Citadel (Staffel 1) – Durchgeknallter B-Serienthriller, der Spass macht

Serienposter mit Schriftzug. Ein Mann und eine Frau im roten Kleid stehen Rücken an Rücken mit gezückten Pistolen.
3 von 5 Sternen

Läuft bei: Prime Video (1 Staffel, 6 Episoden à 45 Min.)

Eines darf man von «Citadel» nicht erwarten: einen raffinierten Thriller mit ausgeklügelten Figuren und pfiffigen Dialogen. Auch wenn die Russo Brothers als Produzenten fungieren, die mit «Community» zumindest in Sachen Figuren und Dialogen Witz und Raffinesse bewiesen haben.

Ein Drehbuch mit der Kettensäge gezimmert

In «Citadel» stellen sie eine andere Fähigkeit unter Beweis, die sie als Regisseure von Marvel-Filmen gezeigt haben: Sie können Action. Davon hat die Serie reichlich. Bei der Story hat allerdings kein Feinmechaniker gewirkt, sondern eher ein Ungelernter mit der Kettensäge die Hand angelegt.

Aber wenn man sich darauf einstellt und die grauenvollen Plots einfach grinsend zur Kenntnis nimmt – dann kann man der Serie sogar einen gewissen Unterhaltungswert abgewinnen.

Zentral gesteuerte Gedächtnisauslöschung

Am Anfang steht der Untergang. Die Spionageorganisation Citadel, die unabhängig von Nationalstaaten für das Wohl der Menschheit mordet, wird ausgelöscht. Auch die Citadel-Agenten Mason Kane (Richard Madden) und Nadia Sinh (Priyanka Chopra Jonas) geraten in einen Hinterhalt.

Eine Frau in rotem Kleid sitzt im Speisewagen eines Zugs mit gezückter Waffe.
Der letzte Einsatz für Nadia Sinh (Priyanka Chopra Jonas) bevor Citadel zerstört wird. © Amazon Studios

Im Gegensatz zu ihren vielen Kolleg:innen überleben die beiden aber die konzertierte Aktion des Schurkenvereins Manticore, ein weltweiter Zusammenschluss von reichen und mächtigen Unternehmerfamilien. Allerdings verlieren Kane und Sinh ihr Gedächtnis. Das wird zentral vom Hauptquartier aus gelöscht, um die letzten Geheimnisse von Citadel zu bewahren.

Acht Jahre später: Mason Kane lebt unter anderem Namen ein friedliches Leben mit Frau und Tochter ohne Erinnerung an seine Agentenvergangenheit. Bernard Orlick (Stanley Tucci), einer der letzten Citadel-Agenten, reaktiviert Kane. Er braucht Hilfe im Kampf gegen Manticore.

Zwei Männer vor einem durchsichtigen Bildschirm.
Bernard Orlick (Stanley Tucci) eröffnet Mason Kane (Richard Madden), dass er ein Citadel-Agent war. © Amazon Studios
Agenten- und Liebespaar

Der Versuch, Kanes Gedächtnis wiederherzustellen, läuft allerdings schief. Die einzige Ampulle mit dem Serum wird zerstört (wirklich die einzige 😉?). Anders bei Nadia Sinh, die Kane zwischenzeitlich aufgespürt hat. Sie bekommt ihre Erinnerungen zurück.

Deshalb weiss sie, dass Kane und sie zu Zeiten ihrer Agententätigkeit eine intensive und komplizierte Beziehung hatten. Davon erzählt sie Kane selbstverständlich nichts. Aber wir sehen das Paar in Rückblenden in Paris, der Stadt der Liebe 🥰. Und wie sie sich bei der Arbeit in die Haare geraten.

Eine Frau und ein Mann in Kampfanzügen vor einem verschmutzten Offroader.
Wer sich so in die Augen schaut, hat nicht nur beruflich miteinander zu tun. © Amazon Studios
Haarsträubende Plottwists

Die Gegenspielerin von Citadel ist Dahlia Archer (Lesley Manville), eigentlich britische Botschafterin in den USA. Aber das nur als Nebenbeschäftigung. Hauptsächlich verwendet sie ihre Zeit darauf, für Manticore die letzten Reste von Citadel zu beseitigen.

Mit ihrer Figur wie auch mit Kanes neuer Frau Abby (Ashleigh Cummings) hat es etwas Besonderes auf sich. Da gibt es Verbindungen in der Vergangenheit. Wenn das enthüllt wird, schüttelt man ungläubig den Kopf und verlegt sich dann wieder aufs Weggrinsen dieser haarsträubenden Plottwists.

Eine Frau sitzt auf einem Sofa. Auf dem Tisch ein edles Teeservice.
Dahlia Archer (Lesley Manville) ist zwar Botschafterin, gibt aber nicht viel auf Diplomatie, sondern greift lieber zu handfesteren Methoden. © Amazon Studios
James Bond trifft Mr. & Mrs. Smith

Aber eben: Es passiert was in den gut vier Stunden Laufzeit der Serie. Viel Geballer und Nahkampfakrobatik, ab und zu ein bisschen Folter, Fallschirmspinger- und andere Action und ein paar gestelzte Liebesdialoge, die einen doch etwas zweifeln lassen an Richard Maddens schauspielerischen Qualitäten.

Hochstehende Unterhaltung bietet «Citadel» definitiv nicht. Aber es flimmert auch viel Öderes über die Bildschirme als diese Mischung aus James Bond und «Mr. & Mrs. Smith».

Wie viele Sterne gibst du «Citadel» (Staffel 1)?
0 Stimmen

Besetzung: Richard Madden | Priyanka Chopra Jonas | Ashleigh Cummings | Roland Møller | Osy Ikhile | Lesley Manville | Stanley Tucci | Moira Kelly
Serie entwickelt von: Josh Appelbaum | Bryan Oh | David Weil
Genre: Action | Thriller
USA, 2023

The Crown (Staffel 5) – Der voyeuristische Blick auf den royalen Scheidungsstreit

Serienposter mit Schriftzug. Im Vordergrund unscharf das Gesicht einer Frau und eines Mannes. Im Hintergrund scharf eine Frau mit grauen Haaren und einem Diadem.
Schriftzug in Gold: Serien-Tipp Nr. 100
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Netflix (5 Staffeln, 60 Episoden à 45 Min.)

Hat «The Crown» ihren Glanz verloren? Die britische Presse geht teilweise hart ins Gericht mit der fünften Staffel. Es sei Zeit, die Serie endgültig abzusetzen, fordert der Guardian. Die BBC beschreibt sie als durchaus spannende, aber schlecht erzählte Seifenoper.

Die erfundenen Szenen sind die stärksten

Als Grundtenor ist rauszuhören: Es sei schon alles gesagt über die Windsors, deshalb verliere sich die Serie in langweiligen Nebengeschichten oder unnötigen Wiederholungen.

Eine Frau im grünen Kleid und mit Hut umgeben von festlich gekleideten Männern.
Elizabeth (Imelda Staunton) bei ihrer Rede zum 40-jährigen Thronjubiläum, in der sie das Jahr 1992 als «annus horribilis» für ihre Familie bezeichnet. Es wird noch schlimmer kommen. © Netflix

Ich komme nicht zu diesem Schluss. Der voyeuristische Blick hinter die Fassade des Königshauses, der die Serie ausmacht, funktioniert weiter bestens. Auch oder gerade weil vieles davon reine Fiktion ist, die um historische Ereignisse und Personen drapiert ist. Diese erfundenen Szenen, ob mit Haupt- oder Nebenfiguren, sind oft die stärksten Momente in «The Crown».

Der Traum endet in der Tragödie

Ein Erzählstrang hat mich aber zuerst auch irritiert. «The Crown» widmet eine ganze Episode Mohamed Al-Fayed. Ein bisschen viel Aufmerksamkeit für eine Figur, die nur als Vater von Dianas späterem Geliebten Dodi erwähnenswert scheint.

Eine lächelnde junge Frau sitzt neben einem älteren Mann.
Eine schicksalhafte Begegnung: Beim Pferderennen treffen sich Mohamed Al-Fayed (Salim Daw) und Diana (Elizabeth Debicki) zum ersten Mal. © Netflix

Es liegt aber auf der Hand, was die Serie beabsichtigt. Mohamed Al-Fayed ist seit seiner Jugend ein Bewunderer der britischen Monarchie. Als er es vom Strassenverkäufer zum reichen Mann geschafft hat, versucht Al-Fayed, sich Zugang zum britischen Adel und zum Königshaus zu erkaufen.

Reichlich Drama am Königshaus

Sein grosser Traum wird in Erfüllung gehen. Dank einem Treffen, das er arrangiert, werden Diana und sein Sohn Dodi in der nächsten Staffel ein Paar. Doch Mohameds Traum wird am 31. August 1997 in einer Tragödie enden. Diese Vorgeschichte zum Desaster, das kommen wird, passt zu den royalen Dramen, die «The Crown» erzählt.

Auch in der aktuellen Staffel gibt es reichlich Dramen. Prinz Philip befreundet sich mit einer jüngeren Frau. Die Beziehungen der Königskinder brechen auseinander, allen voran die Ehe von Charles und Diana. Die Trennung und spätere Scheidung des Thronfolgerpaars geschieht nicht still und vornehm, wie sich das die Königin wünschen würde, sondern laut und hässlich.

Eine Frau sitzt vor einem grossen Gemälde auf einem Sofa. Ihr gegenüber eine Frau und ein Mann auf Sesseln.
Diana und Charles (Dominic West) bei der Audienz mit der Königin, in der Elizabeth resigniert der Scheidung zustimmt. © Netflix
Charles und Diana fast versöhnt am Küchentisch

Die Klatschpresse druckt intime Telefonate zwischen Charles und Camilla Parker-Bowles ab. Diana gibt Martin Bashir ihr berühmtes BBC-Interview, in dem sie mit Charles und den Windsors abrechnet.

Der «War of the Waleses» gipfelt in «The Crown» aber nicht im Scheidungsstreit, sondern in Charles‘ Besuch bei Diana im Kensington Palace nach der Scheidung. Die beiden sitzen am Küchentisch und beklagen ihre gescheiterte Beziehung. Was versöhnlich und berührend beginnt, endet trotzdem im Zwist. Eine der stärksten Szenen von «The Crown».

Die Rehaugen als PR-Waffe

Fast etwas überraschend ist, wie ausbalanciert «The Crown» die Sympathien verteilt. Es ist nicht einfach böse Windsors gegen arme Diana – oder umgekehrt. Bei allem Mitgefühl für Diana wird klar, dass sie ihren berühmten Augenaufschlag sehr berechnend einsetzt. Und Charles und Camilla wird so etwas wie Verständnis und Empathie für ihre Situation zuteil.

Eine blonde Frau mit halb gesenktem Kopf und dem Blick nach oben.
Dianas treuherziger Blick beim Enthüllungsinterview mit der BBC. © Netflix

Die Queen und ihr Prinzgemahl machen inmitten der Skandale nicht die beste Figur. Ihr verstaubter viktorianischer Monarchiebegriff ist wenig hilfreich in der Krise, in der sich das Königshaus befindet. Es könnte sie dasselbe Schicksal ereilen wie die königliche Jacht Britannia. Ein Relikt aus glorreichen Tagen, das in die Jahre gekommen ist – und am Ende ausser Dienst gesetzt wird.

Die Queen wird nicht stillgelegt

Natürlich wird die Queen nicht stillgelegt wie ihre geliebte Jacht. Auch wenn Charles mehrmals die Idee propagiert, dass er frühzeitig übernehmen und die Monarchie erneuern könnte. 30 Jahre später sind wir an diesem Punkt angelangt. Mal schauen, was Charles III. verändern wird.

In «The Crown» werden wir nie so weit kommen. Die sechste Staffel wird die letzte sein. Und wir wissen schon, welcher Schicksalsschlag die Windsors ereilen wird. Was sich wohl nach dem Tod von Diana alles im Buckingham Palace ereignet hat? Wir dürfen gespannt sein, was sich «The Crown» dazu einfallen lässt.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «The Crown» Staffel 5?
11 Stimmen

Besetzung: Imelda Staunton | Jonathan Pryce | Dominic West | Elizabeth Debicki | Claudia Harrison | Lesley Manville | Jonny Lee Miller | Olivia Williams | Claire Foy | Natascha McElhone
Serie entwickelt von: Peter Morgan
Genre: Historie | Drama
GB, 2022