Läuft bei: Apple TV+ (1 Staffel, 8 Episoden à 45 Min.)
Jetzt hat auch Apple TV seine erste deutsche Originalserie produziert. Da darf man gewisse Erwartungen hegen, denn Apple TV legt Wert auf hochwertige, gut produzierte Inhalte. Das merkt man «Wo ist Wanda?» auch an.
Es steckt viel Geld in der Serie. 2,5 Millionen Euro sollen die acht Episoden je gekostet haben. Was doppelt so viel ist, wie die teuerste SRF-Serie «Davos 1917».
Aufwendiges Setdesign und ausgesuchte Kamera-Ästhetik garantieren allerdings noch keine gute Geschichte. Hier erreicht «Wo ist Wanda?» nicht ganz das Niveau der Produktionstechnik, aber es reicht für eine sehr unterhaltsame Krimikomödie.
Die Verschwundene erzählt fröhlich ihre Geschichte
Die Prämisse lässt zwar eine düstere Geschichte vermuten. In der deutschen Kleinstadt Sundersheim verschwindet die 17-jährige Wanda Klatt (Lea Drinda) spurlos. Die Eltern Carlotta (Heike Makatsch) uns Dedo (Axel Stein) richten verzweifelte Appelle an die Öffentlichkeit.
Von Anfang an hat die Geschichte allerdings einen humoristischen Unterton. Aus dem Off kommentiert Wanda fröhlich und süffisant die Ereignisse rund um ihr Verschwinden.
Beispielsweise hasst sie das Foto, das auf den Flyern prangt, mit denen nach ihr gesucht wird. Oder merkt erstaunt an, dass alle Nachbar:innen ihren Eltern Lasagne vorbeibringen, um ihr Mitgefühl auszudrücken. Ist also gar nichts Schlimmes passiert? Oder blickt Wanda schon als Engel vom Himmel herab auf Sundersheim? Wir werden es lange nicht erfahren.
Unfähige Polizei findet keine Spur
Kommissarin Michelle Rauch (Nikeata Thompson), die eine Sonderkommission leitet, hat auch nach Wochen noch keine brauchbare Spur gefunden.
Den Eltern, genauer der Mutter Carlotta, platzt endgültig der Kragen, als sie in einer Fernsehsendung zum hundertsten Mal zur Schau gestellt werden und Kommissarin Rauch verkündet, dass Wanda ja vielleicht einfach abgehauen ist.
Carlotta und Dedo nehmen die Suche nach ihrer Tochter selber in die Hand. Sie entschliessen sich, alle Häuser zu durchsuchen, die im Umkreis von ein paar Kilometern von einem Altkleidercontainer stehen, wo Wandas T-Shirt gefunden wurde.
Die Eltern verwanzen die Nachbarschaft
Dass es turbulent wird, wenn zwei Amateure Polizei spielen, kann man sich vorstellen. Carlottas erster Versuch, ein Haus auszukundschaften, endet mit der Verwüstung des Kellers und einem Schlangenbiss. Doch die beiden lernen dazu.
Mithilfe ihres Sohnes Ole (Leo Simon) entwickeln sie ein ausgeklügeltes Konzept, um Überwachungskameras in den verdächtigen Häusern zu installieren. Damit kommen sie zwar nicht auf die Spur ihrer Tochter, erfahren aber, was die Sundersheimer:innen hinter verschlossenen Türen treiben.
Sexrollenspiele, Prepper und Rüdiger
«Wo ist Wanda?» hätte mehr aus den voyeuristischen Blicken in die guten Stuben der deutschen Kleinstadtbürger:innen machen können. Man hat offensichtlich auf «Fargo» geschielt, aber dann doch nicht den Mut aufgebracht, den Skurrilitätsfaktor der Figuren wirklich hochzuschrauben.
Vergnüglich ist es aber allemal, wenn Carlotta ihre Therapeutin beim gewagten Sexrollenspiel mit ihrem Mann ertappt oder mit Dedo im Atombunker einer Prepperin landet.
Die genialste Nebenfigur ist allerdings Carlottas Bruder Rüdiger (Devid Striesow). Er setzt mit seiner Siegfried-und-Roy-Ästhetik nochmal einen ganz anderen Farbtupfer in die deutsche Kleinstadtatmosphäre.
Fürs internationale Publikum amerikanisiert
Dass hinter Wandas Verschwinden das organisierte Verbrechen steckt, das mit seltenen Tieren handelt, sorgt ab der Mitte der Serie neben der Komik für den Spannungsfaktor, der sich langsam bis zum Finale steigert.
Man kann «Wo ist Wanda?» vorhalten, dass sich das deutsche Kleinstadtsetting sehr amerikanisch anfühlt, weil es inszeniert ist wie bei den «Desperate Housewives». Und dass man bei der Plot- und Figurengestaltung versucht hat, bei «Fargo» abzukupfern.
Beides wohl, um mehr internationalen Touch reinzubringen, der auch bei einem globalen Publikum Anklang findet. Ich finde das legitim und das Endprodukt dennoch gelungen, auch wenn es nicht als typisch deutsche Serie in die Geschichte eingehen wird.
Besetzung: Heike Makatsch | Axel Stein | Lea Drinda | Leo Simon | Nikeata Thompson | Anton Dreger | Palina Rojinski | Devid Striesow | Joachim Król | Kostja Ullmann | Robert Maaser | Senita Huskic | Harriet Herbig-Matten | Jasmin Shakeri
Serie entwickelt von: Oliver Lansley | Zoltan Spirandelli
Genre: Komödie | Krimi | Drama
D, 2024
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