The Ipcress File (Mini-Serie) – Herrlich unterkühlter Spionage-Thriller

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Läuft bei: Sky (Mini-Serie, 6 Episoden à 55 Min.)

Der ehemalige Armeekorporal Harry Palmer (Joe Cole) sitzt im Gefängnis. Er betrieb in Berlin kurz nach dem Mauerbau einen lukrativen Schwarzhandel, bis er aufflog.

Zurück nach Berlin

Aber Harry hat Glück. Der britische Atomwissenschaftler Dawson ist verschwunden, mutmasslich entführt von einem Ganoven, mit dem Harry damals in Berlin enge Geschäftsbeziehungen pflegte.

Deshalb holt Major Dalby (Tom Hollander), der eine kleine Geheimdiensteinheit leitet, Harry aus dem Gefängnis und schickt ihn zusammen mit der Agentin Jean Courtney (Lucy Boynton) nach Berlin.

Harry Palmer (Joe Cole), Spion wider Willen, aber mit grosser Begabung fürs Geschäft. © ITV

Die Mission schlägt fehl. Harry hat aber ein gutes Gespür fürs Spionagebusiness bewiesen. Dalby will ihn weiterhin bei der Suche nach Dawson einsetzen.

Die bösen Russen sind tatsächlich Amis

Die nächste Spur führt nach Beirut. Harry und Jean finden Dawson. Als sie ihn schon fast haben, tauchen andere Agenten auf und verhindern die Befreiung. Auf den ersten Blick scheint es, die Russen hätten hier dazwischengefunkt.

Doch Dalby findet heraus, dass die andere, eigentlich befreundete Grossmacht dahintersteckt. Deshalb schickt er Harry und Jean in den Pazifik, wo die Amis eine Atombombe testen. Diese Mission in Freundesgebiet wird für Harry lebensgefährlich.

Einschätzung

60er-Jahre, Kalter Krieg, Grossbritannien und Spionage – da denkt man sofort an George Smiley, «The Spy Who Came In from the Cold» und John le Carré. Diesem Vergleich halten Harry Palmer und «The Ipcress File» nicht ganz stand, aber sie kommen den Werken des Grossmeisters der Spionageromane nahe.

Desillusioniert und zynisch

«The Ipcress File» ist Teil einer vierteiligen Romanreihe des Autors Len Deighton, die Anfang der 60er-Jahre entstand. Der Film- und Medienhistoriker Alan Burton hält Deightons Werk für ähnlich einflussreich auf das Genre des Spionageromans wie das von Le Carré. Wie bei Le Carré seien Deightons Figuren und Geschichten desillusioniert und zynisch.

Jean (Lucy Boynton) will sich nicht in Ketten legen lassen, auch wenn sie als Schmuck daherkommen. © ITV

Das bringt die Serie «The Ipcress File» auch gut rüber. Keine der Hauptfiguren will hier für «Queen and Country» kämpfen. Harry hat gekämpft, in Korea, ist seither traumatisiert und erhielt weder Anerkennung noch Unterstützung. Deshalb nutzte er seine weitere Dienstzeit fürs eigene Wohlergehen und verlegte sich auf den Schwarzmarkthandel.

Britisches Understatement

Jean flieht vor einem Leben als Ehefrau, dessen tolle Eigenschaft es sei, wie ihr Verlobter betont, dass sie nicht mehr arbeiten müsse. Und Dalby wäre zufrieden, wenn der Rüstungswahnsinn nicht zu einem Atomkrieg führen würde.

In Dialogen, die mit britischem Understatement geführt werden, lassen die Figuren ihrem Zynismus freien Lauf. Als Dalby Harry erklärt, dass er ihn als Sündenbock hinstellen müsse, falls die Mission nicht gelinge, meint Harry nur: «Natürlich, Sir. Ich hätte nichts anderes erwartet.»

Ein Traum von Setdesign

Und dann ist da noch das Design der Serie, in dem man schwelgen kann. MGs und Jaguare aus der Periode, auch ein 2CV hat einen Auftritt. Klassische Kostüme von schwarz bis lindgrün, Regenmäntel und Bowler-Hüte. Space-Age-Lampen und Vespas.

Auch schön: In Berlin sprechen die Deutschen wirklich deutsch. Einzig ärgerlich sind ein paar Plakate und Schilder: «Turkishe Spezialiteten», «Kaffee mit milch» oder «Für Personel» trifft’s nicht ganz.

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Am Ende fehlt es etwas an Finesse

Gegen Ende verliert die Serie etwas an Unterhaltungswert. Einerseits gibt es mehr Action, was aber weniger zu den Figuren passt. Andererseits wird der Plot mit diversen Twists gedreht, ohne dass wie bei George Smiley die Psychologie von Verräter:innen und Betrogenen wenigstens ein bisschen ausgeleuchtet wird.

Da die Serie vor allem in England gut ankam, ist es gut möglich, dass ITV eine zweite folgen lässt. Joe Cole liess schon verlauten, dass er gerne dabei wäre. Immerhin wurde 1965 auch bei der Verfilmung des Stoffs mit Michael Caine ein Sequel nachgeschoben. «Billion Dollar Brain» floppte dann allerdings an den Kinokassen.

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Besetzung: Joe Cole | Lucy Boynton | Tom Hollander | Ashley Thomas | Paul Higgins | David Dencik | Anastasia Hille | Tom Vaughan-Lawlor | Matthew Steer
Genre: Thriller | Historie
UK, 2022

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