

Netflix (Mini-Serie, 8 Episoden à 50 Min.)
Hier haben sich zwei gefunden, die perfekt zueinander passen. Claire Danes brillierte in «Homeland» als Frau, die zwischen Besessenheit und Depression schwankt. Dank ihrer eindringlichen Darstellung der CIA-Agentin Carrie Mathison zählt «Homeland» zu den grossen TV-Serien der letzten Jahre.
Ähnlich bei Matthew Rhys. Er spielte in der ebenfalls hochgelobten Serie «The Americans» einen russischen Spion, der sich hinter der Fassade eines ganz normalen amerikanischen Ehemanns und Familienvaters versteckt: freundlich am Tag, mörderisch in der Nacht.

Trauer und Wut als ständige Begleiter
Beide verkörpern nun ähnliche Figuren im Psychothriller «The Beast in Me» und ergänzen sich hervorragend. Danes ist die Autorin Aggie Wiggs, die vor Jahren einen Bestseller landete. Mit ihrem neuen Buchprojekt kommt sie aber nicht voran.
Der Grund ist persönlich: Vor vier Jahren verlor Aggie ihren achtjährigen Sohn bei einem Autounfall. Diese Tragödie hat sie nicht überwunden. Trauer und Wut begleiten sie ständig und zerstörten ihre Ehe mit Shelley (Natalie Morales). Seither lebt Aggie einsam und zurückgezogen in einem grossen Haus, das – wie sie – immer mehr zerfällt.
Matthew Rhys ist Nile Jarvis, Aggies neuer Nachbar. Er ist von New York nach Long Island gezogen, um dem Medienrummel um seine Person zu entkommen. Seine Frau ist vor ein paar Jahren spurlos verschwunden. Seither ist er in den Augen der Medien und Öffentlichkeit ein Mörder, obwohl ihm die Polizei nie etwas beweisen konnte.

Wie einst Clarice und Hannibal Lecter
Als Nile seine Nachbarn um Zustimmung bittet, im Wald hinter den Häusern einen Joggingpfad zu bauen, erteilt ihm Aggie eine Abfuhr. Der erfolgreiche Geschäftsmann ist das nicht gewohnt und lädt Aggie zu einem Treffen ein. Es ist das erste von vielen, in denen die vermeintlich unterschiedlichen Charaktere unerwartete Gemeinsamkeiten entdecken.
«The Beast in Me» schwelgt ausgiebig in diesen Dialogen zwischen Aggie und Nile. Sie sind die Höhepunkte der Serie, in denen Danes und Rhys glänzen und etwas an die Begegnungen von Clarice Starling und Hannibal Lecter in «The Silence of the Lambs» erinnern.
Rhys ist grandios als wortgewandter Charmeur, der sich darin gefällt, andere zu provozieren und in Selbstzweifel zu stürzen. Dass sich noch düsterere Eigenschaften dahinter verbergen, wird schnell klar. Wie seine Umgebung ist man auch als Zuschauer:in gleichzeitig von ihm fasziniert und angewidert.

Claire Danes‘ «Cry Face»-Problem
Danes beherrscht es ebenso gut, die Ambivalenz ihrer Figur zu spielen. Auch Aggie ist eine Egomanin, die ihre Umwelt terrorisiert, weil sie sich den Dämonen aus ihrer Vergangenheit nicht stellen will – bis es nicht mehr anders geht, nicht zuletzt dank Nile.
Wie Danes die Momente spielt, in denen sich Aggie der Wahrheit bewusst wird, stösst – nicht unerwartet – auf unterschiedliche Reaktionen. Seit «Homeland» ist Claire Danes berühmt oder eben berüchtigt für ihr «Cry Face»: ein schmerzverzerrtes Gesicht, angsterfüllte Augen und ein zitterndes Kinn.
Ich gebe zu, dass es mir in «Homeland» auch das eine oder andere Mal zu viel wurde. Aber hier stimmt das Timing dieser emotionalen Zusammenbrüche und sie passen zur Figur.

Der Vater, der Besessene und die nicht ganz Ahnungslose
Obwohl Danes und Rhys die Faszination des Psychothrillers ausmachen, tragen auch andere Figuren dazu bei, dass «The Beast in Me» von Anfang bis Ende überzeugt.
Allen voran Jonathan Banks («Breaking Bad», «Better Call Saul») als Niles Vater, der schon lange genug hat von den Eskapaden seines Sohnes. David Lyons als FBI-Agent, dessen Ermittlungen gegen Nile sich zur Besessenheit ausgewachsen haben. Oder auch Brittany Snow als Niles zweite Frau Nina, die mehr über das wahre Gesicht ihres Ehemannes weiss, als sie sich zugestehen will.
Besetzung: Claire Danes | Matthew Rhys | Brittany Snow | David Lyons | Natalie Morales | Jonathan Banks | Hettienne Park | Tim Guinee | Aleyse Shannon
Serie entwickelt von: Gabe Rotter
Genre: Drama | Thriller | Mystery
USA, 2025











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