Gangs of London (Staffel 2) – Eine Stadt versinkt in Blutbädern

Serienposter mit Schriftzug. Drei Personen stehen hinter einer futuristischen Skyline. Der Himmel mit rötlichen Wolken behangen.
3 von 5 Sternen

Läuft bei: Sky Show (2 Staffeln, 16 Episoden à 50 Min.)

Stellt die Eimer bereit für das Blut, das aus dem Fernseher strömt, wenn ihr die zweite Staffel «Gangs of London» schaut. Was nur bedeutet, dass die Serie sich treu bleibt. Denn schon in der ersten Staffel floss reichlich Blut, allerdings sind es dieses Mal noch ein paar Liter mehr.

Gangs of London – Staffel 1
20 Jahre lang war Finn Wallace der unangefochtene König der Londoner Unterwelt, der ein exorbitantes Vermögen mit seinen kriminellen Machenschaften verdient hat, das die Familie Dumani für ihn verwaltet.
Jetzt ist er tot, ermordet. Es entbrennt ein Machtkampf, den Finns gnadenloser Sohn Sean für seine Familie entscheiden will. Doch ihm machen Albaner, kurdische PKK-Kämpfer und das pakistanische Drogenkartell den Platz streitig. Mittendrin der Undercover-Cop Elliot, der sich in den Wallace-Clan eingeschlichen hat.

Erneut also nichts für empfindliche Gemüter, das muss man deutlich betonen (deshalb ist auch der Trailer unten mit einer Altersbeschränkung versehen). Folter, Misshandlung, Verstümmelung und Mord gehören zur Tagesordnung für die «Gangs of London».

Ein Sadist sorgt für Ordnung

Ein neues Gesicht ist für die übelsten Grausamkeiten zuständig. Koba (Waleed Zuaiter) ist der sadistische Mann fürs äusserst Grobe. Der georgische Mafioso arbeitet für «die Investoren», die jetzt das Sagen haben in der Londoner Unterwelt. Er sorgt dafür, dass keine der Gangs aus der Reihe tanzt.

Ein Mann mit graumeliertem Haar in brauner Lederjacke steht vor einem Gemälde, das unscharf im Hintergrund zu sehen ist.
Kobas (Waleed Zuaiter) Methoden im Umgang mit seinen Feinden als unzimperlich zu beschreiben, ist eine starke Untertreibung. © Sky / GOL Production

Als operativer Chef für die Investoren agiert der pakistanische Drogenbaron Asif Afridi (Asif Raza Mir) und für die Finanzen sind wieder Vater und Sohn Dumani zuständig. Obwohl die Machtverhältnisse geklärt scheinen, verlaufen die Geschäfte der Gangs keineswegs in ruhigen Bahnen.

Die Auferstehung eines Toten

Einige Bandenbosse, wie der Albaner Luan Dushaj (Orli Shuka), versuchen ihre eigenen Deals zu machen. Dann gibt es eine weitere geheimnisvolle Gruppe, die die Investoren entmachten will. Für die arbeitet der ehemalige Undercover-Cop Elliot Carter (Sope Dirisu), der gleichzeitig auch für die Investoren unterwegs ist. Zu guter Letzt taucht ein mysteriöser Killer auf, der für Unruhe sorgt.

Der Killer entpuppt sich als Sean Wallace (Joe Cole), den wir am Ende der ersten Staffel eigentlich tot glaubten. Aber die Kurdin Lale (Narges Rashidi) hat ihn gerettet und macht jetzt gemeinsame Sache mit ihm, um die Investoren auszuschalten und die Wallaces wieder zu den Königen der Unterwelt zu machen.

Ein Mann hält eine Waffe Richtung Kamera gerichtet.
Elliot (Sope Dirisu) will eigentlich raus aus dem ganzen Gangsterbusiness. Doch dafür muss er zuerst ein paar Leute aus dem Weg räumen. © Sky / GOL Production
Exzessive Gewalt in Zeitlupe

Diese Machtkämpfe werden mit ultimativer Brutalität und immer wieder wechselnden Allianzen geführt. Das kann man durchaus gespannt und interessiert mitverfolgen. Doch «Gangs of London» zelebriert dabei die Gewalt in einem Ausmass, das definitiv unnötig und übermässig ist.

Das untrüglichste Zeichen dafür ist der Einsatz von Zeitlupe. Das geschieht etwa bei einem Gangmitglied, dem eine Kugel eine Gesichtshälfte wegreisst. Dagegen sind die Kopfschüsse, bei denen Umstehenden ein halber Liter Blut ins Gesicht spritzt, schon beinahe zurückhaltend inszeniert. Ein bisschen mehr Effort in die Geschichte zu stecken und dafür die Gewalt zurücknehmen, hätte der Serie sehr gutgetan.

Wurde die Polizei abgeschafft?

Kommt dazu, dass einige Wendungen in der Geschichte ziemlich konstruiert sind und viel Wohlwollen verlangen, um sie nicht als absurd zu taxieren. Was man sich schon gar nicht fragen darf: Wo sind eigentlich die Gesetzeshüter:innen?

Die Gangster fahren in auffälligen Konvois unbehelligt mitten durch London. Es ballern Dutzende stundenlang wild durch die Gegend, bis sich die Leichen in den Strassen auftürmen. Und weit und breit kein:e Polizist:in in Sicht.

Ein Mann und eine Frau schiessen mit vollautomatischen Waffen in einem Zimmer.
Vater und Tochter Dumani (Lucian Msamati, Pippa Bennett-Warner) erledigen ein paar Schergen, die Koba auf sie gehetzt hat. © Sky / GOL Production

Nur gerade am Schluss lässt sich erahnen, dass die Metropolitan Police doch nicht abgeschafft worden ist. Am Horizont leuchten ein paar Blaulichter und in weiter Ferne ist der Klang von Sirenen zu hören.

Der Machtkampf wird weitergehen

Selbstverständlich wird aber nicht aufgeräumt in der Londoner Unterwelt. Die übersteht auch die neuerlichen Umwälzungen fast unbeschadet, wenn auch in wiederum ganz anderer Konstellation.

Dass das letzte Wort nicht gesprochen ist, wer König:in des organisierten Verbrechens ist in der britischen Hauptstadt, ist auch schon klar. Sky hat die dritte Staffel von «Gangs of London» bereits bestätigt. London wird erneut in Blutbädern versinken.

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Besetzung: Sope Dirisu | Joe Cole | Michelle Fairley | Lucian Msamati | Brian Vernel | Pippa Bennet-Warner | Orli Shuka | Asif Raza Mir | Narges Rashidi | Waleed Zuaiter | Jahz Armando
Serie entwickelt von: Gareth Evans | Matt Flannery
Genre: Action | Thriller
GB, 2022

The Ipcress File (Mini-Serie) – Herrlich unterkühlter Spionage-Thriller

Läuft bei: Sky (Mini-Serie, 6 Episoden à 55 Min.)

Der ehemalige Armeekorporal Harry Palmer (Joe Cole) sitzt im Gefängnis. Er betrieb in Berlin kurz nach dem Mauerbau einen lukrativen Schwarzhandel, bis er aufflog.

Zurück nach Berlin

Aber Harry hat Glück. Der britische Atomwissenschaftler Dawson ist verschwunden, mutmasslich entführt von einem Ganoven, mit dem Harry damals in Berlin enge Geschäftsbeziehungen pflegte.

Deshalb holt Major Dalby (Tom Hollander), der eine kleine Geheimdiensteinheit leitet, Harry aus dem Gefängnis und schickt ihn zusammen mit der Agentin Jean Courtney (Lucy Boynton) nach Berlin.

Harry Palmer (Joe Cole), Spion wider Willen, aber mit grosser Begabung fürs Geschäft. © ITV

Die Mission schlägt fehl. Harry hat aber ein gutes Gespür fürs Spionagebusiness bewiesen. Dalby will ihn weiterhin bei der Suche nach Dawson einsetzen.

Die bösen Russen sind tatsächlich Amis

Die nächste Spur führt nach Beirut. Harry und Jean finden Dawson. Als sie ihn schon fast haben, tauchen andere Agenten auf und verhindern die Befreiung. Auf den ersten Blick scheint es, die Russen hätten hier dazwischengefunkt.

Doch Dalby findet heraus, dass die andere, eigentlich befreundete Grossmacht dahintersteckt. Deshalb schickt er Harry und Jean in den Pazifik, wo die Amis eine Atombombe testen. Diese Mission in Freundesgebiet wird für Harry lebensgefährlich.

Einschätzung

60er-Jahre, Kalter Krieg, Grossbritannien und Spionage – da denkt man sofort an George Smiley, «The Spy Who Came In from the Cold» und John le Carré. Diesem Vergleich halten Harry Palmer und «The Ipcress File» nicht ganz stand, aber sie kommen den Werken des Grossmeisters der Spionageromane nahe.

Desillusioniert und zynisch

«The Ipcress File» ist Teil einer vierteiligen Romanreihe des Autors Len Deighton, die Anfang der 60er-Jahre entstand. Der Film- und Medienhistoriker Alan Burton hält Deightons Werk für ähnlich einflussreich auf das Genre des Spionageromans wie das von Le Carré. Wie bei Le Carré seien Deightons Figuren und Geschichten desillusioniert und zynisch.

Jean (Lucy Boynton) will sich nicht in Ketten legen lassen, auch wenn sie als Schmuck daherkommen. © ITV

Das bringt die Serie «The Ipcress File» auch gut rüber. Keine der Hauptfiguren will hier für «Queen and Country» kämpfen. Harry hat gekämpft, in Korea, ist seither traumatisiert und erhielt weder Anerkennung noch Unterstützung. Deshalb nutzte er seine weitere Dienstzeit fürs eigene Wohlergehen und verlegte sich auf den Schwarzmarkthandel.

Britisches Understatement

Jean flieht vor einem Leben als Ehefrau, dessen tolle Eigenschaft es sei, wie ihr Verlobter betont, dass sie nicht mehr arbeiten müsse. Und Dalby wäre zufrieden, wenn der Rüstungswahnsinn nicht zu einem Atomkrieg führen würde.

In Dialogen, die mit britischem Understatement geführt werden, lassen die Figuren ihrem Zynismus freien Lauf. Als Dalby Harry erklärt, dass er ihn als Sündenbock hinstellen müsse, falls die Mission nicht gelinge, meint Harry nur: «Natürlich, Sir. Ich hätte nichts anderes erwartet.»

Ein Traum von Setdesign

Und dann ist da noch das Design der Serie, in dem man schwelgen kann. MGs und Jaguare aus der Periode, auch ein 2CV hat einen Auftritt. Klassische Kostüme von schwarz bis lindgrün, Regenmäntel und Bowler-Hüte. Space-Age-Lampen und Vespas.

Auch schön: In Berlin sprechen die Deutschen wirklich deutsch. Einzig ärgerlich sind ein paar Plakate und Schilder: «Turkishe Spezialiteten», «Kaffee mit milch» oder «Für Personel» trifft’s nicht ganz.

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Am Ende fehlt es etwas an Finesse

Gegen Ende verliert die Serie etwas an Unterhaltungswert. Einerseits gibt es mehr Action, was aber weniger zu den Figuren passt. Andererseits wird der Plot mit diversen Twists gedreht, ohne dass wie bei George Smiley die Psychologie von Verräter:innen und Betrogenen wenigstens ein bisschen ausgeleuchtet wird.

Da die Serie vor allem in England gut ankam, ist es gut möglich, dass ITV eine zweite folgen lässt. Joe Cole liess schon verlauten, dass er gerne dabei wäre. Immerhin wurde 1965 auch bei der Verfilmung des Stoffs mit Michael Caine ein Sequel nachgeschoben. «Billion Dollar Brain» floppte dann allerdings an den Kinokassen.

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Besetzung: Joe Cole | Lucy Boynton | Tom Hollander | Ashley Thomas | Paul Higgins | David Dencik | Anastasia Hille | Tom Vaughan-Lawlor | Matthew Steer
Genre: Thriller | Historie
UK, 2022