The Exchange (Staffel 1) – Hier tragen Männer ein Kopftuch und Frauen schicke Kleider

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Zwei Frauen und ein rotes Sportcoupe. Eine Frau sitzt auf der Kühlerhaube, die andere steht auf dem Fahrersitz. Dahinter arabische Männer mit Kopftüchern.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 6 Episoden à 45 Min.)

Eine Emanzipationsgeschichte mal etwas anders. Weniger ihr Verlauf, als der Ort der Handlung: auf der arabischen Halbinsel in Kuwait. Und zudem ziemlich extravagant und bunt, nicht was man üblicherweise in Arthouse-Kinos aus dieser Region zu sehen bekommt.

Frisch geschieden auf Jobsuche

Farida (Rawan Mahdi) lebt 1987 in Kuwait. Sie ist frisch geschieden und zusammen mit ihrer Tochter Jude zurück bei ihren Eltern. Doch die Freude an der neuerlangten Freiheit währt nur kurz. Die Direktorin der englischen Privatschule, auf die Jude geht, präsentiert ihr eine Rechnung über zwei Jahre ausstehende Schulgelder.

Die zweite schlechte Nachricht: Faridas Vater musste für die Scheidung tief in die Tasche greifen. Er kann nicht aushelfen mit dem Schulgeld. Also muss sich Farida einen Job suchen.

Eine Frau und Mann stehen in einem Wohnzimmer. Am Tisch sitzt ein Mädchen. Der Mann hat seine Hand auf ihrem Kopf.
Der Vater will nach der Scheidung nicht für die Schule seiner Tochter bezahlen. Das bringt Farida (Rawan Mahdi) in Geldnöte. © Netflix

Sie trifft ihre Cousine Munira (Mona Hussain), die sich gerade ein schickes rotes Cabrio gekauft hat. Munira ist Händlerin an der Börse in Kuwait. Die erste und einzige Frau in dem Job. Nicht mehr lange. Denn Farida hat ein Flair für Zahlen und schafft es, sich auch einen Job auf dem Börsenparkett zu ergattern.

Zwei Paradiesvögel unter Kopftuchträgern

Dass die beiden Frauen auf eine Wand von Ablehnung stossen, erstaunt nicht. Schliesslich sind wir in den 80er-Jahren und einem arabischen Land, das allerdings weit fortschrittlicher ist als etwa der benachbarte Mullah-Staat Iran.

Das sieht man allein schon am Auftreten der Frauen. Munira und Farida tragen farbenfrohe, elegante Kleider und ausgefallene Frisuren. Die Kopftücher sind den Männern vorbehalten, die alle zudem einheitlich im Dishdasha gekleidet sind. Da stechen die Frauen heraus wie Paradiesvögel.

Zwei Frauen in eleganten Kleidern an einer Party. Sie lächeln und klatschen.
Elegante Kleidung ist nur ein äusseres Merkmal der beiden Frauen. Sie haben noch einiges mehr drauf. © Netflix

Doch es bleibt nicht bei diesen Äusserlichkeiten. Munira hat sich bereits mit viel Selbstbewusstsein und Hartnäckigkeit einen Weg gebahnt in dieser Männerwelt. Farida tut es ihr gleich, wenn auch mehr mit Präzision und Zuverlässigkeit in der Arbeit.

Inspiriert von der Biografie der Mutter

Ein paar wenige Männer sind auch nicht so rückständig wie die Mehrheit. Ihr Boss Saud (Hussain Al-Mahdi) etwa oder ein Trader der Konkurrenzbank, der Faridas Fähigkeiten schnell erkennt und ihr zu Beginn ein paar Tipps gibt.

Auch wenn Munira und Farida gegen diese Männerbastion ankämpfen, sind sie nicht von Beginn an auf derselben Seite, sondern fechten auch unter sich einen Konkurrenzkampf aus. Das gibt dem Ganzen eine erfrischende Note.

Eine Frau in einem blauen Kleid umgeben von Männern in traditionellen grauen Gewändern und Kopftüchern. Alle halten Zettel in der Hand und strecken sie nach oben.
Allein auf dem Börsenparkett. © Netflix

Die Autorin Nadia Ahmad hat die Inspiration für ihre Geschichte aus ihrer Biografie, wie sie in einem Interview erzählt. Vorbild für Farida war ihre Mutter, die als Alleinerziehende für eine Investmentbank arbeitete. Sie wollte mit der Serie Frauenfiguren aus dem arabischen Raum einen Platz geben, den sie bisher nicht hatten.

Starke Frauen, austauschbare Männer

Das ist Ahmad gelungen. Angesichts der Schlagzeilen aus Iran oder Afghanistan, die heute die Vorstellung von der Situation der Frauen in islamischen Ländern prägen, staunt man, was andernorts möglich war und ist.

«The Exchange» ist die Story von zwei starken weiblichen Figuren. Das hält einen auch bei der Stange. Andererseits ist die Dramaturgie der Serie dann doch oft etwas holprig. Sie besticht nicht durch Finesse, sondern verliert sich in erwartbaren Stereotypen.

Eine Frau und ein Mädchen stehen an einem Bankschalter.
Die alltägliche Diskriminierung: Am Bankschalter wird Farida gefragt, ob sie denn mit Geld umgehen könne. © Netflix

Das betrifft fast alle männlichen Charaktere, die so austauschbar scheinen wie ihre Kleidung. Das kann man noch hinnehmen, weil sie Nebenfiguren sein sollen. Aber auch andere Plots sind etwas vorhersehbar. Etwa, dass die Tochter in ihrer neuen Schule gemobbt wird.

Erfrischend anders

Der grosse Börsencrash, bei dem am Schluss der Boss mit Herzinfarkt auf dem Börsenparkett liegt, ist schon fast unfreiwillig komisch inszeniert. Oder sollte das eine Referenz an die Schlussszene aus «Trading Places» sein? Das käme dann wieder ziemlich unvermittelt.

Auf jeden Fall liefert «The Exchange» einen erfrischend anderen Blick auf ein Land, das uns wenig vertraut ist, in einer Zeit, die kaum in Erinnerung ist, und auf ein Thema, das zeitgemäss ist. Da kann man ein paar Schwächen des Drehbuchs verzeihen.

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Besetzung: Rawan Mahdi | Mona Hussain | Hussain Al-Mahdi | Mohamed Mansour | Faisal Al-Amiri | Jassim Al-Nabhan
Serie entwickelt von: Nadia Ahmad
Genre: Drama | Historie
KWT, 2023

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