Shōgun (Mini-Serie) – Dieses umwerfende Historiendrama muss man gesehen haben

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Serienposter mit Schriftzug. Ein Samurai reitet auf einem weissen Pferd mit gezücktem Schwert.
5 von 5 Sternen

Läuft bei: Disney+ (Mini-Serie, 10 Episoden à 60 Min.)

Was für eine Wohltat und Augenweide: Ein so verschwenderisch inszeniertes Drama wie «Shōgun» war schon lange nicht mehr zu sehen auf dem Bildschirm. In Zeiten, in denen Streaminganbieter die Kosten drücken, grenzt es an ein Wunder, dass ein solches Epos überhaupt zustande kam. Vor allem im Hause Disney, zu dem FX gehört, die Firma, die «Shōgun» produziert hat.

Ein umwerfendes TV-Ereignis

Die Planung für die Serie hatte allerdings lange vor dem Sparbefehl von Disney-Chef Bob Iger begonnen. Ursprünglich sollten die Dreharbeiten 2019 beginnen. Wegen Qualitätsproblemen und Covid verzögerte sich die Produktion aber um gut zwei Jahre.

Was FX jetzt abgeliefert hat, ist schlicht umwerfend, ein echtes Ereignis. So wie man mit dem verklärt nostalgischen Blick die grossen Shows in den Anfängen des Streamingzeitalters in Erinnerung hat, die Fernsehen neu definierten.

Ein Mann in festlicher Kleidung hält einen Fächer hoch. Hinter ihm stehen die Menschen mit erhobenen Fäusten.
Yoshii Toranaga (Hiroyuki Sanada) wird der Begründer einer grossen Dynastie. Sanada spielt nicht nur eine der Hauptrollen. Er war als Produzent massgeblich für die authentische Inszenierung verantwortlich. © FX/Disney+

«Shōgun» bietet alles, was das Zuschauer:innenherz begehrt: grosses Drama, hinterhältige Intrigen, blutige Kämpfe, unerfüllte Liebe, grossartige Bilder, aufwendiges Setdesign und umfangreiche Spezialeffekte.

Authentischer Blick auf die Geschichte

Man muss der Serie nicht zuletzt zugutehalten, dass sie sehr authentisch in die japanische Geschichte des 17. Jahrhunderts eintaucht. Das war beim Fünfteiler von 1980 mit Richard Chamberlain in der Hauptrolle nicht der Fall. Im Mittelpunkt stand der Mann aus Europa und sein westlicher Blick auf die Machtkämpfe japanischer Fürsten.

Anders bei «Shōgun»: Hier ist der englische Lotse John Blackthorne (Cosmo Jarvis), der mit einem niederländischen Schiff Japan erreicht, nur eine von vielen Figuren, die der Fürst Yoshii Toranaga (Hiroyuki Sanada) in seinen Ränkespielen einsetzt. Ganz am Schluss sagt Toranaga über den Europäer, er habe ihn nur am Leben gelassen, weil er ihn zum Lachen gebracht habe.

Ein westlicher Mann kniet am Boden, die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Zwei japanische Wächter stehen an seiner Seite.
John Blackthorne (Cosmo Jarvis) ist nicht willkommen in Japan. Unter anderem trachten ihm die portugiesischen Priester nach dem Leben, weil er ihr Handelsmonopol bedroht. © FX/Disney+
Der Ränkeschmied, der Barbar und die Übersetzerin

Die Optik ist also eindeutig auf die Geschichte gerichtet, wie Toranaga den Tod des Herrschers nutzt, um selber die Macht im Land zu übernehmen. Dabei spielt Blackthorne zwar durchaus eine Rolle, aber bei weitem keine tragende. Er dient vor allem dazu, die westliche Ignoranz gegenüber der japanischen Kultur zu personifizieren.

Blackthorne lernt aber laufend dazu. Mit der Zeit respektiert er auch die ungewohnten Rituale und Wertvorstellungen. Seine Lehrerin ist Toda Mariko (Anna Sawai). Sie ist zum Katholizismus konvertiert und hat von den Priestern die Sprache der Europäer gelernt. Sie fungiert als Übersetzerin für Blackthorne.

Eine Frau in einem Haus, hinter ihr zwei Bedienstete.
Toda Mariko (Anna Sawai) ist eine treue Untergebene ihres Fürsten und dient als Übersetzerin. Sie spielt aber in der Geschichte eine viel bedeutendere Rolle, als es zuerst scheint. © FX/Disney+

Mariko ist neben Toranaga die überragende Figur in der Serie, hervorragend gespielt von Anna Sawai («Monarch: Legacy of Monsters») mit stoischer Mimik, nur selten lächelnd, und wenn, dann meistens, weil es der Anstand gebietet.

Die historischen Vorbilder der grossartigen Saga

Dass sich zwischen dem Barbaren, wie Blackthorne meistens genannt wird, und seiner Übersetzerin eine Liebesgeschichte entspinnt, könnte man als klischiert ansehen. Weil die Romanze ganz anders verläuft, als man es üblicherweise erwarten würde, gehört sogar sie zu den starken Momenten der Serie.

Die Liebesgeschichte fällt aber auch aus dem Rahmen, weil sie im Gegensatz zum Grossteil der Geschichte frei erfunden ist. Toranaga und Blackthorne basieren auf historischen Figuren. Vorbild für Toranaga war Tokugawa Ieyasu, Begründer einer über 200-jährigen Shōgun-Dynastie.

Ein Mann und eine Frau sitzen auf Felsen am Meeresufer.
Da sind viele Emotionen in der Beziehung zwischen Mariko und Blackthorne. Aber zum Glück bleibt uns eine Klischeeromanze erspart. © FX/Disney+

Der historische Blackthorne hiess William Adams und war der erste Engländer, der per Schiff Japan erreichte, dort blieb und als Berater von Tokugawa Ieyasu diente. Auch Mariko basiert auf einer historischen Figur, die eine entscheidende Rolle spielte in der Zeit der Machtkämpfe um die Vorherrschaft in Japan. Allerdings war Hosokawa Gracia nicht wie in der Serie eine Untergebene Tokugawas.

Ist die Geschichte zu Ende erzählt?

«Shōgun» endet wie die Romanvorlage von James Clavell mit dem Ausblick auf die entscheidende Schlacht, die Toranaga gewinnen wird. Die Geschichte ist damit erzählt, wie der Shōgun an die Macht kam.

Aber sowohl Toranagas als auch Blackthornes historische Vorbilder lebten noch für viele Jahre. So stellt sich die Frage, ob das nicht Stoff bieten könnte für eine zweite Staffel. Denn «Shōgun» erhält überall nur grosses Lob und wird schon jetzt als eine der besten Serie des Jahres gefeiert.

Zwei Fürsten mit Schwerter im Wald. Sie unterhalten sich.
Als Vasall Toranagas müsste Kashigi Yabushige (Tadanobu Asano) seinem Herrn treu ergeben sein. Doch er verfolgt seine eigenen Ziele. © FX/Disney+
Clavells «Asian Saga» böte noch viel Stoff

Die beiden Showrunner Justin Marks und Rachel Kondo wiesen die Idee einer Fortsetzung zuerst zurück, scheinen angesichts des riesigen Erfolgs aber nicht mehr so abgeneigt. Selbst wenn es keine direkte Fortsetzung der Toranaga-Story gäbe – Clavell hat eine ganze «Asian Saga» geschrieben, die neben «Shōgun» fünf weitere Bücher umfasst.

Bleibt ganz am Schluss nur noch die Frage, ob FX nochmal so viel Geld in die Hand nehmen will und aus dem Disney-Hauptquartier grünes Licht erteilt würde. Wir werden sehen.

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Besetzung: Cosmo Jarvis | Anna Sawai | Tadanobu Asani | Hiroyuki Sanada | Fumi Nikaido | Tokuma Nishioka | Takehiro Hira | Shinnosuke Abe | Tommy Bastow
Serie entwickelt von: Rachel Kondo | Justin Marks
Genre: Drama | Historie | Abenteuer
USA, 2024

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