

Läuft bei: Sky Show (4 Staffeln, 39 Episoden à 50 Min.)
Diese Besprechung enthält Spoiler
Zugegeben: Ich bin schon ein wenig verunsichert, ob ich schlicht ein Banause bin. Könnte das der Grund sein, dass ich’s nicht checke, was den Rest der Welt an «Succession» so grenzenlos begeistert (hier ein Beispiel)? Oder – was ich für wahrscheinlicher halte 😜 – ich habe recht, wenn ich die Serie mittelmässig finde und völlig überschätzt.
Ich finde die Serie nicht wirklich schlecht. Aber mir sträuben sich die Nackenhaare, wenn ich die überschwänglichen Lobeshymnen lese, die als Vergleich Shakespeare heranziehen und die treffende Gesellschaftskritik der Serie besingen. Sorry, das sehe ich nicht. Das muss ein Phänomen von Massenhysterie sein.
Die Welt der widerlichen Idiot:innen
Ich sehe eine Familiensaga, die mit mehrheitlich widerlichen und intellektuell teilweise massiv benachteiligten Menschen zu Beginn eine einigermassen interessante Geschichte über Macht(missbrauch), Geld, Liebe und das unersättliche Streben danach erzählt. Ab der zweiten Staffel beginnt sich die Geschichte im Kreise zu drehen und Handlung wird ersetzt durch affektierte Inszenierung.

In der letzten Staffel werden die ewig gleichen Plots in noch kürzeren Abständen wiederholt, so dass einem der eigentliche ultimative Höhepunkt nur noch ein Gähnen entlockt. Die Storylogik hat sich bis dann sowieso ins Abstruse verabschiedet. Dass die Allianzen unter den drei Geschwistern zum x-ten Mal eine Volte machen, löst nur noch Kopfschütteln aus.
Slapstick statt Drama – Hurra, der Alte ist tot
Obwohl ich die Episode in dieser Staffel fast die beste der ganzen Serie fand, in der der alte Tyrann endlich im Flugzeug den Löffel abgibt. Wie die Kids am Boden hyperventilieren und von Tom im Flugzeug sekündlich Updates verlangen, was gerade passiert, ist glorioser Slapstick (den man nicht mit Drama verwechseln sollte).
Symptomatisch auch, wie Shiv (Sarah Snook), Ken (Jeremy Strong) und Roman (Kieran Culkin) völlig realitätsfremde oder sinnlose Ideen wälzen, was man unternehmen könnte, um den Vater zu retten. Darin sind sie grossartig. Leider kam keiner auf die Idee, australische Flying Doctors über den Schlauch einer Tankmaschine an Bord des Privatjets zu pumpen. Die Idee hätte zu Roman gepasst, der ja oft wie ein Kleinkind in seiner Fantasiewelt lebt.

Nervige Inszenierung mit affigen Dialogen
Man wünscht sich nachträglich, das alles wäre doch schon in der ersten Staffel passiert. Dann hätten wir uns ein gutes Dutzend Episoden ersparen können, in denen nicht viel passiert. Die grosse Frage, wer denn jetzt auf Logan folgt, hätte man ebenfalls schon damals so antiklimaktisch beantworten können, wie es jetzt erst nach vier Staffeln passiert ist.
Abgesehen von der Handlung, ist wie oben schon erwähnt, die Inszenierung über weite Strecken nervig. Dass die Kadenz der «fucks» und «fuckings» neue Höhen erklimmt, ist schon fast vernachlässigbar.
Die unzähligen Dialoge aber, bei denen die Regieanweisung lautete: Redet mal alle für zwei Minuten durcheinander, ohne dass ihr etwas Sinnvolles sagt, gehen gewaltig auf den Keks. Zu hören sind dann Sätze, die dreimal angefangen und nie beendet werden. Das ist nur noch affig.
Gesellschaftssatire? Das kann man fast gelten lassen
Am unterhaltsamsten sind noch Dünn und Doof, weil Tom Wambsgans (tönt das nur für deutsche Ohren wie eine Figur aus Donald Duck?) und Greg unmissverständlich die Slapstick-Guys sind. Da gibt’s keine vermeintlichen Grautöne, Zwiespältigkeiten oder Charakter(un)tiefen wie bei den drei verwöhnten Rotzlöffeln. Aber auch hier: Beim dritten «Greg, you’re fucked!» wird’s langweilig und eintönig.

Kann man «Succession» wenigstens als Gesellschaftssatire lesen? Am ehesten. Die dysfunktionale Familie, die immense Macht besitzt, sich mit Jasagern und A…schleckern umgibt und nur ans eigene Wohlergehen denkt – ja, das kann man als Systemkritik gelten lassen.
Aber gleichzeitig schwelgt die Serie zu oft und zu selbstverständlich in den Auswüchsen dieser Welt der Superreichen. Da kommt bei mir der Verdacht auf, dass sie der Faszination des Mammons erlegen ist und auch die Zuschauer:innen halt den Blick in diese verborgene Welt der Privatjets und Superjachten geniessen.
Was will mir «Succession» eigentlich sagen?
Kommt hinzu, eine «normale» Welt ist in «Succession» fast völlig inexistent. Was gleichzeitig heisst: Es wird allenfalls ganz am Rande sichtbar, welche Auswirkungen die Handlungen der Protagonist:innen auf die restlichen 99,9 Prozent haben.

Was also will mir die Serie am Ende sagen? Dass Unfähigkeit kein Hindernis ist, um Macht zu erben? Dass das System völlig am A…sch ist? Dass man eigentlich auf dem Times Square eine Guillotine aufstellen sollte? Ich weiss es nicht. Und ich bin mir nicht sicher, ob die Serienmacher das wissen.
Auch wenn mir die Serie künftig dutzendfach um die Ohren gehauen wird als Highlight des Jahrzehnts: «Succession» ist vorbei, und das ist gut so. Mehr ist da nicht, schon gar nicht ein Platz in meinen Top Ten.
Besetzung: Brian Cox | Jeremy Strong | Sarah Snook | Kieran Culkin | Alan Ruck | Matthew Macfadyen | Nicholas Braun
Serie entwickelt von: Jesse Armstrong
Genre: Drama | Komödie
USA, 2018-2023
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