The Sympathizer (Mini-Serie) – Der Vietnamkrieg einmal anders erzählt

📅

📝

Serienposter mit Schriftzug. Vier Männer und eine Frau in Halbkörperporträt vor einem roten Hintergrund.
4 von 5 Sternen

Läuft bei: Sky Show (Mini-Serie, 7 Episoden à 60 Min.)

Den Vietnamkrieg hat Hollywood in fast allen möglichen Facetten aufgearbeitet: als tiefenpsychologisches Drama («Apocalypse Now»), als Heldensaga («The Green Berets»), als Komödie («Good Morning, Vietnam») oder auch als Musical («Hair»), um nur ein paar wenige zu nennen.

Allen diesen Filmen ist gemein, dass sie die US-amerikanische Optik einnehmen. Die Menschen, in deren Land der Krieg tobte, sind bestenfalls Nebenfiguren, in der Regel nur Dekoration. Vietnames:innen fanden bislang (fast) nicht statt.

Kein Kriegstrauma, sondern Identitätskrise

«The Sympathizer» ändert das. Im Zentrum stehen vietnamesische Soldaten. Allerdings geht es nicht wie in den klassischen US-Streifen um Kriegstraumata, sondern etwas überraschend vor allem um Identität.

Zwei Männer in hellen Uniformen. Der eine sitzt hinter seinem Bürotisch, der andere steht davor.
Der Captain (Hoa Xuande) arbeitet als Geheimdienstoffizier für General Trong (Toan Le). Allerdings ist er ein Spion des Vietcongs. © HBO/Sky Show

Das liegt an der Lebensgeschichte des Autors der Buchvorlage. Viet Thanh Nguyen kam 1975 nach dem Fall von Saigon im Alter von vier Jahren mit seiner Familie in die USA. Er gehörte damit zur ersten Welle von Flüchtlingen, die in den USA aufgenommen wurden und dort aufwuchsen, die Kultur ihrer Herkunft aber weiter pflegten.

Der Captain (Hoa Xuande), der namenlose Protagonist von «The Sympathizer», erfährt ein ähnliches, wenn auch viel komplizierteres Schicksal. Er gehört als südvietnamesischer Geheimdienstoffizier zu jenen Militärangehörigen, die am Ende des Krieges aus Saigon ausgeflogen werden.

Der Spion, dem niemand traut

In den USA soll der Captain seinem ehemaligen Vorgesetzten General Trong (Toan Le) bei der Organisation des Widerstands aus dem Exil helfen. Allerdings wollte der Captain nach dem Sieg der Kommunisten das Land gar nicht verlassen. Denn er hatte während des Krieges als Spion für den Vietcong im Süden gearbeitet.

Drei Männer sitzen an einem Tisch, auf dem viele Bierdosen stehen. Im Hintergrund weitere Personen.
Die letzten Stunden vor dem Fall Saigons verbringt der Captain mit seinen Freunden Man (Duy Nguyen), der ebenfalls ein Vietcong-Spion ist, und Bon (Fred Nguyen Khan), der nichts ahnt von den geheimen Aktivitäten seiner Freunde. © HBO/Sky Show

Die Geschichte des Captains wird als Rückblenden erzählt aus seiner Gefangenschaft in einem Umerziehungslager der Vietcong. Dort landet er nach seiner Rückkehr in seine Heimat, weil ihm die kommunistische Führung nicht mehr traut, nachdem er jahrelang in Feindesland gelebt hat. Das, obwohl er ironischerweise gegen seinen Willen von genau dieser Führung dort hingeschickt worden war.

Vor diesem Hintergrund zweifelt der Captain langsam selber an seiner Identität. Ist er ein Vietcong? Oder wurde seine Gesinnung korrumpiert durch die langen Jahre, in der er sie verbergen musste?

Der fünffache Robert Downey Jr.

Das tönt nach intensivem psychologischem Drama, doch «The Sympathizer» erzählt diese Geschichte sehr leichtfüssig und mit einigen satirischen bis abstrusen Elementen. Allen voran mit Robert Downey Jr. in fünf verschiedenen Rollen, die verschiedene Facetten der ignoranten, arroganten und ziemlich rassistischen Ami-Haltung spiegeln.

Am amüsantesten ist Downey als Regisseur Niko Damianos, der einen Film über den Vietnamkrieg dreht (und sehr an Francis Ford Coppola erinnert). Durch ihn wird das ganze kulturimperialistische Hollywoodgehabe auf die Schippe genommen.

Ein Mann einem Schreibtisch vor einer Schreibmaschine. Unscharf im Vordergrund zwei Oscar-Statuetten.
Regisseur Niko Damianos (Robert Downey Jr.) engagiert den Captain als Berater für seinen Vietnamfilm. © HBO/Sky Show
Eine ungewöhnliche Geschichte etwas überkompliziert erzählt

Damianos versteht seinen Film durchaus als kritische Auseinandersetzung mit dem Krieg. Allerdings merkt niemand im Produktionsteam, dass sämtliche Darsteller:innen, die Vietnames:innen spielen sollen, eigentlich Chines:innen sind. Sehen halt alle ziemlich gleich aus und da sie keinen Text bekommen, spielt die Sprache auch keine Rolle …

Der Captain, den Damianos als Berater für seinen Film anheuert, ist mit diesem gedankenlosen Rassismus bereits vertraut. Kurz nach seiner Ankunft in den USA hat er sich mit Sofia Mori (Sandra Oh) befreundet, die ihm von ihren Erfahrungen als asiatisch-stämmige Amerikanerin erzählt hat.

«The Sympathizer» erzählt eine ungewöhnliche Geschichte, zumindest in dem Sinne, dass sie bei uns so noch selten zu sehen war. Das sollte man sich nicht entgehen lassen. Allerdings macht einem die Serie den Zugang zu dieser Geschichte etwas unnötig schwer durch die vielen Zeitsprünge der Rückblenden und durch etwas Überlänge.

Die Umfrage ist beendet

Wie viele Sterne gibst du «The Sympathizer»?
0 Stimmen

Besetzung: Hoa Xuande | Robert Downey Jr. | Fred Nguyen Khan | Vy Le | Sandra Oh | Duy Nguyen | Toan Le | Phan Gia Nhat Linh | Tom Dang
Serie entwickelt von: Park Chan-wook | Don McKellar
Genre: Drama | Historie | Komödie
USA, 2024

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung