Anthracite
Mini-Serie, Netflix
«Anthracite» spielt in den französischen Alpen, in der fiktiven Kleinstadt Lévionna, in deren Umgebung irgendwo viel Schnee liegt. Meistens sind die Strassen aber aper und die Wiesen grün. Wie das geografisch zusammenhängt, hat sich mir nie ganz erschlossen.
Möglich, dass die Produzent:innen vergassen, hier ein wenig Klarheit zu schaffen, weil sie allzu sehr damit beschäftigt waren, sich all die anderen Rätsel für die Geschichte auszudenken, die «Anthracite» spannend machen sollen. Ein Verwirrspiel ist ihnen damit sicher gelungen. Allerdings ein viel zu überdrehtes.
Die Internetdetektivin Ida stösst auf der Suche nach ihrem verschwundenen Vater auf einen mysteriösen Massenmord in einer Sekte, der sich vor 30 Jahren in Lévionna ereignete. Sowohl ihre Familiengeschichte als auch jene von Jaro, den sie kennenlernt, hängen mit den Geschehnissen von damals zusammen.
Mit Ida, Jaro und ein paar weiteren Figuren der Geschichte fiebert man durchaus mit. Oft schüttelt man aber über die Geschichte den Kopf, die einen auf falsche Fährten führt und mehr Haken schlägt als ein Hase auf der Flucht.
Weil am Schluss vieles gut kommt, könnte einen die Serie mit einem freudigen Gefühl entlassen. Tut sie leider nicht, weil sie in den letzten Minuten noch einmal eine völlig unnötige Volte schlägt.
Fallout
Staffel 1, Prime Video
Jahrelang garantierten Verfilmungen von Computergames schlechte bis bestenfalls mittelmässige Unterhaltung. Das hat sich geändert. Herausragende Beispiele sind «The Last of Us» oder «The Witcher».
«Fallout» setzt die Serie der gelungenen Gameumsetzungen fort. Etwas überraschend, denn im Gegensatz zu «The Last of Us», das sich durch einen fast schon poetischen Roadmovie-Unterton auszeichnet, ist «Fallout» ein eher konventionelles Postapokalypse-Game. Diese Welt nach der nuklearen Katastrophe – und auch jene davor – inszeniert die Serie aber ungemein stimmungsvoll.
Die Apokalypse ereignet sich 2077 in einer Welt, die mehr daherkommt wie die USA in den 1950er-Jahren. Über 200 Jahre danach bricht die junge Lucy aus der behüteten Welt einer Bunkergemeinschaft auf ins atomare Ödland, um ihren Vater zu suchen.
Lucy wandelt sich schnell zur Überlebenskämpferin, denn in der Welt draussen herrscht das Gesetz des Stärkeren und an jeder Ecke lauern mutierte Monster.
«Fallout» gefällt, weil die Serie nicht als eintönige Gewaltorgie daherkommt. Sie bedient sich der Stilmittel des Westerns und arbeitet mit der Ästhetik der 50er. «Fallout» ist aber vor allem höchst amüsant wegen der Unmenge an skurrilen Figuren und grotesken Abenteuern, die die Protagonist:innen bestehen müssen.
Ripley
Mini-Serie, Netflix
«Ripley» ist eigentlich eine Zumutung. Über siebeneinhalb Stunden erstreckt sich die Geschichte über einen Hochstapler und Mörder. Dabei liesse sich das gut in zwei Stunden erzählen, wie der Film «The Talented Mr. Ripley» (1999) beweist. Dazu ist die Serie erst noch in hartem Schwarzweiss gedreht, was die Netzhaut strapaziert.
Aber genau, weil sich «Ripley» so viel Zeit nimmt für seine Geschichte und sie in einer fantastischen Optik erzählt, ist die Serie eine Wucht. Man muss zwar die Aufmerksamkeitsspanne neu kalibrieren, wird dafür aber reichlich belohnt.
Das beginnt bei Andrew Scott, der diesen Ripley mit einer maximaler Gefühlslosigkeit und minimaler Mimik spielt. Ihm schaut man gebannt jede Minute zu, wie er vom kleinen Gauner zum Mörder wird, der in die Identität eines reichen Amerikaners schlüpft und über Monate ein Versteckspiel treibt mit Freund:innen seines Opfers und der Polizei.
Autor und Regisseur Steven Zaillian erzählt diese Geschichte gemächlich und mit deiner Detailversessenheit, die manchmal fast masslos wirkt. Dazu kommen die gewaltigen Aufnahmen, die Kameramann Robert Elswit in der Tradition des Film noir mit Licht- und Schattenspielen auf den Bildschirm zaubert. Deshalb ist «Ripley» keine Zumutung, sondern purer Genuss.
Auf der Watchlist
Shōgun (Mini-Serie, Disney+)
Mindblow (Staffel 1, Play Suisse)
Sugar (Staffel 1, Apple TV+)
Serien-Top-Ten
1 | Ripley (Thriller, Netflix) | |
2 | Kafka (Biografie, Drama, ARD/Play SRF) | |
3 | Fallout (Sci-Fi-Abenteuer, Prime Video) | |
4 | Renegade Nell (Staffel 1, Abenteuerkomödie, Disney+) | |
5 | Constellation (Staffel 1, Sci-Fi-Mystery, Apple TV+) |
6 | Masters of the Air (Historiendrama, Apple TV+) | |
7 | The Gentlemen (Staffel 1, Actionkomödie, Netflix) | |
8 | Criminal Record (Staffel 1, Krimi, Apple TV+) | |
9 | True Detective: Night Country (Staffel 4, Mysterykrimi, Sky Show) | |
10 | Anthracite (Mystery, Netflix) |
Stand: 23.04.2024
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Ich fand „Liaison“ mega und kann die Serie sehr empfehlen. Viel Emotionen, starke Gefühle und viel Spannung.