Under the Banner of Heaven (Mini-Serie) – Ein Doppelmord im Namen Gottes

Serienposter mit Schriftzug. Ein Mann legt nachdenklich seine Hand an die Stirn. Im Hintergrund bedrohliche Stimmunge am Himmel mit düsteren Wolken.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Disney+ (Mini-Serie, 7 Episoden à 60 Min.)

Wem sich bei den Themen Glauben und Religion die Nackenhaare sträuben, kann hier aufhören zu lesen. Denn es geht bei der True-Crime-Serie «Under the Banner of Heaven» zwar auch um die Aufklärung eines Doppelmordes, der 1984 im US-Bundesstaat Utah geschah.

Aber im Vordergrund steht das Thema religiöser Fanatismus. Und es ist die Geschichte eines gläubigen Polizisten, der das Verbrechen untersucht und immer mehr an seiner Kirche und an seinem Glauben zu zweifeln beginnt.

Der Ehemann bestreitet den Mord

Ausgangspunkt ist der brutale Mord an Brenda Wright Lafferty (Daisy Edgar-Jones) und ihrer 15 Monate alten Tochter in einer Mormonengemeinde. Als die Polizisten Jeb Pyre und Bill Taba den Tatort untersuchen, taucht Brendas Mann Allen auf in blutverschmierten Kleidern.

Mehrere Menschen sitzen an einem gedeckten Tisch und haben die Hände zum Gebet gefaltet.
Brenda (Daisy Edgar-Jones, Mitte) ist eine gläubige Mormonin, allerdings weniger streng als die Familie Lafferty, in die sie einheiratet. © Disney+ / FX

Allen wird verhaftet, aber er bestreitet den Mord. Die Täter seien bärtige Männer gewesen. Was in dieser Gegend ungewöhnlich ist, denn Mormonen tragen keine Bärte. Und hier leben sehr viele Anhänger der «Church of Jesus Christ of Latter-day Saints», kurz LDS.

Eine strenggläubige Familie, die keine Abweichler toleriert

Die Familie Lafferty, in die Brenda eingeheiratet hat, ist eine sehr einflussreiche LDS-Familie, quasi die Kennedys der Gegend. In Rückblenden sehen wir, wie die grosse Familie feiert, der autoritäre Vater einen seiner erwachsenen Söhne mit dem Gürtel prügelt und wie Brenda in die Familie kommt.

Die Laffertys sind strenggläubig. Der «Heavenly Father» bestimmt das ganze Leben und die Worte von Joseph Smith, dem Gründer, sind Gesetz. Brenda dagegen stammt aus einer weniger orthodoxen Familie aus Idaho. Sie ist zwar gläubig, vertritt aber auch andere Ansichten, vor allem was die Unterwürfigkeit der Frau in der Ehe angeht.

Ein Mann steht und hält ein Blatt Papier vor sich. Sitzend um ihn herum hören drei andere Männer zu.
Ron Lafferty (Sam Worthington, stehend) erhält göttliche Eingebungen, die er seinen Mitbrüdern verkündet. © Disney+ / FX

Allens Brüdern missfällt das. Denn Brenda freundet sich mit ihren Frauen an und sie befürchten, dass diese sich von Brenda beeinflussen lassen. Gefährlich wird es für Brenda aber erst, als sich die Brüder, allen voran Dan (Wyatt Russell) und Ron (Sam Worthington), radikalisieren.

Der Polizist beginnt zu zweifeln

Sie knüpfen Verbindungen zu Fundamentalisten und verfallen immer mehr dem Wahn, sie seien ausersehen, den wahren Glauben wiederherzustellen. Dazu gehört, dass Abtrünnige ihre Schuld mit Blut bezahlen müssen.

Jeb Pyre kommt dieser Geschichte Schritt für Schritt auf die Spur. Je weiter er vordringt in diese Welt des religiösen Fanatismus, desto mehr bröckelt sein eigenes Glaubensfundament.

Ein Mann steht in der Küche und lacht. Er schaut auf drei Mädchen, die vor ihm spielen.
FürJeb Pyre (Andrew Garfield) wird der Fall zum Prüfstein für seinen Glauben und erschüttert auch sein Familienleben. © Disney+ / FX

Dazu trägt zudem bei, dass seine Kirchenoberen es lieber sähen, wenn die Hintergründe des Mordes vertuscht würden. Mehr als einmal geben sie ihm zu verstehen, dass es besser wäre, die Radikalisierung von Glaubensbrüdern zu verschweigen.

Andrew Garfield spielt diesen bedächtigen, ruhigen Cop absolut fesselnd. Man ahnt zwar schon früh, dass ihn dieser Fall aus der Bahn werfen wird. Aber wie diese Zweifel immer tiefer in seine Seele dringen, ist packend inszeniert.

Bill Taba, Jebs Partner, spielt dabei eine wichtige Rolle. Er ist kein Mormone, sondern hat als Paiute einen ganz anderen kulturellen Hintergrund. Ihre Beziehung ist geprägt von Respekt, aber auch dem Wissen, dass es Grenzen gibt für das gegenseitige Verständnis. Je deutlicher aber wird, dass religiöser Fanatismus der Antrieb für den Mord war, desto mehr zwingt Taba seinen Kollegen, sich diesem Auswuchs seines Glaubens zu stellen.

Eine Religion, die aus der Zeit gefallen ist

Es ist faszinierend, wie die Serie es schafft, die Mormonen-Kirche sehr kritisch zu beleuchten. Dazu gehören auch verschiedene Rückblenden in die Geschichte ihrer Entstehung. Aber andererseits begegnet sie den «normalen» Gläubigen wie Jeb und seine Familie sehr respektvoll.

Zwei Männer in Anzügen. Sie stehen in der Wüste, im Hintergrund ein dürrer Baum.
Bill Taba (Gil Birmingham) nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Rolle der Kirche in diesem Doppelmord geht. © Disney+ / FX

Am Schluss überwiegt aber dennoch das Negative. Denn zu starr verharrt diese Kirche in einem Verständnis von Leben und Gemeinschaft, das schon zur Gründungszeit konservativ war, aber heute völlig aus der Zeit gefallen ist.

Dass die fundamentalistische Auslegung des Glaubens nur noch unmenschlich und zutiefst verwerflich ist, damit sind die Mormonen allerdings nicht allein. Wobei auch deutlich wird, dass Fanatiker wie die Gebrüder Lafferty ihre Religion mehr zu ihrem eigenen Vorteil missbrauchen, als wirklich die Lehren ihrer Kirche zu vertreten. Auch das kennen wir von beinahe allen anderen Glaubensrichtungen.

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Besetzung: Andrew Garfield | Sam Worthington | Daisy Edgar-Jones | Denise Gough | Wyatt Russel | Billy Howle | Chloe Pirrie | Gil Birmingham | Rory Culkin
Serie entwickelt von: Dustin Lance Black
Genre: True-Crime | Historie
USA, 2022

Andor (Staffel 1) – Wacht auf, Verdammte des Imperiums

Serienposter mit Schriftzug. Mehrere Menschen in Halbkörperporträts.

Läuft bei: Disney+ (1 Staffel, 12 Episoden à 45 Min.)

«Star Wars»-Fans können sich ja nicht beklagen, dass sie zu wenig Stoff bekommen. Vier neue Serien gab es auf Disney+ dieses Jahr zu sehen. «The Book of Boba Fett» und «Tales of the Jedi» (eine Animation, die lasse ich grundsätzlich aus) habe ich nicht gesehen. «Obi-Wan Kenobi» war enttäuschend.

Dreckig, grau und ohne Laserschwerter

Deshalb hatte ich keine besonders hohen Erwartungen an «Andor» – und wurde freudig überrascht. «Andor» ist untypisch für «Star Wars». Die Serie zeigt den Sternenkrieg zur Abwechslung ganz anders: dreckig, grau und fast ohne Glamour.

Keine Laserschwerter, keine Jedis, keine Weltraumschlachten. Dafür erleben wir den brutalen Apparat des Imperiums, der den kleinsten aufmüpfigen Mucks gnadenlos abstraft. Dazu die ersten, noch etwas zaghaften Versuche, den Schergen des Bösen Widerstand zu leisten.

Ein Mann läuft über einen Schrottplatz. Im Hintergrund ist ein Schweisser am Arbeiten.
In der Welt von Cassian Andor (Diego Luna) bekommt man Schwielen an den Händen von der harten Arbeit. © Lucasfilm / Disney+
Cassian Andors Weg zum Widerstand

Mitten drin ist Cassian Andor (Diego Luna). Ihn kennen wir bereits. Er wird fünf Jahre später die Pläne für den «Death Star» stehlen (in «Rogue One», 2016) und damit die Voraussetzungen schaffen für die Zerstörung des Todessterns durch Luke Skywalker (in «Star Wars – A New Hope», 1977).

Noch ist Cassian kein Rebell. «Andor» ist die Geschichte, wie er ein führendes Mitglied des Widerstands wird. Dazu gehört, wie er als Junge von seiner Schwester getrennt wurde und sein Heimatplanet Kenari durch das Imperium zerstört wurde. Es gab keine Überlebenden. Ein Ereignis, das seine Haltung zum System prägte.

Cassian hat die Hoffnung aber nicht aufgegeben, dass seine Schwester lebt. Die Suche nach ihr ist seine Mission zu Beginn von «Andor». Bei seinen Nachforschungen auf dem Industrieplaneten Morlana One gerät er an zwei Sicherheitsbeamte, die ihn ausnehmen wollen. Im Streit tötet er die beiden.

Ein Mann beugt sich herunter zu einem verbeulten, roten Droiden.
Verbeult und verlottert. Selbst die Droiden sind nicht so hochglanzpoliert wie sonst im «Star Wars»-Universum. © Lucasfilm / Disney+
Im Visier des imperialen Sicherheitsapparats

Cassian muss untertauchen. Dafür braucht er Geld, das er sich durch einen Schwarzmarkt-Deal beschaffen will. Seine Ex-Freundin Bix (Adria Arjona) vermittelt ihm einen Käufer.

Doch der Käufer, Luthen Real (Stellan Skarsgård), hat weniger Interesse am Geschäft als an Andor selber. Er will ihn anheuern für eine Mission. Andor soll mit einer Truppe von Luthens Leuten eine imperiale Basis überfallen. Denn Luthen braucht Geld für seine Pläne. Er will eine Widerstandsbewegung aufbauen.

Dieser erfolgreiche Überfall setzt den Sicherheitsapparat des Imperiums in Gang. Cassian und Luthen geraten ins Visier der knallharten Offizierin Dedra Meero (Denise Gough). Obwohl die beiden einen gemeinsamen Feind haben, sind sie deshalb noch lange nicht beste Freunde. Im Gegenteil.

Eine Frau in Uniform, weisser Mantel und schwarze Stiefel. Hinter ihr zwei Stormtrooper in schwarz.
ISB-Offizierin Dedra Meero (Denise Gough) lässt Cassians Freund:innen foltern, um zu erfahren, wo er ist. © Lucasfilm / Disney+
Keine «Macht» für die Bevölkerung

Das alles spielt sich in einer Welt ab, die wir selten zu sehen bekamen in «Star Wars». In einer grauen Industriestadt auf Ferrix, in der Cassian jetzt lebt, im Schrottlager, in dem Bix arbeitet, in einer riesigen Gefängnisanlage, in der die Inhaftierten Waffenteile produzieren (wofür, sieht man in einer Postcredit-Szene in der letzten Episode 😜). Es ist der Blick von unten, der «Andor» prägt, und das Imperium als brutal unterjochende Kolonialmacht zeigt.

Der Kampf ist völlig ungleich. Keine «Macht» hilft hier gegen die Blaster der Stormtrooper. Das zeigt sich in der ziemlich genialen Schlussepisode. Aus einer Beerdigungszeremonie wird eine Strassenschlacht der Bevölkerung gegen die imperialen Besetzer auf Ferrix. Es wird ein Gemetzel.

Eine Frau auf einem Empfang in einem Kleid mit einer goldenen Brosche.
Ein bisschen Glamour gibt es schon in «Andor». Im mondänen Coruscant versucht die Senatorin Mon Mothma (Genevieve O’Reilly) den Widerstand gegen Palpatine zu organisieren. © Lucasfilm / Disney+
Die Welt der Ausgebeuteten

«Andor»-Showrunner Tony Gilroy, der schon für «Rogue One» das Drehbuch schrieb, blickt anders auf das «Star Wars»-Universum. Er stellt nicht die Geschichte der Mächtigen und Auserkorenen in den Vordergrund, sondern die Welt der Unterdrückten und Ausgebeuteten.

Auch die Brutalität des Imperiums beschränkt sich nicht wie üblich auf einen ausgewählten Bösewicht. «Andor» beschreibt das als ein ausgeklügeltes System, in dem viele willig und mit Enthusiasmus daran arbeiten, ganze Planeten zu unterjochen. Die Parallele zum Faschismus, die offensichtlich ist nicht nur in den Uniformen, mag etwas stereotyp sein, aber sie passt.

Gilroys Ansatz gefällt mir deutlich mehr und funktioniert besser als die aufgewärmte Geschichte mit den üblichen Ingredienzen, wie sie Obi-Wan Kenobi zeigte. «Andor» bekommt noch eine zweite und letzte Staffel, die Cassians Weg bis zu den Ereignissen von «Rogue One» fertig erzählen wird. Darauf kann man sich freuen.

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Besetzung: Diego Luna | Kyle Soller | Stellan Skarsgård | Genevieve O’Reilly | Denise Gough | Adria Arjona | Varada Sethu | Faye Marsay | Fiona Shaw | Ebon Moss-Bachrach | Alex Ferns
Serie entwickelt von: Tony Gilroy
Genre: Abenteuer | Action | Science-Fiction
USA, 2022