Queen Charlotte (Mini-Serie) – Kostümkitsch trifft auf alternative Geschichtsschreibung

Serienposter mit Schriftzug. Eine junge Frau im Porträt. Sie trägt ein Diadem im Haar und funkelnde Ohrringe und eine Halskette.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Netflix (Mini-Serie, 6 Episoden à 60 Min.)

Serien-Universen sind schwer in. Prequels, Sequels und Spin-offs von erfolgreichen Titeln melken die Kuh, bis die Milch versiegt. So auch die Bridgerton-Welt.

In den letzten zwei Staffeln erreichten der älteste Sohn und die älteste Tochter der Familie Bridgerton unter romantischen Irrungen und Wirrungen endlich den Hafen der Ehe. Jetzt erzählt das Prequel «Queen Charlotte», wie die deutsche Prinzessin Sophie Charlotte zu Mecklenburg-Strelitz König George III. heiratete und Königin von Grossbritannien wurde.

Das Königspaar mit Kronen in prunkvollen Kleidern.
Eine Ehe unter Deutschen: Nicht nur Charlotte (India Amarteifio) gehörte zu einem deutschen Adelsgeschlecht. Ihr Mann George (Corey Mylchreest) war der dritte britische Herrscher, der aus dem Haus Hannover stammt. © Netflix
Das grosse gesellschaftliche Experiment

Dabei konzentriert sich die Serie ganz auf den Mikrokosmos des Königspaars mit seinem Hofstaat. Damit aber niemand auf die Idee kommt, historische Vergleiche anzustellen, erklärt ein Disclaimer gleich zu Beginn, dass es die Hauptpersonen zwar gegeben hat, ihre verfilmte Geschichte jedoch Fiktion ist.

Durch die Heirat mit der Schwarzen Königin (India Amarteifio) verbinden der Hof und die führenden Politiker in «Queen Charlotte» das «Great Experiment», die umstrittene Aufnahme von begüterten Schwarzen Familien in die adlige Gesellschaft. Damit zeigt die Serie, wie das Leben in der privilegierten britischen Oberschicht des 18. Jahrhunderts auch hätte sein können.

Zwei luxuriös gekleidete Frauen stehen sich gegenüber. Im Hintergrund vier Diener.
Die künftige Königin wird kritisch beäugt von der Königsmutter Augusta (Michelle Fairley). © Netflix

Diese Vision ist nicht ganz verkehrt, stellte doch das britische Unterhaus 1807, also während der Herrschaft von George III., den Handel mit Sklaven tatsächlich unter Strafe. Die Realität sah allerdings anders aus.

Obwohl der Handel verboten war, durften Besitzer von Sklaven diese weiter behalten, ausbeuten und misshandeln. Bevor die Sklaverei in der westlichen Welt abgeschafft war, vergingen noch Jahrzehnte.

Spagat zwischen Kostümkitsch und aktuellen Themen

Charlotte und George gingen 1761 eine arrangierte Ehe ein und begegneten sich am Tag der Hochzeit zum ersten Mal. Aus dieser historisch verbürgten Konstellation entwickelt die Bridgerton-Schöpferin und Produzentin Shonda Rhimes ein romantisches Liebesdrama mit Binge-Potenzial.

Eine Frau sitzt alleine an einer festlich geschmückten Tafel umgeben von Bediensteten in einem pompösen Raum.
Wie üblich in der Bridgerton-Welt: Pompös inszeniert vom Setdesign bis zu den Kostümen. © Netflix

Sie schafft den Spagat zwischen üppigem Kostümkitsch und alternativer Geschichtsschreibung. Sie thematisiert das aktuelle Anliegen gesellschaftlicher Diversität und sozialer Gleichstellung, indem sie ein Märchen aus alter Zeit auf unterhaltende und für die Gegenwart relevante Weise erzählt.

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3 Stimmen

Besetzung: India Amarteifio | Adjoa Andoh | Michelle Fairley | Ruth Gemmell | Corey Mylchreest | Golda Rosheuvel | Arsema Thomas | Sam Clemmett | Freddie Dennis | Hugh Sachs | Julie Andrews | Richard Cunningham
Serie entwickelt von: Shonda Rhimes
Genre: Historie | Romanze | Biografie
USA, 2023

Gangs of London (Staffel 2) – Eine Stadt versinkt in Blutbädern

Serienposter mit Schriftzug. Drei Personen stehen hinter einer futuristischen Skyline. Der Himmel mit rötlichen Wolken behangen.
3 von 5 Sternen

Läuft bei: Sky Show (2 Staffeln, 16 Episoden à 50 Min.)

Stellt die Eimer bereit für das Blut, das aus dem Fernseher strömt, wenn ihr die zweite Staffel «Gangs of London» schaut. Was nur bedeutet, dass die Serie sich treu bleibt. Denn schon in der ersten Staffel floss reichlich Blut, allerdings sind es dieses Mal noch ein paar Liter mehr.

Gangs of London – Staffel 1
20 Jahre lang war Finn Wallace der unangefochtene König der Londoner Unterwelt, der ein exorbitantes Vermögen mit seinen kriminellen Machenschaften verdient hat, das die Familie Dumani für ihn verwaltet.
Jetzt ist er tot, ermordet. Es entbrennt ein Machtkampf, den Finns gnadenloser Sohn Sean für seine Familie entscheiden will. Doch ihm machen Albaner, kurdische PKK-Kämpfer und das pakistanische Drogenkartell den Platz streitig. Mittendrin der Undercover-Cop Elliot, der sich in den Wallace-Clan eingeschlichen hat.

Erneut also nichts für empfindliche Gemüter, das muss man deutlich betonen (deshalb ist auch der Trailer unten mit einer Altersbeschränkung versehen). Folter, Misshandlung, Verstümmelung und Mord gehören zur Tagesordnung für die «Gangs of London».

Ein Sadist sorgt für Ordnung

Ein neues Gesicht ist für die übelsten Grausamkeiten zuständig. Koba (Waleed Zuaiter) ist der sadistische Mann fürs äusserst Grobe. Der georgische Mafioso arbeitet für «die Investoren», die jetzt das Sagen haben in der Londoner Unterwelt. Er sorgt dafür, dass keine der Gangs aus der Reihe tanzt.

Ein Mann mit graumeliertem Haar in brauner Lederjacke steht vor einem Gemälde, das unscharf im Hintergrund zu sehen ist.
Kobas (Waleed Zuaiter) Methoden im Umgang mit seinen Feinden als unzimperlich zu beschreiben, ist eine starke Untertreibung. © Sky / GOL Production

Als operativer Chef für die Investoren agiert der pakistanische Drogenbaron Asif Afridi (Asif Raza Mir) und für die Finanzen sind wieder Vater und Sohn Dumani zuständig. Obwohl die Machtverhältnisse geklärt scheinen, verlaufen die Geschäfte der Gangs keineswegs in ruhigen Bahnen.

Die Auferstehung eines Toten

Einige Bandenbosse, wie der Albaner Luan Dushaj (Orli Shuka), versuchen ihre eigenen Deals zu machen. Dann gibt es eine weitere geheimnisvolle Gruppe, die die Investoren entmachten will. Für die arbeitet der ehemalige Undercover-Cop Elliot Carter (Sope Dirisu), der gleichzeitig auch für die Investoren unterwegs ist. Zu guter Letzt taucht ein mysteriöser Killer auf, der für Unruhe sorgt.

Der Killer entpuppt sich als Sean Wallace (Joe Cole), den wir am Ende der ersten Staffel eigentlich tot glaubten. Aber die Kurdin Lale (Narges Rashidi) hat ihn gerettet und macht jetzt gemeinsame Sache mit ihm, um die Investoren auszuschalten und die Wallaces wieder zu den Königen der Unterwelt zu machen.

Ein Mann hält eine Waffe Richtung Kamera gerichtet.
Elliot (Sope Dirisu) will eigentlich raus aus dem ganzen Gangsterbusiness. Doch dafür muss er zuerst ein paar Leute aus dem Weg räumen. © Sky / GOL Production
Exzessive Gewalt in Zeitlupe

Diese Machtkämpfe werden mit ultimativer Brutalität und immer wieder wechselnden Allianzen geführt. Das kann man durchaus gespannt und interessiert mitverfolgen. Doch «Gangs of London» zelebriert dabei die Gewalt in einem Ausmass, das definitiv unnötig und übermässig ist.

Das untrüglichste Zeichen dafür ist der Einsatz von Zeitlupe. Das geschieht etwa bei einem Gangmitglied, dem eine Kugel eine Gesichtshälfte wegreisst. Dagegen sind die Kopfschüsse, bei denen Umstehenden ein halber Liter Blut ins Gesicht spritzt, schon beinahe zurückhaltend inszeniert. Ein bisschen mehr Effort in die Geschichte zu stecken und dafür die Gewalt zurücknehmen, hätte der Serie sehr gutgetan.

Wurde die Polizei abgeschafft?

Kommt dazu, dass einige Wendungen in der Geschichte ziemlich konstruiert sind und viel Wohlwollen verlangen, um sie nicht als absurd zu taxieren. Was man sich schon gar nicht fragen darf: Wo sind eigentlich die Gesetzeshüter:innen?

Die Gangster fahren in auffälligen Konvois unbehelligt mitten durch London. Es ballern Dutzende stundenlang wild durch die Gegend, bis sich die Leichen in den Strassen auftürmen. Und weit und breit kein:e Polizist:in in Sicht.

Ein Mann und eine Frau schiessen mit vollautomatischen Waffen in einem Zimmer.
Vater und Tochter Dumani (Lucian Msamati, Pippa Bennett-Warner) erledigen ein paar Schergen, die Koba auf sie gehetzt hat. © Sky / GOL Production

Nur gerade am Schluss lässt sich erahnen, dass die Metropolitan Police doch nicht abgeschafft worden ist. Am Horizont leuchten ein paar Blaulichter und in weiter Ferne ist der Klang von Sirenen zu hören.

Der Machtkampf wird weitergehen

Selbstverständlich wird aber nicht aufgeräumt in der Londoner Unterwelt. Die übersteht auch die neuerlichen Umwälzungen fast unbeschadet, wenn auch in wiederum ganz anderer Konstellation.

Dass das letzte Wort nicht gesprochen ist, wer König:in des organisierten Verbrechens ist in der britischen Hauptstadt, ist auch schon klar. Sky hat die dritte Staffel von «Gangs of London» bereits bestätigt. London wird erneut in Blutbädern versinken.

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Besetzung: Sope Dirisu | Joe Cole | Michelle Fairley | Lucian Msamati | Brian Vernel | Pippa Bennet-Warner | Orli Shuka | Asif Raza Mir | Narges Rashidi | Waleed Zuaiter | Jahz Armando
Serie entwickelt von: Gareth Evans | Matt Flannery
Genre: Action | Thriller
GB, 2022