

Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 6 Episoden à 60 Min.)
Was hat es bloss auf sich mit dieser Faszination für das Bauerntum? Nur ein minimaler Prozentsatz der Bevölkerung in Industrienationen geht diesem Erwerb nach. Aber als Serienstoff scheint dieses Berufsfeld von grösstem Interesse. «Yellowstone» in den USA, «Neumatt» in der Schweiz und jetzt also «Territory» aus Australien.
Muss wohl irgendwann genetisch verankert worden sein, nachdem der Homo sapiens vor ein paar Tausend Jahren in der neolithischen Revolution den Ackerbau und die Viehzucht entdeckt hat. Auf jeden Fall eignet sich das Bauerndrama augenscheinlich vor allem zur Pflege von Mythen, die man gesellschaftspolitisch als reaktionär bezeichnen muss.
Was «Territory» besser macht als «Yellowstone»
«Yellowstone» ist dafür das Paradebeispiel. Die Serie glorifiziert den US-amerikanischen Gründermythos und die damit verbundene Blut-und-Boden-Ideologie. Für mich ein unerträglicher Mix (siehe meine Besprechung des «Yellowstone»-Spin-offs «1923»).

«Neumatt» fällt in dieser Beziehung aus dem Rahmen. Hier wird nicht die Vergangenheit beschworen, sondern erfolglos versucht, das Genre in die Gegenwart zu holen. Ebenfalls unerträglich ist die Serie aber, weil sie ach so trendig sein will, letztlich nur einfallslos und banal wirkt.
Die gute Nachricht bei «Territory»: Das australische Rinderzüchterdrama ist weder reaktionär noch peinlich modern. Die schlechte Nachricht: Die Show arbeitet mit den bekannten Stereotypen, mit denen wir seit «Dallas» oder «Dynasty (Der Denver-Clan)» vertraut sind, wenn es um Familienimperien geht.
Die grösste Rinderfarm der Welt steht vor dem Untergang
Grundsätzlich sind alle Figuren Fieslinge, Bösewichte, Charakterlumpen oder zumindest gescheiterte Existenzen. Das gilt auch für die Lawsons, um die es in «Territory» geht.

Territory meint ein Gebiet in Australien, das vom Zentrum mit dem berühmten Uluru bis zur Küste bei Darwin im Norden reicht. Hier betreiben die Lawsons seit einigen Generationen Marianne Station, die grösste Rinderfarm der Welt, etwa so gross wie Belgien.
Der Patriarch des Clans ist Colin Lawson (Robert Taylor), der das Familienunternehmen kurz vor den Bankrott geführt hat. Sein Sohn Daniel (Jake Ryan) sollte die Farm vor dem Untergang retten. Er stirbt aber bei einem Unfall, der vielleicht keiner war.
Der Säufer und die Viehdiebin
Nach Dans Tod kämen eigentlich Graham Lawson (Michael Dorman) und seine Frau Emily (Anna Torv) zum Zug. Aber Graham ist ein hoffnungsloser Säufer, der gleich bei der ersten Gelegenheit unter Beweis stellt, dass er garantiert unfähig ist, die Farm zu retten.
Emily dagegen hätte vielleicht die Fähigkeiten dazu. Aber Colin hat für sie nur Verachtung übrig, weil sie aus einer Familie von Viehdieben stammt. Auch seiner Enkelin Susie (Philippa Northeast) würde er die Farm nicht anvertrauen, einfach weil sie eine Frau ist.

Die Gegenspielerin und ein skrupelloser Ex
Stattdessen hofft er auf seinen Enkel Marshall (Sam Corlett, von dem ich nicht wusste, dass er ein Aussie ist. Habe ihm den Nordländer in «Vikings: Valhalla» abgekauft), der der Familie allerdings den Rücken gekehrt hat. Er tingelt jetzt mit einem Pärchen durch die Gegend und hält sich mit dubiosen Gelegenheitsjobs über Wasser.
Nicht fehlen darf natürlich die Gegenspielerin, die die Lawsons in den Ruin treiben will, und deren williger, skrupelloser Helfer, der früher mal was mit Emily hatte und immer noch bei ihr landen will. Weil wir in Australien sind, spielen auch ein indigener Farmer und seine Aborigines-Community eine Rolle.

Wirklich packend ist die Geschichte der Lawsons nicht. Zu generisch die Figuren, zu vorhersehbar der Plot. Da helfen auch die Landschaftsaufnahmen nicht oder die durchaus respektable Besetzung. Allen voran Anna Torv, die mit «Fringe» bekannt wurde und kürzlich in «The Last of Us» oder «Mindhunter» zu sehen war.
Wie lange halten es die Lawsons durch?
Ihr Monolog zum Einstieg beschwört mit getragener Stimme die Gefahren und die Schönheit des «Territory» und ihre Verbundenheit damit. Was der Serie Tiefgründigkeit verleihen soll, wirkt am Ende aber eher wie ein Werbespot des australischen Tourismusbüros.

Trotz allem: Wer es mag, einer Familie zuzuschauen, wie sie langsam unterzugehen droht auf ihrem riesigen Bauernhof, wird nicht schlecht bedient. Klar auch, dass nach einer Staffel nicht Schluss sein kann.
Netflix hofft auf einen ähnlichen Erfolg, wie ihn «Yellowstone» feiern konnte. Mal schauen, wie viele Staffeln die Zuschauer:innen den Lawsons die Stange halten.
Besetzung: Anna Torv | Michael Dorman | Sam Corlett | Philippa Northeast | Sara Wiseman | Dan Wyllie | Clarence Ryan | Robert Taylor | Jay Ryan | Sam Delich | Kylah Day | Tuuli Narkle
Serie entwickelt von: Ben Davies | Timothy Lee
Genre: Western | Drama
AUS, 2024
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