

Apple TV+ (1 Staffel, 8 Episoden à 45 Min.)
Menschen, die komplexe Problemen der abstrakten Zahlenwelt meistern, üben eine besondere Faszination auf Normalsterbliche aus. Das erklärt, warum einige Filme über mathematische Genies Popkulturgeschichte geschrieben haben.
Diese Filme, wie «A Beautiful Mind» oder «Good Will Hunting», vermeiden es wohlweislich, sich wirklich mit Mathematik zu beschäftigen. Stattdessen geht es um Genies, deren aussergewöhnliche Fähigkeiten sie zu Aussenseitern machen. Ein emotionales Drama, das auch Menschen verstehen, die nur die Grundrechenarten beherrschen.
Mathematik in Film und Fernsehen
Ich habe ChatGPT gebeten, bekannte Filme und Serien zusammenzustellen, die sich mit Mathematik, resp. Mathematiker:innen beschäftigen. Die KI hat sich anerboten, das gleich auch tabellarisch zusammenzustellen und nach gewissen Kriterien zu bewerten.
Diese Bewertungen kann ich nur teilweise beurteilen, da ich einige Filme und Serien nicht kenne. Das Resultat möchte ich euch aber dennoch nicht vorenthalten.
Titel | Typ | Realismus | Mathematik-Tiefe | Psycholo-gische Darstellung | Popkultur-Relevanz |
---|---|---|---|---|---|
A Beautiful Mind (2001) | Film (IMDb 8.2) | 🟡 | 🟠 | 🟢 | 🟢 |
Good Will Hunting (1997) | Film (IMDb 8.3) | 🟠 | 🟠 | 🟢 | 🟢 |
The Imitation Game (2014) | Film (IMDb 8.0) | 🟠 | 🟠 | 🟡 | 🟢 |
The Man Who Knew Infinity (2015) | Film (IMDb 7.2) | 🟢 | 🟡 | 🟢 | 🟡 |
Proof (2005) | Film (IMDb 6.7) | 🟡 | 🟠 | 🟡 | 🟠 |
Pi (1998) | Film (IMDb 7.3) | 🟠 | 🟢 | 🟢 | 🟡 |
Gifted (2017) | Film (IMDb 7.6) | 🟠 | 🟠 | 🟡 | 🟠 |
X+Y (2014) | Film (IMDb 7.1) | 🟡 | 🟡 | 🟢 | 🟠 |
Numb3rs (2005–2010) | Serie (IMDb 6.9) | 🟠 | 🟡 | 🟠 | 🟢 |
Limitless (2015–2016) | Serie (IMDb 7.6) | 🔴 | 🔴 | 🟠 | 🟡 |
Prime Target (2025) | Serie (IMDb 6.3) | 🟠 | 🟡 | 🟡 | 🟠 (noch steigend) |
🔴 = schwach, 🟠 = mässig, 🟡 = gut, 🟢 = sehr stark
Die Formel, die alle Geheimnisse lüftet
«Prime Target» baut auf dieser Prämisse auf, macht daraus aber kein Drama, sondern einen Thriller. Edward Brooks (Leo Woodall) lebt in einer Welt, die nur aus Primzahlen besteht. Während seines Nachdiplomstudiums an der Universität in Cambridge sucht er nach einer Formel, die Primzahlen generiert.

Sein Professor Robert Mallinder (David Morrissey) traut ihm zu, dass Edward das Genie besitzt, die Lösung zu finden – und stiehlt deshalb seine Notizen. Denn Edwards Forschung ist gefährlich. Findet er die Lösung, könnte man damit jede Verschlüsselung knacken. Es gäbe keine Geheimnisse mehr auf der Welt.
Im Visier der NSA
Deshalb überwacht ein NSA-Team von einem lauschigen Ort am Mittelmeer aus rund ein Dutzend Mathematiker:innen. Agentin Taylah Sanders (Quintessa Swindell) hat Mallinder im Visier.
Sie ist alarmiert, als Mallinder Suizid begeht, nachdem er Brooks‘ Notizen gestohlen hat. Bei genauerem Hinsehen entdeckt sie, dass Mallinder tatsächlich ermordet wurde.

Ihr Teamchef meldet das in die Zentrale und wird kurz darauf von einem Scharfschützen erschossen, als er mit Taylah gemütlich zum Mittagessen auf der Hafenmauer sitzt. Taylah wird auch beschossen, kann aber entkommen.
Offenbar sind hier Mächte am Werk, die vor Mord nicht zurückschrecken. Doch wer steckt dahinter und warum die Morde? Taylah merkt schnell, worum es geht und dass Mallinder das falsche Ziel war.
Eindimensional statt komplex
Das Hauptziel, das «prime target», ist natürlich Edward Brooks wegen seines Fimmels für Primzahlen, «prime numbers» 😉. Also reist Taylah nach Cambridge, um ihn zu warnen und zu beschützen. Edward, konfrontiert mit der tödlichen Bedrohung im richtigen Leben, schnallt gar nichts und will nur weiter Zahlen jonglieren.
Hier zeigt sich das Problem der Serie: die Eindimensionalität der Hauptfigur. Edward ist das Abziehbild eines Mathe-Nerds, wenn er frenetisch Formeln auf Papier und Wände kritzelt und von der Reinheit der Wissenschaft faselt.

Es hilft auch nicht, dass Darsteller Leo Woodall wenig mehr beherrscht als den Ausdruck von manischer Besessenheit und naiver Einfalt. Wobei man ihm vielleicht zugutehalten kann, dass dies Regieanweisungen geschuldet sein könnte. Allerdings hat mich Wodall schon in der Liebestragödie «One Day» nicht überzeugt.
Ein Hauch von James Bond
Edward ist nur im Zusammenspiel mit anderen Figuren erträglich. Taylah sorgt für Action und Adam, ein Barkeeper, der sich in Edward verliebt, für Emotionen. Dazu gesellt sich Andrea Lavin (Sidse Babett Knudsen, bekannt aus «Borgen»), die Witwe seines Professors und Historikerin. Sie führt Edward nach Bagdad, den Geburtsort der Mathematik, wo Edward ins übliche Muster verfällt und mit glänzenden Augen Formeln in sein Notizbuch kritzelt.
Dieser Hauch von James Bond mit verschiedenen Drehorten – neben Bagdad und Cambridge noch London, Paris und Orléans – und einer Actionsequenz im Eurotunnel bringt wenigstens etwas Abwechslung und Spannung in die Serie.

Der überhebliche Vergleich mit Oppenheimer
Wenig originell ist wiederum der Plot, wer eigentlich Edward nach dem Leben trachtet. Logisch kann man der NSA nicht trauen. Aber damit nicht genug. Auch auf dem ehrenwerten Campus von Cambridge lauert der Verrat.
Wenn sich Edward am Schluss mit Robert Oppenheimer auf eine Stufe stellt als «Weltenzerstörer», dann zeigt das, wie sehr die Macher:innen ihre Serie überschätzen. «Prime Target» ist nie annähernd so spannend wie die aufwühlende Geschichte des «Vaters der Atombombe». Diese Überheblichkeit nehme ich der Serie, die mittelmässige TV-Unterhaltung bietet, am meisten übel.
Besetzung: Leo Woodall | Quintessa Swindell | Sidse Babett Knudsen | Martha Plimpton | Stephen Rea | Harry Lloyd | Fra Fee | Ali Suliman | Sergej Onopko | David Morrissey
Serie entwickelt von: Steve Thompson
Genre: Thriller
GB, 2025
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