

Läuft bei: Netflix (1 Staffel, 10 Episoden à 45 Min.)
«The Night Agent» hat einen steilen Start hingelegt: die dritterfolgreichste Premiere bei Netflix (hinter «Wednesday» und «The Jeffrey Dahmer Story»). Das ist durchaus verdient, auch wenn die Thrillerserie alles andere als bahnbrechend ist.
Im Gegenteil: «The Night Agent» ist konventionell und arbeitet mit einer Story, die aus dem Setzkasten kommt. Aber die Geschichte ist mit guten Figuren besetzt und spannend erzählt. Da gab es in letzter Zeit anderes zu sehen, das diese Ansprüche weniger erfüllte (bspw. «The Recruit»).
Nachtschicht im Keller
Baustein 1: Ein junger FBI-Agent, der einen todlangweiligen Job macht, aber bald kopfüber ins grosse Abenteuer stürzt. Peter Sutherland (Gabriel Basso) sitzt Nacht für Nacht in einem fensterlosen Raum irgendwo im Keller des Weissen Hauses vor einer Hotline für Agent:innen in Gefahr. Nur – das Telefon klingelt nie.

Dabei hat Peter ein paar Monate zuvor mit heroischem Einsatz viele Menschen bei einem Bombenanschlag in der U-Bahn vor dem sicheren Tod gerettet. Weshalb er danach in den Keller versetzt wird, leuchtet nicht wirklich ein. Aber man ahnt schon: Diese Bombengeschichte ist noch nicht abgeschlossen.
Das Telefon klingelt
Baustein 2: Eine Verschwörung in den höchsten Gefilden der Washingtoner Politik. Dem ist ein Agentenehepaar auf der Spur. Dass sie Agenten sind, weiss aber niemand, auch nicht ihre Nichte Rose (Luciane Buchanan), die zufällig zu Besuch ist, als düstere Gestalten ums Haus schleichen.
Der Onkel schickt Rose aus dem Haus, um eine Telefonnummer anzurufen, die Hilfe schicken soll. Rose wählt die Nummer und – wir ahnen es – es klingelt bei Peter. Peter schickt Hilfe. Für Onkel und Tante kommt sie allerdings zu spät, aber Rose wird gerettet.

Das Killerduo schmiedet Zukunftspläne
Baustein 3: Das Killerpärchen. Rose hat einen der Killer gesehen und könnte ihn identifizieren. Deshalb ist das Duo jetzt hinter ihr her. Dale (Phoenix Raei) ist dabei der umsichtige, ruhige Profi, seine Freundin Ellen (Eve Harlow) die gestörte Killerin, die ihre Opfer gerne noch ein bisschen quält.
Andererseits träumt sie auch von einem normaleren Leben. Nicht ohne die Killerjobs, aber ein Eigenheim, statt immer nur Motels und vielleicht sogar ein Baby. Diese Dialoge des Pärchens über Zukunftspläne sind gewollt abstrus, aber eher unfreiwillig amüsant.

Der/die Verräter:in sitzt ganz oben
Baustein 4: Ein:e Verräter:in ganz oben. Peter hat den Auftrag bekommen, Rose vor dem Killerduo zu beschützen. Das ist nicht einfach. Schnell stellt sich heraus, dass irgendjemand ganz oben in der Hierarchie die Killer mit Informationen versorgt, wo Peter und Rose zu finden sind.
Eine Reihe von Verdächtigen kommt in Frage: der stellvertretende FBI-Chef Hawkins (Robert Patrick), Chief of Staff Diane Farr (Hong Chau) oder CIA-Chef Almora (Enrique Murciano). Wetten sollten vor der zweiten Episode abgeschlossen werden.

Was hat Maddie damit zu tun?
Baustein 5: Die Nebengeschichte. In der dritten Episode wird ein zweiter Handlungsstrang eingeführt. Maddie (Sarah Desjardins), die Tochter des Vize-Präsidenten, studiert an der Georgetown Universität. Die CIA-Agentin Arrington (Fola Evans-Akingbola) leitet das Team ihrer Personenschützer:innen und bekommt den Agenten Monks (D.B. Woodside) neu zugewiesen.
Natürlich werden sich die Wege von Arrington, Monks, Peter und Rose kreuzen, sonst würde der zweite Plot keinen Sinn machen. Man darf spekulieren, ob sie mit- oder gegeneinander arbeiten werden.

Thriller mit hohem Binge-Faktor
«The Night Agent» hat sicher auch einige Mängel. Die Geschichte könnte straffer erzählt werden. Paul schleppt eine alte Familiengeschichte mit sich rum, die seinen Charakter vertiefen soll, aber eigentlich verzichtbar ist.
Zudem muss man sich mit dem üblichen Geschwafel über Heldentum rumschlagen und der Glorifizierung der Institution der Präsidentschaft, die man ja spätestens seit Trump nicht mehr ernst nehmen kann. Wenn man darüber hinwegsieht, bekommt man einen gelungenen Thriller, der die Voraussetzungen zum Bingen erfüllt.
Fortsetzung wird folgen, das ist bereits garantiert. Peter Sutherland soll für Netflix in die Fussstapfen der Action-Jacks treten: Jack Bauer aus «24» (gespielt von Kiefer Sutherland 😉), Tom Clancys Jack Ryan oder Amazons Jack Reacher.
Besetzung: Gabriel Basso | Luciane Buchanan | Fola Evans-Akingbola | Sarah Desjardins | Eve Harlow | Phoenix Raei | D.B. Woodside | Hong Chau | Christopher Shyer
Serie entwickelt von: Shawn Ryan
Genre: Thriller | Action
USA, 2023
Schreibe einen Kommentar