The Truth About the Harry Quebert Affair (Mini-Serie) – Gefälliger Krimi, aber überkonstruiert

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Serienposter mit Schriftzug. Grosses Porträt eines Mannes. Dazu kleiner eine junge Frau auf einem Weg, der mit einem gelben Polizeiband abgesperrt ist.
3 von 5 Sternen

Läuft bei: Sky Show (Mini-Serie, 10 Episoden à 50 Min.)

Zwei Namen gaben den Ausschlag, die fünf Jahre alte Serie anzuschauen, die seit kurzem neu auf Sky Show zu sehen ist: Joël Dicker und Jean-Jacques Annaud.

Joël Dicker, weil er die Vorlage geschrieben hat. Dass das Buch eines Schweizer Autors durch eine grosse US-amerikanische Produktionsfirma wie MGM als Serie umgesetzt wird, kommt nicht alle Tage vor.

Joël Dickers Romanvorlage

«La Vérité sur l’affaire Harry Quebert» erschien 2012 als erst drittes Werk des damals 27-jährigen Welschschweizer Autors. Der Roman war im französischen Sprachraum ein durchschlagender Erfolg. Er erhielt mehrere Preise und war auch auf der Shortlist für den Prix Goncourt, der als bedeutendster Preis für französischsprachige Literatur gilt.

Der Roman wurde in 32 Sprachen übersetzt und über zwei Millionen Mal verkauft. Trotz seiner Länge von gut 700 Seiten attestierte die Kritik Dickers Werk die Qualität eines «Pageturners», der so fesselnd geschrieben sei, dass man das Buch nicht aus der Hand lege. Allerdings gab es auch Stimmen, die das Buch eher als belanglose Strandlektüre einordneten.

Als Regisseur fungiert der Franzose Jean-Jacques Annaud. Ein renommierter Filmemacher, auch wenn seine Blütezeit mit Filmen wie «La guerre du feu» (1981), «Der Name der Rose» (1986) oder «Seven Years in Tibet» (1997) schon einige Jahre zurückliegt. Die Verfilmung des Dicker-Romans war seine erste Serienproduktion. Und das könnte einer der Gründe sein, weshalb die Mini-Serie enttäuscht.

Zu lang, zu üppig und ziemlich aufgeblasen

Auch wenn Dickers Roman mit 700 Seiten ein ziemlicher Schunken ist, sind die zehn fast einstündigen Episoden doch zu üppig. Da hat Annaud das Mass nicht ganz gefunden. Die Kamera schwelgt zu oft in der zwar zugegeben schönen Landschaft der US-amerikanischen Ostküste. Die Geschichte verliert sich in Szenen, die verzichtbar gewesen wären, und in unnötigen Dialogen.

Opulente Villa auf felsigem Untergrund, ein langer Holzsteg für über die Felsen an den Strand.
Ob Aussenaufnahmen wie hier die Villa des Protagonisten oder Innenaufnahmen in 70er-Jahre Dekors – schön gemacht, aber auch zu häufig zu sehen. © Sky Show

Etwas gestrafft, hätte «The Truth About the Harry Quebert Affair» an Qualität gewonnen, das Hauptproblem aber nicht eliminiert. Es ist eine gefällige Geschichte, die reichlich konstruiert und bei genauerem Hinsehen auch ziemlich aufgeblasen ist.

Unpassende Lolita-Geschichte

Beispielsweise die Liebesgeschichte zwischen dem Mittdreissiger Harry Quebert (Patrick Dempsey), einem erfolgreichen Schriftsteller, und der 15-jährigen Nola Kellergan (Kristine Froseth), die eines Tages spurlos verschwindet.

Ein Mann unter einem Unterstand, vor ihm steht eine junge Frau im Regen.
Der Schriftsteller Harry Quebert (Patrick Dempsey) trifft zum ersten Mal die 15-jährige Nola. Was eine komplizierte und komplexe Liebesgeschichte sein soll, wirkt trotz aller Bemühungen etwas schlüpfrig. © Sky Show

Das erinnert an Nabokovs Lolita und man kann das als literarische Anlehnung verstehen. Aber die Affäre wirkt aus heutiger Sicht deplatziert und ist zudem nicht wirklich zwingend für die Handlung.

Sie dient vor allem dazu, den Skandalfaktor noch etwas zu steigern, als Harry Jahrzehnte später verhaftet wird, nachdem Nolas Leiche auf seinem Grundstück gefunden wird.

Steile Wendungen

Das ruft Harrys früheren Schützling Marcus Goldman (Ben Schnetzer) auf den Plan, der nicht glauben kann, dass sein Mentor eines Mordes fähig ist. Marcus, der mittlerweile ebenfalls einen Bestseller geschrieben hat, will der Sache auf den Grund gehen.

Jetzt wird ein reiches Beziehungsgeflecht entworfen zwischen den verschiedensten Figuren, die sich damals in den 70er-Jahren, als Nola verschwand, und heute, rund 30 Jahre später, im netten Kaff Sommerdale in Maine tummeln. Dabei nimmt die Geschichte einige steile Wendungen, die für sich genommen akzeptabel, in der Summe aber ziemlich haarsträubend sind.

Zwei Männer begrüssen sich, in dem die Fäuste aufeinanderklatschen.
Marcus Goldman (Ben Schnetzer, r.) ermittelt auf eigene Faust, um seinen Mentor zu entlasten. Mit der Zeit unterstützt ihn der zuerst skeptische Polizist Perry Gahalowood (Damon Wayans Jr.). © Sky Show
Der Schöne und der Bubi

Kommt der sehr subjektive Faktor hinzu, dass Patrick Dempsey für mich ewig nur der schöne Fernsehdoktor Derek Shepherd aus «Grey’s Anatomy» sein wird – und nicht viel mehr. Aber auch Ben Schnetzer überzeugt mich wenig. Er wirkt unreif, ja fast etwas zu bubihaft für die tragende Rolle, die er spielen sollte.

Alles in allem gibt es zu viele atmosphärisch gelungenere Krimis, die spannender und mindestens ebenso clever konstruiert sind, als dass man «The Truth About the Harry Quebert Affair» wirklich empfehlen könnte.

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Besetzung: Patrick Dempsey | Ben Schnetzer | Damon Wayans Jr. | Kristine Froseth | Kurt Fuller | Victoria Clark | Wayne Knight | Matt Frewer | Colm Feore | Joshua Close | Craig Eldrige | Virginia Madsen
Regie: Jean-Jacques Annaud
Genre: Drama | Krimi | Mystery
USA, 2018

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