Läuft bei: Paramount+ (1 Staffel, 8 Episoden à 45 Min.)
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr regt mich dieser Ami-Heldinnenscheiss auf. Unter anderem genau darum, weil es hier um Heldinnen geht, die als Killerkommando für die US-Regierung unliebsame Gestalten aus dem Weg räumen.
Der feuchte Traum von MAGA-Fans
Das kann man als «captivating take on female strength in military special ops and espionage» vermarkten und findet tatsächlich Kritiker, die das so bejubeln. Ich tendiere zur Ansicht der Kritikerin von Variety: «[It is a] take on pop feminism [that] weaponizes women’s liberation in service of the military industrial complex».
Sicher, MAGA-Anhänger:innen werden begeistert sein, wie Joe (Zoe Saldana) als Anführerin des Spezialkommandos «Lioness» mit ihrem Team ein feindliches Lager per Drohnenangriff in die Luft jagt. Und sie werden frohlocken, wenn die Truppe bei einem illegalen Einsatz in Texas ein Blutbad anrichtet.
Mir geht diese reaktionäre, nationalistische Ideologie, die hier hemmungslos und undifferenziert gefeiert wird, gewaltig auf den Geist. Erst im Nachhinein wurde mir bewusst, dass nichts anderes zu erwarten war.
Sechs Serien, die «Special Ops: Lioness» in den Schatten stellen
Homeland (2011 – 2020, 8 Staffeln, bei Disney+): Claire Danes als bipolare CIA-Agentin Carrie Mathison, die im Nachgang zu 9-11 gegen islamischen Terror kämpft.
Killing Eve (2018 – 2022, 4 Staffeln, bei Netflix): Eine Auftragskillerin und eine MI5-Agentin, die sich gegenseitig nach dem Leben trachten und sich gleichzeitig zueinander hingezogen fühlen.
Kleo (2022 – , 1 Staffel, bei Netflix): Nochmal eine Auftragskillerin, diesmal aus der DDR. Kleo arbeitet für die Stasi, wird aber von den eigenen Leuten hintergangen und begibt sich auf einen Rachefeldzug.
The Americans (2013 – 2018, 6 Staffeln, bei Prime Video): Ein unscheinbares Ehepaar, das in einem Vorort von Washington lebt, ist in Wahrheit ein kaltblütiges Duo, das für den KGB spioniert und über Leichen geht.
The Diplomat (2023 – , 1 Staffel, bei Netflix): Die neue US-Botschafterin in England mit CIA-Hintergrund sieht sich als Diplomatin gleich mit einer grossen internationalen Krise konfrontiert.
Alias (2001 – 2006, 5 Staffeln, bei Disney+): Sydney (Jennifer Garner) wird als Studentin angeheuert, um vermeintlich für die CIA zu arbeiten. Das stellt sich als Lüge heraus. Die Serie wurde von J. J. Abrams entwickelt.
Vom Macher der «Yellowstone»-Reihe, natürlich
Denn der Kopf hinter der Serie ist Taylor Sheridan, der auch die «Yellowstone»-Reihe plus Ableger («1923» und «1883») erschaffen hat. Das sind gut gemachte Western, wenn man grosszügig über die Glorifizierung des US-amerikanischen Gründermythos hinwegsieht. Kann ich aber nicht. Bei Cowboys, die gewaltsam «ihr Land» verteidigen, wird mir einfach übel.
Bei «Special Ops: Lioness» muss man sogar bei «gut gemacht» ein Fragezeichen setzen. Produktionstechnisch ist die Serie einwandfrei. Aber bei der Figurenzeichnung ist sie missglückt und bei den Dialogen manchmal unterirdisch.
Joe ist verheiratet und hat zwei Töchter. Was natürlich zur Doppelbelastung als Werktätige und Mutter führt. Glücklicherweise übernimmt ihr Mann einen grossen Teil der Kinderbetreuung. Dennoch leidet Joe darunter, dass ihre Teenager-Tochter sie hasst, weil sie dauernd abwesend ist.
Mami muss Amerika beschützen
Als ihre Tochter nach einem Autounfall schwer verletzt im Krankenhaus liegt, nimmt sich Joe die Zeit, mit ihr zu reden. Wobei sie eigentlich nur über sich selber redet. Wie wichtig ihr Job sei. Und Mami sei halt nicht viel zuhause, weil sie US-amerikanische Leben beschützen müsse, jammert die professionelle Killerin der Tochter vor.
Die 14-Jährige war übrigens schwanger und verlor das Kind beim Unfall. Was Tochter und Eltern eine schwierige Entscheidung abnahm. Oder wie Joes Mann sagte: «Gott hat entschieden.» Vielleicht hätte er sich besser nicht auf ihn verlassen und seiner Tochter Verhütungsmittel besorgt. Der Mann ist schliesslich Arzt.
Noch skurriler ist die Story, die Sheridan der zweiten Hauptfigur andichtet. Cruz (Laysla De Oliveira) wird von ihrem Partner misshandelt. Auf der Flucht vor ihm landet sie im Rekrutierungsbüro der Marines, tritt in die Armee ein. Sie kann sich dank der harten Ausbildung selber beweisen und ihr Trauma loswerden. Hey, so einfach geht das.
Politiker:innen sind Schlappschwänze
Da sie taffer ist als ihre Macho-Kameraden, wird Joe auf sie aufmerksam und holt sie in ihr Spezialkommando. Cruz wird auf die Tochter eines arabischen Terrorfinanciers angesetzt und verliebt sich prompt in ihre Zielperson. Woraus nicht mal wirklich ein Loyalitätskonflikt entsteht, wie eigentlich zu erwarten wäre.
Erwähnen kann man noch, dass Nicole Kidman und Morgan Freeman mitspielen. Warum auch immer. Sie decken die politische Dimension ab. Kidman als CIA-Beamtin, die den «Lioness» den Rücken freihält. Freeman als Aussenminister, der – wie alle im politischen Establishment – ein feiger Schlappschwanz ist. Er lässt die «Lioness» zwar die Drecksarbeit machen, will aber ja keinen Ärger.
Selbst wenn man bei «Special Ops: Lioness» den ideologischen Überbau weglässt, kann man der Show bestenfalls attestieren, dass sie ein gelungener Werbefilm für die Armee ist. Das kommt wie gesagt bei einem Teil der Amis sicher gut an. Aber der Rest der Welt muss sich die selbstgerechte Verherrlichung dieser US-amerikanischen Geisteshaltung nicht antun.
Besetzung: Zoe Saldana | Laysla De Oliveira | Dave Annable | Nicole Kidman | Morgan Freeman | Michael Kelly | Martin Donovan | Stephanie Nur
Serie entwickelt von: Taylor Sheridan
Genre: Action | Thriller | Drama
USA, 2023
Schreibe einen Kommentar