entwickelt von: Scott Neustadter | Michael H. Weber
Genre: Musik | Drama
USA, 2023

Night Sky (Staffel 1) – Liebe, Tod, Trauer und ein fremder Planet

Serienposter mit Schriftzug. Eine Frau und ein Mann (Spacek und Simmons) im Halbkörperprofil. In der Bildmitte: Eine dunkle Landschaft. Aus einer Hütte strahlt Licht. Zwei Menschen gehen darauf zu. Am Sternenhimmel rote Wolken.
3 von 5 Sternen

Läuft bei: Amazon (1 Staffel, 8 Episoden à 50 Min.)

Es gibt zwei gute Gründe, sich «Night Sky» anzuschauen: Sissy Spacek und J.K. Simmons. Beide mit einem Oscar ausgezeichnet und seit Jahrzehnten bekannte Namen im Showbusiness.

Dass man auf diese beiden Namen etwas geben kann, beweisen sie in der Serie. Ihre Präsenz macht die Stärke aus von «Night Sky». Sie spielen ein alterndes Ehepaar, das sich immer mehr damit auseinandersetzen muss, dass ihre Zweisamkeit bald zu Ende geht.

Das Geheimnis unter dem Gartenhaus

Irene ist gebrechlich. Nach einem Sturz muss Franklin sie im Rollstuhl rumfahren. Er ist noch gut zu Fuss, aber ziemlich vergesslich. Sie hatten wohl ein gutes Leben, wenn auch nicht ohne Tragödien. Die schlimmste: Ihr Sohn hat sich in jungen Jahren das Leben genommen.

Ein Mann und eine Frau stehen in der Küche eines Hauses.
Franklin (J.K. Simmons) und Irene (Sissy Spacek) sind sich auch nach Jahrzehnten noch immer tief verbunden. © Amazon Studios

Dann ist da noch etwas ganz anderes. Irene und Franklin hüten ein Geheimnis. Unter ihrem Gartenhaus verbirgt sich ein Portal, das zu einer anderen Welt führt. Sie haben es kurz nach dem Tod ihres Sohnes entdeckt und seither über 800-mal diesen fremden Planeten besucht.

Ein Zimmer mit Blick auf einen fremden Planeten

Viel zu erleben gibt es da allerdings nicht. Sie sitzen in einem Zimmer und blicken aus dem Fenster auf eine felsige Landschaft. Es gäbe zwar eine Tür, die auf die Oberfläche des Planeten führt. Aber sie haben sie nie benutzt, es scheint ihnen zu gefährlich.

Irene liebt diese Ausflüge. Sie ist überzeugt, dass sich ihnen irgendwann offenbart, was es mit diesem Planeten auf sich hat. Franklin dagegen geht nur noch ihretwegen mit. Für ihn hat das Portal jeden Reiz verloren.

Als sich Irenes Krankheit verschlechtert, entschliesst sie sich, ein letztes Mal den Planeten zu besuchen. Sie schreibt Franklin einen Abschiedsbrief und geht alleine zum Portal.

Eine Frau und ein Mann stehen in einem kuppelartigen Raum in dem zwei Sessel stehen. Ein ovales Fenster gibt den Blick frei auf einen fremden Planeten.
Ihr grosses Geheimnis: Ein Zimmer mit Blick auf einen fremden Planeten. © Amazon Studios
Die Serie wird zum Thriller – leider

Es hätte eine Geschichte werden können, wie das Leben dieser beiden liebenswürdigen, etwas kauzigen Alten noch einmal eine ganz andere Wendung nimmt. Stattdessen wird «Night Sky» zum Thriller, in dem es um eine Art Kult geht, der Abtrünnige erbarmungslos jagt.

Jude (Chai Hansen) ist ein Abtrünniger, was wir aber erst viel später erfahren. Irene findet ihn bei ihrem Besuch im Portal blutverschmiert am Boden liegend. Sie bricht ihr ursprüngliches Vorhaben ab, lässt den Abschiedsbrief verschwinden und bringt Jude zurück ins Haus.

Ein junger Mann sitzt auf einem Sofa und hält ein Buch in den Händen.
Aus dem nichts taucht Jude (Chai Hansen) auf. Er ist vor einem Kult geflohen und sucht seinen Vater. © Amazon Studios

Franklin ist über den Gast überhaupt nicht begeistert. Er misstraut dem jungen Mann und befürchtet, dass er Irene nur ausnützt und sie enttäuschen wird.

Die Wächterin des Portals

Jetzt wird eine zweite Handlungsebene eingeführt. Irgendwo in Südamerika leben Stella (Julieta Zylberberg) und ihre Tochter Toni (Rocío Hernández). Stella ist die Wächterin eines anderen Portals, was sie bislang ihrer Tochter verschwiegen hat.

Sie bekommt von einem Mitglied dieses ominösen Kults, das irgendwie mit den Portalen zu tun hat, den Auftrag, einen Abtrünnigen zu finden. Jetzt weiht sie ihre Tochter in das Geheimnis des Portals ein und nimmt sie mit auf die Suche nach dem Abtrünnigen.

Eine junge Frau und ihre Mutter stehen in einer Stahlkonstruktion - ein Portal.
Toni (Rocío Hernández) wird von ihrer Mutter (Julieta Zylberberg) in das Familiengeheimnis eingeweiht. Sie sind Hüterinnen eines Portals. © Amazon Studios
Wo die Serie an Kraft verliert

Erst ganz am Schluss kommen diese Handlungsebenen zusammen. Dass sich die Serie Zeit lässt, ist weniger das Problem. Das gemächliche Erzähltempo nimmt man in Kauf, ja geniesst es sogar, solange Irene und Franklin im Fokus stehen.

Sobald es aber um Jude, seine Geschichte oder diesen ominösen Kult geht, verliert die Serie an Kraft. Das liegt sicher an den Schauspieler:innen. Neben Spacek und Simmons hat so manche:r einen schweren Stand.

Es liegt auch daran, dass das Mysterium dieser Portale vielleicht ein bisschen Neugier weckt. Aber die wirklich emotionale Geschichte, die einen berührt und packt, ist die Gefühlswelt von Irene und Franklin. Fremde Planeten und Portalanbeter:innen braucht es da eigentlich nicht mehr.

Eine junge Frau steht mit verschränkten Armen vor dem Eingang zu einem Haus.
Denise (Kiah McKirnan) ist die Enkelin von Irene und Franklin. Sie ist besorgt und fragt sich, ob ihre Grosseltern noch ohne Hilfe auskommen können. © Amazon Studios
Ein Cliffhanger, der nie aufgelöst wird

Aber leider ist das nicht der Weg, den «Night Sky» einschlägt. Der Cliffhanger am Schluss spielt einerseits ausserhalb des Zimmers auf dem Planeten und führt eine neue Gruppierung ein, die offenbar im Zwist mit dem Kult steht.

Wohin das führt, werden wir allerdings nicht erfahren. Die Serie wurde von Amazon nach der ersten Staffel abgesetzt. Das ist vielleicht gut so, wenn sich die Geschichte immer weiter von Irene und Franklin entfernt hätte. So bleibt einem von «Night Sky» zumindest der starke Auftritt von Sissy Spacek und J.K. Simmons in Erinnerung.

Wie viele Sterne gibst du «Night Sky» (Staffel 1)?
0 Stimmen

Besetzung: Sissy Spacek | J.K. Simmons | Chai Hansen | Kiah McKirnan | Adam Bartley | Julieta Zylberberg | Rocío Hernández | Sonya Walger
Serie entwickelt von: Holden Miller
Genre: Drama | Mystery | Science-Fiction
USA, 2022

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