

Läuft bei: Paramount+ (1 Staffel, 10 Episoden à 50 Min.)
Taylor Sheridan gehört zu den erfolgreichsten Serienschaffenden der Gegenwart. Er schuf und schrieb Serien wie «Yellowstone» mit den Spin-offs «1883» und «1923», «Mayor of Kingstown», «Tulsa King» oder «Lioness». Alles Serien, die von der Kritik und dem Publikum gefeiert werden.
In diese Lobgesänge konnte ich noch nie einstimmen. «Yellowstone» hat mich nicht gepackt, «1923» ziemlich genervt und «Lioness» fand ich nur ärgerlich. Denn Taylor Sheridan pflegt einen Grundtenor in seinen Serien, der mich auf die Palme bringt: die Glorifizierung US-amerikanischer Mythen.
Sheridans cleverer Balanceakt
Wobei das etwas zu kurz greift. Denn Sheridan ist clever. Er bedient den reaktionären Nationalismus einer Trumpwählerschaft, in dem er etwa die Eroberung des Westens durch die Siedler nostalgisch verbrämt.
Gleichzeitig streut er in seine Geschichten genug Plots ein, die sich als Kritik an eben dieser Ideologie lesen lassen. So hält er die liberalen Zuschauer:innen bei der Stange. Man muss ihm zugestehen, dass er diesen Balanceakt ziemlich perfekt beherrscht.
Das zeigt Sheridan erneut in «Landman», wo er dasselbe Erzählmuster wie in «Yellowstone» wählt: eine Familie, deren Schicksal verknüpft ist mit einem untergehenden Wirtschaftszweig. Statt Viehzucht ist es diesmal die Ölindustrie. Aber diesmal überraschend gut.

Der Ölmann und das Drogenkartell
Billy Bob Thornton spielt den Landman Tommy Norris. Sein Job ist es, für M-Tex Oil Explorationsgebiete zu finden, Bohrrechte zu sichern und die Ölförderung zu überwachen. Das Ölgeschäft ist dreckig und gefährlich, wie gleich zu Beginn klar wird.
Tommy sitzt gefesselt auf einem Stuhl, einen Jutesack über dem Kopf, bewacht von tätowierten Muskelmännern. Ihm gegenüber der Boss einer Drogenbande, auf deren Land Tommys Firma bohren will, der ihm den Hals durchschneiden und ihn an die nächste Brücke hängen will.
Aber Tommy findet die überzeugenden Argumente, die mit viel «fucking» untermalt sind und letztlich darin bestehen, dass er dem Drogenboss das Leben zur Hölle machen wird, wenn er das Angebot ablehnt. So bekommt Tommy seinen fucking Deal.

Öl ist ein Segen, Windräder nur Humbug
Was nicht nur seiner Firma einen Geldsegen beschert, sondern auch ein Segen für die Menschheit ist, wie Tommy nicht müde wird zu betonen. Denn die Leute brauchen Öl. Nicht nur als Benzin fürs Auto, einfach für alles, was das Leben lebenswert macht. Alles andere ist dummes Geschwafel.
Mit alternativer Energie muss man ihm schon gar nicht kommen. Windräder? Pah, die benötigen mehr CO₂ für Herstellung, Bau und Betrieb, als sie in ihrer Lebensdauer einsparen. Was natürlich absoluter Blödsinn ist, aber was zählen schon Fakten für Ölmänner wie Tommy.

Damit sind wir wieder in der Welt von Taylor Sheridan. Testosterongetriebene Männer, genauer US-Amerikaner, die sich heldenhaft allen Gefahren stellen, um für sich, die Familie und eben die Menschheit zu sorgen.
Billy Bob Thornton macht den Unterschied
Das könnte ziemlich unerträglich sein, wenn nicht Billy Bob Thornton diesen männlichen Urtypus geben würde. Er spielt ihn nicht mit reaktionärer Verbissenheit, sondern verleiht seiner Figur Glaubwürdigkeit, indem manchmal auch kurz Selbstzweifel aufblitzen.
Natürlich bleibt sich Sheridan auch darin treu, dass er nicht nur das Hohelied der Ölindustrie singt. Leise Kritik ist zu hören und die Erkenntnis, dass die Tage des Ölbooms gezählt sind, wird erwähnt. Aber nur am Rande.
Wie immer bei Sheridan geht es auch um Familie. Tommy ist geschieden, hat einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn (Jacob Lofland) arbeitet für ihn, die Tochter (Michelle Randolph) besucht ihn gerade in den Schulferien. Auch seine Ex (Ali Larter) taucht wieder auf.

Traumfrauen oder Witzfiguren?
Die Familiengeschichte hinterlässt mich aber etwas ratlos. Die Frauen wirken wie reine Karikaturen. Angela, die Ex, ist blond, sexy, schrill und vergnügungssüchtig. Ihr Lebensinhalt besteht aus sonnenbaden, trinken und shoppen. Tochter Ainsley verfolgt ähnliche Ziele in ihrem Leben. Sie weiss auch schon wie: Sie heiratet einen Quarterback, der in der NFL das Geld verdient, das sie dann mit vollen Händen ausgibt.
Ist das Satire oder ernstgemeint? Vielleicht wieder typisch Sheridan: Für den einen Teil seiner Klientel sind das Traumfrauen, für den anderen Witzfiguren, über die man ablästern kann. Aber wirklich interessante Frauenfiguren, die es in Sheridan-Serien durchaus gibt (Helen Mirren in «1923» etwa), fehlen in «Landman».

Jon Hamm und Demi Moore – WTF?
Warum Jon Hamm und Demi Moore hier mitspielen, bleibt ein Rätsel. Ihn sieht man als Firmenchef beim Einsteigen in den Privatjet oder im Sessel am Telefonieren. Sie steht meist im Bademantel am Pool rum, bevor sie im zweiten Teil endlich ein paar Sätze Dialog bekommt.
Nichtsdestotrotz ist «Landman» die erste Sheridan-Serie, bei der ich mich nicht regelmässig aufgeregt habe, sondern gut unterhalten fühlte. Wie gesagt liegt das wohl vor allem an Billy Bob Thornton, aber auch daran, dass Sheridan den reaktionären Unterton runtergeschraubt hat. Den einen oder anderen Stirnrunzler gabs trotzdem. Aber ich schaue wieder rein, wenn die «nodding donkeys» in der zweiten Staffel erneut rhythmische Arbeit verrichten.
Besetzung: Billy Bob Thornton | Ali Larter | Jacob Lofland | Michelle Randolph | Mark Collie | Jon Hamm | Demi Moore | Paulina Chávez | Kayla Wallace | Colm Feore
Serie entwickelt von: Taylor Sheridan | Christian Wallace
Genre: Drama
USA, 2024
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