Slow Horses (Staffel 2) – Die Versager wachsen einem immer mehr ans Herz

Serienposter mit Schriftzug. Sechs Menschen gehen durch eine Strasse, hohe Hausmauern auf beiden Seiten.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Apple TV+ (2 Staffeln, 12 Episoden à 45 Min.)

=> «Slow Horses» Staffel 1: Der Spion, der aus der Abstellkammer kam

Ich bin mit der ersten Staffel dieser britischen Spionageserie nicht so richtig warm geworden. Aber die zweite hat sich einen Stern mehr verdient.

Das liegt vor allem daran, dass die Serie diesmal auch den Nebenfiguren mehr Platz einräumt und die Erzählstränge aufsplittet. Das macht es interessanter und stellt nicht nur den zerlumpten Chef Jackson Lamb (Gary Oldman) in den Mittelpunkt.

Ein Mann sitzt vor Waschmaschinen in einem Waschsalon.
Jackson Lamb (Gary Oldman) ist nicht im Waschsalon, um seine Kleidung zu waschen. Er nutzt den Ort nur für ein konspiratives Treffen. © Apple TV
Schlampig und scharfsinnig

Der trottet wie gewohnt im schäbigen Trenchcoat durch die Serie und trägt ein Hemd und eine Hose, die seit Wochen keine Waschmaschine mehr gesehen haben. Lamb ist aber der Einzige, der merkt, dass der Tod eines pensionierten Agenten nicht auf natürliche Ursachen zurückzuführen ist.

Auf dem Mobiltelefon dieses ehemaligen Kollegen findet er den entscheidenden Hinweis: Cicada. Damit sind nicht die Insekten gemeint, sondern ein Netz von russischen Schläferagent:innen, das offenbar aktiviert wurde.

Mission in der ländlichen Idylle

Eine erste Spur führt aufs Land. Lamb schickt River Cartwright (Jack Lowden) in ein Dorf in den Cotswolds, wo er mehr über einen kleinen Privatflugplatz herausfinden soll. Von hier aus operierte offenbar einer der russischen Schläfer.

Ein Mann und eine Frau auf einem Kieselweg vor einem Haus. Er hält einen Blumenstrauss in der Hand. Sie begrüsst ihn mit offenen Armen.
River (Jack Lowden) wird bei seiner Mission auf dem Lande herzlich empfangen von der lokalen Bevölkerung. Zumindest scheint es so. © Apple TV

Louisa Guy und Min Harper erhalten eine ganz andere Aufgabe, die zuerst keinen Zusammenhang mit den russischen Schläfern zu haben scheint. Sie werden etwas überraschend vom Hauptquartier angefordert, um ein geheimes Treffen des MI5 mit einem russischen Dissidenten abzusichern.

Einsätze im Feld für die Büromannschaft

Dahinter steckt der schleimige MI5-Karrierist James Webb (Freddie Fox). Er holt die Slow Horses nur an Bord, damit er einen Sündenbock hat, falls etwas schiefläuft mit dem Treffen.

Auch der Rest des Teams im Slough House kommt zu seinen Einsätzen. Lambs Assistentin (Saskia Reeves) entpuppt sich als Schachmeisterin und kommt so zu wichtigen Informationen, während Shirley (Aimee-Ffion Edwards) und Computernerd Roddy (Christopher Chung) zuerst elektronisch einen der Schläfer aufspüren und ihn dann im Feld verfolgen.

Eine Frau sitzt an einem Schachbrett und zieht eine weisse Figur.
Catherine (Saskia Reeves) bedient sich einer ungewöhnlichen Methode, um sich Informationen zu beschaffen. © Apple TV
Die Versager wachsen ans Herz

Die Story etwas komplexer, mehr Action als zuvor und eben mehr Scheinwerferlicht auf dem Rest der Slow Horses. Dazu noch ein Mord, dem ein Mitglied von Lambs Team zum Opfer fällt.

Die zweite Staffel hat einen Gang höher geschaltet. Das macht sie unterhaltsamer. So langsam wachsen einem die Versager aus dem Slough House ans Herz und man fiebert immer mehr mit ihnen mit.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Slow Horses» (Staffel 2)?
4 Stimmen

Besetzung: Gary Oldman | Jack Lowden | Kristin Scott Thomas | Saskia Reeves | Rosalind Eleazar | Christopher Chung | Dustin Demri-Burns | Aimee-Ffion Edwards | Jonathan Pryce
Genre: Thriller | Komödie
GB, 2022

The Crown (Staffel 5) – Der voyeuristische Blick auf den royalen Scheidungsstreit

Serienposter mit Schriftzug. Im Vordergrund unscharf das Gesicht einer Frau und eines Mannes. Im Hintergrund scharf eine Frau mit grauen Haaren und einem Diadem.
Schriftzug in Gold: Serien-Tipp Nr. 100
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Netflix (5 Staffeln, 60 Episoden à 45 Min.)

Hat «The Crown» ihren Glanz verloren? Die britische Presse geht teilweise hart ins Gericht mit der fünften Staffel. Es sei Zeit, die Serie endgültig abzusetzen, fordert der Guardian. Die BBC beschreibt sie als durchaus spannende, aber schlecht erzählte Seifenoper.

Die erfundenen Szenen sind die stärksten

Als Grundtenor ist rauszuhören: Es sei schon alles gesagt über die Windsors, deshalb verliere sich die Serie in langweiligen Nebengeschichten oder unnötigen Wiederholungen.

Eine Frau im grünen Kleid und mit Hut umgeben von festlich gekleideten Männern.
Elizabeth (Imelda Staunton) bei ihrer Rede zum 40-jährigen Thronjubiläum, in der sie das Jahr 1992 als «annus horribilis» für ihre Familie bezeichnet. Es wird noch schlimmer kommen. © Netflix

Ich komme nicht zu diesem Schluss. Der voyeuristische Blick hinter die Fassade des Königshauses, der die Serie ausmacht, funktioniert weiter bestens. Auch oder gerade weil vieles davon reine Fiktion ist, die um historische Ereignisse und Personen drapiert ist. Diese erfundenen Szenen, ob mit Haupt- oder Nebenfiguren, sind oft die stärksten Momente in «The Crown».

Der Traum endet in der Tragödie

Ein Erzählstrang hat mich aber zuerst auch irritiert. «The Crown» widmet eine ganze Episode Mohamed Al-Fayed. Ein bisschen viel Aufmerksamkeit für eine Figur, die nur als Vater von Dianas späterem Geliebten Dodi erwähnenswert scheint.

Eine lächelnde junge Frau sitzt neben einem älteren Mann.
Eine schicksalhafte Begegnung: Beim Pferderennen treffen sich Mohamed Al-Fayed (Salim Daw) und Diana (Elizabeth Debicki) zum ersten Mal. © Netflix

Es liegt aber auf der Hand, was die Serie beabsichtigt. Mohamed Al-Fayed ist seit seiner Jugend ein Bewunderer der britischen Monarchie. Als er es vom Strassenverkäufer zum reichen Mann geschafft hat, versucht Al-Fayed, sich Zugang zum britischen Adel und zum Königshaus zu erkaufen.

Reichlich Drama am Königshaus

Sein grosser Traum wird in Erfüllung gehen. Dank einem Treffen, das er arrangiert, werden Diana und sein Sohn Dodi in der nächsten Staffel ein Paar. Doch Mohameds Traum wird am 31. August 1997 in einer Tragödie enden. Diese Vorgeschichte zum Desaster, das kommen wird, passt zu den royalen Dramen, die «The Crown» erzählt.

Auch in der aktuellen Staffel gibt es reichlich Dramen. Prinz Philip befreundet sich mit einer jüngeren Frau. Die Beziehungen der Königskinder brechen auseinander, allen voran die Ehe von Charles und Diana. Die Trennung und spätere Scheidung des Thronfolgerpaars geschieht nicht still und vornehm, wie sich das die Königin wünschen würde, sondern laut und hässlich.

Eine Frau sitzt vor einem grossen Gemälde auf einem Sofa. Ihr gegenüber eine Frau und ein Mann auf Sesseln.
Diana und Charles (Dominic West) bei der Audienz mit der Königin, in der Elizabeth resigniert der Scheidung zustimmt. © Netflix
Charles und Diana fast versöhnt am Küchentisch

Die Klatschpresse druckt intime Telefonate zwischen Charles und Camilla Parker-Bowles ab. Diana gibt Martin Bashir ihr berühmtes BBC-Interview, in dem sie mit Charles und den Windsors abrechnet.

Der «War of the Waleses» gipfelt in «The Crown» aber nicht im Scheidungsstreit, sondern in Charles‘ Besuch bei Diana im Kensington Palace nach der Scheidung. Die beiden sitzen am Küchentisch und beklagen ihre gescheiterte Beziehung. Was versöhnlich und berührend beginnt, endet trotzdem im Zwist. Eine der stärksten Szenen von «The Crown».

Die Rehaugen als PR-Waffe

Fast etwas überraschend ist, wie ausbalanciert «The Crown» die Sympathien verteilt. Es ist nicht einfach böse Windsors gegen arme Diana – oder umgekehrt. Bei allem Mitgefühl für Diana wird klar, dass sie ihren berühmten Augenaufschlag sehr berechnend einsetzt. Und Charles und Camilla wird so etwas wie Verständnis und Empathie für ihre Situation zuteil.

Eine blonde Frau mit halb gesenktem Kopf und dem Blick nach oben.
Dianas treuherziger Blick beim Enthüllungsinterview mit der BBC. © Netflix

Die Queen und ihr Prinzgemahl machen inmitten der Skandale nicht die beste Figur. Ihr verstaubter viktorianischer Monarchiebegriff ist wenig hilfreich in der Krise, in der sich das Königshaus befindet. Es könnte sie dasselbe Schicksal ereilen wie die königliche Jacht Britannia. Ein Relikt aus glorreichen Tagen, das in die Jahre gekommen ist – und am Ende ausser Dienst gesetzt wird.

Die Queen wird nicht stillgelegt

Natürlich wird die Queen nicht stillgelegt wie ihre geliebte Jacht. Auch wenn Charles mehrmals die Idee propagiert, dass er frühzeitig übernehmen und die Monarchie erneuern könnte. 30 Jahre später sind wir an diesem Punkt angelangt. Mal schauen, was Charles III. verändern wird.

In «The Crown» werden wir nie so weit kommen. Die sechste Staffel wird die letzte sein. Und wir wissen schon, welcher Schicksalsschlag die Windsors ereilen wird. Was sich wohl nach dem Tod von Diana alles im Buckingham Palace ereignet hat? Wir dürfen gespannt sein, was sich «The Crown» dazu einfallen lässt.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «The Crown» Staffel 5?
11 Stimmen

Besetzung: Imelda Staunton | Jonathan Pryce | Dominic West | Elizabeth Debicki | Claudia Harrison | Lesley Manville | Jonny Lee Miller | Olivia Williams | Claire Foy | Natascha McElhone
Serie entwickelt von: Peter Morgan
Genre: Historie | Drama
GB, 2022

Slow Horses (Staffel 1) – Der Spion, der aus der Abstellkammer kam

Läuft bei: Apple TV+ (1 Staffel, 6 Episoden à 45 Min.)

MI5-Agent River Cartwright (Jack Lowden) versagt monumental bei einem Anti-Terroreinsatz. Es war zwar nur eine Übung, aber er wird trotzdem strafversetzt. Cartwright landet im «Slough House», eine Abstellkammer für ausgemusterte Agent:innen.

Sein neuer Chef ist Jackson Lamb (Gary Oldman). Er gibt seinem Team regelmässig zu verstehen, was für Nieten sie sind und zu Recht in den heruntergekommenen Büros des Slough House sitzen statt im mondänen Hauptquartier am Regent’s Park.

Die verdeckte Operation läuft schief

Obwohl Lamb es ihm deutlich untersagt, entwickelt Cartwright Ambitionen, echte Agentenarbeit zu leisten. Dabei verwickelt er das Team des Slough House – die so genannten Slow Horses – in einen Entführungsfall. Vier Nationalisten haben einen jungen Engländer pakistanischer Abstammung entführt und drohen, ihn hinzurichten.

Was als rechter Terrorakt erscheint, ist in Tat und Wahrheit ein verdeckte Operation der MI5-Chefin Diana Taverner (Kristin Scott Thomas). Die Operation läuft aber völlig aus dem Ruder und die Slow Horses kommen zu einem unverhofften Feldeinsatz.

Ich finde

«Slow Horses» ist ein ganz solider Thriller im britischen Geheimdienstmilieu. Nichts ist, wie es auf den ersten Blick scheint, und niemandem kann man trauen.

Mit Gary Oldman, Kristin Scott Thomas und Jonathan Pryce in einer Nebenrolle ist die Serie prominent besetzt. Die drei und auch der weitere Cast leisten gute Arbeit.

Jackson Lamb vs George Smiley

Dennoch fehlt der Serie schon noch etwas, um an die Spionagereihe heranzukommen, mit der man sie unweigerlich vergleicht: John Le Carrés Romane mit George Smiley (Fun Fact: Oldman spielte Smiley in der 2011er-Verfilmung von «Tinker Tailor Soldier Spy»).

Da ist zum einen die Hauptfigur Jackson Lamb. Der kratzbürstige Chef, der den Titel als demotivierendster Vorgesetzter mit Bravour verdient und schon zur Kaffeepause das Whiskyglas füllt, ist zu Beginn noch einigermassen witzig. Das verflüchtigt sich aber schneller als seine Blähungen nach dem Mittagessen.

Die Slow Horses kommen wieder

Zum andern lässt der Plot doch etwas an Raffinesse und Subtilität vermissen im Vergleich zu den Geschichten, die sich in Smileys Circus abspielten.

«Slow Horses» basiert auf den Romanen von Mick Herron, von denen bereits acht erschienen sind. Die zweite Staffel der Serie wird auch schon am Ende der ersten geteast. Man darf also wahrscheinlich mit noch mehr rechnen. Das ist durchaus ok, denn Zeitverschwendung ist die Serie sicher nicht.

=> «Slow Horses» Staffel 2: Die Versager wachsen einem immer mehr ans Herz

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «Slow Horses» Staffel 1?

Besetzung: Gary Oldman | Kristin Scott Thomas | Jonathan Pryce | Jack Lowden
Genre: Thriller
GB, 2022