

Netflix (1 Staffel, 8 Episoden à 50 Min.)
Vier Tage bevor «House of Guinness» auf Netflix startete, war ich in Dublin und tat, was alle Tourist:innen tun: Ich besuchte das Guinness Storehouse. Dort präsentiert die Brauerei stolz ihre Geschichte und Produkte.
Versinken im Setdesign
So war ich bestens vorbereitet auf die Serie, die die Geschichte der Guinness-Dynastie erzählt. Vielversprechend auch, dass Steven Knight hinter der Serie steht. Er hat erst gerade mit «A Thousand Blows» ein faszinierendes Historiendrama abgeliefert. Bekannt ist Knight aber vor allem für das hochgelobte Gangsterdrama «Peaky Blinders».
Wer bei Guinness nur an dunkles Bier mit cremiger Schaumkrone denkt, braucht vielleicht etwas Eingewöhnung. Doch das opulente Setdesign, ein Markenzeichen von Steven Knight, zieht einen sofort tief hinein in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der die Saga mit dem Tod Familienpatriarchen Benjamin Guinness beginnt.

Vier Erb:innen – ein Imperium
Er hinterlässt vier Kinder. Arthur (Anthony Boyle), ein schwuler Dandy, der bis vor kurzem ein ausschweifendes Leben in London genossen hat und eher widerwillig nach Dublin zurückkehrt. Bier brauen interessiert ihn gar nicht.
Benjamin (Fionn O’Shea) ist der zweitälteste Sohn. Er gilt als Versager, der die Nächte durchzecht und die Tage verpennt. Edward (Louis Partridge), der jüngste, ist schon früh in die Fussstapfen des Vaters getreten und kennt das Brauereigeschäft in- und auswendig. Er wäre der logische Nachfolger als Firmenchef.

Anne (Emily Fairn) ist die Erstgeborene, spielt als Frau in der Erbfolge aber keine Rolle. Sie wurde schon früh verheiratet mit einem viel älteren Mann. Dabei wäre sie mit ihrer überlegten und entschlossenen Art durchaus fähig, im Familiengeschäft mitzuwirken.
Kein Erbfolgestreit à la «Succession»
In seinem Testament bestimmt Benjamin Arthur und Edward zu seinen Nachfolgern. Beide sind darüber nicht glücklich. Arthur wollte möglichst schnell wieder weg. Und Edward sieht in seinem Bruder nur ein Problem, das ihm bei der Firmenführung im Weg stehen wird. Benjamin und Anne gehen nicht ganz leer aus, haben aber mit der Brauerei nichts zu tun.
Wer jetzt einen Erbfolgestreit à la «Succession» erwartet, liegt falsch. Es gibt zwar Spannungen zwischen den Geschwistern. Aber sie kämpfen weniger gegeneinander, als vor allem um ihr eigenes Glück. Das scheint ihnen das Schicksal grundsätzlich zu verwehren.

Beziehungen mit politischem Zündstoff
Arthur soll für seinen Vater ins Parlament nachrücken. Damit steht er im Rampenlicht und müsste sein Liebesleben noch mehr verbergen als zuvor. Dass er dazu wenig Lust hat, führt zum Streit mit Edward. Der macht ihm zudem klar, dass Arthur als neues Familienoberhaupt und Politiker eine Frau an seiner Seite braucht.
Edward selber verheddert sich ebenfalls in den Fallstricken der Politik. Er will das Geschäft in die USA expandieren. Dafür ist er aber auf die Unterstützung der «Fenians» angewiesen. Diese verbotene Vereinigung von katholischen Nationalisten kämpft für die Unabhängigkeit Irlands von England. Die Guinness dagegen stehen als Protestanten für die Union.
Es ist nicht nur die Politik, die Edward dabei zu schaffen macht. Sein Kontakt zu den Fenians ist Ellen Cochrane (Niamh McCormack). Mit ihr beginnt er sich immer besser zu verstehen. Edwards und Ellens Beziehung birgt dabei mindestens so viel Zündstoff wie Arthurs Homosexualität.

Anne leidet nicht nur an ihrer Ehe, sie ist zudem gesundheitlich stark angeschlagen. Aber sie findet eine Aufgabe, die sie davon ablenkt. Anne leitet die gemeinnützigen Tätigkeiten der Firma und treibt sie voran.
Ein Drama, das runtergeht wie ein Pint Guinness
Keine grosse Rolle in der Story spielt Benjamin. Er taucht bald ab nach London, um in der Armee zu dienen und seinen Alkoholismus in den Griff zu bekommen.
«House of Guinness» mixt diese persönlichen Geschichten mit dem historischen Hintergrund zu einem wohl mundenden Gebräu, das nicht zuletzt optisch perfekt serviert wird, wie man das bei einem Pint of Guinness erwarten darf.
Die zweite Staffel ist zwar noch nicht bestätigt. Ich stelle das Guinness aber jetzt schon kalt, um für die Fortsetzung bereit zu sein. Sláinte!
Besetzung: Anthony Boyle | Louis Partridge | James Norton | Emily Fairn | Michael McElhatton | Fionn O’Shea | Niamh McCormack | Dervla Kirwan | Danielle Galligan | Jack Gleeson | Seamus O’Hara
Serie entwickelt von: Steven Knight
Genre: Drama | Historie
GB, 2025
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