The English (Mini-Serie) – Ein Western-Juwel räumt mit dem amerikanischen Ur-Mythos auf

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Serienposter mit Schriftzug. Eine Frau mit Hut hält einen Pfeilbogen in der Hand. Hinter ihr das Profilbild eines Mannes. Beide verdecken die weisslich leuchtende Sonne.

Läuft bei: Sky Show / Amazon US (Mini-Serie, 6 Episoden à 50 Min.)

Der Western sollte doch langsam vom Aussterben bedroht sein. Ein Genre, das in seiner DNA den starken Weissen Mann abfeiert, Frauen ignoriert, Selbstjustiz und die Unterjochung der indigenen Bevölkerung glorifiziert, das sollte heute so was von aus der Zeit gefallen sein.

Denkste. Westernserien erleben so was wie ein Revival. Paramounts «Yellowstone» mit Kevin Costner ist ein grosser Hit, läuft seit 2018 und hat bereits zwei Ableger: «1883» (mit Sam Elliott und den Country-Stars Tim McGraw und Faith Hill) und «1923» (mit Harrison Ford und Helen Mirren). Ein viertes Spin-Off ist angekündigt.

Ein Brite zeigt, wie moderner Western wirklich geht

Klar, neue Westernserien sind meist mit der Zeit gegangen. Sie verherrlichen nicht mehr hemmungslos die Besiedelung des Westens. Oft schwingt die Verehrung dieses ur-amerikanischen Mythos aber noch mit.

Ein Gebäude aus Holz angeschrieben als Hotel steht einsam in der Prärie. Davor eine Kutsche und ein paar Menschen.
Faszinierende Bildwelt: So ein Hotel hat man noch kaum in einem Western gesehen. © Drama Republic

Mit Ausnahmen – wie jetzt beispielsweise «The English». Das liegt nicht zuletzt daran, dass diese Mini-Serie eigentlich eine britische Produktion ist. Dahinter stehen die BBC und der Autor und Regisseur Hugo Blick.

Blick zeichnete bereits für zwei andere hervorragende Serien verantwortlich: «The Honorable Woman» (2014), ein Spionage-Thriller vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts, und «Black Earth Rising» (2018), die Geschichte einer jungen Frau, die bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen ihren Wurzeln in Ruanda nachspürt.

Ein ungleiches Paar – die Engländerin und der Pawnee

Und auch diesmal liefert Blick ein kleines Meisterwerk ab. Ein Western, der in wunderschönen Bildern eine deprimierende Welt zeigt, in der ein ungleiches Paar eine Reise antritt, um jeder auf seine Weise mit der Vergangenheit abzuschliessen.

Sie ist die Engländerin Lady Cornelia Locke (Emily Blunt), die nach Amerika reist, um dort den Mann zu finden und zu töten, den sie für den Tod ihres Sohnes verantwortlich macht.

Ein gefesselter Mann mit blutigem Gesicht. Eine Frau in vornehmen Kleidern nähert sich ihm.
Die erste Begegnung zwischen der englischen Lady (Emily Blunt) und dem Pawnee (Chaske Spencer). © Drama Republic

Er ist Eli Whipp (Chaske Spencer), ein Pawnee, der eigentlich Ckirirahpiks (Wounded Wolf) heisst und jahrelang in der Armee als Scout diente. Jetzt will er das versprochene Stück Land beanspruchen, das Veteranen zusteht.

Als sie sich begegnen, hängt Eli gefesselt an einem Holzbalken vor einem Hotel, das einsam in der Prärie steht. Cornelia kommt in einer Kutsche an. Sie versucht, den Hotelbesitzer Richard Watts (Ciarán Hinds) dazu zu bewegen, Eli freizulassen.

Das Land der Gier und der falschen Versprechen

Doch Watts hat andere Pläne. Im Auftrag des Mannes, den Cornelia aufspüren will, soll er sie umbringen. Den Mord will er Eli in die Schuhe schieben. Eli kann sich aber befreien und tötet Watts. Von nun an reiten Eli und Cornelia gemeinsam nach Norden.

Watts und seine Helfer bleiben nicht die einzigen Leichen, die ihren Weg säumen werden. Der Westen im Jahr 1890 ist ein gesetzloses Land, in dem Gewalt und Gier vorherrschen. Das Versprechen von einem neuen Leben, das allen winkt, die fleissig sind und arbeiten wollen, ist eine grosse Lüge.

Eine Frau hat einen Fuss auf einem toten Pferd abgestützt und hält einen gespannten Pfeilbogen in der Hand.
Schnell zeigt sich, dass die vornehme Lady Cornelia geeignete Fertigkeiten besitzt für das raue Leben im Wilden Westen. © Drama Republic

Deshalb wird Eli sein Stück Land nie bekommen. Die Weissen haben seinen Stamm vor Jahren vetrieben, seine Familie getötet und das Land gestohlen. Sie werden einem Pawnee sicher keinen Quadratmeter zurückgeben.

Der Banalität widerstanden

Das ist ein Teil seiner Geschichte, die er nach einiger Zeit Cornelia erzählt. Auch sie vertraut ihm an, wie ihr Sohn gestorben ist und weshalb sein Vater dafür den Tod verdient.

Es sind die Gespräche, in denen sie sich näher kommen. Zwei Aussenseiter, die nicht in diese Welt passen und sich doch bestens darin zurechtfinden. Auch mit der Gewalt, die herrscht.

Ein Mann sitzt an einem Tisch. Neben ihn der Wirt, einen Teller in der Hand hält.
Sheriff Robert Marshall (Stephen Rea, l.) wäre eigentlich für Recht und Gesetz zuständig. Aber er weiss, dass hier andere Regeln gelten. © Drama Republic

Ein Paar werden sie nie. Das wäre viel zu banal für die Geschichte, die «The English» erzählt. Nicht nur darin unterscheidet sich die Serie von einem Durchschnittswestern, der der Versuchung einer Romanze zwischen den beiden sicher nicht hätte widerstehen können.

Der Western-Mythos glaubhaft geschildert

«The English» erzeugt über sechs Episoden eine fesselnde Stimmung von Hoffnung und Verzweiflung. Die Serie inszeniert diese Welt in faszinierenden Bildern und einem gemächlichen Erzähltempo, das einen eintauchen lässt in die Seele eines Mythos, der hier so viel glaubhafter erscheint als in vielen anderen Erzählungen.

Und nicht zuletzt glänzt «The English» mit zwei überragenden Hauptdarsteller:innen, an deren Seite weitere Schauspieler:innen agieren, die ihnen kaum nachstehen.

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Besetzung: Emily Blunt | Chaske Spencer | Tom Hughes | Stephen Rea | Steve Wall | Valerie Pachner | Rafe Spall | Ciarán Hinds | Tonantzin Carmelo | Toby Jones
Serie entwickelt von: Hugo Blick
Genre: Western | Drama
GB / USA, 2022

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