

Netflix (Mini-Serie, 6 Episoden à 50 Min.)
«Untamed» beeindruckt mit einem ungewöhnlichen Star-Aufgebot, dessen Namen allerdings nicht im Nachspann auftauchen. Sie heissen «El Capitan», «Half Dome», «Bridalveil Fall» und «Mariposa Grove». Es sind die ikonischen Sehenswürdigkeiten des Yosemite National Parks in Kalifornien.
«El Capitan» spielt gleich zu Beginn eine Hauptrolle. Am beliebten Kletterberg stürzt eine junge Frau zu Tode. Kyle Turner (Eric Bana), ein Ermittler des National Park Service, bezweifelt, dass es sich um einen Unfall handelt. Die Frau hat eine Schusswunde am Bein.
Doch zuerst muss Turner die Identität des Opfers klären. Naya Vasquez (Lily Santiago), eine Park-Rangerin und ehemalige Polizistin aus L.A., unterstützt ihn dabei.

Niemand mag den verstockten Einzelgänger
Vasquez hat sich nicht freiwillig für den Job gemeldet, sie wurde als Neuling dazu verdonnert. Denn Turner ist ein verstockter Einzelgänger, mit dem niemand gerne zusammenarbeitet. Dass er sich vom Rest der Welt abschottet, hat seinen Grund. Er hat den Tod seines kleinen Jungen, der vor einigen Jahren im Park ermordet wurde, nie verwunden.
Deshalb nimmt es ihm seine Ex-Frau Jill Bodwin (Rosemarie DeWitt) nicht so übel, wenn er sie betrunken mitten in der Nacht anruft. Auch sein Chef Paul Souter (Sam Neill) verzeiht ihm, wenn er am Morgen völlig verkatert die Tür zu seiner Blockhütte öffnet.

Die Spuren führen in die Berge, Wälder und Höhlen
Als Vasquez die Identität der Frau herausfindet, stellt sich heraus, dass diese als kleines Mädchen mit ihrer indigenen Familie im Park lebte und eines Tages spurlos verschwand. Turner verdächtigte damals den Vater, er habe seine Tochter getötet. Beweisen konnte er es nicht.
Diesmal kommt der Vater aber als Täter nicht in Frage. Er wurde kurz nach dem Verschwinden der Tochter zu Tode geprügelt. Mutmasslich, weil man ihn für einen Kindsmörder hielt. Was auf die Kappe von Turner geht, der sich auch ein bisschen ein Gewissen macht deshalb.
Vor allem will er aber herausfinden, wer Lucy (Ezra Franky), so heisst die Frau, diesmal wirklich umgebracht hat. Das führt ihn und Vasquez, mit der er sich immer besser versteht, über die Ebenen entlang der Berge tief in die Wälder und Höhlen des Yosemite Parks.

Sie begegnen Aussteiger:innen, die in illegalen Camps leben, und einem dubiosen Wildhüter, mit dem Turner eine mysteriöse Vergangenheit verbindet. In einer Höhle entdecken sie ein Labor, in dem Drogen hergestellt werden, die Lucy offenbar in Umlauf brachte.
Ein Krimi mit Mängeln, aber tollen Bildern
«Untamed» hat einige Mängel. Die Figuren sind wenig originell: Der wortkarge Einzelgänger, der Grünschnabel aus der Stadt, die Ex-Frau, die mehr ist als nur die Ex, der verständnisvolle Freund und Chef. Sie alle stammen aus dem 0815-Baukasten für Drehbuchautor:innen.
Auch ist die Geschichte oft vorhersehbar. Wir wissen zu Beginn zwar nicht, dass der kleine Bub, der immer wieder an Turners Seite auftaucht, eigentlich tot ist. Aber spätestens beim zweiten Mal ist das klar, auch wenn es erst viel später enthüllt wird. Manche Wendungen bei der Aufklärung des Falles kommen ebenso wenig überraschend.
Doch die Landschaft, in der sich das alles abspielt, macht vieles wett. Turner lässt oft das Auto stehen und geht hoch zu Ross auf Spurensuche. Dabei schwenkt die Kamera in Schluchten, die Berge hoch zu Wasserfällen oder von einem Felsvorsprung über eine weite Ebene, wo am Himmel ein Adler seine Kreise zieht.

Ein bisschen indigene Kultur
Man bekommt die Schönheit des Yosemite Parks zu sehen, ohne dass Tourist:innen das Bild verunstalten. Ernüchternd allerdings, dass viele Aufnahmen digital eingefügt wurden. Gedreht wurde nämlich vor allem in Kanada.
«Untamed» lässt zudem die indigene Kultur, die mit dem Ort verbunden ist, zumindest ein wenig aufscheinen. Jay Stewart (Raoul Max Trujillo), ein Parkarbeiter und Freund von Turner, erzählt ihm von der Geschichte der Miwok, die im Park leben, und macht bissige Bemerkungen über die Weissen, die ihnen das Land nahmen.

Fortsetzung folgt im Grand Canyon? In den Everglades?
Angekündigt als Mini-Serie, hält sich «Untamed» am Schluss ein Fensterchen offen für eine Fortsetzung. Ich kann mir gut vorstellen, wie das aussehen könnte. Aus «Untamed» wird eine Krimi-Reihe, die in den berühmtesten Nationalparks der USA spielt.
In Frage kommen einige: Yellowstone, Grand Canyon, Arches, Glacier, Denali, Shenandoah oder auch der Everglades National Park in Florida. Die Liste liesse sich verlängern. Bin gespannt, ob ich den richtigen Riecher habe 😀. Barack Obama hätte wohl seine Freude daran. Der ehemalige US-Präsident scheint ja ein Fan der Nationalparks zu sein. Er fungierte als Erzähler bei der Netflix-Doku «Our Great National Parks».
Besetzung: Eric Bana | Sam Neill | Lily Santiago | Rosemarie DeWitt | William Smillie | Wilson Bethel | Raoul Max Trujillo | Josh Randall | Ezra Franky | Ezra Wilson
Serie entwickelt von: Elle Smith | Mark L. Smith
Genre: Krimi | Drama | Mystery
USA, 2025











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