Disclaimer (Mini-Serie) – Trotz Staraufgebot nur unerträglich aufgeblasen

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Serienposter mit Schriftzug. Hinter der Titelschrift Porträts der Hauptfiguren und Szenen aus der Serie.
2 von 5 Sternen

Läuft bei: Apple TV+ (Mini-Serie, 7 Episoden à 50 Min.)

«Disclaimer» will beeindrucken. Mit einem Staraufgebot, das rund ein Dutzend Oscars hinter sich versammelt. Mit einer Geschichte, die in die menschliche Psyche eintaucht und unsere Wahrnehmung der Welt hinterfragt. Und mit einer üppigen Inszenierung, die fast zu schade ist für den Fernsehbildschirm. Aber am Schluss hat man keine tolle Geschichte gesehen, sondern lediglich eine Serie von einem Produzenten, Autor und Regisseur, der sich ganz toll findet.

Die Hauptdarsteller:innen trifft die geringste Schuld. Cate Blanchett, Kevin Kline und Sacha Baron Cohen verleihen ihren Figuren Glaubwürdigkeit in Lust und Leid, Verlust und Trauer. Man könnte ihnen jedoch vorwerfen, sich auf diese überkonstruierte Geschichte eingelassen zu haben.

Alfonso Cuarón, der wichtigtuerische Blender

Möglich, dass sie sich vom Namen blenden liessen, der hinter der Serie steckt: Alfonso Cuarón, der mit «Roma» und «Gravity» fünf Oscars gewonnen hat, zeichnet als Showrunner, Autor und Regisseur verantwortlich. Er trägt die Hauptverantwortung für die gestelzte, eitle und wichtigtuerische Attitüde, mit der «Disclaimer» über alle sieben Episoden nervt.

Ein Mann redet in ein Mikrofon.
Der fünffache Oscarpreisträger Alfonso Cuarón verbockt seine erste Streamingserie gründlich. CC BY-SA Gage Skidmore

Worum geht es in «Disclaimer»? Um Sex, wie die erste Szene zeigt. Zwei Teenager im Zug am Bumsen. Den Höhepunkt erreicht er, als der Zug in einen Tunnel fährt. Womit uns Cuarón schon mal sagt, dass er seinen Hitchcock kennt, mit dessen legendärer Schlussszene von «North by Northwest» im Zug.

Und es geht um Wahrheit. Wahrheit, die manipulierbar ist aufgrund dessen, woran wir glauben. So warnt uns CNN-Starreporterin Christiane Amanpour ebenfalls gleich zu Beginn.

Das düstere Geheimnis aus der Vergangenheit

Amanpour, die echte, hält die Laudatio auf die fiktive Dokumentarfilmerin Catherine Ravenscroft (Cate Blanchett), die in «Disclaimer» mit einer unangenehmen Wahrheit aus ihrer Vergangenheit konfrontiert wird. Wobei man eben nie vergessen darf, dass Wahrheit manipulierbar ist.

Ein Buch, das Catherine zugeschickt wird, stellt ihr Leben auf den Kopf. «The Perfect Stranger» erzählt von einem jungen Mann, der in Italien von einer Frau verführt wird und ertrinkt, als er ihren Sohn aus dem Meer rettet.

Eine Frau steht im Morgenmantel in der Küche und verbrennt ein Buch über dem Abwaschbecken.
Catherine Ravenscroft (Cate Blanchett) verbrennt das Buch, das ihr Leben zerstören könnte. © Apple TV+

Catherine erkennt sich wieder als jene Frau, die vor 20 Jahren mit ihrem Sohn Nick (Kodi Smit-McPhee) in Italien Urlaub machte. Ihr Mann Robert (Sacha Baron Cohen) hatte frühzeitig abreisen müssen.

Die Rache der Eltern

Geschrieben hat das Buch Nancy Brigstocke (Lesley Manville). Sie war die Mutter von Jonathan (Louis Partridge), dem jungen Mann, der damals ertrunken ist. Allerdings ist auch Nancy inzwischen verstorben. Ihr Mann Stephen (Kevin Kline) entdeckt das Manuskript von «The Perfect Stranger» erst jetzt, neun Jahre nach ihrem Tod.

Stephen beschliesst, Catherines Leben zu zerstören. Er veröffentlicht das Buch im Selbstverlag und schickt es an Catherines Mann, ihren Sohn und alle Mitarbeiter:innen ihrer Firma. Robert erhält zudem kompromittierende Fotos, die Jonathan von Catherine geschossen hat.

Ein Mann und eine Frau stehen bekleidet im Wasser am Meeresstrand. Sie sind platschnass.
Stephen (Kevin Kline) und Nancy (Lesley Manville) nehmen Abschied von ihrem Sohn an dem Ort, wo er ums Leben kam. © Apple TV+
«Ätsch-Bätsch-Reingelegt!»

«Disclaimer» könnte also ein Psychodrama über einen verbitterten alten Mann sein, der eine eigensüchtige Frau zwingen will, die schreckliche Tat zu gestehen und zu büssen, die sie vor Jahren begangen hat. Ist es auch bis zur letzten Episode, in der alles auf den Kopf gestellt wird.

Diese Wendung in der Geschichte ist nicht subtil, sondern ein plumpes «Ätsch-Bätsch-Reingelegt!» und soll den Zuschauer:innen wohl ein schlechtes Gewissen einflössen, dass sie sich täuschen liessen.

Ein jüngerer Mann und seine Eltern stehen in einer Küche und unterhalten sich.
Catherine gelingt es nicht, ihr Geheimnis vor ihrem Sohn Nick (Kodi Smit-McPhee) und ihrem Mann Robert (Sacha Baron Cohen) zu verbergen.

Ich kann leider nicht ausführen, wie unsäglich dieser Twist ist, ohne zu spoilern. Vielleicht könnte man etwas darüber hinwegsehen, wenn «Disclaimer» nicht schon vorher genervt hätte. Vor allem mit der Szene, in der Catherine den jungen Jonathan verführt.

Softporno à la «Emmanuelle»

Nicht die Sexszene ist peinlich. Die ist einfach überlang und als Softporno à la «Emmanuelle» inszeniert (kein Wunder, dass Cate Blanchett als einzige nicht selber ihr jüngeres Ego spielt). Peinlich ist das Vorspiel, in dem Jonathan sabbernd seine Sexfantasien beschreibt und dabei dumpfbackige Grimassen schneidet.

Ein junger Mann und eine Frau mit halbnackten Oberkörpern halten sich fest und sehen sich begehrlich in die Augen.
Die unbändige Lust treibt die junge Catherine (Leila George) und Jonathan (Louis Partridge) zum Sex in der Strandkabine. © Apple TV+

Zu guter Letzt sei noch die Off-Stimme erwähnt, für die sich Indira Varma verpflichten liess. Als Erzählerin hält sie fest, was entweder offensichtlich ist oder nur gesagt werden muss, weil es das Schauspiel nicht vermittelt. Die Off-Texte klingen zudem oft wie aus einem schlechten Roman. Was die Vorlage für die Serie wahrscheinlich auch ist.

«Disclaimer» ist nicht nur eine Enttäuschung, weil man von so einem Staraufgebot viel mehr erwarten darf. Die Serie ist ausgesprochen ärgerlich, weil sie aufgeblasen daherkommt und ihre Zuschauer:innen am Schluss verhöhnt.

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Besetzung: Cate Blanchett | Kevin Kline | Sacha Baron Cohen | Lesley Manville | Louis Patridge | Leila George | Indira Varma | Kodi Smit-McPhee | Hoyeon | Art Malik
Serie entwickelt von: Alfonso Cuarón
Genre: Drama | Thriller
GB/USA, 2024

2 Antworten zu „Disclaimer (Mini-Serie) – Trotz Staraufgebot nur unerträglich aufgeblasen“

  1. Avatar von Lislot
    Lislot

    Ich hatte mich natürlich auf die Serie gefreut, fand sie aber unsäglich langweilig. All die retardierenden, zerdehnten Rückblenden, all dieses bedeutungsschwangere Ins-Leere-Starren, all diese statischen Nichtszenen – gähn.
    Ich glaube, ich habe noch nie so oft und lang vorwärtsgescrollt wie hier.
    Etwas Positives hatte das alles aber dennoch: Sacha Baron Cohen mal in einer ernsten Rolle fand ich super.

    1. Avatar von bürg
      bürg

      Stimme dir voll zu, Sacha Baron Cohen war ein Lichtblick. Er hat das Beste aus seiner Rolle gemacht, die aber leider auch ein bisschen schwach war.

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