

Läuft bei: Disney+ (1 Staffel, 8 Episoden à 50 Min.)
Damit keine falschen Vorstellungen aufkommen, beginnt «Rivals» nicht in der idyllischen Landschaft von Rutshire, einer fiktiven Grafschaft in England, wo später der grösste Teil der Handlung spielt. Wir starten 1986 in der Concorde, die aus den USA zurück nach London unterwegs ist, und gerade die Schallmauer durchbricht.
In der Kabine knallen die Champagnerkorken, während auf einer der Toiletten das Gestöhne eines Pärchens beinahe den Überschallknall übertönt. Wer nun glaubt, die Sexszene sei einigermassen dezent inszeniert, weil man schliesslich bei Disney+ schaut, wird eines Besseren belehrt.
Ein Politiker mit Knackarsch
Die erste Einstellung zeigt einen nackten Männerhintern, der sich rhythmisch zum Sound von Robert Palmers «Addicted to Love» bewegt. Danach eine lustvoll stöhnende Frau, die sich auf dem Höhepunkt mit der Hand auf dem Seifenspender abstützt und so ein paar Spritzer ins Waschbecken absetzt.

Rupert Campbell-Black (Alex Hassell) heisst der Mann, der gerade seine Mitgliedschaft im Mile-High-Club erneuert hat (es wird kaum sein erstes Mal gewesen sein). Er scheint der Traum aller Frauen zu sein, wie die lüsternen Blicke zeigen, die ihn begleiten, als er durch die Kabine zurück auf seinen Platz stolziert.
Rupert ist ehemaliger Spitzensportler und jetzt Abgeordneter im britischen Unterhaus. Als Mitglied der Upperclass gehört er selbstverständlich der konservativen Partei von Maggie Thatcher an.
Sex, Status und Macht
Man würde meinen, er sollte sich deshalb mit dem Herrn bestens verstehen, der in der Reihe gegenüber sitzt. Lord Tony Baddingham (David Tennant) und Rupert teilen aber offenbar eine lange und tiefe Abneigung füreinander, wie das kurze Gespräch offenbart, das die beiden führen. Im vornehmsten Ton tauschen sie fiese Beleidigungen aus.

Damit ist der Grundton von «Rivals» gesetzt. Es geht um Sex, Status und Macht. In der Serie wird eifrig gebumst, meist ausserehelich. Füchse werden gejagt und Fasane geschossen. Aber vor allem wird mit allen Mitteln um Macht gekämpft.
Im Zentrum des Machtkampfs steht die Lizenz für eine private Fernsehstation. Die gehört momentan Tony Baddingham mit seinem Sender Corinium, dessen erfolgreichstes Format eine Sendung über vier Männer ist, die mit nacktem Oberkörper Feldarbeiten verrichten. Rupert Campbell-Black gehört dem Konsortium an, das Tony seine Lizenz abjagen will.
Figuren so bunt wie ein englischer Garten
Um die beiden herum gibt es ein buntes Panoptikum an Figuren, die der Serie noch mehr Würze verleihen. Cameron Cook (Nafessa Williams), Tonys Produzentin und Geliebte, die mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein ihre Karriere vorantreibt. Declan O’Hara (Aidan Turner), von Tony von der BBC abgeworbener Topjournalist, dessen Unbeherrschtheit nur noch von seinem Ego getoppt wird.

Declans Tochter Agatha, genannt Taggie (Bella Maclean), die ihre Rehaugen auf den 20 Jahre älteren Rupert geworfen hat. Declans Frau Maud (Victoria Smurfit), ehemaliger Schauspielstar, die ihrer Karriere nachtrauert und den Verehrern, die damit verbunden waren. Und das sind bei weitem nicht alle, die das «Rivals»-Universum bevölkern und bereichern.
Hervorzuheben ist vor allem noch Lizzie Vereker (Katherine Parkinson). Mit ihr hat sich Dame Jilly Cooper, die Autorin der Buchvorlage, ironisiert in der Geschichte verewigt. Lizzie schreibt Liebesromane, deren Figuren aus ihrem Umfeld inspiriert sind. Sie zeichnen sich aber besonders aus durch schwülstige Beschreibungen von Sexszenen.

Rosamunde Pilcher massiv aufgepeppt
Dame Jilly ist in England seit Jahrzehnten äusserst erfolgreich. Sie zeichnet sich vor allem aus durch ihre humorvollen und oft pikanten Romane über die britische Upperclass. Sie stammt selber aus gutem Haus und ist mit dem sozialen Umfeld, das sie in ihren Büchern scharfzüngig beschreibt, bestens vertraut.
«Rivals» lebt von einer Rosamunde-Pilcher-Atmosphäre, die mit deftigem Sex und noch mehr bösartiger Satire gepfeffert ist. Zu Beginn hat man das Gefühl, es gehe in dieser Geschichte wie üblich um Gut und Böse.

Man merkt aber schnell, dass Moral keine Rolle spielt. Alle Charaktere – mit wenigen Ausnahmen – sind grundsätzlich widerwärtig, unsympathisch oder einfältig, gleichzeitig aber zutiefst menschlich.
Weil ziemlich alles in dieser Serie völlig überdreht ist, macht sie extrem Spass. Und weil am Schluss ein paar grosse Fragen offen bleiben, hoffe ich sehr auf eine zweite Staffel.
Besetzung: David Tennant | Alex Hassell | Bella Maclean | Aidan Turner | Nafessa Williams | Victoria Smurfit | Katherine Parkinson | Danny Dyer | Claire Rushbrook | Emily Atack | Lisa McGrillis | Oliver Chris | Catriona Chandler
Genre: Drama | Komödie | Romanze
GB, 2024
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